Zitiert aus "Das Pfadfinderbuch, Nach General Baden-Powells Scouting for Boys unter Mitwirkung von Stabsarzt Dr. A. Lion" , München 1909
ZitatAlles anzeigenAus dem, was wir über die Pflichten der Pfadfinder gesagt, ergeben sich von selbst die Satzungen, die jeder, der sich als Pfadfinder betrachten und bewähren will, zu befolgen hat. Sie bräuchten eigentlich gar nicht niedergeschrieben werden, es gibt eben auch ungeschriebene, aber darum doch seit Urzeiten geheiligte Gesetze, die den Menschen ihre Pflichten gegen ihre Mitmenschen vorschreiben.
Der Grundsatz, das Motto des Pfadfinders, auf den sich seine ganze Tätigkeit gründet, liegt in den Wotren: >>Sei allzeit bereit!<< Das heisst geistig und körperlich, mit Deinem Willen wie Deiner ganzen Körperkraft vorbereitet, Deine Pflichten zu erfüllen.Geistig stets bereit bist Du, wenn Du Dich selbst dazu erzogen hast, jeden Befehl des dazu Berechtigten zu befolgen, und ferner, wenn Du auf jedes Ereignis, jeden Unfall innerlich schon vorbereitet bist. Dann weisst Du die richtige Tat am richtigen Ort zu tun, und hast dann den festen Willen, sie auch unerschütterlich durchzuführen.
Körperlich stets bereit bist Du, wenn Du Dich selber stark und kräftig gemacht hast und Dich weiter gesund erhältst. Dann hast Du auch Kraft, die richtige Tat am richtigen Ort zu vollführen, und sie wird Dir gelingen.Neun Hauptpunkte bilden die Satzungen der Pfadfinder:
1. Auf die Ehre eines Pfadfinders muss man unerschütterlich bauen können . Wenn ein Pfadfinder sagt: >>Es ist so, auf meine Ehre<<, so IST es eben so, gerade so als ob er den heiligen Eid vor Gericht darauf geschworen hätte.
Ebenso, wenn erin Feldmeister, Feldkornett oder Junker zu einem Pfadfinder sagt: >>Ich verlasse mich bei Deiner Ehre darauf, dass Du dies tust<<, so hat der Pfadfinder die Pflicht, den Auftrag auszuführen, so gut er es irgendwie mit Anspannung aller seiner Kräfte und Fähigkeiten zu tun imstande ist.
Verletzt ein Pfadfinder seine Ehre durch eine Lüge oder führt einen Befehl nicht aus, der ihm unter ausdrücklicher Berufung auf seine Ehre erteilt wurde, so kann er nicht mehr Pfadfinder sein und es auch niemals mehr werden.2. Ein Pfadfinder ist treu seinem Landesherrn, dem Kaiser, seinem Vaterlande, seinen Vorgesetzten, Lehrern und Brotherren. Er muss für sie durch dick und dünn gehen, für sie gegen jedermann eintreten, der sich als ihr Gegener erweist oder auch nur schlecht über sie spricht.
3. Eine Pfadfinderpflicht ist auch: seinem Mitmenschen nützlich und hilfreich zu sein. Vor allem anderen hat er seine Pflicht zu tun, auch wenn er dadurch sein eigenes Vergnügen, seine Bequemlichkeit, ja die Sicherheit seines Lebens und seiner Gesundheit gefährden sollte. Wenn er einmal in Zweifel kommen sollte, welches von zwei Dingen das richtige ist, muss er sich selbst fragen: >>Was ist meine Pflicht, d.h. was ist besser für meine Mitmenschen<< - und das hat er dann zu tun.
Er muss stets und allezeit bereit sein, Verunglückten zu helfen, wo möglich, ihr Leben zu retten.
Jeden Tag hat er einem seiner Mitmenschen mindestens einen Liebesdienst zu erweisen.4. Ein Pfadfinder ist ein Freund aller seiner Mitmenschen, ein Bruder jedem seiner Pfadfinder-Kameraden, ganz gleich welcher Gesellschaftsklasse dieser angehört, ob er reich oder arm, adelig oder bürgerlich geboren, Katholik, Protestant oder Jude ist, wenn er nur die Pfadfinderpflichten erfüllt,
Wenn ein Pfadfinder muss den anderen unterstützen, besonders wenn der andere sich gerade in der Ausübung einer Pfadfinderpflicht befindet. Er muss ihn, wenn nötig, mit Nahrung, überhaupt mit allem versorgen, was der andere braucht, soweit er irgendwie selbst dazu imstande ist.
Ein Pfadfinder darf niemals ein Vornehmtuer sein. Ein S n o b wie der Engländer solche Gecken nennt, sieht auf den anderen herab, weil er ärmer ist als er selbst. Umgekehrt ist es aber ebenso unwürdig, wenn jemand selbst arm ist und deshalb gegen den reicheren Kameraden ein Vorurteil hat und gar hämischen Neid zeigt.
Der richtige ritterliche Pfadfinder nimmt seine Kameraden so, wie er sie findet. Schlechte Angewohnheiten, die er bei einem sieht, weil dessen Eltern vielleicht nicht das Geld oder die Zeit zur richtigen Erziehung ihres Kindes hatten, sucht er mit Liebe und durch gutes Beispiel zu bessern.
Kim, der wackere, junge Pfadfinder wurde von den Indern >>Der kleine Freund aller Menschen<< genannt, und jeder Pfadfinder sollte danach streben, sich diesen Ehrentitel zu erwerben.5. Ein Pfadfinder ist höflich. Er ist höflich zu jedermann - besonders aber zu Frauen und Kindern, zu alten Leuten und hilfsbedürftigen Personen, wie Gelähmten, Krüppeln und Kranken. Aber für seine Hilfe oder Höflichkeit darf er niemals eine Belohnung nehmen. Ein >>Danke<< und das Bewusstsein, seine Pflicht getan zu haben, ist sein schöchstes Entgelt.
6. Ein Pfadfinder ist gegen Tiere liebreich. Er muss ihnen, soweit wie möglich, Schmerzen ersparen und darf kein Tier unnötig töten, ausser wenn er es zur Nahrung dringend braucht oder es sich um ein schändliches Lebewesen handelt.
7. Ein Pfadfinder gehorcht seinem Feldkornett, dessen Stellvertreter (Junker) und dem Feldmeister ohne Widerrede. Auch wenn er einen Befehl erhält, der nicht nach seinem Geschmack ist, muss er ihn dennoch wie jeder Soldat genau befolgen. Es ist dies seine Pflicht.
Nachher kann er seine Einwände dagegen geltend machen, aber erst muss er den Befehl - wenn er nicht offenbar unvernünftig ist, was bei Pfadfindern nicht vorkommen darf - unverzüglich ausführen. Das verlangt die Diszipilin, die Manneszucht, ohne die kein Reich, keine Gemeinschaft, kein Arbeitsbetrieb bestehen kann.8. Ein Pfadfinder ist stets munter und vergnügt. Wenn er einen Befehl erhält, muss er ihn heiter und flott ausführen und nicht in träger, lässiger Weise. Pfadfinder brummen nicht, wenn ihnen mal irgend etwas Mühe und Entbehrungen kostet. Sie weinen auch nicht, wenn ihnen einaml etwas misslingt, oder fluchen gar.
Wenn Du z.B. einen Zug versäumst, jemand durch eine ungeschickte Bewegung Dir unabsichtlich Deinen Hut ins Wasser oder aus der Eisenbahn wirft, oder Dir sonst etwas Unangenehmes passiert, so ärgere Dich nicht, zwinge Dich gleich zum Lächeln, pfeife eine lustige Weise - und aller Aerger wird wieder vorbei sein.
Ein Pfadfinder zeigt überhaupt bei allen seinen Gelegenheiten immer nur ein freundliches Gesicht. Es heitert ihn selbst auf ebeneso wie die anderen Leute. Besonders im Angesicht einer Gefahr wird dies sehr wertvoll. Behält der Pfadfinder dann, wie er es gewohnt, sein Lächeln bei und pfeift dabei sein Liedchen, wird er manche Panik verhindern können.9. Ein Pfadfinder ist sparsam. Er spart jeden Pfennig, wo er nur kann, und bringt ihn in die Sparkasse. Wenn er dann einmal später unglücklicherweise sein Amt oder Stelle verlierden sollte, so kann er sich davon erhalten und braucht anderen Leuten nicht zur Last fallen. Vor allem hat er dann immer Gelt, um davon Bedürftige unterstützen zu können.