Urtext des Neuen Testaments aramäisch?

  • Dem kann ich nicht zustimmen : Josephus Flavius schreibt seine "Jüdischen Altertümer" und den "Jüdischen Krieg" für die Römer !! auf Griechisch, um ihnen zu zeigen, wie viel besser die Juden sind. .......


    Es sei darauf hingewiesen, dass Josephus sein Jüdischen Krieg zuerst in seiner Muttersprache (aramäisch) geschrieben hat.

    Vorwort
    3.so habe ich, Josephus, des Matthias Sohn, ein gebürtiger Hebräer aus Jerusalem und priesterlicher Abstammung, nachdem ich persönlich beim Beginn des Krieges den Römern gegenüber gestanden, dem späteren Verlaufe aber wenigstens als Zuschauer wider Willen nahegestanden bin, mir vorgenommen, den Bewohnern des römischen Reiches in griechischer Ueberarbeitung dasselbe Geschichtswerk zu bieten, das ich früher für die Barbaren im oberen Asien in meiner Muttersprache abgefasst und herausgegeben habe.


    In Jüdische Altertümer schreibt er:

    I have also taken a great deal of pains to obtain the learning of the Greeks, and understand the elements of the Greek language, although I have so long accustomed myself to speak our own tongue, that I cannot pronounce Greek with sufficient exactness; for our nation does not encourage those that learn the languages of many nations


    Und bei der Belagerung Jerusalems diente er den Römern als Dolmetscher, weil die Juden in Jerusalem allgemein nicht ausreichend Griechisch verstanden/ sprachen.

    lg

  • Josephus war wohl mehrsprachig gelehrt, aber im Jahre 70 sicher kein Jesusgläubiger.

    Ein größerer Teil des NT ist in "semitischen" Griechisch, weil außer Lukas und Paulus die meisten Autoren nicht fließend Koine konnten.

  • Die Befürworter des Vorrangs der aramäischen Überlieferung (aramaic primacy) führen insbesondere sprachliche Argumente an (mit dem Alter der Quellen kann man ja nicht argumentieren).

    Zu nennen sind z.B.
    Fehlübersetzungen im GNT,
    aramäische Wörter mit mehreren Bedeutungen, wobei sich beide Bedeutungen in unterschiedlichen griechischen Quellen finden lassen (split words),
    Poesie im aramäischen Text.


    Andrew Gabriel Roth spricht von mindestens 500 Unregelmäßigkeiten im GNT, die die Peschitta vermeidet.


    Im Folgenden möchte ich nach und nach einige Beispiele zur Diskussion stellen.

    lg

  • Gleich in Matthäus 1 geht es los.
    Die Stammbäume Jesu in Matthäus 1,6-16 und Lukas 3,21-31 enthalten einige Probleme, die schon viel diskutiert wurden:

    Dem Text nach (GNT) geben beide Stammbäume die Linie Josefs wieder, sind aber völlig unterschiedlich.

    Matthäus schreibt von 3 x 14 Generationen, zählt im letzten Abschnitt (Wegführung nach Babylon bis Christus) aber nur 13 Generationen auf.


    Einige Übersetzer der Peschitta (z.B. Andrew Gabriel Roth, Paul Younan) sind der Meinung, dass das in Mt. 1,16 gebrauchte aramäische Wort (gowra) auch die Bedeutung Vater/Verwandter haben kann.

    In Mt. 1,19 wird dagegen ein anderes aramäisches Wort gebraucht (ba´la), welches spezifischer Ehemann bedeutet. Wir haben es danach mit zwei verschiedenen Josefs zu tun.

    Einmal den Vater/Verwandten Marias in Vers 16 und später in Vers 19 den Ehemann Marias.

    Matthäus soll bewusst unterschiedliche aramäische Wörter verwendet haben, um den Unterschied klar zu machen.

    Im GNT steht aber in beiden Versen das gleiche Wort.


    Mt 1,16

    GNT: Jakob aber zeugte Josef, den Mann Marias, von welcher Jesus geboren wurde, der Christus genannt wird.

    Peschitta: Jakob aber zeugte Josef, dem Verwandten/ Vater Marias, von welcher Jesus geboren wurde, der Christus genannt wird.


    Demnach hätte auch der dritte Abschnitt (von der Wegführung nach Babylon- Christus) 14 Generationen und Mt. 1 wäre der Stammbaum Marias, so dass keine Widersprüche mit dem Stammbaum in Lukas 3 entstehen.

    lg

  • Mt. 27, 9 Da wurde erfüllt, was durch den Propheten Jeremia geredet ist, der spricht: "Und sie nahmen die dreißig Silberlinge, den Preis des Geschätzten, den man geschätzt hatte seitens der Söhne Israels,
    10 und gaben sie für den Acker des Töpfers, wie mir der Herr befohlen hat.

    Problem: Nicht der Prophet Jeremia hat dies geredet sondern Sacharja - Sacharja 11,13

    Die Peschitta hat hier einfach nur
    Da wurde erfüllt, was durch den Propheten geredet ist,

    (Dieses Problem wurde auch schon im Thema Bibelübersetzungen im Vergleich diskutiert und Lösungsmöglichkeiten angeboten)


  • Fehlübersetzungen im GNT,
    aramäische Wörter mit mehreren Bedeutungen, wobei sich beide Bedeutungen in unterschiedlichen griechischen Quellen finden lassen

    Was bedeutet die Abkürzung GNT? Griechisches Neues Testament?

  • Warum zitiert dann das NT überwiegend (oder ausschließlich?) die LXX?

    Die Septuaginta = LXX war die Bibel der in der Diaspora lebenden Juden, im Griechisch sprechenden Teil des Römischen Reiches, der Juden außerhalb Palästinas! Paulus gebrauchte diese LXX. ----> so kann vermutet werden, dass diese Juden die LXX als "kanonisch" anerkannten; wobei die in Palästina lebenden Juden nur die Bibel, den Thanach der auf Hebräisch geschrieben war als "kanonisch" anerkannten! Im Thanach waren daher keine Apokryphen enthalten, die aber in die LXX aufgenommen worden sind.

  • Warum zitiert dann das NT überwiegend (oder ausschließlich?) die LXX

    Die Angelegenheit ist durchaus komplex.
    Das GNT zitiert nicht überwiegend die LXX, jedenfalls nicht in dem Sinne, wie wir es heute verstehen.
    Erstmal sei daruf hingewiesen, dass es nicht die eine LXX gibt. Es gibt ca. 2000 Manuskripte der LXX, die sich durchaus unterscheiden.
    Hier ein Bericht über ein Projekt zur Textkritik der LXX

    Die überwiegende Anzahl der Zitate im NT folgt zwar inhaltlich der LXX, aber es gibt meines Wissens nahezu kein Zitat in einem Manuskript des NT, das mit einem Manuskript der LXX wortwörtlich übereinstimmt!
    Die Autoren des GNT gehen anscheinend sehr frei mit dem ursprünglichen Text um oder zitieren frei. Kam es Ihnen evtl. nur darauf an, dass der Inhalt übereinstimmt?
    Es gibt auch viele Zitate im NT, die inhaltlich eher mit dem Masoretischen Text (MT) übereinstimmen und nicht mit der LXX.
    Es gibt Zitate, in denen ein Teil dem MT folgt, ein anderer der LXX und ein anderer Teil weder MT noch LXX (z.B. Mt 12,18-21/ jesaja 42,1-4).
    Es gibt Zitate, bei denen MT und LXX übereinstimmen, das GNT aber beiden nicht folgt.
    Woher stammt dann dieses Zitat?

    Es ist sehr interessant, sich mal im Detail mit diesem Thema zu befassen.

    Einen wesentlichen Beitrag zur Diskussion über aramaic primacy aus dem Thema kann ich nicht erkennen.

    lg

  • Daniel: Ab 2:4b bis einschl. Kap. 7 ist aramäisch geschrieben. Außerdem, laut Bibellexikon, Esra 4:6–8. 18 • 7:11–26 • Jeremia 10:11

  • Kurt Hennig, Jerusalemer Bibellexikon. Hänssler Verlag.

    Das ists, was ich auf die Schnelle nachgeschlagen hatte.

  • Im Jerusalemer Bibellexikon ist bei 8. 18 ein Druckfehler unterlaufen.
    Ich habe nochmals in der ESV Study Bible und im Esra & Nehemia – Band der Wuppertaler Studienbibel nachgeschlagen.
    Es muß heißen Esra 4:6 bis 6:18 und 7:12 bis 7:26.

  • Diese Information über aramäische Abschnitte im "Tanakh" zeigt, dass sie aus der exilisch/nachexilischen Epoche stammen.
    Im Falle Daniels belegt diese Tatsache jedoch NICHT, dass es sich um "später erfundene" (nach dem 5. Jahrh. v. N.) Visionen handelt.