Ein katholisches Begräbnis in Tirol

  • Hallo zusammen,


    vorige Woche war ich an einem Sabbat-Nachmittag bei einem katholischen Begräbnis in Tirol. Und ich muss gestehen, dass ich mich nicht erinnern kann jemanls auf einem katholischen Begräbnis gewesen zu sein. Auch in einer RKK Kirche war ich schon lange nicht mehr zu Besuch. Wollte mit euch nur meine Eindrücke teilen.

    30 Minuten vor dem Begräbnis war ich eingeladen beim "Rosenkranzbeten" dabei zu sein. Die Urne war also aufgebahrt und alles schön geschmückt, in einem Seitenkammerl der Kirche. Die Angehörigen standen rechts von der Urne und neben der Türe saß eine ältere Frau auf einem Stuhl, sie hat das Rosenkranzbeten übernommen. Interessant war, dass sie mit einem Headset ausgestattet war, warum, das habe ich erst später gemerkt. Also hat das gestartet, dreimal der Rosenkranz (ich wußte nicht, dass es verschiedene gibt...Bildungslücke), dann einmal das Vater-Unser, dann ca. 10-20mal ein Gegrüßet seist du Maria.

    Während der ersten 5 Minuten ist einem, der bei mir gestanden ist schlecht geworden und ich habe ihn hinaus begleitet, draußen war es besser, auch aufgrund des Weihrauchs, der da nicht so dominant war. Da hab ich dann auch gemerkt wofür das Headset ist. Oben unter dem Dach der Kirche waren Lautsprecher angebracht, somit konnten alle Trauergäste, die nicht in dem Seitenkammerl Platz hatten, auch mithören. Die Gebete habe ich als sehr monoton empfunden.

    Ich frage mich, ob das Gottesbild nicht ein sehr eigenartiges ist, wenn man meint, dass diese Gebete, monoton vorgetragen, irgendeinem Gott gefallen. Oder ist es eine Art Meditation?

    Beim Eintritt in das Seitenkammerl der Kirche war es auch so, dass da Weihwasser bereit stand, das mit mit einer Art Schlegel auf die Urne spitzen konnte. Die Witwe des Verstorbenen hatte uns gebeten, dass alle, die zum Begräbnis kommen doch bitte auch Weihwasser auf die Urne sprengen sollten. Ich tu mir da, vielleicht bin ich zu engstirnig, schwer damit. Es fühlt sich für mich nicht richtig an eine religiöse Handlung zu setzen von der ich nicht weiß welche Bedeutung sie hat. Weiß vielleicht jemand im Forum was es damit auf sich hat. Auch nach dem Trauergottesdienst bei der Beisetzung der Urne in das Urnengrab konnte man nochmals vom Weihwasser Gebrauch machen. Viele haben das auch gemacht. Ich kenne von adventistischen bzw. Begräbnissen im Wiener Raum die Tradition, dass man nach der Beisetzung als Trauergast beim Grab noch etwas Erde bekommt, die man ins Grab schütten kann. Das gibt es natürlich bei der Urnenbestattung nicht, vielleicht ist das Weihwasser ein Ersatz dafür?

    Der Trauergottesdienst war ruhig und getragen, es war wieder viel Weihrauch im Einsatz und der Chor hat ein paar schöne Lieder gespielt, die Tochter des Verstorbenen hat Orgel gespielt. In der Kirche war es kalt, trotz geheizten Sitzbänken hatte ich Eisfüße. Interessante Beobachtung, die ich gemacht habe...die Schwiegertochter des Verstorbenen hat ein Neugeborenes (6 Wochen alt) mitgehabt und dieses ist in der Bauchtasche dabei gewesen, sie saß nicht weit von mir. Sie hat das Baby zwischendurch sehr dezent und leise gestillt, während der Messe. Ich fand das einerseits gut, dass diese Teilnahme und Inklusion in der Kirche möglich ist, andererseits hat es mich gewundert und mich würde interessieren, ob das im katholischen Gottesdienst mittlerweile ein gedultetes bzw. willkommenes Verhalten ist? Das Baby hat man während des gesamten Gottesdienstes abseits von ein oder zwei fröhlichen Babyglucksern weder Schreien noch sonstwie gehört.

    Mit der Witwe habe ich auch gesprochen und sie war sich sicher, dass ihr verstorbener Ehemann bereits auf uns herabschaut. Sie war sich auch sicher, dass dieser im Himmel ist, weil er ein so guter Mensch war. Insgesamt ist das Leistungsdenken hier für mich schon sehr stark präsent gewesen. Anscheinend zahlt es sich aus im Leben dieser Gläubigen, wenn man viele Gebete spricht und dadurch seinen Lebensstil beweist. Außerdem setzt sich Maria vor Gott für einen ein.

    Wie geht es euch, wenn ihr auf Beerdigungen seid, die nicht von eurer Glaubensgemeinschaft durchgeführt werden? Macht ihr bei den traditionellen oder religiösen Bräuchen mit, aus Respekt bzw. um Anteilnahme zu zeigen? Wie geht es euch damit?


    viele Grüße

    tricky

  • Scherz beiseite :

    Ein katholisches Begräbnis in Wien - Ottakring (Viele Trauergäste, Patienten dieses Arztes, Bekannte, Personal seiner Station ehedem): Ich war der Einzige ( ! ) , der - den Responsorien des Pfarrers nicht folgen könnend (der Arme !) , wenigstes beim Vaterunser hätte mitbeten können !

    Ein evangelisches Begräbnis in Mauer: Um Abschiedswort in der Aufbahrungshalle gebeten hatte ich mich mit der Pfarrerin abgesprochen. Sie brachte aber dann langatmig ein Bild des verstorbenen Agnostikers, wie er jetzt auf Tochter und Enkel mitfühlend und sie begleitend (!) herunterblicke, so wie durch die Jahre schon die früh verstorbene Ehefrau - - Na, ich konnte da in ein paar Minuten mein ganzes Konzept umstellen ! - ich dann ganz neutral - und unüblich - mit "Servus, Fritz!" verabschieden - - ein Gruß, den die Trauergemeinde dann am Grab gerne nochmals aufgriff - -

    Tricky, was ist bei einem Begräbnis hierorts Tradition - teils aus der RKK übernommen oder geprägt - was rein religiöse Handlung? Ich betrete die Halle und verneige mich vor dem Sarg in eigentümlicher Art - Knick in der Hüfte mit gestrecktem Körper ! - Viele Kerzen (die man sich leisten können muss !), - - dann der Kondukt - unter dem Läuten der Glocke - dann Schäufelchen mit etwas Erde - auch bei Urnenbestattung im Grab ! - - und die abergläubische Opfergabe der Euromünze .

    Weihwasser, ein "Sakramentale" als materieller Ausdruck des Segens wohl anzusehen. Alleine Priester und Diakon sind berechtigt, es mit dem "Weihwedel" (Aspergillus) anzuwenden (ein Schulkollege ist heute noch stolz darauf , dass ihm als Kind der Herr Pfarrer dies einmal überließ !) - - - Wünscht eine Hinterbliebenen mich und die anderen Trauergästen - da, würde ich mich wohl dessentwegen nicht ausschließen - -

    Säugling während der Messe stillen: Nun, dies ist wohl von der Gottesdienstgemeine abhängig. Der Missionsbischof Kreutner, aus Vorarlberg an den Amazonas verschlagen, berichtet vor Jahrzehnten schon von den ihre Kinder während der Messe stillenden Frauen der "Eingeborenen" als dorthin passendes Geschehen.. - Hierorts: Mitte Neunzigerjahre: Ein sehr feines, nettes, kultiviertes Ehepaar aus Polen. Mir predigend , am Podium, fällt fast die Bibel aus der Hand - sie knöpfte sich die Bluse auf, kein BH, und stillte das Kind . . Mein Schreck war, dass da bloß niemand eine dumme, je verletzende Bemerkung macht !!! - Ach ja, ein Gastprediger hat sich dann bei dem Gemeindeprediger Bruder Fuchs wegen solcher Unsitten in Mauer beschwert - -

    Nihil hic determino dictans : Conicio, conor, confero, tento, rogo, quero - -

    Leider kann ich nicht mit der alleinerziehenden Mutter aufwarten - -

  • Danke für den Eindruck, tricky. Deine leb- und bildhafte Beschreibung find ich klasse.

    Die Vorbeterin bei uns klingt auch ganz eigen. Hat beim Beten so eine monotone, gekünstelte Sprechweise. Runter rasselnd, fast schon plärrend. Nebst unserer Dorfkirche, am Friedhof befindet sich der Karner. Eine kleine Halle, wo der Sarg (meist 2-3 Tage vor dem Begräbnis) aufgebahrt wird. Der Sarg wird mittig am Ende der Halle aufgestellt. Links und rechts vom Sarg große Kerzenhalter vertikal aufgestellt. Horizontal Blumenschmuck und Kränze.

    Zu den Füßen des Verstorbenen, am Sargende rechts: Weihwasserbehälter mit Schlegel. Auf der linken Seite ein Lesepult mit dem Partezettel. Während dem Aufbahren kommen Menschen zum Sarg, besprengen ihm mit Weihwasser, legen Kränze nieder, zünden Kerzen an.

    Am Vorabend vom Begräbnis trifft man sich im Karner zum Rosenkranz beten. Die Vorbeterin (Gebetsleiterin) tut dies monoton. Am Begräbnistag, nach der Totenmesse kann man sich beim offenen Grab ein letztes Mal verabschieden. Manche werfen Rosen, Briefe oder Andenken in das Grab. Neben dem Grab steht ein Ständer mit Weihwasser und Schlegel. Am Boden eine Schale mit Erde und einer kleinen Schaufel. Wer möchte kann den Sarg nochmals besprengen oder Erde in das Grab streuen.


    Zu Tradition & Totenkultur:

    In Hallstatt sind über 500 menschliche Schädel im Karner zu sehen. Kunstvoll gestaltet und bemalt, weil am Friedhof zu wenig Platz war.

    In Wien pflegten Mitglieder der höheren Stände den Brauch der getrennten Bestattung

    Der Begräbniskult der Habsburger
    Wo wurde welcher Teil der Habsburger bestattet? Warum wurde das so gemacht und bis wann wurde dieses Ritual praktiziert? Welche Ausnahmen gab es? In Wien gab…
    www.timetravel-vienna.at

    Im Metnitztal bei Friesach, im gleichnamigen Ort Metnitz: Deren Karner ist mit einen mittelalterlichen Zyklus von Bildern und Sprüchen gestaltet: Dem Totentanz.
    Metnitzer Totentanz - Metnitzer Totentanz