- Offizieller Beitrag
Hallo zusammen,
wir hatten heute in der Predigt die Frage mit der Nächstenliebe bzw. dazu: "Wer ist mein Nächster?" . Und wie es oft so kommt, zumindest bei mir, stößt man sich an einer Formulierung in der Bibel. Wie ist das also gemeint?
Es geht ja in der Geschichte von Jesus, der von einem Schriftgelehrten versucht wird (Lukas 10):
Schriftgelehrter: "Meister, was muß ich tun, um das ewige Leben zu erben?"
Jesus fragt nach dem Gesetz und der Schriftgelehrte antwortet mit einer interessanten Zusammenfassung, die aus der Zusammenstellung zweier Verse aus der hebräischen Bibel besteht:
Schriftgelehrter: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Denken, und deinen Nächsten wie dich selbst!«
Jesus lobt ihn für diese Antwort. Wer von uns hätte diese komplett zutreffende, pointierte Antwort gegeben? Aber das ist nicht mein Punkt heute. Dem Schriftgelehrten war die Antwort noch nicht genug und er fragt:
"Wer ist mein Nächster"
Woraufhin Jesus die Geschichte des Samariters erzählt, der dem verunglückten und ausgeraubten Mann half. Am Ende stellt Jesus eine Frage:
Jesus: "Welcher von diesen Dreien ist deiner Meinung nach nun der Nächste dessen gewesen, der unter die Räuber gefallen ist?
Schriftgelehrter: "Der, welcher die Barmherzigkeit an ihm geübt hat! Da sprach Jesus zu ihm: So geh du hin und handle ebenso!"
Wenn wir uns die Ausgangsfrage nach dem Nächsten stellen, dann würden wir doch sagen, dass der Nächste der ist, der da haltbtot am Straßenrand liegt, oder? Drei Personen kommen vorbei und nur einer von den drei Personen behandelt den Halbtoten wie seinen Nächsten, eben der Samariter.
Die Frage im Bibeltext dreht sich sinngemäß aber um den Samariter. Jesus stellt fest, dass der Samariter der Nächste ist: "Welcher von den Dreien ist der Nächste dessen gewesen, der unter die Räuber gefallen ist?" Und die richtige Antwort vom Schriftgelehrten: "Der Samariter" (Kurzform...man wollte das Wort Samariter wohl nicht aussprechen).
Versteht ihr meine Verwunderung? Für mich war immer der Ausgeraubte der Nächste, weil dem sollte ja geholfen werden. Nächstenliebe ... liebe deinen Nächsten. Heimo hat dieses Paradoxon bereits angesprochen. In allen seriösen Übersetzungen, die ich gefunden habe gipfelt die Beschreibung des Nächsten in dem, der die Barmherzigkeit tut, eben dem Samariter:
SCH2000
36 Welcher von diesen Dreien ist deiner Meinung nach nun der Nächste dessen gewesen, der unter die Räuber gefallen ist? 37 Er sprach: Der, welcher die Barmherzigkeit an ihm geübt hat! Da sprach Jesus zu ihm: So geh du hin und handle ebenso!
LUT2017
36 Wer von diesen dreien, meinst du, ist der Nächste geworden dem, der unter die Räuber gefallen war?
37 Er sprach: Der die Barmherzigkeit an ihm tat. Da sprach Jesus zu ihm: So geh hin und tu desgleichen!
ELB
36 Was meinst du, wer von diesen dreien der Nächste dessen gewesen ist, der unter die Räuber gefallen war?
37 Er aber sprach: Der die Barmherzigkeit an ihm übte. Jesus aber sprach zu ihm: Geh hin und handle du ebenso!
Kombiniere ich jetzt die Aussage des Schriftgelehrten "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst" mit der Konklusio in Lukas 10,37, dann ist die Aussage:
"Liebe deinen Samariter (also den, der gutes an dir tut) wie dich selbst"
Entweder bekomme ich da grammatikalisch was nicht mit, oder die reden da aneinander vorbei. Der Verwundete war doch der Nächste dem zu helfen ist und der zu "lieben" ist, wenn man "das ewige Leben erben" möchte. Und nicht der, der hilft. Diesen zu lieben ist doch eher einfach, der verhält sich ja liebenswert.