Gott mit Dir, lieber Stephan,
unter folgendem Link findest Du eine Kritik zur Auslegung der 6. Posaune als Osmanisches Reich, so wie Miller und die Adventpioniere verkündeten.

Es gibt adventistische Bibelausleger, die später die 5. Posaune mit dem Osmanischen Reich verknüpft haben, schlicht deswegen, weil die 7. Posaune die unmittelbare Endzeit eingeläutet hätte. Miller glaubte ja an 1844 (zuvor an 1839/40, dann an 1843/44). Nichts davon trat ein. Aber zu dieser Zeit musste es natürlich die 6. Posaune sein.
Ja, Politik ist einem Wandel unterworfen. Reiche kommen auf, erstarken, zerfallen und verschwinden wieder, mitunter existieren sie als "kleines" Überbleibsel weiter.
Dass die Theorie mit den Osmanen sich im Adventismus nicht mehr ansatzweise halten konnte, weil sie weiterhin existierten, aber keine Relevanz mehr im Weltgeschehen hatten, führte mitunter dazu, dass 1952 eine Bibelkonferenz einberufen wurde und eine Neudeutung von Offb 9 notwendig wurde.
Es fanden im Rahmen des Tanzimat (= Neuordnung) umfangreiche Reformen statt, aber nicht das Ende des Osmanischen Reiches. Weder die 6. noch die 5. Posaune beschreiben annähernd das Osmanische Reich. - Rhetorische Frage: Was soll sich also hier biblisch erfüllt bzw. bestätigt haben?
EGW mag sich auf den 11. August 1840 als vom Engel William Miller eingegebene Deutung prophetisch beziehen, das ändert aber nichts daran, dass aus heutiger historischer Sicht dieser Tag nur eine untergeordnete Rolle im Tanzimat spielte. Für die Pioniere damals mag das sehr wichtig gewesen sein, aus heutiger Perspektive gar nicht mehr. Der Tag ist so "unwichtig", dass er in der englischen bzw. deutschen Wikipedia nicht einmal als "Ereignis" angeführt wird.
Wirtschaftskrisen gab es in der Welt zuhauf. Sie kommen und gehen zyklisch. Jede Zeit muss diese Probleme anders angehen. Je nach Ursache gibt es unterschiedliche Theorien bzw. Ansätze, wie so eine Krise bewältigt werden kann. Jesaja 13 und Offenbarung 18 haben damit nichts zu tun.
Der Untergang der Stadt Babel kam weder bald noch schnell noch durch die Meder und Perser. Babel blieb eine der vier Hauptstädte des Perserreiches, also kein Untergang. Als Alexander der Große die Perser besiegte, wurde Babel (bzw. Babylon) zu seiner Hauptstadt. Als nach Alexander dem Großen sein General Seleukos das Seleukidenreich begründetet, blieb Babel die Hauptstadt bis er die neue Hauptstadt Seleukia erbauen ließ und der Hofstaat umsiedelte. Irgendwann im Laufe der nächsten 200 bis 300 Jahre zerfiel die Stadt aufgrund ihrer abnehmenden Bedeutung. - Nichts von der Prophezeiung in Jes 13 trat ein, außer dass Babel am Ende zerfallen und unbewohnt sein sollte.
Offenbarung 18 ist die "Hinrichtung" der Hure Babylon. Offenbarung 17 ist die Begründung, weshalb Babylon hingerichtet wird. Beide Kapitel lassen sich als Erfüllung der 2. Engelsbotschaft deuten.
Offenbarung 15 und 16 ist die Erfüllung der 1. Engelsbotschaft.
Offenbarung 19 und 20 ist die Erfüllung der 3. Engelsbotschaft.
Alle drei Botschaften sind Zerstörungs- bzw. Hinrichtungsbotschaften an die Welt bzw. der Untergang der Welt. Dass dann das globale Wirtschaftssystem auseinanderbricht, ja diese Deutung ist sicher legitim. Aber was soll das für eine Prophezeiung sein? Wenn ein Tsunami das Land verwüstet, dann gibt es auch keine Wirtschaft mehr.
Das mit Ellen G. White und den "Gewerkschaften" ist auch so eine Crux. Ohne Gewerkschaften würde die Ausbeutung der Arbeiter und Angestellten teils unmenschliche Züge annehmen. Streiks können natürlich eine Wirtschaft ein Stückweit lahmlegen bzw. empfindlich treffen, z. B. Streiks bei der Deutschen Bahn.
Heutige Szenarien sind deutlich komplexer. Trumps bzw. Musks Massen-Kündigungen sind unverhältnismäßig und unrechtmäßig. Sie höhlen Kontrollinstanzen aus. Wenn die Angestellten auf die Straße gehen, um zu streiken, so ist das legitim. Gleichzeitig wird aber die Arbeit in den Kontrollinstanzen nicht geleistet. Wer nicht streikt, wird "wegrationalisiert"; wer streikt, arbeitet nicht. In beiden Fällen fallen die Kontrollinstanzen weg. Nun die Gewerkschaften für eine Wirtschaftskrise verantwortlich zu machen, ist nur die eine Seite der Medaille (bzw. eine Halbwahrheit).
Katastrophen, Nöte und Leid können Menschen zur Besinnung führen, müssen aber nicht. Kirchen bieten keine wirkliche Anlaufstelle dafür, sondern NGOs oder staatliche Hilfsorganisationen. Kirchen müssen sich neu definieren und das Evangelium zeitgemäß darlegen. Beides fällt den Kirchen überaus schwer.
Ich vertrete einen "Glaubensrealismus" (keinen Optimismus, keinen Idealismus und schon gar keinen Mystizismus).
Wenn Du mit Deinen Deutungen bzgl. biblischer Prophetie klar kommst, dann darf es das sein und erfreue Dich an Deiner Beziehung mit Gott bzw. Jesus.
Wenn Du aber eines Tages drauf kommst, dass dem nicht so ist und Du in eine Glaubenskrise stürzt, dann beruhte Dein Glaubensfundament auf einem sandigen Fundament. Dann ermutige ich Dich, die neugewonnene Erkenntnis zu nützen, um eine angemessene Glaubens-Basis zu schaffen. Viele Christen durchlaufen diesen Prozess. Meiner dauerte etwa 6 Jahre.
Gott segne Dich
Gerald