- Offizieller Beitrag
Hallo zusammen,
auf dem Weg am Sabbat zum Gottesdienst höre ich öfter einen bestimmten Podcast des NDR. Er heißt "Im Anfang war das Wort" und manchmal finden sich da wahre Perlen in diesen kurzen Gedanken zu einem Bibeltext und der Auslegung bzw. der Praxis dazu. So war es bei der Sendung vom 13.07. :
Im Anfang war das Wort mit Andreas Unger | NDR.de - NDR Info
Unglaublich wertvolle Aussagen zur Vergebung und zwar in sehr schwierigen schwerwiegenden Fällen:
Die Frage war "Bitte, wie geht eigentlich Vergebung?"
"Das Verzeihen ist einer Frau im Lauf der Zeit und bei der Beschäftigung mit dem Täter einfach so unterlaufen, ohne dass sie es auf dem Schirm gehabt hätte"
Interessant, dass das geht. Also ohne dass man mehr oder minder verkrampft nach dem ringt, was man am Ende als Vergebung bezeichnen kann, geschieht Vergebung durch die Zeit und die Beschäftigung mit dem Täter und seinem Hintergrund.
Ausschwitz Überlebende von Mengeles Zwinlings-Versuchen:
"Ich war mein ganzes Leben ein "gutes" Opfer indem ich gehasst habe, indem ich Rache wollte, bis ich draufekommen bin, dass Vergebung ein autonomer Akt ist. [...] Ich vergebe dir, weil ich kann." nicht wortwörtlich: "Indem ich vergeben habe bin ich aus der Rolle des Opfers geschlüpft und habe dem Täter die Macht über mich genommen"
Frau aus Israel, Mann bei einem Anschlag getötet:
"Vergeben tut man das, was war, aber Versöhnen tut man nach vorne."
Und jetzt zu dem diskursiveren Teil:
"Es ist wichtig, dass man nicht vor der Zeit vergibt"
"Bevor man verzeiht ist eine Zeit von Nöten in der was vor dem Verzeihen kommt Platz haben muss"
"Es muss Raum sein für Hass, für Rachewünsche, für Vorwürfe...Gefühle, die erst einmal gelebt gehören"
Hm, da musste ich nachdenken. Geht es, dass man Rachewünsche lebt, ohne sie auszuführen? Ist die Vergebung dann erst effektiv und effizient, wenn man den Hass und die Rache bereits gefühlsmäßig durchlebt hat. Wenn man sich diese negativen und menschlich total verständlichen Gefühle gönnt und sie auch wirklich durchlebt. Darf Christ das? Soll Christ das? Ich meine ganz bewußt mit dem Blick auf die Bergpredigt, die das Wünschen und Fühlen bereits als Sünde zeigt.
viele Grüße und schönen Sabbat,
tricky