6. Lektion: Gottes Liebe zur Gerechtigkeit
VIII.) LEHRERTEIL
TEIL I: ÜBERSICHT
Einführung
In der gesamten Bibel werden Gottes Liebe und Gerechtigkeit als wesentliche Bestandteile seines Wesens dargestellt. Diese Eigenschaften offenbaren sein tiefes Interesse an Gerechtigkeit und Rechtschaffenheit.
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Anwendung
Gott kann sich in seiner Beziehung zu seinem Volk ändern, wenn es sich entscheidet, ihn anzunehmen oder abzulehnen. ...
TEIL II: KOMMENTAR
1. Liebe und Gerechtigkeit gehören zusammen.
Viele Menschen denken üblicherweise, daß sich Liebe und Gerechtigkeit gegenseitig ausschließen. Laut dieser Sichtweise kann man nicht gleichzeitig gerecht und liebevoll sein. Gemäß dieser Ansicht ist Liebe nachsichtig und verhindert oder verwischt zumindest, daß Gerechtigkeit geübt wird. Umgekehrt wird argumentiert, daß Gerechtigkeit objektiv und leidenschaftslos sein muss und daher jede Form von Barmherzigkeit und Liebe notwendigerweise ausschließt.
Diese Sichtweise ist jedoch nicht die einzige (und auch nicht die beste) Art und Weise, den Unterschied von Liebe und Gerechtigkeit zu betrachten. Tatsächlich bilden Liebe und Gerechtigkeit in der Bibel keine Dichotomie, sondern sind vielmehr in der Beschreibung von Gottes vollkommenem Wesen kohärent miteinander verbunden. In der biblischen ganzheitlichen Darstellung von Liebe und Gerechtigkeit kann man das eine nicht ohne das andere denken. Eine Vortäuschung von Liebe ohne Gerechtigkeit ist eigentlich Ungerechtigkeit/Parteilichkeit, während die Vorstellung von Gerechtigkeit ohne Liebe in Wirklichkeit kalte Gesetzlichkeit ist. In Wahrheit geht die Bibel in der Beschreibung von Gottes Wesen noch einen Schritt weiter. Gott verbindet nicht nur Liebe und Gerechtigkeit, sondern er liebt tatsächlich die Gerechtigkeit ( Ps 33,5; Jes 61,8 ).
Der hebräische Begriff für Gerechtigkeit in Psalm 33,5 und Jesaja 61,8 ist mispat, der die Vorstellung einer korrekten Regierung vermittelt. Laut Robert Culver trennen moderne Konzepte demokratischer Regierung legislative, judikative und exekutive Funktionen, während mišpat nicht „nur auf Gerichtsverfahren beschränkt“ ist, sondern sich tatsächlich auf „alle Regierungstätigkeiten“ bezieht (Robert D. Culver, „2443 ˇʕ ʴʔ ʨ“, in: R. Laird Harris/Gleason L. Archer Jr./Bruce K. Waltke (Hg.), Theological Wordbook of the Old Testament, Chicago 1980, S. 948). Aus dieser Perspektive, in der es keine Trennung der Funktionen gibt, konzentrierte sich die Regierung in biblischen Zeiten in erster Linie auf die Figur des Herrschers und nicht auf Gesetzestexte. Der Herrscher/ Richter hatte sowohl exekutive als auch „judikative Befugnisse“. Anders ausgedrückt: Der Herrscher/Richter traf nicht nur Rechtsentscheidungen, sondern setzte sie auch um oder veranlasste ihre Ausführung. Zum Beispiel dachte David, als er in seinem Streit mit Saul an Gott als Richter appellierte, nicht nur in Kategorien einer Rechtsentscheidung, sondern ging auch von einer gerichtlichen Ausführung der Befreiung und Rechtfertigung aus: „Der HERR sei Richter und richte zwischen mir und dir und sehe darein und führe meine Sache, daß er mir Recht schaffe und mich rette aus deiner Hand!“ ( 1 Sam 24,16 ).
Wenn wir dieses weitgefasste Verständnis von Gerechtigkeit berücksichtigen, scheint die Aussage, daß Gott die Gerechtigkeit liebt, mindestens zwei wichtige Punkte für unser Studium von Gott zu beinhalten. Erstens bezieht sich Gottes Gerechtigkeit nicht nur auf Gesetzestexte, sondern betrifft grundlegend sein Herz und sein Wesen. Zweitens liebt er nicht nur die Überlegung von Gerechtigkeit, sondern auch deren Ausführung.
2. Liebevolle Gerechtigkeit erfordert Beständigkeit.
Wenn Gerechtigkeit sich auf eine gute Regierung mit gutem Urteilsvermögen und guter Ausführung bezieht, wie oben erwähnt, muss sie die Möglichkeit willkürlicher oder launenhafter Entscheidungen seitens des Herrschers ausschließen. Aus dieser Perspektive erforderte Gerechtigkeit Beständigkeit und Regelmäßigkeit. Es gibt zwei zentrale Passagen in der Heiligen Schrift, eine im Alten Testament und eine im Neuen Testament, die normalerweise verwendet werden, um Gottes Unveränderlichkeit zu bekräftigen. Während das Konzept der Unveränderlichkeit in den Diskussionen über die Gotteslehre in verschiedenen Traditionen der christlichen Theologie stark mit philosophischen Annahmen durchsetzt ist, kann man sicher sagen, daß Maleachi 3,6 und Jakobus 1,17 die Beständigkeit von Gottes moralischem Charakter betonen. Um es präziser auszudrücken: Gott ist moralisch unwandelbar oder unveränderlich.
Maleachi 3 ist geprägt von der Vorstellung der göttlichen Gerechtigkeit. Das Kapitel beginnt mit der Frage nach der göttlichen Gerechtigkeit in Maleachi 2,17 , nämlich: „Wo ist der Gott des Gerichts?“ (EB). Anders ausgedrückt: Was wird mit jenem, der „Böses tut“ ( Mal 2,17 )? Als Antwort auf diese grundlegende Frage betont Maleachi 3 das Kommen des göttlichen Gerichts. „Wer wird aber den Tag seines Kommens ertragen können, und wer wird bestehen, wenn er erscheint?“ ( Mal 3,2 ). Das Gericht bezieht sich insbesondere auf die rebellische Geschichte von Gottes Volk, aber diese ernste Botschaft ist eigentlich als Aufruf zur Umkehr gedacht. Daher ist der Ton des künftigen Gerichts Gottes letztlich hoffnungsvoll.
In diesem Kontext von Gericht und Hoffnung unterstreicht der Herr, daß er sich nicht ändert, und dieser Fakt ist tatsächlich der Grund, warum sein Volk nicht vernichtet wird ( Mal 3,6 ). Die Vorstellung der Unveränderlichkeit Gottes wird in der New English Translation als „Ich, der HERR, nehme mein Versprechen nicht zurück“ wiedergegeben, was die Vorstellung von Gottes moralischer Bundestreue im Kontext des Abschnitts ausdrückt. Gleichzeitig betont Maleachi 3,7 („Kehrt um zu mir, so will ich zu euch umkehren“) eine beziehungsorientierte und positive Veränderung der Einstellung Gottes, die er anstrebt, abhängig von der Umkehr der Menschen.
In Jakobus 1,17 wird die Vorstellung der göttlichen Beständigkeit und moralischen Unveränderlichkeit ebenfalls klargestellt. Der Kontext von Jakobus 1 zeigt, daß Versuchungen nicht von Gott ausgehen, da er uns beständig und konstant gute und vollkommene Gaben von oben gibt. Statt einer Launischen Mischung aus Versuchen und Gaben bietet er uns immer nur Gaben an. Als „Vater des Lichts“ zeigt er „keine Veränderung … noch Wechsel von Licht und Finsternis“ ( Jak 1,17 ). Die Verbindung zwischen Gott als Schöpfer des Lichts und seiner Beständigkeit erscheint auch in Psalm 136,7–9 , der Teil der wiederholten Betonung des Psalms ist: „Denn seine Gnade [währt] ewig!“ (EB). In diesen Versen unterstreicht der Psalmist die schöpferische Macht und Beständigkeit Gottes: „Den, der große Lichter gemacht hat. Denn seine Gnade [währt] ewig! Die Sonne zur Herrschaft am Tage – denn seine Gnade [währt] ewig! Den Mond und die Sterne zur Herrschaft in der Nacht. Denn seine Gnade [währt] ewig!“
3. Liebevolle Gerechtigkeit berücksichtigt Reue.
Das Alte Testament scheint paradoxe Aussagen über die bereuende und einlenkende Natur Gottes zu enthalten. Auf der einen Seite haben wir Passagen wie 4. Mose 23,19 („Gott ist kein Mensch, daß er lüge, noch ein Menschenkind, daß ihn etwas gereue. Sollte er etwas sagen und nicht tun? Sollte er etwas reden und nicht halten?“) und 1. Samuel 15,29 („Auch lügt der nicht, der Israels Ruhm ist, und es gereut ihn nicht; denn er ist kein Mensch, daß ihn etwas gereuen könnte“), die Gottes Beständigkeit betonen. Kurz gesagt: Der Herr bereut nicht. Der Hauptpunkt dieser Aussagen ist, daß Gott nicht lügt, was mit den neutestamentlichen Lehren über Gott in Titus 1:2 und Hebräer 6:18 übereinstimmt.
Auf der anderen Seite erzählen Passagen im Alten Testament, daß Gott einlenkt oder bereut, in dem Sinne, daß er das angekündigte Gericht gegen die Bösen nicht vollstreckt. Eines der bekanntesten Beispiele ist die göttliche Gnade, die Ninive im Buch Jona erwiesen wird ( Jona 3,10 ), wo Jona selbst zu Beginn von Kapitel 4 mit Gottes Reue nicht einverstanden ist. Jonas Erklärung, warum er das kommende göttliche Gericht gegen Ninive nicht ankündigen will, hebt Gottes Barmherzigkeit hervor: „Ach, HERR, das ist's ja, was ich dachte, als ich noch in meinem Lande war.“ Deshalb wollte ich ja nach Tarsis fliehen; denn ich wusste, daß du gnädig, barmherzig, langmütig und von großer Güte bist und dich des Übels gereuen lässt“ ( Jona 4,2 ).
Jona 4,2 enthält mindestens drei wichtige Gründe, warum diese „Reue“ Gottes keine Überraschung sein sollte. Erstens deutete Jona selbst an, daß er von Anfang an vermutete, daß ein solches Ergebnis eintreten würde. Diese Vorahnung der Barmherzigkeit Gottes ist der wahre Grund, warum Jona nach Tarsis fliehen wollte. Zweites spiegelte seine Aussage über Gott hier 2. Mose 32,14 und 34,6–7 wider, wo Israel selbst das Objekt von Gottes Reue war. Also tat Gott, lange bevor die göttliche Reue wegen Ninive eintrat, dasselbe in der Vergangenheit mit Israel. Drittens bedeutet diese Art von Reue nicht, daß Gott über seine angekündigten Gerichte lügt, denn er erklärt in Jeremia 18,7–10 : „Bald rede ich gegen ein Volk und Königreich, daß ich es ausreißen, einreißen und zerstören will; Wenn sich aber das Volk, gegen das ich geredet habe, von seiner Bosheit bekehrt, so reut mich auch das Unheil, das ich ihm gedachte zu tun. Und bald rede ich über ein Volk und Königreich, daß ich es bauen und pflanzen will; Wenn es aber tut, was mir missfällt, daß es meiner Stimme nicht gehorcht, so reut mich auch das Gute, das ich ihm verheißen hatte zu tun.“ Daher ändert Gott auf der Beziehungsebene seine Haltung zu den Menschen, wenn sie auf der Beziehungsebene ihre Haltung zu ihm ändern.
TEIL III: ANWENDUNG
Die Heilige Schrift bestätigt die moralische Unveränderlichkeit Gottes, aber er kann sich in seinem Verhältnis gegenüber seinem Volk ändern, wenn es sich entscheidet, ihn anzunehmen oder abzulehnen.
(aus ----> https://sabbath-school.adventech.io/de/2025-01/06/09-lehrerteil)