Theodizee (oder Deus dizzen)
Heute ein kleines Stück in einem die Tage bei mir eingetroffenem Buch von Timothy Jennings gelesen, an der Stelle schreibt er über den Kampf zwischen Gott und Satan, weiter und genauer darüber, dass Liebe ohne Freiheit nicht möglich sei. Ich erinnere mich ungefähr an die Argumentation von Ulrich Parzany. Jennings Hinweis ist vordergründig logisch und vernünftig; gleichwohl überzeugt mich seine Ansicht und diese Theologie nicht. Ich denke momentan, dass die Vorstellung von Freiheit, die Jennings in diesem Zusammenhang zu haben scheint, Schwarz-weiß-Denken ist. So wie es in Märchen aus Büchern oder aus Hollywood manchmal nur das ganz Böse oder einen komplett Bösen und das ganz Gute oder einen komplett Guten gibt, so meint Jennings anscheinend, dass es nur die absolute Freiheit geben könne.
Die Analogie mag nicht passen, aber sie geht mir heute Abend durch den Kopf: Wie verhalten sich menschliche Eltern gegen ihre Kinder? Moderne westliche Eltern, die ihr Kind lieben, werden ihm Freiheiten lassen und es ermuntern, seine Kräfte und seinen Willen zu erproben und dabei sein Urteilsvermögen zu entwickeln. Trotzdem werden sie, wenn ihr Kind, warum auch immer, im Begriff ist, auf eine Straße genau vor ein schnell herankommendes Auto zu treten, nicht sagen: "Freier Wille. Ich liebe mein Kind, deswegen lasse ich ihm völlige Freiheit und greife auch in diesem Fall nicht ein."
Was ist das also für eine sonderliche, ja abwegige Vorstellung, dass Gott zum Beispiel den Holocaust zulassen müsse, weil Liebe totale Freiheit und völliges Gewährenlassen bedeute?
Ist Gott ein Einfaltspinsel, der nicht unterscheiden kann, wann Gewährenlassen angemessen ist und wann er aus echter Liebe eingreifen sollte?