Was nach dem Tod ist, sagt uns nicht der Schöpfungsbericht, auf den man sich immer bezieht, sondern Jesus.
Auch hier gibt es, wie in vielen anderen Dingen, eine Entwicklung.
Dem kann man nur zustimmen!
Vor der Erschaffung Adams existierte seine nephesch (Seele) nicht, denn es heißt in 1.Mose 2,7 klar, dass erst das Zusammenbringen von נְשׇׁמׇה neschāmāh mit dem aus Materie gebildetem Körper die nephesch ins Dasein brachte. Laut Mathäus 10,28 kann die psychē in der Gehenna "vernichtet/zerstört" (Form von ἀπόλλυμι apóllymi) werden. Die nephesch/psychē hat demnach weder ein vorgeburtliches/vormenschliches Dasein, noch ist sie unzerstörbar.
Es stellt sich jedoch die Frage: Was genau ist die von Gott in den Körper Adams "eingehauchte" neschāmāh (LXX: πνοή pnoē), die offensichtlich bereits vor Zustandekommen der nephesch existierte? Bei allem „Hinstarren“ auf dem Terminus nephesch bleibt nämlich dieser Aspekt völlig außen vor. Betrachtet man weiterhin betreffs der Frage „unstoffliche und vom Körper getrennte Seele" alle relevanten Texte im AT, so wird deutlich, dass es sehr schwer ist, ein klar umrissenes und exakt festgelegtes Verständnis von nephesch/Seele dogmatisch "festzunageln". Das vermittelte Bild ist eher unscharf.
Sowohl Menschen als auch Tiere sind nephesch (Seelen, Wesen), siehe 1.Mose 1,20.21.24 u. a. Dies legt nahe, dass das, was sich im Falle von Adams Erschaffung ereignete (Gott bildete den Menschen aus Materie und hauchte ihm neschāmāh ein, wodurch der Mensch eine lebende nephesch wurde), sich in gleicher Weise im Falle jedes geschaffenen Wesens bei jeder Tiergattung ereignet haben könnte: Aus Materie formte Gott den materiellen Körper jedes Wesens und brachte diesen sodann durch das Einhauchen/Einbringen von „Lebensodem" zum Leben, wodurch das Wesen zur lebenden nephesch wurde. In Apostelgeschichte 17,25 nimmt Paulus auf den Tatbestand des "Einhauchens von Lebensodem" unter Verwendung des Begriffes "pnoē" Bezug. Damit in Übereinstimmung heißt es in 1.Mose 7,22 betreffs der in der Sintflut umgekommenen Lebewesen – Menschen und (Land)Tiere: „Alles starb, in dessen Nase ein Hauch von Lebensodem war."
Aus 1.Mose 35,18, Psalm 146,4 und Prediger 12,7 geht allerdings hervor, dass (zumindest menschliche) Lebewesen nicht lediglich aus Materie bestehen, sondern ihnen bis zum physischen Tod „etwas Immaterielles" innewohnt. Gerade Prediger 12,7 kann durchaus als Hinweis auf ein „Weiterexistieren" nach dem Tod gedeutet werden, wobei völlig offengelassen wird, wie es danach mit dem "Bewusstsein" weitergeht. Das Dogma, der Mensch habe kein „ihm innewohnendes nichtmaterielles Etwas, dass beim Tod den Körper verlässt“ muss also – auch aus alttestamentlicher Sicht gesehen – als zu kurz gegriffen und als irreführend simplizistisch angesehen werden.