Beiträge von Menschino

    Hallo Schwertwal,


    du schreibst:
    "Ja wenn es ein wirklicher Zwang ist dann wäre vielleicht ein wirkliches Referendum ohne gläserne Stimmkästen sinnvoll bevor man sich gegenseitig abschlachtet. "


    Nur am Rande bemerkt: Gläserne Wahlurnen gibt es in etlichen durchaus demokratischen Ländern, zB in Frankreich, und die gab es auch bei der Präsidentschaftswahl in der Ukraine am 25. Mai.

    Aber ich weiss, was du meinst: Demokratisch einwandfrei oder gar wasserdicht waren die Referenden in der Ostukraine und auf der Krim nicht.

    Deshalb: Eine Abstimmung der Bevölkerung unter Aufsicht unabhängiger Wahlbeobachter aus verschiedenen Ländern zB. aus neutralen Staaten wie Schweiz, Österreich, Finnland, Irland und ausserdem aus den USA und Russland wäre ein Ansatz für eine Dauerlösung.

    Ich zweifle jedoch, ob die Kiever Machthaber das zulassen.
    Aber wer weiss: Wunder gibt es immer wieder.

    Eine ebensolche überwachte Abstimmung auf der Krim wäre auch nötig, richtig und wichtig.
    Da wird wohl eher Russland nicht mitspielen.
    Aber auch hier gilt: Wunder gescheh'n.


    Ich werde mich an der Diskussion zu diesem Thema nicht weiter beteiligen. Nach der diffamierenden Attacke von amadeus gegen meine Person ("putinisierter Propagandist") sehe ich bei diesem Thema hier keine Basis mehr für eine sachliche und respektvolle Erörterung.

    Danke für den Dialog

    Menschino

    Hallo Schwertwal,

    Du schreibst:
    "Hm , aber die Partei die Linke z. B. und ihr Vorläufer waren doch immer für eine Natoauflösung, waren immer gegen den Afghanistaneinsatz auch in seinen Anfängen schon , meinst du nicht daß der das auch ein bischen ins Konzept paßt ..."


    Was der LINKEN ins Konzept passt oder nicht, interessiert mich wenig. So weit ich weiss, fordern grosse Teile der LINKEN heute nicht mehr die Auflösung der NATO. Es war aus ethischer Sicht unverzeihlich, dass DIE LINKE (damals noch PDS) Milosevic nahezu blind unterstützt hat. Es war und ist ethisch anrüchig, dass die Grünen den Afghanistan-Einsatz gutgeheissen haben und immer noch gutheissen. So meine Sicht der Dinge, und so denken viele, die ihren Verstand und ihr Gewissen nicht irgendeiner Parteiräson unterordnen.


    Zu Jugoslawien und anderen Vielvölkerstaaten.
    Ich weiss, welche Rolle Genscher im Jugoslawien-Konflikt gespielt hat. Genscher hat aber die Animositäten der Ethnien in Jugoslawien nicht erfunden. Die schwelten von Anfang an - seit Jugoslawien 1918/19 aus der Taufe gehoben wurde. Hätte die Zentralmacht in Belgrad - also Milosevic - 1991-1999 nicht gemeint, das Gebilde Jugoslawien (und die serbische Oberhoheit) ist unter allen Umständen festzuhalten, wäre eine schiedlich-friedliche Trennung mit Interessenausgleich der Minderheiten möglich gewesen.

    Eine Trennung ist besser als krampfhaft eine Einheit zu beschwören, die schon immer brüchig war.

    Und ich muss sagen, dass mich die Trupps um Swoboda und Rechter Sektor heute stark an die Tschetniks im Jugoslawienkrieg erinnern. Die waren auch hypernationalistisch und rechtsextrem aufgeladen. Und sie zogen auch voller Hass und bewaffnet in die Regionen, wo andere Ethnien lebten, um Schrecken zu verbreiten und die jugoslawische=serbische Zentralmacht durchzudrücken.

    Es ist eine Ironie der Geschichte, dass Russland heute auf der Seite der Separatisten steht, während es im Jugoslawienkrieg die Zentralmacht unterstützt hat. Die Ukraine-Krise ist eine Lektion für alle Beteiligte, auch für den Westen, der im Ukraine-Konflikt plötzlich um jeden Preis die Zentralmacht gegen die Separatisten unterstüzt.

    Auch zur Krim gibt es eine Parallele. Die Abspaltung des Kosovo galt den Russen lange als Völkerrechtsbruch, nun haben sie genau diesen auf der Krim begangen.

    Trennung statt Dauerclinch
    Du schreibst, dass die ISIS im Irak nur deshalb so stark werden konnte, weil Herr Maliki meint/e, den Irak nur mit Schiitien regieren zu können. Das gleiche Spiel hatten wir unter Timoschenko, dann unter Janukowtisch und nun wieder unter Turtschinov. Wo Bevölkerungsteile im Dauerclinch liegen, ist die Aufteilung des Landes die beste Lösung. Das war so bei England(UK)/Irland, bei Indien/Pakistan, bei Pakistan/Bangla Desch, bei Eritrea/Äthiopien und und und. Eine Trennung der Ethnien und Religionsgruppen wäre auch im Irak die beste Lösung, und sie wäre die beste Lösung in Nigeria. Die Trennung von Tschechien/Slowakei ist ein positives Beispiel, wie eine Trennung ohne Aggressionen klappen kann.


    Manipulationen - hier wie dort
    Selbstverständlich ist es nötig, Manipulationen in den russischen Medien aufzudecken. Nur erfolgt das im Falle der Kiever Manipulationen in unseren Medien so gut wie nie. Eine Diffamierung ist das Kleinreden, Verharmlosen oder Totschweigen von Menschenrechtsverletzungen durch die Kiever nicht, aber grob einseitig. Und wenn 99% der Leitmedien das tun, ist das - ebenfalls - Manipulation.

    Dass es den Staat Ukraine in seinen jetzigen Grenzen seit 23 Jahren gibt, ist kein Grund dass die Ethnien für immer beisammen bleiben müssen, denn sonst müsste Jugoslawien heute noch in seinen vormaligen Grenzen existieren, ebenso Schweden/Norwegen, das Habsburger Reich und und und ...


    Schlussbemerkungen
    Deine weiteren Fragen sind zum Teil rhetorischer Natur, und sie zeigen eine gewisse Verkennung meiner Person und Motive. Mir geht es nicht um die Rechtfertigung russischer Revanchegelüste, mir geht es nicht um die Reinwaschung Putins. Den kritisiere ich seit mehr als 10 Jahren und tue mein Möglichstes, dass einige seiner politischen Gegner in den russischen Gefängnissen Zeichen der Solidarität erhalten. Du erinnerst dich - ich bin auch bei amnesty international aktiv.

    Es liessen sich zum Ukraine-Konflikt Dutzende geschichtlicher Parallelen ziehen - zugunsten der einen oder der anderen Seite, es liessen sich endlos Vermutungen anstellen, welche Kräfte mit welchen Interessen wo am Werke sind oder sein könnten. Das alles passiert ja in vielen, vielen Foren. Ich habe daran kein Interesse.

    Als die serbische Zentralmacht gegen die kosovarische Bevölkerung mit schwerem Militärgerat vorging, war es möglich, diese Bedrohung zu stoppen, obwohl die albanisch-kosovarische UCK keine Organisation aus Waisenknaben war. So etwas muss auch in der Ostukraine möglich sein.
    Mir geht es zuallererst darum, dass der Beschuss der Städte in der Ostukrakine aufhört, dass für die Zivilisten in Slawjansk, Donezk, Lugansk und viele andere Orte ein humanitärer Korridor und humanitäre Hilfe eingerichtet wird.


    Im übrigen bewirkt ein Gebet sicher mehr Gutes als Hunderte solcher Debatten.
    Das war kein Missionsversuch, sondern nur ein Resümee meiner Erfahrungen.

    Hasta la vista

    Hallo Schwertwal,

    Du schreibst:
    "Ich meinte die Präsidentschaftswahlen vom letzten Mai
    da holte der Kandidat Oleh Tjahnybok von Swoboda 1,16 Prozent und Dmytro Jarosch vom rechten Sektor 0, 70 Prozent."

    Ja, das ist ein Hoffnungsschimmer und zeigt, dass die einfachen ukrainischen Bürger im Westen des Landes Scharfmacher dieser Sorte inzwischen satt haben.
    Leider haben diese Kräfte bereits Schlüsselposten in der Regierung inne und leider dominieren rechte Schläger die Nationalgarde und sind inzwischen staatlicherseits bewaffnet mit der Lizenz zum Töten. Und wie Poroschenko letztlich handelt, ist völlig offen.

    Dieses Wahlergebnis wäre aber ein guter Grund auf westlicher Seite zu sagen: Werft die rechtsextremen Kräfte aus der Regierung!
    Dass Politiker das aus taktischen und diplomatischen Gründen nicht tun, kann ich im Ansatz noch verstehen, dass die Leitmedien dazu schweigen, halte ich für unverzeihlich.

    Du schreibst:
    "Die Leitmedien , nennen wir sie mal Welt , Spiegel , Frankfurter Allgemeine liegen meinetwegen auf einer Welle , was ein deutlicher Unterschied ist zu gleichgeschaltet ,aber es gibt doch auch durchaus differenzierte Blicke von den Fernsehkorrespondenten vor Ort , dem Magazin Monitor im Ersten , der Anstalt im ZDF die hier schon mal verlinkt wurde oder der Wochenzeitung , der Freitag , von Jakob Augstein..."

    Die Wochenzeitung Freitag hat eine Wochen-Auflage von knapp 20.000 Exemplaren. Die kiev-freundlichen Medien SPIEGEL, stern und ZEIT haben eine Wochenauflage von zusammen 2 Millionen. Die sz hat eine Wochenauflage von über 3 Millionen, die taz hat eine Wochenauflage von 350.000, die FR auch. Die Wochenauflagen der Springerpresse gehen in die Millionen. Alle diese Medien sind einseitig pro Kiev orientiert, reden die Menschrechtsverletzungen der rechtsextremen Kräfte dort klein, deuten sie um oder verschweigen sie ganz. Die Wochenauflage der vorgenannten Medien liegt bei mindestens 20 Millionen. 20 Millionen zu 50.000, 100,000 oder meinetwegen 200.000 - das ist ein Verhältnis von 1:100. Das gleiche gilt für das Verhältnis Kiev-kritische Sendungen zu Kiev-konformen.

    Du schreibst:
    "Es kommt mir halt manchmal ein bischen arg reflexhaft vor daß dann gleich die Untaten der Obamaadministration und Bush und Reagan dagegen gehalten werden so als könne man das als Ablaß für Putin betrachten. Man soll die USA verurteilen wenn es um Drohnenangriffe in Pakistan geht und Rußland wenn es sich die Krim schnappt aber nicht eins gegen das andere benutzen."

    Nun ich denke, ich tue das nicht, und habe das auch nicht getan - weder hier noch anderswo. Und ich denke, ich bin auch nicht gemeint. Es sind sicher auf beiden Seiten geostrategische Interessen im Spiel. Die Hauptmotive der Beteiligten sind jedoch anderer Natur. Ich denke, es geht in den Köpfen, - wie doriane schon meinte -, um den Kampf "Gut gegen Böse", um eine Art Kulturkampf. Aus westlicher Sicht geht es um "Demokratie und Toleranz gegen russische Autokratie" und aus russischer Sicht geht es um "Ehre und Werte" gegen westlichen Sittenverfall und Dekadenz.

    Unter die Räder kommen die Menschen.

    Die meisten Kiev-Kritiker, so meine Erfahrung, sind keine notorischen NATO-Feinde oder Anti-Amerikaner. Das Eingreifen der NATO in Jugoslawien hielt ich zB für richtig und legitim. Zwischen Nixon und Carter, auch zwischen Bush und Clinton sehe ich grosse Unterschiede. Zu diesem differenzierenden Denken sind viele nicht fähig. Das stimmt.

    Aber allzu differenziert denken die einflussreicheren Kiev-Befürworter auch nicht. Mir scheint, die meisten deutschen Verleger, Intendanten, Chefredakteure, Top-Politiker und Top-Journalisten lassen - natürlich unbewusst und indirekt - die pro-russisch eingestellten Menschen in der Ukraine dafür büssen, was Putin auf dem Kerbholz hat - daher die blinde Unterstützung für Kiev, das Herunterspielen der Menschenrechtsverletzungen durch die Kiever. Vor allem die Spitzen-Grünen haben da einen rekordverdächtig grossen blinden Fleck. (Damit kein falscher Eindruck entsteht: Ich unterstütze die Grünen in ihren Kernpunkten seit Anfang der 80er-Jahre)

    Allzusehr erinnert mich das Geschehen in der Ukraine an den jugoslawischen Bürgerkrieg. Dort wie hier eine Zentralmacht, die um jeden Preis eine Einheit zu retten versucht, die es nie gab. Die Ukraine in ihren jetzigen Grenzen ist eine Erfindung der Sowjets. Immer schon gehörte der Westen sprachlich, religiös und kulturell zur polnisch-litauischen Sphäre und der Osten zur russischen. Das jetzige Blutvergiessen bringt sie einander nicht näher.


    Warum, so frage ich mich, während ich dies schreibe, melde ich mich zu diesem heiklen Thema zu Wort, zu einem Thema, bei dem man nur missverstanden oder falsch wegsortiert werden kann?

    Nun, vor allem deshalb, weil ich, wenn es so weitergeht wie bisher, in der Ostukraine demnächst eine humanitäre Katastrophe befürchte und weil ich sogar ein ukrainisches Srebrenica dort für möglich halte.

    Hallo doriane,


    Du schreibst:
    "Unreflektiert wird der Begriff „Nationalismus“ beinahe axiomatisch gebraucht in der Weise „ist grundsätzlich schlecht“. Womit du genau diesen Begriff verknüpfst weiss ich nicht."

    Ich habe von "ultranationalistischen Kräften" gesprochen. Sie agieren beiderseits der Fronten.

    Hier ganz kurz, wie ich das Begriffsfeld sehe.

    Ein Patriot liebt sein Land und die Menschen darin, sieht aber auch die Schwächen und gesteht sie ein. ein Patriot kann sich auch für sein Land schämen.
    Ein Nationalist übersieht gerne die Schwächen seiner Nation und seiner Landsleute oder redet sie klein.
    Ein Ultranationalist wird aggressiv, wenn man ihn auf die Schwächen seines Landes und seiner Landsleute anspricht und streitet sie prinzipiell ab.
    Ein Rechtsextremer sieht seine Nation/Gruppe als prinzipiell überlegen an, andere Gruppen/Nationen als prinzipiell minderwertig.
    Ein Faschist strebt mit Gewalt die Unterdrückung und gegebenenfalls auch das Auslöschen anderer Meinungen und Menschen an, die er als Feinde betrachtet.

    Zu diesen Begriffen kann man uferlos Definitionen und Erläuterungen schreiben. Ich habe die Abgrenzung aus Raum- und Zeitgründen holzschnittartig vorgenommen.

    PS:
    Ich bin kein Nationalist und ich bin ein sehr schlechter Patriot. Ich bin nicht Putin-gläubig und schon gar nicht sowjet-nostalgisch. Ökonomisch sehe ich Franklin D. Roosevelts "New Deal" als guten Ansatz. Persönlich schätze ich Menschen wie Gandhi, Martin Luther King, Mandela, Janusz Korczak - allen voran natürlich Jesus von Nazareth. In ihm sehe ich allerdings viel mehr als nur ein Vorbild.

    Hallo doriane,

    Du fragst:
    Ukraine. Warum das grosse Interesse?
    Der Ukraine-Konflikt interessiert in Europa mehr Menschen als die Vorgänge in "Zimbabwe, Togo, Kasachstan, Indonesien oder Sudan", weil die Ukraine und Russland zu Europa gehören, weil der Konflikt sehr rasch massive direkte ökonomische Auswirkungen auf uns haben kann, VOR ALLEM ABER weil hier die westlichen Atommächte direkt mit der östlichen Atommacht zusammenprallen. Die Gefahr eines existenzbedrohenden Krieges ist enorm.


    Die Rolle der (deutschen) Leitmedien
    Du hast wohlweislich "links" in Anführungszeichen gesetzt. Ich verstehe unter "links" das Einstehen für Schwächere, egal welcher Herkunft, die Absicherung der Menschen gegen soziale Not, echte Chancengerechtigkeit. Für die angeblich "linken" Medien wie SPIEGEL, FR, sz, ZEIT, taz ist all das heute eher zweitrangig. Erstrangig ist für sie ein gewisser "lockerer" Lebensstil, sexuelle Freiheit, eine gewisse Aversion gegen sogenannte "Sekundärtugenden" und sehr häufig findet sich auch die Infragestellung der klassischen Familie.

    Wenn ich dich richtig verstanden habe, dann meinst du, wir hätten in D eine "links" dominierte Medienlandschaft, und die würde eine Art Sowjetnostalgie pflegen und Putin unterstützen, weil sie in ihm einen "Erneuerer" oder Protagonisten der sozialistischen Idee von Gerechtigkeit erblicken.
    Das sehe ich völlig anders. Ich denke, das genaue Gegenteil ist der Fall.

    Erstens gibt es in D keine klassisch-links dominierte Medienlandschaft, es gibt allenfalls eine locker-libertär-hedonistisch dominierte, aber das hat mit klassisch-links im Sinne von Brandt, Kreisky, Palme nicht mehr viel zu tun, und du hast deshalb ja wohl auch "links" in Anführungszeichen gesetzt.
    Zweitens bekämpfen "linke" Medien wie SPIEGEL, FR, sz, ZEIT oder die taz Putins Russland mit noch grösserer Verbissenheit als zB die FAZ oder das handelsblatt.

    Warum?
    Weil Putin für diese "linken" Medien als Erzkonservativer gilt, der gegen einen hedonistischen Lebensstil und gegen sexuelle Freiheiten trommelt.
    Weil Putin für diese "linken" Medien ein "museales" Frauen- und Familienbild vertritt.
    Deshalb sind imho diese "linken" Medien GEGEN Putin, deshalb vor allem wird die Kiever Übergangsregierung von Medien wie SPIEGEL, FR, sz, ZEIT oder taz nahezu blind und kritiklos unterstützt. Weil die Kiever GEGEN Putin sind, wird die Regierungsbeteiligung Rechtsextremer schweigend hingenommen, werden Menschenrechtsverletzungen der Kiever Machthaber von SPIEGEL bis taz, von ARD bis ZDF kleingeredet, verharmlost, umgedeutet oder totgeschwiegen. So meine Erfahrungen und Sicht der Dinge. Ich finde es brandgefährlich, den Kievern ein Gefühl der Narrenfreiheit zu vermitteln nach dem Motto: Ihr seid gegen Putin - euch ist alles erlaubt.

    Ich finde, es ist völlig richtig und nötig, Putin scharf zu kritisieren, es ist aber falsch den Kievern, einen Freibrief auszustellen.

    Die EU, NATO und das Böse
    Du schreibst:
    "Meine Meinung daher: Eine durch die Medien vorgeprägte Gesellschaft fühlt sich im Ukrainekonflikt hineingenommen in den Kampf zwischen Gut und Böse. Die
    Bösen sind in diesem Fall auch unsere eigenen Politiker (weil „USA-hörig“)."

    Wie ich schon sagte: Es ist genau umgekehrt. Die Medien von SPIEGEL, sz, stern bis taz, von ARD bis ZDF haben Putin und Russland seit Monaten als "das in diesem Konflikt alleinige Böse" identifiziert. Von Beeinflussung in Richtung pro-Putin oder auch nur von Neutralität in diesem Konflikt ist in den Leitmedien so gut wie nichts zu spüren.

    Die immer noch vorhandene Skepsis gegenüber Kiev unter vielen Lesern und einfachen Bürgern gibt es nicht WEGEN sondern GEGEN den Trend in den Leitmedien von SPIEGEL bis stern, ZEIT, FAZ und taz, von ARD bis ZDF.

    Sicher gibt es unter den Kiev-Kritikern auch Personen und Gruppen, die Verschwörungstheorien vertreten, die die EU oder NATO als das Böse schlechthin oder als Ausfluss des Bösen betrachten. Das ist aber eine kleine Minderheit und ganz sicher nicht die Mehrheit der Kiev-Skeptiker.


    Die allermeisten Kiev-Kritiker haben nach meiner Erfahrung folgende Bedenken:

    Sollen wir eine Regierung unterstützen, wo wieder nur die Oligarchen ausgetauscht wurden?
    Wurden die Anfangsziele des Maidan - mehr Demokratie - nicht längst verraten?
    Sollen wir dubiose Kiever Figuren und Gruppen wie Timoschenko, Swoboda, rechter Sektor wirklich blind unterstützen?
    Heizen diese Kräfte nicht den Konflikt im Lande an? Schüren sie nicht überzogenen Nationalismus und Rassismus?
    Sind die Kosten und Folgen für uns übersehbar und bezahlbar?
    Sollen und müssen wir zu pogromartigen Attacken Kiev-naher Kräfte schweigen?
    Geraten wir da nicht in einen Bürgerkrieg und eventuell auch Staatenkrieg?

    Diese Bedenken werden in den Medien und in der Politik so gut wie nicht thematisiert.

    Das sind die Motive, warum sich viele Bürger in vielen Foren zu Wort melden und nicht weil Putin das organisiert hat, wie etliche (nicht du!) meinen.

    Hallo Schwertwal,

    Ich bin seit langem, genau gesagt seit Ende der Siebziger Jahre, bei amnesty international. Da ich Slawistik (Russisch und Polnisch) studiert habe, habe ich mich immer schon für die Menschenrechtslage im Osten Europas interessiert - vor dem Fall der Mauer und danach.

    Die Verhältnisse in der russischen Armee und in den Gefängnissen sind verheerend. Ich kenne sie aus Briefen und persönlichen Beschreibungen.
    Ich fand die Aktion von Pussy Riots unpassend, respekt- und geschmacklos. Doch diese Aktion rechtfertigte keinesfalls mehrere Jahre Straflager und keinesfalls den Entzug der Kinder. Ich habe Briefe von Nadeschda Tolokonnikova gelesen. Ihre Beschreibungen des Straflagers erinnerten mich an die von Dostojewskij, Solschenizyn oder Abram Terz.

    Die Urteile gegen Chodorkowski und gegen Pussy Riots waren Terrorurteile. Zwei von Tausenden von Fällen. Für die Freialassung der Frauen von Pussy Riot und für die von Chodorkowski habe ich gebetet - und natürlich auch für all die Namenlosen mit ähnlichem Schicksal.


    Zur Ukraine.
    Du schreibst:
    "Im Vergleich zum Front National bei der Europawahl haben die Rechten in der Ukraine bei der letzten Wahl doch sehr bescheiden abgeschnitten."

    Nun. Wie gingen die letzten Parlamentswahlen (2010) aus?

    Janukowitschs Partei der Regionen holte 30%,
    Timoschenkos Partei 26%,
    Klitschkos Udar 14%,
    die Kommunisten 13%,
    die rechtsextreme Swoboda 10%.

    Janukowitsch war (und ist) ein pro-russischer Oligarch, der mit Pressionen und Betrug regierte und sich bereichert hat.
    Timoschenko ist dasselbe in Blau. Ihre Vaterlandspartei ist ungefähr so ultranationalistisch wie Orbans Fidesz oder Front National. Die Pro-EU-Haltung ist imho vor allem aus anti-russischen Ressentiments gespeist und nicht aus urliberaler Toleranz.
    Swoboda ist rechtsextrem und hat dieselbe Ideologie wie Ungarns Jobbik oder die NPD. Zu beiden gibt es seit Jahren Verbindungen.

    Die Maidan-Proteste sah ich mit viel Sympathie. Das änderte sich Anfang Februar, als die Proteste immer stärker von rechten Schlägern dominiert wurden und als diese Leute offene Gewalt gegen Polizisten und Andersdenkende anwandten. Der "Rechte Sektor" ist ein faschistischer Schlägertrupp. Das Besorgniserregende ist nun, dass Swoboda Schlüsselposten in der Übergangsregierung innehat. Über diese Schlüsselposten bewaffnen sie Swoboda-Anhänger und Mitglieder des "Rechten Sektors", indem vor allem Rechtsextreme für die Polizei und die Nationalgarde rekrutiert werden.

    Zu welchen Exzessen das führt und welcher Geist in diesen Kreisen herrscht, zeigt der Überfall der Sowboda-Abgeordneten auf den Chef des staatlichen TV-Senders und das zeigen die pogromartigen Attacken in Odessa.

    Sowohl Putin als auch die Kiever halten recht wenig von Menschenrechten. Ich sehe aber in den Kievern aktuell eine grössere Gefahr.
    Deshalb übe ich scharfe Kritik an diesen Kräften. Nicht weil ich Putin mag, sondern weil ich die rechtsextremen und faschistischen Schläger für barbarischer und unkontrollierbarer halte.

    Man kann das auch anders sehen. Es gibt auch dafür gute Gründe.

    Ich bin aus vielen guten Gründen gegenüber den Kiever Kräften skeptischer eingestellt.

    Was in den Berichten und Kommentaren der deutschen Leitmedien nahezu völlig fehlt, ist dieses Abwägen und Einander-Gegenüber-Stellen von pro und contra.
    Was in den Berichten und Kommentaren der deutschen Leitmedien nahezu völlig fehlt, ist die Kritik an Kiev, an der Bewaffnung rechtsextremer Kräfte, an den anti-demokratischen Einschüchterungsversuchen gegen die Opposition, an den pogromartigen Überfällen gegen pro-russische Teile der ukrainischen Bevölkerung.
    Stattdessen finde ich ich fast durchweg eine Art Omertà, eine Art Schweigegebot, was diese Aktivitäten der Kiever angeht.

    Stattdessen werden Menschen, die einfordern, dass AUCH über die Menschenrechtsverletzungen der Kiever berichtet wird, in den Leitmedien als Putins "fünfte Kolonne" diffamiert und wegsortiert.

    Menschenrechte sind unteilbar. Man darf sie nicht nach Gusto verteilen. Auf das, was die Kiever in diesem Konflikt zu verantworten haben, ist ebenso hinzuweisen wie auf Putins diktatorische Repressionen.

    Der Artilleriebeschuss von Städten in der Ostukraine ist masslos und inhuman. Stattdessen muss verhandelt werden auch MIT den Separatisten und nicht nur ÜBER sie.

    und drei oder vier ganz ähnliche in den letzten 2-3 Monaten.

    Jedesmal Vermutungen und Gerüchte und jedesmal war und ist die Absicht, den Protest sehr vieler Menschen gegen eine einseitige Berichterstattung ins Zwielicht zu rücken.

    Selbstverständlich sind meine Freunde, Bekannten und Arbeitskollegen, bin ich mit gemeint. und alle, die die Glorifizierung der Kiever Machthaber nicht teilen. Es ging und geht in allen diesen Artikeln darum, Stimmung zu machen, Stimmung gegen Menschen. die den Kievern keinen Freibrief für Gewalt ausstellen. Es geht in weiterer Konsequenz auch darum, dass die eindeutig rechtsextremen Tendenzen in dieser Regierung verharmlost oder unter den Teppich gekehrt werden.

    Ich habe Slawistik (Russisch und Polnisch) studiert und früher mehrere Jahre für einen Verlag als Übersetzer gearbeitet. Ich habe die Sowjetunion (samt Kiev) und später Russland und die Ukraine mehrfach bereist. Ich kenne, denke ich, mehr als die Fassaden. Die Sowjetunion unter Breschnew war eine Katastrophe, unter Gorbatschov ein Land voller Aufbruchsstimmung, aber auch voller Chaos. Russland unter Jelzin war eine Art Gross-Chicago, ausufernde Kriminalität und soziales Elend bestimmten das Bild, Hunderttausende, vor allem alte Menschen, sind damals wortwörtlich verhungert oder erfroren. Ihre letzten Habseligkeiten boten sie auf den Boulevards in Moskau oder Petersburg an.

    Aus den Gangsterkriegen haben sich Putin und seine Leute als Sieger herausgeschält. Mit Putin hat sich die soziale Lage gegenüber Jelzin ab 2001 spürbar verbessert. Das BIP pro Kopf beträgt in Russland heute das Dreifache dessen, was die Ukraine aufzubieten hat. Doch Putin ist heute praktisch Alleinherrscher in Russland und sicher kein Demokrat, am allerwenigsten ein "lupenreiner", wie Gerhard Schröder einst behauptete.

    Die Lage in der Ukraine ist jedoch keinen Deut besser, sondern eher schlimmer als in Russland. Das Land befindet sich im Prinzip noch in der Phase der Gangsterkriege. Dass Abgeordnete einer Regierungspartei den staatlichen TV-Sender stürmen und den TV-Chef mit Gewalt zur Abdankung zwingen, dass sie das auch noch filmen und stolz im Internet verbreiten - so etwas habe ich in Europa noch nie erlebt und auch nicht für möglich gehalten. Doch genau das ist nach der Machtübernahme in Kiev passiert.

    Die neuen Machthaber in Kiev sind keineswegs demokratischer als Putin. Die Vaterlandspartei von Julia Timoschenko ist ultranationalistisch, die Partei Swoboda ist rechtsextrem, und die Bewegung "Rechter Sektor" darf eindeutig als faschistisch bezeichnet werden. Auch antisemitische Untertöne sind in diesen Kreisen unüberhörbar.

    Was ich hier schreibe, hat mit russischer Propaganda gar nichts zu tun, sondern beruht auf sehr nüchterner Analyse vertrauenswürdiger Berichte (auch von Freunden und Bekannten vor Ort) und auf eigenen Erfahrungen. In Odessa wurde ein Zeltlager pro-russischer Unterschriftensammler von Anhängern des Rechten Sektors angezündet. Als die Menschen vor der Gewalt der Rechtsextremen in das Gewerkschaftsgebäude flohen, wurde es von den rechtsradikalen Schlägern angezündet. Wer versuchte sich durch einen Sprung aus dem brennenden Gebäude zu retten, wurde beschossen, wer den Sprung überlebte, wurde attackiert.

    Ich habe meine Informationen und Einschätzungen in einem österreichischen und einem deutschen Forum gepostet. Viele meiner Freunde und Arbeitskollegen sehen die Dinge ähnlich, nämlich differenziert und eben auch Kiev-kritisch. Auch sie äussern sich hin und wieder auch Kiev-kritisch in entsprechenden Foren.

    In die Welt zu setzen, dass sie oder ich oder überhaupt die meisten Kiev-Kritiker von Putin bezahlt oder manipuliert wären, halte ich gelinde gesagt für eine Frechheit.
    Für eine Form kollektiver Diffamierung und für eine ganz üble Verschwörungstheorie.

    Hallo Bemo,

    "Koryphäe" heisst so viel wie Wortführer, "jemand, der sich heraushebt" oder "einer, der auf einem Gebiet als Experte gilt".
    Heimo hat bisher über 4000 Beiträge verfasst, Seele rund 1700 und Stephan Zöllner rund 1400. Sehr lange und ausführliche Beiträge, die ich zum Teil schätze, aber eben nicht alle. Hätte ich "Experte" oder "Wortführer" geschrieben, hättest du mir das wahrscheinlich auch wieder übel genommen.

    Koryphäe war im ursprünglichen Wortsinn gemeint - also neutral.

    In meinem Beitrag ging es um den "Hermeneutischen Zirkel", der bisher unbedacht blieb, aber eine enorme Rolle spielt in der Auslegung von Texten.
    Die Frage ist, mit welchem Vorverständnis gehen Menschen an Texte heran. Da ist Gadamer sehr hilfreich, aber auch Max Scheler, wenn er scheibt: Wahrnehmung ist Wertnehmung. Das lässt sich literar-, philosophie- und kulturhistorisch beleuchten oder eben auch soziologisch und biographisch. Das alles ist wichtig für das richtige Verständnis von Texten, auch von Bibeltexten.

    Es wäre schön, wenn du zu diesem Thema, also zur Sache, noch etwas beitragen würdest, anstatt über meine Motive zu spekulieren.
    Oder anders gesagt: Feigheit vor dem Freund oder Glaubensbruder ist auch nicht unbedingt christlich. Siehe Galaterbrief.

    In der Aufzählung zur richtigen Exegese der Bibel fehlt ein wichtiger Punkt.
    Der Ausleger muss sich seines Vorverständnisses, seiner Vorurteile und seiner Vorlieben bewusst werden, ehe, während und nachdem er einen Bibeltext auslegt.

    Die Bibel ist nicht der einzige Zugang zu Gott. Gott offenbart sich immer schon allen Menschen, wie er will, vor allem aber über unser Mitgefühl und das Gewissen. Das authentische Gewissen ist eine Instanz, die sich in jedem Menschen regt, ebenso das Mitgefühl. Deshalb werden Menschen, die ihrem Mitgefühl und Gewissen folgen, gerettet. So meine Sicht der Dinge.

    Und die Bibel? Das Volk Israel? Jesus Christus?

    Für die Bibel selbst muss geklärt werden, was ist - immer=ewig und was ist wann und warum=situationsgebunden - der Wille Gottes und was nicht.
    Aus meiner Sicht gilt: Was gütige Vernunft, Mitgefühl und Gewissen stärkt, stammt von Gott.
    Auch Menschen anderer Religionen, auch Atheisten, können dieser inneren Stimme folgen und damit dem, was Jesus exemplarisch vorgelebt und gelehrt hat.

    Wenn die Menschen das ohne Berechnung auf irdischen oder himmlischen Lohn tun, einfach aus ihrem Inneren heraus, gehören sie zu den Geretteten, von denen in Matthäus 25,31ff die Rede ist. Sogar dann, wenn sie erst im letzten Augenblick ihres Lebens aufrichtig zu dieser Haltung gelangen.

    Damit sind wir bei der Frage: Gilt alles in der Bibel (auf gleiche Weise)? Falls nein, was ist Kriterium IN DER BIBEL?
    Das, "was Christum treibet", hat Luther gesagt.

    Was ist das, "was Christus treibet", was treibt er, was treibt ihn?
    Kern der Botschaft Jesu ist die Bergpredigt, das Erfüllen der Zentralgebote aus innerster Überzeugung - aus Liebe.
    Auch Menschen anderer Religionen, auch Atheisten, können das. Ganz ohne Berechnung auf irdischen oder himmlischen Lohn. Janusz Korczak ist so ein Beispiel.

    Die Bibel kann Hilfe sein, sie kann aber auch Arroganz und Heilsegoismus erzeugen.
    Deshalb ist es so wichtig, sich seines Vorverständnisses, seiner Vorurteile und seiner Vorlieben bewusst zu werden.


    Hier meine vergröbernde Einschätzung des Vorverständnisses dreier Koryphäen hier.

    Für Seele1986 zum Beispiel zählt letztlich nur der Christus, wie Paulus ihn lehrt. Das beruht auf einer radikal düsteren Sicht der Natur und des Menschen.
    Das Engagement für die Armen und Schwachen steht daher für ihn zuerst einmal unter dem Verdacht der Werkgerechtigkeit.

    Für Heimo ist die Sozialkritik der Propheten oder Jesu eher lästig. Passagen der Apokalypse, die als Anklage von Umweltzerstörung gedeutet werden könnten, bringen ihn auf die Palme, denn er hat die "Grünen" aus welchem Grund auch immer "innig ins Herz geschlossen". Noch verwerflicher als "Grüne" aber sind Verschwörungstheoretiker - oder was er dafür hält. Gern hantiert Heimo gegen sie mit scharfen Verdikten.

    Stephan Zöllner schliesslich nennt als Kriterien für den richtigen Umgang mit der Bibel etwa 95% dessen, was die historisch-kritische Methode auch fordert. Wer jedoch auch nur eine Frage in Richtung Gattungs- oder Textkritik stellt, wird hin und wieder ohne Nachfragen und ohne Chance auf Dialog im Übereifer als übler Gesell wegsortiert.

    Und was ist nun Menschinos Vorverständnis, was sind seine Vorurteile, seine Vorlieben?
    Auch Menschinos Zugang zur Bibel ist wie der von Seele, Heimo und Stephan Zöllner durch seine Biographie geprägt. Menschino richtet sein Augenmerk auf die Stellen, wo Jesus den Armen das Heil zusagt, wo er die Ausgestossenen und Ausgegrenzten einlädt und ihnen Respekt verschafft.

    Dabei entgeht Menschino nicht selten jedoch, dass menschliches Leid auch unter den Betuchten und Versorgten zuhause ist. Schweres Leid, innere aufzehrende Not. Er übersieht das gern. Und das ist sein schlimmster Fehler, sein grösster blinder Fleick.

    Die Bibel ist nicht unabdingbar nötig für unser Heil.
    Gott offenbart sich immer schon allen Menschen - vor allem im Gewissen und Mitgefühl - oft aber auch in existentieller Not, in Krankheit, Verlassenheit.
    Der Trost und die Zuwendung Gottes ist aus mystischer Sicht der innere Christus. Auch wenn wir kein Jota der Bibel kennen würden, dieser innere Christus rettet. Nur er.
    Dieser innere Christus hat in Hiob die Hoffnung aufrecht erhalten ("ich weiss dass mein Beistand, Anwalt und Erlöser lebt", Hiob 19,25). Dieser innere Christus hat die Tochter des Pharaos bestärkt, den kleinen Mose aus dem Wasser zu ziehen - gegen jede Konvention und jedes menschengemachte Gesetz.

    Gott ist direkt ansprechbar und er spricht direkt an, wie er will, wann er will und wo er will.
    Jeden. Jede - ohne Ansehen der Person, Profession, Konfession.

    Und woher weiss der Mensch, dass da Gott sich meldet?
    Wie schon gesagt: Was Gewissen. Mitgefühl und gütige Vernunft stärkt. stammt von Gott.

    Die Medien sind im Westen nicht gleichgeschaltet, ABER viele Verleger, Chefredakteure und "Top"-Journalisten der Massenmedien "ticken gleich", sprich haben die gleiche Sichtweise.
    Jüngstes Beispiel - die EU-Wahlen.
    Jeder, der auch nur den Hauch eines Zweifels an diesen Wahlen äusserte, wurde von den Leitartiklern von ARD bis ZDF von FAZ bis taz ins rechte Eck wegsortiert.

    Dabei hatte das dt. Verfassungsgericht die 5%-Hürde aufgehoben. Begründung: Das EU-Parlament habe im Prinzip nichts zu bestimmen.
    Dennoch versuchten Legionen von Oberlehrern in den "Leitmedien" mir einzureden, wie toll demokratisch diese Wahl sei, und ich könnte doch mitbestimmen.
    Ich bin trotzdem nicht hingegangen.
    Wenn ich Kabarett will, geh ich in den "Simpl" - das ist billiger.

    Obwohl ich mit Henryk Broder selten übereinstimme, hier bringt er die Dinge auf den Punkt:
    http://www.welt.de/debatte/henryk…ntschieden.html

    Zur Ukraine-Krise sage ich nichts.
    Denn da ist die Stimmung so überemotionalisiert wie 1914, so dass ich manchmal denke, die Menschheit will zum 100-Jahres-Gedenktag das Stück nochmals aufführen.

    Hallo zusammen,


    Im NT gibt es keine antisemitischen Tendenzen, aber Stellen, die missverstanden wurden und die von echten Antisemiten entsprechend umgedeutet und entstellt wurden.

    Eine dieser Stellen findet sich im Johannes-Evangelium (Joh. 8,37-44)

    Jesus redet hier zu den jüdischen Würdenträgern - und zwar zu denen, die ihm nach dem Leben trachten.

    ###
    Ich weiß wohl, dass ihr Abrahams Kinder seid; aber ihr sucht mich zu töten, denn mein Wort findet bei euch keinen Raum. Ich rede, was ich von meinem Vater gesehen habe; und ihr tut, was ihr von eurem Vater gehört habt. Sie antworteten und sprachen zu ihm: Abraham ist unser Vater. Spricht Jesus zu ihnen: Wenn ihr Abrahams Kinder wärt, so tätet ihr Abrahams Werke. Nun aber sucht ihr mich zu töten, einen Menschen, der euch die Wahrheit gesagt hat, wie ich sie von Gott gehört habe. Das hat Abraham nicht getan. Ihr tut die Werke eures Vaters.

    Da sprachen sie zu ihm: Wir sind nicht unehelich geboren; wir haben "einen" Vater: Gott.
    Jesus sprach zu ihnen: Wäre Gott euer Vater, so liebtet ihr mich; denn ich bin von Gott ausgegangen und komme von ihm; denn ich bin nicht von selbst gekommen, sondern er hat mich gesandt.

    Warum versteht ihr denn meine Sprache nicht? Weil ihr mein Wort nicht hören könnt! Ihr habt den Teufel zum Vater, und nach eures Vaters Gelüste wollt ihr tun. Der ist ein Mörder von Anfang an und steht nicht in der Wahrheit; denn die Wahrheit ist nicht in ihm. Wenn er Lügen redet, so spricht er aus dem Eigenen; denn er ist ein Lügner und der Vater der Lüge.
    ###


    Diese Stelle wurde von etlichen Scharfmachern später in der Geschichte so gedeutet, als seien "DIE Juden" ganz allgemein gemeint.
    Das ist sicher NICHT so. Das geht eindeutig aus dem Zusammenhang hervor.
    Jesus redet hier zu den jüdischen Würdenträgern - und zwar zu denen, die ihm nach dem Leben trachten.

    Auch ist der Evangelist Johannes sicher kein Antisemit.
    Das zeigt unter anderem die Stelle Johannes 4,21f:
    "Jesus sprach zu ihr: Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet.
    Ihr betet an, was ihr nicht kennt, wir beten an, was wir kennen; denn das Heil kommt von den Juden."
    Jesus war Jude - Johannes auch.


    Luther war Antisemit, zumindest pflegte er in seinen späten Jahren antisemitische Ressentiments.
    Es wundert mich, dass das nicht allgemein bekannt ist - Das gehörte zu meiner Schulzeit zum Basisunterreicht in Geschichte)

    1532 erbost Luther sich gegen die christlichen Sabbater in Mähren, weil sie den Sabbat anstelle des Sonntags einhielten. Er machte jüdischen Einfluss für diese Sabbatverehrung unter den Christen verantwortlich und zieht in der Folge masslos gegen die Juden vom Leder.

    1538 verfasst Luther die Schrift "Wider die Sabbater" und will damit die Vertreibung der Juden aus Mähren rechtfertigen. Alles mit Bibelzitaten garniert. 1543 schreibt Luther seine Kampfschrift "Von den Juden und ihren Lügen".
    Luther erklärt anhand von Bibelzitaten, Juden seien "blutdürstig", "rachsüchtig", "verstockt", "das geldgierigste Volk", "leibhaftige Teufel". Alles "untermauert" mit Bibelzitaten - alles durch Luthers Art der Exegese "bewiesen".

    Man lese diese Schriften Luthers und mache sich selbst ein Bild von Luthers teilweise willkürlicher Art der Exegese.

    (Das hatte ich übrigens am 10.2. hier im Forum schon einmal vorgestellt und vorgeschlagen).

    Hallo Babylonier,

    du schreibst:
    nachdem die Kreuzzüge in Palästina gegen die Moslems wegen militärischer Erfolgslosigkeit nicht mehr weiter verfolgt wurden, hat das Papsttum gegen Ende des 13. Jahrhunderts wirklich versucht, die Niederschlagung der Katharer in Südfrankreich und die Christianisierung des Baltikums durch die Deutschordenritter ebenfalls zu Kreuzzügen zu erklären.

    Das stimmt so nicht.
    Der Katharer- oder Albigenserkreuzzug fand von 1209 bis 1229 statt und nicht am Ende des 13. Jahrhunderts.

    Allzu frustrierend war die Lage der Kreuzfahrer zu Beginn des 13. Jahrhunderts nicht. 1204 hatten die Kreuzfahrer während des 4. Kreuzzugs Byzanz erobert und dort ein schlimmes Blutbad angerichtet. Sie machten reiche Beute und errichteten in Byzanz das sogenannte Lateinische Kaiserreich.

    Kaiser Friedrich II. gelang es in einem weiteren Kreuzzug durch Verhandlungen 1229 Jerusalem, Bethlehem und Nazareth zu gewinnen.

    Der Katharer- oder Albigenserkreuzzug (1209 bis 1229) fand weniger aus Frust oder religiösem Eifer statt, sondern um die Macht des französischen Königs Philipp II. gegen den Grafen Raimund IV. von Toulouse im Süden durchzusetzen. Die dort als Minderheit lebenden Katharer oder Albigenser waren für die Eroberungen ein willkommener Anlass. Es ist klar, dass die Papstkirche dabei nicht leer ausging, was Land und Vermögen betrifft.

    Was genau ist eine Verschwörungstheorie?

    Ich sehe das so.:
    Eine Veschwörungstheorie ist eine Erklärung, die vor allem auf Vermutungen fusst und keine glaubwürdigen Quellen oder stichhaltigen Beweise vorlegen kann.
    Damit Richard Nixon entlarvt werden konnte, damit die Banco Ambrosiana enttarnt werden konnte, mussten aber Menschen mit gesundem Zweifel und viel Mut den Dingen auf den Grund gehen. Ohne diesen Mut und diesen Zweifel wären diese Skandale nie aufgeflogen.

    Das Geraune um Freimaurer und Illuminaten halte ich für hysterisch, die Bilderberger sind eine erlauchte Spezies, die ohnehin gleiche Ansichten haben. Das meiste an Übereinstimmung und gegenseitigem Zuschanzen in diesen Kreisen ergibt sich bei diesen Zusammenkünften nicht aus Verschwörungen, sondern aus Interessen-Vektoren, die zur gleichen Resultante führen. Es ist eben wie im Rokoko - eine höfische Gesellschaft trifft sich zu Banketts und Parties und dabei werden angelegentlich Pöstchen vergeben.

    Sicher nicht demokratisch, aber keine Weltverschwörung.


    Beim CIA und bei den Aktivitäten der grossen Investmentbanken liegen die Dinge jedoch anders, gezielter und systematischer.
    Es ist eindeutig erwiesen, dass folgende Gross-Banken in Absprache Zinssätze manipuliert haben und einen Gewinn von mindestens 15 Milliarden Dollar lukrieren konnten: Bank of America, Barclays, Mitsubishi-UFJ, Citi, Credit Suisse, die Deutsche Bank, HSBC, JP Morgan, Lloyds, Royal Bank of Scotland und UBS.

    Hätte das jemand vor dem Juni 2012 behauptet, wäre er als typischer Verschwörungstheoretiker abgestempelt worden.

    Heimo behauptet:
    Nein, es ist Satans Strategie den Menschen mit Verschwörungstheorien vom Evangelium abzulenken.


    Das halte nun ich wiederum für eine Verschwörungstheorie.
    Es ist durch nichts erwiesen, dass Satan da seine Finger im Spiel hat.
    Aber vielleicht liefert Heimo ja noch Belege dafür, dass Satan die Verschwörungstheorien in die Welt gesetzt hat.

    Ich bin gespannt.

    Hier mal ein Fundstück zum Thema, das vielleicht auch ganz anregend ist:



    Der Schöpfungshymnus und die Irrtümer der Fundamentalisten

    Erstens
    heißt das hebräische Wort "jom", das im Schöpfungshymnus verwendet wird, nicht nur "Tag", sondern auch "Zeitabschnitt". Das wußten die Leser der Schöpfungsgeschichte natürlich, denn sie waren des Hebräischen mächtig.

    Zweitens
    werden die Gestirne - auch die Sonne - erst am vierten "Tag" erschaffen, so dass im biblischen Text aus rein logischen Gründen mit Abend, Morgen und "Tag" kein irdischer "Tag" von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang gemeint sein kann. Die Sonne gab es ja an den ersten drei "Tagen" noch gar nicht. Auch den antiken Lesern des Schöpfungsyhymnus war das aus naheliegenden Gründen klar.

    Drittens
    sind nach Auffassung der Bibel vor Gott "1000 Jahre wie ein Tag" (Psalm 90,4), wobei hierbei gemeint ist, dass Gott auch Herr über die Zeit ist und nicht, dass für Gott ein Tag "genau 1000 Jahre dauert", wie die Fundamentalisten und manche ihrer Kritiker vermuten. Die meisten antiken Leser der Bibel hatten ein weitaus sinnbildlicheres und geistreicheres Verständnis der Schrift als die heutigen Fundamentalisten.

    Viertens
    In der Bibel geht es nicht um naturwissenschaftliche Aussagen , sondern um Lebensorientierung, Sinnvermittlung, um Glaubens- , Hoffnungs- und Ethikbegründung. Der Schöpfungshymnus in Genesis 1 ist kein naturwissenschaftliches Dossier, sondern eine Kampfansage gegen die Vergötzung von Dingen und Naturphänomenen.

    Der Schöpfungshymnus in Genesis 1 stellt alle Gestirn- oder Naturgottheiten, wie sie die Nachbarvölker Israels verehrten, radikal in Frage, macht sie zu Geschöpfen (zB die Sternengötter zu blossen "Lampen"). Damit war der Weg frei, die Natur zu erforschen. Sie hatte nichts Numinoses mehr an sich. Der Schöpfungshymnus ist in logischer Konsequenz also ein Aufruf zum methodischen Atheismus bei der Erforschung der Naturdinge. Denn da die Naturdinge wie Flüsse, Bäume, Tiere, Gestirne keine Götter sind, konnten sie für den antiken Menschen, der an einen wirklich transzendenten Grund oder Gott glaubte, gefahrlos Objekte der Forschung werden.

    Fünftens
    Anders als die Schöpfungsmythen der umgebenden Völker Israels legt Gott eindeutig fest, dass alle Menschen unterschiedslos zum Ebenbild Gottes geschaffen sind. Das hat schon immer soziale und Freiheitsbewegungen inspiriert. Von der Antike übers Mittelalter bis in die Neuzeit.
    "Als Adam grub und Eva spann, wo war denn da der Edelmann?" reimten die aufständischen Bauern im Bauernkrieg.

    In der Declaration of Independence heißt es:
    "We hold these truths to be self-evident, that all men are CREATED equal, that they are endowed by their CREATOR with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness."


    Sechstens
    Der 7-"Tage"-Zyklus in der Schöpfungsgeschichte wurde vor allem deshalb gewählt, um die polytheistisch-heidnische Begründung der 7-Tage-Woche auszuhebeln. Die 7-Tage-Woche entstand in den Hochkulturen Mesopotamiens aus der Beobachtung des Sternnhimmels. Sieben mit blossem Auge sichtbare Wandelgestirne "bewegten" sich nach Auffassung der antiken Menschen "eigenständig" vor dem Fixsternhimmel. Daraus schlussfolgerten sie, dass es sich um "Götter" handeln müsste. Aus dieser Siebenzahl sichtbarer Wandelgestirne=Götter leitete man in der Antike die Sieben-Tage-Woche ab.

    Jeder Tag der Woche war z.B. bei den Babyloniern einem der sichtbaren "Wandelgestirne" gewidmet, die man für Götter hielt:
    Der Sonntag der Sonne
    Der Montag dem Mond
    Der Dienstag (mardi) dem Kriegsgott (später Mars oder Ziu)
    Der Mittwoch dem Merkur (daher bis heute im Französischen z.B. mercredi)
    Der Donnerstag (jeudi, giovedi) dem Jupiter
    Der Freitag der Liebesgöttin (später Venus vendredi, venerdi).
    Der Samstag (Saturday) dem Saturn.

    Diesen Göttern war in den Nachbarkulturen der Israeliten am entsprechenden Tag zu opfern. DIESEN Kulten und DIESER Erklärung der Woche(ntage) durch Vielgötterei setzt der biblische Schöpfungsbericht sein Sieben-Phasenmodell der Schöpfung entgegen.

    Es geht in der Bibel wie gesagt um Lebens- und Wertorientierung, um Glaubens-, Hoffnungs- und Ethikbegründung und nicht um Naturwissenschaft. Was hätte es den antiken Glaubenden genutzt, wenn ihnen die Formel E=m mal c Quadrat oder die Schrödingergleichung vermittelt worden wäre?
    Nichts. Erstens hätte das damals kein Mensch verstanden, zweitens sind Formeln und Urknalltheorien für die persönliche Lebensführung, als Lebenshilfe und Sinnorientierung weitestgehend belanglos.

    Naturwissenschaftliche Formeln und Theorien zur Entstehung des Universums oder zu genetischen Details haben nur in einem Umfeld Sinn, wo ein Grundverständnis dieser Phänomene gewachsen ist, wo die Messtechnik so weit entwickelt ist, dass bestimmte Zusammenhänge nachvollzogen werden können.

    Doch selbst in technisch höchst entwickelten Kulturen wie der unsrigen gibt die Naturwissenschaft AUS SICH SELBST HERAUS nichts her für Lebensführung, Sinn- und ethische Orientierung. Kernphysik, Gehirnforschung und Gentechnik können zur Befreiung oder zur Versklavung von Menschen genutzt werden. Die Forschungsergebnisse sagen nichts aus darüber, wie sie zu nutzen sind oder wo die ethischen Grenzen der Forschung liegen.

    Der antike jüdische Leser wußte ganz genau, dass der Schöpfungshymnus dem Wandelsternkult widersprach, dass Genesis 1 ein Gegenkonzept und eine Kampfansage gegen die versklavenden Strukturen der Nachbarvölker war, die zum Teil am 7. Tag der Woche ihrem Hauptgötzen auch Menschenopfer darbrachten.

    Der Schöpfungshymnus setzt der Naturvergötzung und dem Opferkult im Bewußtsein des Volkes Israel ein Ende, indem er die Sieben-Tagewoche radikal umdeutet und den Menschenopfertag Samstag/Saturntag zum Sabbat und zum absoluten Ruhetag deklariert.

    Hallo Heimo,

    du schreibst:
    In unserem System zahlten 2,8% der Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen 26,6% des (Lohn- und Einkommen)Steueraufkommens,
    und 6,5% der Lohn- und Einkommensteuerpflichtigen 45% des (Lohn- und Einkommen)Steueraufkommens...
    42,4% zahlten absolut nichts. (Österreich 2006 - in Deutschland ist es im Prinzip ähnlich)
    Das ist nicht ungerecht, das ist Raub.

    Grosse Worte - grosse Leidenschaften.
    Dass Menschen, die nicht einmal 1000 Euro pro Monat verdienenn, nicht auch noch besteuert werden, finde ich vollkommen in Ordnung.
    Das ist nicht Raub, sondern im Ansatz völlig vernünftig.

    Hier ist die Aufschlüsselung bei der Einkommenssteuer 2011
    http://www.statistik.at/web_de/statist…tik/022012.html

    Insgesamt gab es in Österreich 587.481 Veranlagungsfälle.

    Ich habe mal das reichste - und deiner Ansicht nach am übelsten beraubte - 1 Prozent zusammengestellt:

    Es gabt 2.980 Fälle da hatten die Betroffenen ein Jahres-Einkommen zwischen 300.000 und 500.000 Euro.
    Es gab 762 Fälle da hatten die Betroffenen ein Jahres-Einkommen zwischen 500.000 und 700.000 Euro.
    Es gab 384 Fälle da hatten die Betroffenen ein Jahres-Einkommen zwischen 700.000 und 1 Million Euro.
    Es gab 379 Fälle da hatten die Betroffenen ein Jahres-Einkommen von über 1 Million Euro.

    Schauen wir uns die Extremfälle näher an.
    Es gab 379 Fälle da hatten die Betroffenen ein Einkommen von über 1 Million Euro.
    Sie "verdienten" also 947 Millionen im Jahr. Davon zahlten sie 341 Millionen Steuern.

    Das ergibt einen Prozentsatz von 34 Prozent.
    Es blieben den 379 Betroffenen immer noch 606 Millionen Euro Jahreseinkommen übrig. Pro Kopf sind das 1,76 Millionen.

    Du findest das entsetzlich.
    Ich halte das für Jammern auf höchstem Niveau.
    Ich hoffe, du verstehst, dass ich nicht mit dir empört sein kann.


    Ich erinnere nochmal an Hans Peter Haselsteiner. Er findet sich als sehr reicher Mann zu wenig besteuert.
    Hans Peter Haselsteiner, bis Mitte 2013 Chef der STRABAG, ein ethisch gesonnener und erfolgreicher österreichischer Unternehmer, fordert deshalb, dass man die Einheitswerte für die Grundsteuer anhebt, dass man eine Steuer auf "unvernünftig hohe Einkommen" erheben sollte, dass man eine Erbschafts- und Schenkungssteuer (wieder) einführt.

    Manche finden Haselsteiners Forderungen "populistisch". Ich finde, was er fordert, sehr vernünftig.
    http://derstandard.at/1379291027470/…-hohe-Einkommen


    Es erstaunt mich sehr, dass du, Heimo, Menschen, denen es eigentlich sehr gut geht, als Opfer, als Beraubte hinstellst.
    Ich wundere mich. Für mich hört sich das sehr werkgerecht an.
    Wir haben alles Gute zuallererst von Gott - Talente, Gesundheit, eine Erbschaft - und nicht aus eigener Leistung.

    Noch mehr irritiert mich die Art, wie du Ärmere (zB HartzIV-Bezieher) pauschal als über Gebühr Begünstigte zu betrachten scheinst.


    Du meinst:
    Wenn wir dann noch bedenken, dass z.B. in der Bibel einerseits eine "Flat Tax" von 10% für den Staat plus 10% Zehnten galt...
    Und für die Armen gesorgt wurde, indem die reichen Frommen fürsorglich und barmherzig waren und Gott mit dem Halljahr dafür sorgte, dass keine Sippe ihr Land (Einkommensgrundlage) bleibend verlor und alle entschuldet wurden - dann sieht man wo wir heute angelangt sind....

    Wenn wirklich, so wie du behauptest, für die Armen in Israel von den Reichen gesorgt worden wäre, dann hätten sich Propheten wie Jesaja, Amos und Hosea und dann hätte sich auch Jesus nicht für die Armen ereifern müssen.

    Das Problem ist, dass in der Geschichte Israels das Sabbat- oder gar das Jobeljahr praktisch nie eingehalten wurde. Das heisst: Schon immer wurde dieses Gebot missachtet, weil die Reichen in Israel, wie anderswo, meistens auch die Macht hatten.

    In seiner "Antrittsrede" in Lukas 4 verkündet Jesus ein Jubeljahr des Herrn.
    Jedes siebte Sabbatjahr sollte sollten nicht nur die Schulden gestrichen werden, sondern es sollte auch das Land gerecht verteilt werden.

    Gerade die Adventisten sollten sich für die Forderung nach einem Sabbajtahr und Jobeljahr aktiv einsetzen. Entschuldung und gerechte Landverteilung.
    Da findest du mich auf deiner Seite.

    Eine Entschuldung wäre auch ein brauchbarer Lösungsansatz für die Krise in der EU.

    Wer hingegen für eine Flat Tax votiert, wer meint, man solle die Reichen so besteuern wie die Ärmsten, zB mit einer Flat Tax von 20%, der verkennt, dass die Mehrheit der Reichsten keineswegs bereit ist, die Lücken in der Versorgung durch Almosen ausreichend zu füllen. Die Steuergeschenke landen vor allem auf Schweizer Konten. Das zeigen unzählige Beispiele - vor allem auch aus manchen islamischen Ländern, wo Flat Tax-artige Regelungen existieren und das Sozialwesen stark auf Almosen beruht.

    Kurzum: Eine Flat Tax ohne Sabbatjahr- und ohne Jobeljahr-Regelung würde die Reichen noch reicher und die Armen noch ärmer machen. Dass die steuerentlasteten Reichen über Almosen die Ärmsten ausreichend versorgen würden, halte ich wie gesagt für eine Illusion.

    Die Flat Tax wird ja u.a. vom Milliardär Stronach und der Tea Party in den USA gefordert. Wo die Flat Tax eingeführt wurde, hat sie zu dramatischer Staatsverschuldung und Verfall der zivilen Infrastruktur geführt.

    Hallo Heimo,

    Du schreibst:
    Alleine das Wort Steuerdumping ist bei den Umverteilungsquoten die wir in Österreich und Deutschland haben eine Provokation.


    Wenn du damit die Umverteilung von Arm zu Reich meinst, gebe ich dir recht.
    Der durchschnittliche Besitz von Arbeitslosen hat sich in D seit 2002 fast halbiert.
    Die reichsten 10% der Deutschen konnten ihr Vermögen in den letzten 20 Jahren inflationsbereinigt nahezu verdoppeln.
    (Siehe: http://www.diw.de/documents/publ…708.de/14-9.pdf)


    Steuerdumping Akt 1:

    Rund 0,9 Prozent vom BIP betragen die vermögensbezogenen Steuern in Deutschland (und Österreich). Hingegen sind es in der Schweiz, in Japan und in Italien 2,5 Prozent, in Frankreich, Kanada, USA rund 3 Prozent und in Großbritannien über 4 Prozent.

    Hans Peter Haselsteiner, bis Mitte 2013 Chef der STRABAG, ein ethisch gesonnener und erfolgreicher österreichischer Unternehmer, fordert deshalb, dass man die Einheitswerte für die Grundsteuer anhebt, dass man eine Steuer auf "unvernünftig hohe Einkommen" erheben sollte, dass dass eine Erbschafts- und Schenkungssteuer (wieder) eingeführt wird. Erbschafts-, Schenkungs- und Grundsteuern sind vermögensbezogene Steuern. Damit will er eine Steuerreform zugunsten der Arbeitseinkommen finanzieren.

    Haselsteiner ist sicher kein Populist, und er versteht etwas von Wirtschaft.


    Steuerdumping Akt 2

    Steuerdumping gibt es sehr wohl in der EU, und es nutzt vor allem grossen Unternehmen.
    http://www.format.at/articles/1329/…apple-amazon-co


    Zwei Beispiele.

    Google setzte in Großbritannien von 2006 bis 2011 etwa 18 Milliarden Dollar (14 Milliarden Euro) um, zahlte aber nur 16 Millionen Dollar (12,4 Millionen Euro) Steuern. Das ist 0,1 Prozent, also ein Promill vom Umsatz. Amazon zahlte in den vergangenen sechs Jahren bei einem Umsatzes von 23 Milliarden Dollar in GB nur rund 9 Mio. Dollar Steuern. Das ist nicht einmal ein Drittel eines Promills des Umsatzes.

    Diese ganz legale Form der Steuerhinterziehung hat sehr viel mit der EU zu tun.
    Denn Amazon zB wickelt den Großteil seine Umsatzes über Luxemburger Gesellschaften ab, zB über die Amazon Europe Holding Technologies, und die zahlen als "steuerbefreite Partnerschaft" keine Steuern.

    Es ist mir ein Rätsel, warum gerade viele kleine und mittlere Unternehmer da beide Augen zudrücken. Da entstehen Riesenlücken im Budget. Die müssen durch fair wirtschaftende Unternehmen ausgeglichen werden.
    Gleichzeitig werden oftmals auf gehässige Art Alleinerziehende, Arbeitslose, HartzIV-aufgestockte Kleinrentner als Schmarotzer angeprangert.


    Das Riesenproblem ungezügelter Kapitalverkehr und Derivatehandel

    Du schrebst:
    Politische Verbrechen, wie die Hypo Alpe Adria der EU-Gesetzgebund anzukreiden mag zwar populär sein, ist aber dennoch unsachlich.


    Das Problem liegt im völlig unkontrollierten Kapitalverkehr, auch und vor allem mit Derivaten. Und das wurde von der EU forciert. Die Hypo Alpe Adria konnte nur deshalb so hemmungslos wirtschaften, weil zuvor wichtige Dämme und Regularien (zB Verbot des Derivatehandels, scharfer Sicherheiten-Check bei Kreditvergabe) auf Druck der EU ausgehebelt wurden. Zum politischen Druck kam der mediale. Wer 1998 bis 2007 warnte, wurde als "altbacken" oder "links" verschrien.

    Ich könnte hier noch sehr viel mehr Beispiele nennen, Initiativen der EU-Spitzen, die vor allem Konzerne und die Reichsten begünstigen, die zu Steuer- und Lohndumping führen und zu immer mehr Verschuldung, nicht nur des Staates, sondern auch und vor allem von Banken und Betrieben.

    Ich denke, allein die genannten Beispiele zeigen, dass die EU nicht wie bisher mit Derivaten.Lohn- und Steuerdumping weitermachen kann.

    Hallo Bogi,

    Du schreibst:
    Ich bin 1958 von Polen nach Deutschland übersiedelt. Obwohl wir hier 5 Jahre in einer Baracke ohne Strom gelebt haben,habe ich meine Kindheit in schöner Erinnerung.

    Wir hatten Zukunftsoptimismus,es ging in großen Schritten aufwärts. Wir haben gebaut und uns ging es zunehmend besser. Jeder hat noch "malocht" 40-45 Stunden

    Woche ohne freien Samstag...
    Da gab es kein Harz 4!


    Ja. Es gab aber Vollbeschäftigung.
    Es gab im Notfall Arbeitslosengeld in Höhe von 80% bis 90% und Sozialhilfe, die ein Leben in Würde ermöglichte, wenn jemand sie brauchte.
    Nein - es gab kein HartzIV. sondern einen fairen Umgang, echte Hilfe für Bedürftige.

    Es gab weitaus bessere Krankenkassenleistungen als heute und Schüler-Bafög für Kinder aus finanzschwachen Familien.
    Es gab ein anderes, faires Klima.

    Und es gab, wie du selbst schreibst, Zukunftsoptimismus, ein völlig anderes Lebensgefühl als heute, das Gefühl, dass es ganz allgemein aufwärts ging. nicht nur für 10 bis 20 Prozent Privilegierte.

    Das Wissen, dass es allgemein aufwärts geht, das genau fehlt vielen Menschen heute. Nicht, weil die meisten faul oder träge wären, sondern weil es strukturell in diesem Land für das untere (aber inzwischen auch mittlere) Drittel immer weiter abwärts geht, weil Arbeit immer schlechter bezahlt wird, weil viele - sehr berechtigt - Angst haben müssen vor Arbeitsplatzverlust und Altersarmut.

    Grosse Teile deiner Generation, - ich schätze dich auf Ende 60, um die 70, - grosse Teile deiner Generation übersehen das völlig.
    Sie übersehen die völlig andere Lage heute. Sie übersehen, dass schon der Berufsstart bei vielen schiefläuft, nicht weil sie zu wenig gelernt hätten, sondern weil auf eine Stelle drei, vier, fünf Bewerber kommen. Und wer eine Stelle hat, ist oft nur befristet und/oder prekär beschäftigt, mit einem äusserst schmalen Gehalt.

    Die prekäre Beschäftigung, das Von-der-Hand-in-den Mund-leben-Müssen, DAS macht eine Familien- oder Lebensplanung oft nicht möglich. Da wird Millionen junger Menschen in der EU jede Perspektive und das Selbstwertgefühl geraubt.

    30, 40, 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit - in Italien, Spanien, Griechenland.
    Meinst du ernsthaft, die grosse Mehrheit dieser Menschen hat das verdient oder selbst verschuldet?

    30, 40, 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit - in Italien, Spanien, Griechenland - weisst du, was das heisst?
    Ich denke nein. In beengten Verhältnissen zu leben so wie du 1958-1963, ist erträglich und relativ leicht zu meisten, wenn es im Lande und in der Wirtschaft aufwärts geht, wenn man fühlt, dass man GEBRAUCHT wird.

    Weisst du, warum es in Deutschland zu einem Wirtschaftswunder kam?
    Du wirst sagen durch Fleiss. Ja, auch, ABER Das ist nur die halbe Wahrheit. Die andere Seite ist die Anschubfinanzierung - der Marshall-Plan.
    Und das fehlt heute den südlichen Ländern Europas - und da hat die EU erbärmlich versagt.


    Ein Wort noch zu den Werten.

    Ich habe einen guten Freund, der ist in prekären Verhältnissen gross geworden. Seine Mutter und er haben sogar in den Sechziger Jahren teilweise noch gehungert. Ich sage das, damit du nicht meinst, nur deine Generation, wüsste, was Darben und Arbeiten heisst.

    Seine Mutter war alleinerziehend. Er ging aufs Gymnasium, hat es zu etwas gebracht. Einfach war es nicht. Seine Kindheit und Jugend möchte er dennoch nicht missen, sagt er. Denn er wisse, was es heisst, arm zu sein, sich durchkämpfen zu müssen. Eine schwere Zeit, ABER er hatte einen grossen Vorteil: Arme und Alleinerziehende waren in den Sechziger und Siebziger Jahren GEACHTET, nicht stigmatisiert. Anders als heute,

    Das Frozzeln und Mobben, die Häme und der Spott gegen Ärmere und Alleinerziehende waren bis in die Achtzigerjahre die grosse Ausnahme, ja sie waren selbst tabu.
    Heute ist das anders. Heute wird die Verächtlichmachung der ärmeren Schichten von Bild-zeitung bis SAT1, RTL und Westerwelle geradezu zelebriert.
    Ja. es gibt einen Werteverfall in vielen Bereichen. Der Dünkel der Saturierten gehört dazu.


    Du hast Glück gehabt, warst zu einer Zeit berufstätig, als Menschen gebraucht wurden und fair entlohnt wurden.
    In einer Zeit ohne Lohn- und Steuerdumping.
    Sei froh und dankbar. Das war eine Form der Gnade.
    Du hast Glück gehabt.
    Gnade.
    Kein Grund sich zu rühmen.

    Ich habe auf meine Art Glück gehabt
    Auch kein Grund sich zu rühmen.

    Aber für uns beide ein guter Grund sich für echte Lebenschancen der vielen Menschen einzusetzen, die EUROPAWEIT jetzt am Rande stehen.