Fazit 1: Ich will hier nicht die biblischen Kriege grundsätzlich verurteilen, sondern dafür sensibilisieren, dass biblische Kriegs-Gesetze von einst heute als Kriegsverbrechen eingestuft würden und keine Legitimation sind, Kriegsverbrechen verüben zu dürfen.
Und würde Gott heute einen Krieg anordnen, dann müsste Gott diesen selbst führen, denn die Kirchengeschichte ist voll von "solchen" vermeintlich von Gott angeordneten bzw. gesegneten Kriegen (ohne dass Gott Einhalt gebietend eingeschritten wäre). - Und wenn Jesus tatsächlich wiederkommt, wird er Krieg führen, nicht die Gläubigen.
Fazit 2: Weil es diese Texte mit Josia, Neko und Nebukadnezar in der Bibel gibt, die sich letztlich widersprechen, und der stilistische Aufbau von 5 Mo 20 einer Propaganda folgt, "anerkenne" ich, dass die Bibel "Propaganda" enthält (so wie es Gleichnisse oder Hyperbeln gibt).
Fazit 3: Christen/Adventisten sind nicht aufgefordert, einen Gottesstaat zu errichten bzw. zu befreien. Deshalb sollten grundsätzlich alle biblischen Kriegs-Gesetze sowie Kriegs-Rechtfertigungen neu bewertet werden. Was einst aus dem Aspekt des "großen Kampfes" legitim war, ist heute nur noch Propaganda. Und Kriegstexte, die als Prophezeiung für die Endzeit respektive Wiederkunft Jesu gelten, sind aus gegenwärtiger Perspektive ebenso nur Propaganda.
Fazit 4: Nein, es gibt keine biblischen Texte, die helfen könnten direkt zu erkennen, was Propaganda ist und was nicht. - Hier hilft nur noch ein biblisch geschultes Urteilsvermögen, Kenntnisse der Historie und Gebet. Ich versuche, mit der nötigen Distanz die Bibeltexte mit der Historie und der Realität abzugleichen. Das Sich-über-den-Bibeltext-Erheben mag "Hybris" sein, in diesem Falle - im Kontext des Krieges - beruht sie auf "Vorsicht" (und einem Minimal-Respekt auch einem Feind gegenüber).
Fazit 5: Das Wort Gottes ist "lebendig", d. h. nicht nur, dass es Einfluss auf das Denken nimmt oder sich vieles als Typologie in Jesus irgendwie erfüllte oder bestimmte Gesetze aus humanistischer Sicht obsolet wurden (z. B. Menschenhandel), sondern dass es sehr wohl dynamisch bleibt und mitunter in der Werthaltung wandelt. Was einst "Wahrheit" war (5 Mo 20,17 aus Sicht Mose Bann an den Kanaanitern), wandelte sich zum "Narrativ" (zur Zeit Salomos, der die Kanaaniter zu Fronarbeitern machte, aber nicht ausrottete) oder gar zur "Propaganda" (aus humanistischer wie modern-christlicher Perspektive ist ein Genozid tabu und sicher keine Wahrheit oder legitimes Narrativ mehr).
Und so, wie es Texte gibt, die zu "Vertrauen" und "Glauben" auffordern (um Berge zu versetzen) (Mt 17,20), scheint mir das eher in "Vermessenheit" und "geistliche Arroganz" abzudriften (von wegen "Berge versetzen"). Was Jesus als Ermutigung und Aufforderung aussprach (um über den Horizont visionär hinauszusehen), entpuppt sich in der konservativen Praxis dann als Vermessenheit und Naivität, weil die Vorstellungswelt durch Reduktionismus und Simplifizierung stark eingeschränkt nur noch eine rigide Weltanschauung zulässt. Auch das ist eine Verschiebung einer Werthaltung (und geht über die alleinige "Missinterpretation" eines Bibeltextes hinaus).
Gottes Frieden im Herzen
Gerald