• Heute war ich seit Langem mal wieder in der Adventgemeinde. Mir fiel genau gestern abend als ich mich gerade fragte, ob ich hingehen solle, das aktuelle Studienheft in die Hände. Just für diesmal war das Buch Jona als Thema angesagt, eine Buch, das mich recht stark anspricht. In der Gemeinde habe ich dann gesagt, dass ich da sei, weil ich Äpfel mag und weil Fisch ja auch sehr gesund sein soll. Nicht dass die Leute sich zu viel Zeit nehmen zuvieles oder gar sich selbst ernst zu nehmen.

    Schließlich predigte eine Frau über Vergebung. Im Kern ging sie dabei von Matthäus 6, 14f aus:

    [bibel] Wenn ihr denen vergebt, die euch Böses angetan haben, wird euer himmlischer Vater euch auch vergeben.
    Wenn ihr euch aber weigert, anderen zu vergeben, wird euer Vater euch auch nicht vergeben.[/bibel][quelle]Matthäus 6, 14-15 (Oben laut Neues Leben Bibel)[/quelle]
    Andere Übersetzungen klingen etwas anders, ich gehe momentan mit einer Frage von der Neues Leben Bibel aus. Demnach soll man denen vergeben, die einem Böses angetan haben. Das heißt doch aber, dass nur der vergeben kann, der das Böse erlitten hat und dass Jesus nicht mehr verlangt hat. Man könnte und soll demnach nicht stellvertretend für jemand anderen einem Schuldner etwas vergeben.

    Dies ging mir während der Predigt durch den Kopf. Ich konnte mich mit dem, was die Frau predigte, nicht recht anfreunden an diesem Morgen. Sie erzählte unter anderem von Carrie ten Boom (Wikipedia), einer Christin, die mit ihrer Schwester ins KZ Ravensbrück deportiert worden war. Dort sei ihre Schwester von einer Krankenschwester ganz besonders gequält worden. Diese KZ-Krankenschwester habe Carrie ten Boom nach dem Krieg bei einer Predigt oder einem Vortrag im Publikum gesehen. Bald darauf habe sie durch Zufall die Telefonnummer der Frau bekommen, sich mit ihr verabredet und ihr vergeben.

    Irgendwie widert mich diese Geschichte an.

    Mehrere Gründe:

    • Ist das so eine typische moralische Publikumsvergewaltigung: Wenn diese Frau trotz KZ usw. usf. vergeben konnte, müßt ihr doch eure vergleichsweise harmlosen Zurücksetzungen und Beleidigungen erst recht vergeben können! Ich weiß nicht: Ist das nicht schon schwarze Pädagogik? Also ein psychologisches Ravensbrück der gewalttätigen moralischen Umerziehung.
    • Kann Terry van Boom der Krankenquälerin überhaupt vergeben, was diese ihrer Schwester angetan hat? Hat sie überhaupt das Recht, diese Frau zu entlasten?

    Das Lied zum Thread:

    dVnbbK4SisQ

    "Prüft alles und, was gut ist,
    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

    "Wähle das Leben, damit du lebst."
    5. Mose 30, 19

    4 Mal editiert, zuletzt von Daniels (25. Juli 2015 um 21:29)

  • Irgendwie widert mich diese Geschichte an.

    Mehrere Gründe:
    Ist das so eine typische moralische Publikumsvergewaltigung: Wenn diese Frau trotz KZ usw. usf. vergeben konnte, müßt ihr doch eure vergleichsweise harmlosen Zurücksetzungen und Beleidigungen erst recht vergeben können! Ich weiß nicht: Ist das nicht schon schwarze Pädagogik? Also ein psychologisches Ravensbrück der gewalttätigen moralischen Umerziehung.

    Das kommt ganz auf die Predigt an, wie dieses Thema dargestellt wurde. Aus diesem Thema kann man eine Predigt von der schwarzen Pädagogik, bis hin zum geistlichen Missbrauch machen. Missbrauch in dem Sinne, das, wenn du nicht vergibst, du nicht gerettet und erlöst bist und auch nie sein wirst.

    Vergebung(bei größeren Geschichten) können wir nicht erzwingen. Unsere Verletzungen können wir nicht einfach so beiseite schieben.
    Je mehr ein Mensch sich hier unter Druck setzt, um so schlimmer wird es werden. Zu den ganzen unguten Gefühlen kämen dann noch Gefühle der Verlorenheit, des nicht gerettet sein, kein ordentlicher Christ zu sein, und vieles mehr hinzu.

    Wir haben aber unzählige Beispiele von Christen, die glaubhaft schweres Leid vergeben konnten. Vergebung ist nur mit Hilfe des Heiligen Geistes, mit Blick auf das Kreuz Jesus, möglich.
    Wenn es heißt, das Jesus in uns wohnen möchte, dann will Er das auch wirklich....Und dieser Geist, der in uns wohnt, macht uns frei von unserer Schuld und von dem Leid, das andere uns zugefügt haben.
    Das erste Ziel der Vergebung ist die Heilung des Opfers, so dass keine negativen Verbindungen mehr zwischen Täter und Opfer bestehen. Die Schuld des Täters verursacht dann keine Schmerzen mehr.. Ob dann der Täter wirkliche Vergebung erhält, liegt daran, ob er für sich den Opfertod Jesus in Anspruch nehmen kann oder nicht.

    Aber, hier sollten wir generell mit den Menschen vorsichtig umgehen, weil eben jeder seine eigene Geschichte hat.
    Schubladendenken wäre hier absolut kontraindiziert.

    Das Lamm ist ein altes Symbol der Gewaltlosigkeit, das sich die Last aufladen lässt, und sich mit den Opfern solidarisiert und daran stirbt

    Jesus, das Lamm Gottes, steht immer an der Seite der Opfer, der Opfer, die jeder Krieg fordert, der Opfer von Diktaturen, der Opfer von liebloser Ausbeutung….. Der Gott der Evangelien ist ein Gott der Opfer, kein Gott, der sich mit den Siegern und Verfolgern und deren Macht verbündet.. Zugleich aber vergibt er auch den „Schlächtern" und Verfolgern: „Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun."

    Jesus hat die Vergebung am Kreuz nicht nur vorgelebt, er hat sie für uns, erst am Kreuz ermöglicht. Durch Jesus sind wir erlöst! Leider übersteigt dieses Werk am Kreuz nicht selten unser Vorstellungsvermögen.


    Kann Terry van Boom der Krankenquälerin überhaupt vergeben, was diese ihrer Schwester angetan hat? Hat sie überhaupt das Recht, diese Frau zu entlasten?

    Die Angehörigen der Opfer tragen auch Leid. Auch ihnen wurde Unrecht und Gewalt angetan. Dieses Unrecht können sie vergeben.

    LG

    Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist es unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich
    (Matthäus 19, 26)

  • Guten Morgen Daniels,

    Ist das so eine typische moralische Publikumsvergewaltigung: Wenn diese Frau trotz KZ usw. usf. vergeben konnte, müßt ihr doch eure vergleichsweise harmlosen Zurücksetzungen und Beleidigungen erst recht vergeben können! Ich weiß nicht: Ist das nicht schon schwarze Pädagogik? Also ein psychologisches Ravensbrück der gewalttätigen moralischen Umerziehung.

    Ich tu mir schwer Dir darauf eine Antwort zu geben, es lässt sich nicht allgemein sagen. Es kommt auch auf den Einzelfall und auf die beteiligten Menschen an. Wenn Christen von Vergebung sprechen, dann bedeutet dies, mit den Konsequenzen der Verfehlung des anderen Menschen an mir zu leben. Viele Christen werden sagen: "Vergebung ist der einzige Weg um den Schmerz zu stillen." Wann immer es möglich ist würde ich einen Menschen den Weg der Vergebung empfehlen.

    Ich weiß nicht: Ist das nicht schon schwarze Pädagogik?

    Ich glaube, dass das in manchen Fällen tatsächlich so ist. Höchstwahrscheinlich werden Dich viele Menschen regelrecht mit der Bibel erschlagen wollen und Dir sagen: "Du musst immer vergeben."

    Ob Vergebung tatsächlich immer sinnvoll ist ?

    Vergebung ist unter Christen eine sehr angesehene Tugend. Da ergibt sich die moralischen Forderung vergeben zu müssen. Der Generalverdacht: Menschen, die nicht bereit sind, zu vergeben sind moralisch minderwertig. Wer nicht vergibt, sei gnadenlos, rücksichtslos, unfair, nachtragend und rachsüchtig.

    Provokant gefragt: Sind Christen die in jeder Situation zur Vergebung "aufrufen" vielleicht ebenso "moralisch minderwertig" ?

    Nicht zu vergeben bedeutet noch lange nicht, einem Täter "lebenslang eins in die Fresse hauen zu wollen" und von Hass, Rache, Verachtung und Selbstgerechtigkeit getrieben zu sein. In vielen Fällen ist es schlichte Selbstbehauptung, nicht zu Vergeben, verbunden mit dem Entschluss, nicht länger Opfer sein zu wollen.

    Und bevor sich wieder jemand angegriffen oder beleidigt fühlt: Es geht nicht um's "Christentum" an sich. Nicht um Adventisten. Nicht um alle Christen. Nicht darum was in der Bibel steht. Es geht darum, dass man Vergebung auch mal aus einer anderen Perspektive sieht: Die christlichen Lehre besagt, dass Vergebung unter Menschen "aus Gnade" gewährt wird, also ohne das der "Täter" die Vergebung verdient hätte.

    Viele verstehen es anscheinend nicht, dass eine Vergebung (uneinsichtigen) Tätern gegenüber, oftmals eine Zumutung für das "Opfer" ist. Eine Maus wird einer Katze kaum vergeben, wenn sie es zulassen muss, von ihr in Stücke zerrissen zu werden. Besonders übel wirkt sich das bei der Therapie von in ihrer Kindheit misshandelten und "missbrauchten" Menschen aus. Aus der Sicht eines Erwachsenen, der als Kind misshandelt wurde, bedeutet Vergebung, nachdem er in der Therapie über das ihm zugefügte Leid zu reden begonnen hat, wieder darüber schweigen zu sollen. Ich spreche nicht (nur) für mich, ich spreche für Viele.

    Es ist wie ein Schlag in's Gesicht, wenn Dir Christen sagen: "Du musst vergeben. Wenn Du es nicht tust, dann bist gnadenlos, rachsüchtig, nachtragend, unfair, usw..." Ich muss mich gerade zurückhalten, sonst kochen die Emotionen über. Ich meine, was soll das überhaupt ? Du musst Dir von irgendjemanden Dein Leben kaputt machen lassen, Deine Persönlichkeit und Unversehrtheit ruinieren lassen, und dann kannst Dir noch Vorwürfe anhören und Dich dazu nötigen lassen, dass Du dich noch "schuldig" fühlen solltest, weil Du diesen Menschen nicht verzeihen kannst ? Eventuell sogar einen Menschen, der nicht mal um Verzeihung gebeten hat und der auch keine Verantwortung für seine Handlungen übernimmt.

    Um es ganz klar zu sagen: Den Täter "einfach so" vergeben, bedeutet (in solchen Fällen) Re-Traumatisierung ! Ganz besonders schlimm ist es, wenn die Täter uneinsichtig sind und keine Reue zeigen. Ich habe mir vor Jahren von Geschwistern einreden lassen, dass "Vergebung" meinen Schmerz stillen wird. Ich bin selbst schuld daran, ich hätt' auf "Die" nicht hören sollen. Ich habe mir mit der Vergebung gegenüber einem uneinsichtigen Täter nur selbst weh getan. In diesem Fall war und ist Vergebung kein Schritt zur Heilung – im Gegenteil!

    Es tut mir wirklich leid: Ich hab von diesen "heilig tuenden" und "nicht-denkenden" Moralaposteln, welche ständig Vergebung fordern, die Schnauze voll ! Jesus wird Dich niemals zwingen. Er kennt die Gefühle eines gebrochenen Menschen. Und Jesus weiß auch, dass die Wut, der Hass und die Abscheu so nicht verarbeitet werden.

    Jesus war ein totaler Realist. Er redete die Welt nicht schön, verschloss seine Augen auch nicht vor Unrecht. Gerade in "christlichen Kreisen" ist es für Manche so unheimlich wichtig, so ziemlich jedes Unrecht am besten sofort zu vergeben. Ich weiß nicht was dahinter steckt. Ich vermute mal, eine geradezu gnadenlose Harmoniesucht bzw. der Versuch, sich die Welt schön zu reden: Immer schön positiv denken, alles hat seinen tieferen Sinn, auch Unrecht, alles gleicht sich aus ! Man darf sich ja so herrlich moralisch überlegen fühlen, wenn man "ungeistliche" Zeitgenossen zur Vergebung auffordert. "Was ihr meinen geringsten Bruder getan habt, dass habt ihr mir getan"


    GLG

  • Nicht zu vergeben bedeutet noch lange nicht, einem Täter "lebenslang eins in die Fresse hauen zu wollen" und von Hass, Rache, Verachtung und Selbstgerechtigkeit getrieben zu sein. In vielen Fällen ist es schlichte Selbstbehauptung, nicht zu Vergeben, verbunden mit dem Entschluss, nicht länger Opfer sein zu wollen.

    Ich glaube, das ich das verstehe. Es geht auch um Selbstachtung und Wertschätzung, um seine eigene Gerechtigkeit die man spüren muss.

    Aus der Sicht eines Erwachsenen, der als Kind misshandelt wurde, bedeutet Vergebung, nachdem er in der Therapie über das ihm zugefügte Leid zu reden begonnen hat, wieder darüber schweigen zu sollen. Ich spreche nicht (nur) für mich, ich spreche für Viele.

    Gut ist es, dass du es so benennen kannst. Unrecht wird immer Unrecht bleiben. Keiner hat das Recht Unrecht unter den Teppich zu kehren.

    Um es ganz klar zu sagen: Den Täter "einfach so" vergeben, bedeutet (in solchen Fällen) Re-Traumatisierung ! Ganz besonders schlimm ist es, wenn die Täter uneinsichtig sind und keine Reue zeigen. Ich habe mir vor Jahren von Geschwistern einreden lassen, dass "Vergebung" meinen Schmerz stillen wird. Ich bin selbst schuld daran, ich hätt' auf "Die" nicht hören sollen. Ich habe mir mit der Vergebung gegenüber einem uneinsichtigen Täter nur selbst weh getan. In diesem Fall war und ist Vergebung kein Schritt zur Heilung – im Gegenteil!

    Ich denke, das hier nur der Geist Gottes helfen kann. Menschliche Anstrengungen können noch mehr Unheil anrichten, wie du es auch gut beschrieben hast.

    Ich sehe das nicht so, dass Gottes Gnade das Unrecht beschönigt oder auflöst, im Gegenteil. Jesus deckt die Sünde mit seinem Blut nicht nur zu, sondern auch auf. ER offenbart die Boshaftigkeit und die Folgen der Sünden, damit der Mensch sie erkennt und lässt.
    Die Tat, das Unrecht gehört beim Namen genannt und das Leid aufgedeckt und erklärt. Nur so kann man weiteres Leid auch verhindern.
    Ich finde es gut, dass du so offen darüber schreiben kannst. Viele können darüber nicht sprechen. Sie brauchen sehr lang, um es zu beschreiben.
    Ich denke, das ich hier zu viel theoretisiere. Für mich ist es wichtig zu benennen, das die Opfer hier an erster Stelle stehen. Menschen die niemals in dieser Richtung Opfer wurden, sollten mehr schweigen, als kluge Ratschläge zu erteilen.

    Dennoch bin ich mir ziemlich sicher, das Jesus am Kreuz eine Heilung bewirkt hat.

    Jesus war ein totaler Realist. Er redete die Welt nicht schön, verschloss seine Augen auch nicht vor Unrecht. Gerade in "christlichen Kreisen" ist es für Manche so unheimlich wichtig, so ziemlich jedes Unrecht am besten sofort zu vergeben. Ich weiß nicht was dahinter steckt. Ich vermute mal, eine geradezu gnadenlose Harmoniesucht bzw. der Versuch, sich die Welt schön zu reden: Immer schön positiv denken, alles hat seinen tieferen Sinn, auch Unrecht, alles gleicht sich aus ! Man darf sich ja so herrlich moralisch überlegen fühlen, wenn man "ungeistliche" Zeitgenossen zur Vergebung auffordert. "Was ihr meinen geringsten Bruder getan habt, dass habt ihr mir getan"

    Wir Menschen denken immer wieder, wenn wir vergeben, das "dann doch wohl alles nicht so schlimm war/ist" Die Schuld muss, als nicht so tragisch bewertet werden. Das sind komplett falsche Gedanken. Noch schlimmer finde ich, wenn Christen sagen"Jesus hat noch mehr ausgehalten"

    Ich weiß zu 100%, das Jesus so nicht denkt und empfindet. Er hat es mir ins Herz gelegt, ich weiß das, das ER noch mehr über die Tat leidet und Schmerzen empfindet, als wir uns das jemals vorstellen können. Weil er auch unter der Tat leidet, wird diese Gewalt nicht vergessen oder verniedlicht.
    Wir sollten aufhören, Jesus zu vermenschlichen. ER empfindet über Tat und Sühne ganz anders, als unser menschlicher Verstand es sich vorstellen kann.
    Menschen und ich auch, meinen viel, sie meinen es nicht böse und meistens wollen sie nicht noch zusätzliches Leid schaffen. Sie verstehen es oft nicht, so wie Jesus denkt und handelt....Es ist auch egal, wer wie meint und denkt, es ist aber nicht egal wie unser Schöpfergott denkt und empfindet. Sein Wort ist das Letzte was zählt.
    Es lohnt sich immer, mit Jesus zu gehen, auch wenn wir ihn noch nicht ganz verstehen.
    Unsere tiefe Erlösung ist letztendlich ein Geheimnis, das uns offenbart werden soll.

    LG

    Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist es unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich
    (Matthäus 19, 26)

  • Menschen die niemals in dieser Richtung Opfer wurden, sollten mehr schweigen, als kluge Ratschläge zu erteilen. Menschen und ich auch, meinen viel, sie meinen es nicht böse und meistens wollen sie nicht noch zusätzliches Leid schaffen. Sie verstehen es oft nicht, so wie Jesus denkt und handelt... Es ist auch egal, wer wie meint und denkt, es ist aber nicht egal wie unser Schöpfergott denkt und empfindet. Sein Wort ist das Letzte was zählt.

    Elli, wir zwei kennen uns soweit, dass ich einschätzen kann wie Du etwas meinst oder nicht meinst.

    Ich höre immer und immer wieder: Man meint es ja nicht böse, will kein zusätzliches Leid schaffen. Nein, es ist nicht egal, wie wer denkt und meint - Denn anscheinend sind sich solche Menschen in ihrer hochnäsigen und selbstgefälligen heiligen Art so sicher, dass sie ihren Mist - ohne darüber auch nur einmal nachzudenken - von der Kanzel runter diktieren können. Fehlbar sind diese Menschen in ihrer Meinung nicht, bilden sie sich doch ein, die "Verkörperung des Heiligen Geistes" darzustellen... Und wenn dann mal zu Recht kritisiert wird, werden die Hände in Unschuld gewaschen. Was diese "heiligen" Menschen aber für Schäden anrichten ? Alles im Namen Gottes ? Wie feige ! Haben diese Menschen keinen eigenen Namen, weil sie sich ständig auf Gott raus reden müssen ?

    Mir egal, soll mich jeder deswegen verurteilen: Nur ich bin ehrlich genug, um mir nicht eine fromme Maske aufzusetzen und "Heilig" zu spielen - Ja, ich bekenne es offen und ehrlich, dass ich mittlerweile schon eine ordentliche Wut auf dieses ganze "christliche Theater" habe.

    Es ist besser, ich schreibe jetzt nichts mehr - Sonst vergiss' ich mich und das wäre unschön...

    Ich finde es gut, dass du so offen darüber schreiben kannst. Viele können darüber nicht sprechen. Sie brauchen sehr lang, um es zu beschreiben.

    Nun ja... Ich muss mich schon stark zusammenreißen, dass die Emotionen nicht überkochen.


    GLG

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Daniels,

    Sie erzählte unter anderem von Carrie ten Boom (Wikipedia), einer Christin, die mit ihrer Schwester ins KZ Ravensbrück deportiert worden war. Dort sei ihre Schwester von einer Krankenschwester ganz besonders gequält worden. Diese KZ-Krankenschwester habe Carrie ten Boom nach dem Krieg bei einer Predigt oder einem Vortrag im Publikum gesehen. Bald darauf habe sie durch Zufall die Telefonnummer der Frau bekommen, sich mit ihr verabredet und ihr vergeben.

    Ich habe eine Glaubensschwester in meiner Gemeinde, die genau diese Einstellung hat, wie Corrie Ten Boom. Nicht zufällig habe ich von ihr das Buch von Corrie Ten Boom bekommen und gelesen. Ich hätte es gar nicht gelesen, wenn sie es mir nicht so ans Herz gelegt hätte. Und naja, vielleicht sollte man das Buch lesen, wenn man sich über diese Frau Gedanken macht.
    Wenn ich mich recht erinnere gab es im Leben und in den Geschichten von Corrie Ten Boom sehr wohl Begebenheiten, wo sie ihren Widersachern und den Widersachern ihrer Freunde nicht gut gesinnt war. Aber ich denke sie hat FÜR SICH den Weg der Vergebung vorgezogen. Das respektiere ich.

    Irgendwie widert mich diese Geschichte an.

    Ohne sie genau zu kennen ist dein Bild möglicherweise nicht vollständig. Ich will das nur anmerken. Du darfst natürlich trotzdem angewidert sein, versteh mich nicht falsch.


    Ist das so eine typische moralische Publikumsvergewaltigung: Wenn diese Frau trotz KZ usw. usf. vergeben konnte, müßt ihr doch eure vergleichsweise harmlosen Zurücksetzungen und Beleidigungen erst recht vergeben können! Ich weiß nicht: Ist das nicht schon schwarze Pädagogik? Also ein psychologisches Ravensbrück der gewalttätigen moralischen Umerziehung.

    Hier gebe ich dir vollkommen Recht. Schuld und Vergebung sind JEDESMAL so unterschiedlich wie die handelnden Personen. Deshalb ist es extremst unfair so etwas aufgezwungen zu bekommen. Um über der Sache zu stehen sollte man weniger sich selbst gezwungen sehen genauso zu handeln wie ein anderer, sondern sich einfach die Geschichte anhören und anerkennen: Ja, für Corrie Ten Boom hat das funktioniert. Sie hatte was von ihrer Vergebung.
    Vielleicht gibt es andere Menschen, die haben was von ihrer Rache. Ich weiß es (zum Glück) nicht, aber man erzählt sich ja auch von den USA, wo Angehörige von Mordopfern "Frieden" finden, wenn sie bei der Hinrichtung des Mörders dabei sind. Mir unbegreiflich, aber will ich jemand anderem seine Erfahrung madig machen?


    Kann Terry van Boom der Krankenquälerin überhaupt vergeben, was diese ihrer Schwester angetan hat? Hat sie überhaupt das Recht, diese Frau zu entlasten?

    Jeder kann nur für sich vergeben. Wenn jemand meine Familie quält, dann quält sie auch mich. Für meine Qualen kann ich vergeben. Das mit der Schwester steht auf einem anderen Blatt.


    Was ich zwischen den Zeilen möglicherweise lese Daniels, ist dass du selbst etwas hast was dir zu schaffen macht, wo du nicht vergeben kannst oder willst. Vielleicht täusche ich mich auch, aber normalerweise reagieren Menschen, die kein Problem mit Vergebung haben, weniger radikal auf solche Erzählungen von Supermenschen, die jede böse Tat vergeben können. Es ist auch jedermanns Recht eben nicht zu vergeben, mit dieser Eigenschaft hat uns Gott ausgestattet. Ob und was uns gut tut, das müssen wir halt im Leben erfahren. Vorbild ist für mich da nur Jesus und der schlägt Corrie Ten Boom um Längen: "Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!" . Meistens haben wir es noch dazu mit Menschen zu tun, die genau wissen, was sie tun und was sie anderen antun. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Vergebung ist auch da die beste Medizin. Das gilt aber wieder bitte nur für mich...

    • Offizieller Beitrag

    Ist das so eine typische moralische Publikumsvergewaltigung: Wenn diese Frau trotz KZ usw. usf. vergeben konnte, müßt ihr doch eure vergleichsweise harmlosen Zurücksetzungen und Beleidigungen erst recht vergeben können! Ich weiß nicht: Ist das nicht schon schwarze Pädagogik? Also ein psychologisches Ravensbrück der gewalttätigen moralischen Umerziehung.

    Ich kann Dir da überhaupt nicht zustimmen, jedenfalls abstrakt, außer die predigende Dame hätte das emotional so rübergebracht.

    Für mich ist aus den Aussagen Jeus klar, wer (dem Mitmenschen) nicht vergibt, dem wird (von Gott) nicht vergeben werden.
    Darüber hinaus hat Vergebung eine "heilende" Wirkung auf den Vergebenden.

    Klare biblische Aussagen, die uns nicht gefallen, als "schwarze Pädagogik" zu diskreditieren ist unschön. Ich sehe aber, Du hast nur eine Frage gestellt und will Dir nicht unschönes Verhalten unterstellen.
    .

  • Für mich ist aus den Aussagen Jeus klar, wer (dem Mitmenschen) nicht vergibt, dem wird (von Gott) nicht vergeben werden.
    Darüber hinaus hat Vergebung eine "heilende" Wirkung auf den Vergebenden.

    Klare biblische Aussagen, die uns nicht gefallen, .....

    Stimme voll zu, bei einer Vergebung geht es in erster Linie um den Vergebenden selber. Hass, Rechegefühle, Unmut sollen dem Frieden weichen. Der innere Friede heilt nicht nur die Seele..

  • Darüber hinaus hat Vergebung eine "heilende" Wirkung auf den Vergebenden.

    Stimme voll zu, bei einer Vergebung geht es in erster Linie um den Vergebenden selber. Hass, Rechegefühle, Unmut sollen dem Frieden weichen. Der innere Friede heilt nicht nur die Seele..

    Das stimmt. Man "muss" so oder so mit den Konsequenzen einer Verfehlung leben, egal ob man vergibt oder nicht. Man kann sich mit der Vergebung eben entscheiden, ob man Verbitterung erfährt oder Frieden erfährt. Wer vergibt kann positive Ergebnisse erwarten, mit der Zeit kann man ohne negative Gedanken auf die Person denken, welche "Böses" getan hat.

    Aber: Man kann nicht wirklich vergeben, ohne sich zuerst den Schmerz und die Wut im Bauch einzugestehen. Der Schmerz ist da, es braucht Heilung. Also zuerst mal zugeben, dass man verletzt ist. Ohne Zugeben wird die Sache vor sich her geschoben und Stolz lässt es nicht zu, dass man getroffen, verwundet ist. Eine körperliche Verletzung tut ja auch weh, so auch eine innere Verletzung - Also darüber reden.

    Vergebung ist ein Schlüssel, der die Tür zum Abbau der Ablehnung und des Hasses aufschließt. Sie bricht die Kette der Bitterkeit und des Egoismus. Eines sollten wir aber nicht falsch verstehen. Vergeben bedeutet nicht, etwas Falsches gut zu heißen. Es bedeutet auch nicht, dass der Täter ungeschoren davon kommen wird. Vergebung erfordert ein Verständnis für die Gründe der Tat und eine Bereitschaft.

    Vergebung gibt dem, der vergibt, mehr, als dem, dem vergeben wird. Wenn du anderen Menschen vergibst und verzeihst, dann tust du nicht diesen Menschen einen Gefallen, sondern du tust dir selbst einen Gefallen damit. Wenn du das Problem (oder die Probleme), die du mit jemandem hast, bestehen lässt, dann wird dies ganz allmählich deine Gesundheit angreifen. Stunde für Stunde, Tag für Tag frisst es an dir - und in dir.

    GLG

  • In meiner Pflegeausbildung haben wir in Sozialkunde mal allgemein über die Übel gesprochen, die in Familien, in der Gesellschaft, im 3. Reich usw. geschehen waren und noch geschehen...

    Eltern, die ihre Kinder misshandeln,
    Nazi-Schergen, die KZ-Häftlinge foltern (der Spaß daran entwickelt sich mit der Zeit von ganz alleine),
    Vergewaltiger, die frei in unserer Gesellschaft rumlaufen usw.usw.; so ganz allgemein über all das Übel und das Böse im Menschen.

    Eine Mitschülerin (damals frische 18) sagte bei einem Beispiel hartherziger und grausamer Eltern: "Sowas KANN man doch nicht vergeben!" [Sie selbst leidete unter dem Selbstmord ihrer Mutter, die sie als Kind verlassen hatte].

    Ich antwortete ihr: "Du weißt gar nicht, was man alles vergeben kann!" Sie wurde nachdenklich. Ich habe später bei unserer Abschlussfahrt mit ihr noch über ihre Mutter gesprochen.

    Vergebung ist keine "Tugend"; es ist auch nichts, was man "tun muss, damit man...", wie manche Prediger oder Gurus lehren.

    Die buddhistische Rechnung "befreie dich vom Hass, damit du die Last nicht mehr trägst", wird in der Regel nicht aufgehen; Ignorieren ist keine Vergebung.

    Ebenso das "christliche": "Als Christ muss man vergeben!"; als Formel ist das nichts wert.

    Vergebung ist eine Erkenntnis (bekanntermaßen mein Lieblingswort, wie ihr ja wisst); die Erkenntnis, wer das Opfer ist.
    Das ist keine Beschwichtigung! Ich bin zB bei Kinderschändern dafür, dass sie für den Rest ihres Lebens weggesperrt werden, denn sie sind in meinen Augen nicht heilbar.
    Aber genau diese Tatsache zeigt, dass sie Opfer sind:

    Wie gebrochen und destruktiv- ob angeboren oder entwickelt- muss eine Seele sein, die so etwas tut? Das ist doch keine natürliche Begabung.

    Jesus sagt am Kreuz: Vergib ihnen, Vater, denn sie wissen nicht, was sie tun. - Eines der größten Worte, die er je gesagt hat.
    Das ist keine Entschuldigung, wie manche meinen! Sie sind verantwortlich für jeden Hammerschlag, den sie getan haben; doch andererseits: Was sind sie denn schon? Knechte. Arme Knechte eines verirrten Geistes.
    Jesus ist nicht ihr Opfer. Wenn er wollte, sie würden verdorren, wie der Feigenbaum, den er verdorben hat. Niemand nimmt mir mein Leben, sondern ich gebe es freiwillig dahin.

    Und es ist wie gesagt keine "Formel": "Er hat das auch gemacht, jetzt musst du das auch können!" - Man kann sowas nicht fordern, man kann nur hoffen, dass jemand die Erkenntnis gewinnt, denn sie macht frei.

    Keine Beschwichtigung, um es nochmal zu betonen: unsere Rechtsprechung muss klar und deutlich sein! Aber diese Erkenntnis tastet auch nicht die Rechtsprechung an, sondern sie befreit von diesem Dämon, der in einem Platz nimmt, wenn man hasst.

    "Du weißt gar nicht, was man alles vergeben kann."

  • Das Thema hier ist schon sehr emotional besetzt und ich bin mir nicht so sicher, ob ich meine vollständigen Gedanken hier ausführen sollte.

    Der Vers“ vergib, damit dir vergeben wird“ ist wahr, aber für mich nur im Bereich der Heiligung, nicht für den Bereich unserer Rechtfertigung.

    Jeder Christ der in diesem Bereich kämpft und ringt ist und bleibt ein Christ. Keiner hat das Recht dem Anderen sein Christsein hier abzusprechen, weil er noch nicht vergeben konnte. Es steht auch nicht so in der Bibel!

    Ich denke, wenn es so wäre, dann könnte keiner bestehen.

    Es sind oft schon kleine Dinge im Alltag, die wir nicht sofort, sondern erst nach einer Zeit vergeben können. Es braucht sogar für Kleinigkeiten eine Zeit bis zur Lossagung des Täters. Wenn wir loslassen können ist es wirklich befreiend und friedenstiftend. Aber nur der Betreffende selbst weiß, von welchen intensiven Gefühlen er spricht.

    Im vergangenen Jahr hat man mir in meiner Arbeit ziemlich Böse, mit Intrigen, falschen Anschuldigungen und Unterstellungen mitgespielt. Ich stand vor einer Wahl, eine Bombe hochgehen zu lassen, oder zu vergeben und zu schweigen. Das Ringen um eine richtige Entscheidung, war für mich das Schlimmste in dieser Zeit. Ich bin ein Mensch der nicht selten spontan das Unrecht beim Namen nennt und offen beklagt. Hinzu kam noch, das mein Sohn immer wieder meinte „Ich sollte den ganzen Sauhaufen hochgehen lassen“

    In diesem Fall habe ich mich, nach langem Ringen, für das Schweigen entschieden und es hat richtig richtig weh getan. Bei diesem Prozess des Vergebens kamen noch andere Schuldscheine aus meiner Kindheit hoch....
    Nun nach einem Jahr, habe ich meinen Frieden gefunden und kann mit Jesus zusammen sagen“ Sie wissen nicht was sie tun“

    Wenn man am Ende des Tunnels angekommen ist und den Schuldschein zerrissen hat, dann erst kommt Licht ins Dunkle. Erst dann kommt der Frieden.
    Vergeben ist nicht nur eine Verbindungsschnur zum Täter hin durch zu trennen, Vergebung von Schuld ist immer eine ziemlich teure Angelegenheit.

    Die offene Rechnung, die übrig bleibt, zahlt immer das Opfer. Wir als Christen können versuchen auf Jesus zu sehen, der diese Schuld, ja unsere ganze Schuld, unserer aller Schuld am Kreuz bezahlte. Christsein ist nicht nur einmal in der Woche in die Kirche zu gehen und ein Lippenbekenntnis abzugeben... Nein, wir dürfen mit Jesus, mit IHM und durch IHN wirklich leben, ringen und kämpfen.

    Sehr hilfreich ist hier das Wissen, um die Annahme durch Gott, das Wissen, gerade in solchen Stunden der Not, das wir dennoch und gerade deshalb, geliebte Kinder Gottes sein dürfen.

    LG

    Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist es unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich
    (Matthäus 19, 26)

  • Klare biblische Aussagen, die uns nicht gefallen, als "schwarze Pädagogik" zu diskreditieren ist unschön.

    Gilt das auch für "Rom" ? Päpste zu diskreditieren. die uns nicht gefallen, ist doch auch unschön - Oder etwa nicht ?

    Ihr habt gehört, dass gesagt ist: "Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen." Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vater im Himmel; denn er lässt seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. (Matt 5,43-45)

    Wie sieht es im Bezug auf die Feindesliebe und Vergebung mit Lenin, Stalin, Hitler oder Mao aus ? Die Frage ist frech und provokant, ich weiß...


    GLG

  • Zitat

    Erwähnenswert ist wohl auch, dass viele Täter nicht selten selbst Opfer
    eines sexuellen Missbrauchs in ihrer eigenen Kindheit wurden. Wie
    paradox ! Ein "Opfer" das irgendwann mal zum "Täter" wird, müsste doch
    eigentlich wissen, wie furchtbar das ist ?

    Ja, es ist paradox; aber diese Paradoxie wird durch solche Schandtaten eben gezüchtet.
    In der Regel wird das Werk des Täters weitergeführt. "Jetzt habe ich die Macht! Die Kontrolle, die ich nie hatte!"
    Wir sagen immer so leicht bei solchen Tätern: "Sie wollen Macht ausüben!" - Ja, aber warum?

    Der Mensch will zunächst einmal Liebe und Anerkennung; er will keine Macht. Es ist das Natürlichste der Welt, dass wir Liebe brauchen. Diese muss von anderen Menschen kommen; man "liebt" sich nicht einfach selber, man erfährt das nur durch Relation. Man fühlt sich auch nicht durch ein unsichtbares Wesen geliebt. Ein Kleinkind denkt nicht: "Naja, aber Gott liebt mich ja!", denn dieser Gott wird auch durch die Eltern dargestellt und vermittelt.

    Wenn diese Liebe fehlt bzw. destruktiv vermittelt wurde, dann schlägt das tiefe Wunden. Sagte Buber doch: "Ich werde ein Ich am Du." - Was für ein ICH soll man werden, bei so einem Gegenüber?
    Man muss sich die Anerkennung irgendwann selbst "holen": Im besten Falle lernt man Jesus kennen und findet dort sein wahres Gegenüber, den absoluten Menschen; im schlimmsten Falle deformiert es, denn wie gesagt: man liebt sich nicht (einfach) selber. Das einzige, was man auf sich projizieren kann, ist das, was man zeitlebens gelernt hat: dass man unwert ist.
    Ein Mensch wird größer und stärker und dann wird es gefährlich! Gegen seinen Peiniger wird er sich in der Regel niemals durchsetzen (das ist wie mit dem jungen Elefanten, den man an einen Stock bindet; er wird sich als Erwachsener gar nicht versuchen, loszureißen), aber er merkt, dass er mehr Kraft hat als andere (in der Regel kleinere Menschen). Jetzt ist er dran!

    Er ist im Prinzip gar nicht mit einem Kind beschäftigt (das Kind ist vollkommen egal), sondern er ist mit seiner Kindheit beschäftigt. Er nimmt die Rolle seines Peinigers ein, um Macht zu haben über das, was ihm angetan wurde; das ist eigentlich das todtraurige daran. Natürlich wird er da niemals rauskommen. Er "produziert" neue Menschen wie er selbst, wenn er sie nicht ohnehin tötet! Wenn er sie tötet, dann will er im Grunde sich selbst abtöten.

    Wir sind bei sehr vielen Dingen viel mehr mit uns selbst beschäftigt, als wirklich mit anderen. In deiner Schilderung richtet sich der Zorn gegen dich selbst.
    Der Mensch ist ambivalent, so ist es.

    Zitat

    Ob Pädophilie heilbar ist ? Ich habe keine Ahnung.

    Es geht mir weniger darum, ob es heilbar ist, sondern ich glaube, es ist der Gesellschaft nicht zumutbar. Selbst, wenn ein ehemaliger Straftäter nie wieder einen Finger rühren würde, die Tatsache, dass er sich in der Gesellschaft frei bewegt, in der Nähe von Kindern, ist in meinen Augen für das Umfeld unzumutbar. Er hat seine Karten verspielt in meinen Augen; er hat das getan, was man nicht tun darf.
    Es kann immer was passieren: man schubst im Zorn einen die Treppe runter; man überfährt ein Kind, weil man unachtsam war; ein Ehestreit eskaliert usw. Es kann immer passieren, davon rede ich nicht. Jeder hat ne Chance verdient in der Regel. Aber einem Menschen und gerade einem Kind aufzulauern, mit dem Trieb oder Willen, es zu schänden (ich werde kein anderes Wort benutzen) und zu töten, ist der Punkt- um es mit Til Schweiger zu sagen- wo man sein "Recht in dieser Gesellschaft verwirkt hat".

    Da ich von der einen "Heilung" nichts halte, kann ich dir zur anderen auch nichts sagen. Es gibt allerdings einen großen Markt für Pädophilie und der wird vor "christlicher Gemeinde" mit Sicherheit nicht Halt machen.

    Zitat

    Wer (dem Mitmenschen) nicht vergibt, dem wird (von Gott) nicht vergeben werden.

    So wahr diese biblische Wort auch ist. Man könnte das Wort "Vergebung"
    genau beleuchten, daraus eine theologische Diskussion ableiten. Nein,
    nein - Das führt zu Nichts !

    Zumal jene, die es laut einfordern, es selbst nicht tun, sondern in der Regel bei Kleinigkeiten bereits sehr ungnädig sind.

    Ach, ich kann bei diesen Themen nicht mehr mitreden, es hängt mir dermaßen zum Halse raus...

  • Ja, es ist paradox; aber diese Paradoxie wird durch solche Schandtaten eben gezüchtet.
    In der Regel wird das Werk des Täters weitergeführt. "Jetzt habe ich die Macht! Die Kontrolle, die ich nie hatte!"
    Wir sagen immer so leicht bei solchen Tätern: "Sie wollen Macht ausüben!" - Ja, aber warum?

    Ich kann nicht generell bei Menschen urteilen, welche Faktoren eine Rolle spielen, warum das Opfer nun zum Täter wurde. Sicherlich geht es um Demütigung, Ablehnung und dann schließlich auch um Machtausübung, die guten Gefühle die dann kommen, wenn die Seiten gewechselt werden.

    Er ist im Prinzip gar nicht mit einem Kind beschäftigt (das Kind ist vollkommen egal), sondern er ist mit seiner Kindheit beschäftigt. Er nimmt die Rolle seines Peinigers ein, um Macht zu haben über das, was ihm angetan wurde; das ist eigentlich das todtraurige daran. Natürlich wird er da niemals rauskommen. Er "produziert" neue Menschen wie er selbst, wenn er sie nicht ohnehin tötet! Wenn er sie tötet, dann will er im Grunde sich selbst abtöten.

    Ja, es ist todtraurig, wenn Menschen die erlebte Gewalt, an wehrlose Menschen weiter geben müssen. Für mich als Christ gibt es dieses Wort" niemals" nicht. Bei Tötungsdelikte gibt es, so unterschiedlich die Menschen sind, auch unterschiedliche Motive.


    Schon sehr viele Christen haben ein Zeugnis abgegeben, das sie mit der Hilfe Gottes, aus dieser Gewaltspirale herausgekommen sind.

    Ebenso gibt es genug Pädophile die in Selbsthilfegruppen sind. Sie waren eins mal Opfer und arbeiten sehr hart daran, niemals übergriffig zu werden.
    Ich habe großen Respekt vor diesen Menschen. Keiner sucht sich seine sexuellen Neigungen aus, weder der Homosexuelle noch der Pädophile.
    Wir leben in einer Zeit, wo ich den Eindruck bekomme, das Homosexuelle in den Himmel gelobt werden, während Pädophile schon automatisch alle als abartige widerliche Straftäter in Grund und Boden gestampft werden müssen. So einfach ist das nicht. Es ist kaum möglich, das sich ein Pädophiler outen kann..Sie müssen extrem aufpassen, das ihr Umfeld davon nichts erfährt.
    Ja, ich habe nicht selten gehört, die gehören alle aufgehängt....der Abschaum der Menschheit.... Was würde Jesus sagen....??

    Es geht mir weniger darum, ob es heilbar ist, sondern ich glaube, es ist der Gesellschaft nicht zumutbar. Selbst, wenn ein ehemaliger Straftäter nie wieder einen Finger rühren würde, die Tatsache, dass er sich in der Gesellschaft frei bewegt, in der Nähe von Kindern, ist in meinen Augen für das Umfeld unzumutbar. Er hat seine Karten verspielt in meinen Augen; er hat das getan, was man nicht tun darf.

    Pädophile Straftäter gehören natürlich eingesperrt, da sollte es keine Diskussion geben.

    Jeder hat ne Chance verdient in der Regel. Aber einem Menschen und gerade einem Kind aufzulauern, mit dem Trieb oder Willen, es zu schänden (ich werde kein anderes Wort benutzen) und zu töten, ist der Punkt- um es mit Til Schweiger zu sagen- wo man sein "Recht in dieser Gesellschaft verwirkt hat".

    Wenn die Gesellschaft geschützt gehört, dann muss jeder Straftäter eingesperrt werden. Sie gehören von der Allgemeinheit abgetrennt. Aber als Menschen gehören sie zu unsere Gesellschaft.Sie sind ein Teil vom Ganzen und auch für diese Menschen ist Jesus gestorben. Ihre Schuld wurde auch am Kreuz bezahlt.

    LG

    Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist es unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich
    (Matthäus 19, 26)

  • Zitat

    Für mich als Christ gibt es dieses Wort" niemals" nicht.

    Ich meinte "niemals" in Bezug darauf, wenn er glaubt, durch seine Taten aus der Demütigung herauszukommen.

    Zitat

    Sie sind ein Teil vom Ganzen und auch für diese Menschen ist Jesus gestorben. Ihre Schuld wurde auch am Kreuz bezahlt.

    Gut, dass du es so früh ansprichst, dann können wir es direkt zu Beginn klären:

    Ich habe nicht von Jesu Kreuzestod oder ihrer Erlösung gesprochen. Ich habe vom weltlichen Strafrecht gesprochen und von der weltlichen Gesellschaft; weder vom Gericht Gottes noch von ihrem Anteil oder Recht auf Erlösung war die Rede.

    Zum Punkt der Neigungen:

    sehe ich genauso wie du und hatte es hier schon mehrmals gesagt: niemand bestimmt sein Empfinden oder seine Neigungen. Das ist richtig.
    Ich finde auch nicht, dass man "Pädophile hängen" sollte, oder dergleichen.

    Es gibt aber einen gravierenden Unterschied in diesen Neigungen und der kann und darf nicht umgangen werden:

    der Homosexuelle und der Heterosexuelle, sie mögen noch so abnorme Wünsche und Vorlieben haben (und da gibt es einiges, was jenseits meiner Nachvollziehbarkeit ist), tun und wünschen dies mit Gleichgesinnten und (mehr oder minder) Gleichaltrigen.
    Hier kann man sich treffen, trennen, zustimmen, ablehnen, auspeitschen, quälen, oder was auch immer da angesagt ist, es ist deren Sache. "Normal" finde ich da auch nicht alles, aber es ist deren Sache.

    Das Verwirklichen der pädophilen Neigung ist nunmal ein Straftatbestand (ebenso wie das Verwirklichen von Vergewaltigungsphantasien)! Da gibt es nichts zu rütteln. Der Pädophile "kann nix dafür"... WIR können auch nix dafür! Es geht nicht! Basta!

    Ich habe auch Respekt davor, wenn sich jemand im Griff hat. Dankeschön.

    Es gibt einen großen Markt für Pädophilie. Das reicht weit über den älteren Herrn, der kleine Jungs streicheln will, hinaus. Es gibt- wie ich neulich in einer Talkshow hörte- Videos, wo Kinder gefoltert werden. Menschen schauen sich sowas an, keine Ahnung, ich hab da keinen Wortschatz mehr für...

    Ich mache da keine Trennlinie. Die Neigung und Lust, sich an Kindern sexuell zu vergehen, gehört mit aller Härte verfolgt und bestraft, wenn sie sich verwirklicht.
    Es ist etwas vollkommen anderes, was ein Homosexueller mit einem anderen macht. Es gibt da keinen Vergleich! Deswegen sehe ich auch deinen Satz nicht: "Der Homosexuelle wird in den Himmel gehoben, der Pädophile wird angeprangert"; es gibt dort für mich keinerlei Vergleichsgrundlage, sorry.

    Es hat mit dem Urteil Gottes nichts zutun! Ich weiß nicht, warum Gott ihn so hat werden lassen oder was er einmal mit ihm vorhat. Da muss ich mir an meine Nase packen, da hast du vollkommen Recht! Aber hier in dieser Welt sollen wir Rechtsordnungen schaffen, in denen Menschen gut leben können.

    Natürlich soll dem Pädophilen geholfen werden, soweit es möglich ist; gar keine Frage. Und wenn er Fortschritte macht und stabil wird, ist das großartig; freut mich sehr. Aber ich würde mich niemals dagegen aussprechen, dass sowohl die Neigung als auch die Tat klar und deutlich angeprangert werden! Damit muss der Pädophile dann eben leben; er soll ruhig vor Augen haben, dass es FALSCH ist.

    Da bin ich persönlich unbelehrbar, sorry. Und ich spreche nicht von einem 18jährigen und einer 15jährigen...

  • Wie sieht es im Bezug auf die Feindesliebe und Vergebung mit Lenin, Stalin, Hitler oder Mao aus? Die Frage ist frech und provokant, ich weiß...


    Soweit ich weiß, hat der Jesuit, Wissenschaftstheoretiker und Ethikphilosoph Rupert Lay diese Frage einmal in einer öffentlichen Rede angesprochen, was, wenn ich mich an den knappen Bericht darüber richtig erinnere, dazu führte, dass er daran gehindert wurde, seine Rede zuende zu führen.

    Vielleicht liegt es in der Natur des Christentums, dass man es, wenn man in der Gesellschaft nicht an den Rand geraten möchte, nicht konsequent leben darf?

    "Prüft alles und, was gut ist,
    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

    "Wähle das Leben, damit du lebst."
    5. Mose 30, 19

    Einmal editiert, zuletzt von Daniels (28. Juli 2015 um 21:35)

  • ich würde mich niemals dagegen aussprechen, dass sowohl die Neigung als auch die Tat klar und deutlich angeprangert werden!


    Diese Formulierung empfinde ich als unangemessen. Neigungen muss man nicht "anprangern" und es scheint mir noch weniger sinnvoll Personen mit unerwünschten oder sonderbaren Neigungen anzuprangern.

    Wozu soll oder kann das führen?

    In einer allgemeinen Talkshow habe ich einmal den Sexualmediziner Klaus Michael Beier gehört, der eine Beratungs- und Behandlungsstelle für Pädophile leitet. Er sprach als ein Hindernis, solchen Leuten zu helfen, reflektiert mit ihren Neigungen umzugehen und diese selbst zu beherrschen, die Stigmatisierung und unterschiedslose Verurteilung von solchen Menschen an, die pädophile Neigungen haben. Wie kann man glauben, Pädophile psychologisch beraten und therapieren zu können, wenn jede Preisgabe solcher Neigungen voraussichtlich nichts anderes als Schmähungen, Vorverurteilungen, Kriminalisierung u. dgl. hervorrufen würde?!

    PS.: Der Spiegel über Klaus Michael Beiers Aussagen zum Pädophilieproblem: "Sexualmediziner fordert tabufreie Pädophilie-Debatte".

    "Prüft alles und, was gut ist,
    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

    "Wähle das Leben, damit du lebst."
    5. Mose 30, 19

    2 Mal editiert, zuletzt von Daniels (28. Juli 2015 um 22:29)

  • Die Neigung eines Erwachsenen, mit Kindern sexuell verkehren zu wollen (in welcher Form auch immer) betrachte ich als krankhaft und werde ich als krankhaft und falsch benennen.

    Es gibt da für mich keine Diskussion.

  • Die Neigung eines Erwachsenen, mit Kindern sexuell verkehren zu wollen (in welcher Form auch immer) betrachte ich als krankhaft und werde ich als krankhaft und falsch benennen.


    Ich hatte geschrieben, dass ich Deine Formulierung für unangemessen halte; ich verstehe unter "falsch nennen" nicht das selbe wie unter "anprangern".

    Anprangern bedeutet ursprünglich, dass eine verurteilte Person, ein Straftäter, öffentlich Schmähungen und körperlichen Verletzungen durch beliebige Personen ausgesetzt wird. Es war die Zurschaustellung von gefesselten oder eingekäfigten Personen auf einem öffentlichen Platz. Voraussetzung dafür war eine rechtskräftige Verurteilung.

    Juristisch verurteilt und sanktioniert wird man heute nicht für Gedanken, innerpsychische Probleme oder Neigungen; sondern in aller Regel nur für Handlungen gegen die Rechte anderer, der Allgemeinheit oder wegen deutlicher oder befürchteter Verletzung der Interessen herrschender Personen oder Interessengruppen, im letzteren Fall freilich verbrämt.

    "Prüft alles und, was gut ist,
    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

    "Wähle das Leben, damit du lebst."
    5. Mose 30, 19

    3 Mal editiert, zuletzt von Daniels (28. Juli 2015 um 22:39)