Matthäus 18,18: Was ihr auf der Erde bindet, wird im Himmel gebunden sein

  • Hallo tricky, danke für die Nachfrage,

    Zitat von »Babylonier«
    Das würde ja immerhin bedeuten, dass die Adventgemeinde ein katholisches Kirchenverständnis hat.

    Das müsstest du genauer erklären, WAS du hier als spezifisch katholisch siehst und warum das spezifisch katholisch ist?


    Unter „Katholischen Kirchenverständnis“ versteht man die theologische Ansicht, dass Jesus auf Erden eine Kirche gegründet hat, die als Institution bis zu seiner Wiederkunft über die Auslegung des Evangeliums zu wachen und sie im Streitfall verbindlich auszulegen hat.

    Diese Theologie wird von der römisch-katholischen, den orthodoxen und den altorientalischen Kirchen vertreten.

    Für die Reformatoren war diese Kirche hingegen keine sichtbare Institution, sondern eine „unsichtbare“ Kirche, die überall da besteht, wo das „rein Evangelium“ (also die Erlösung allein aus Gnade) gepredigt wird.


    Warum meinst du, dass deine Kirche damit nichts anfangen kann? Will sie sich selbst die Verantwortung nicht aufladen und tritt demütig von diesem Amt zurück?


    Nun ja. Es gibt Bibelstellen, die Kirchen gerne auslegen, und welche, mit denen sie ihre Schwierigkeiten haben. Das ist sicherlich bei jeder Kirche so.

    Ich finde die theologischen Leistungen des kirchlichen Protestatismus der letzten Jahrhunderte ja recht beachtlich, allerdings fallen mir bei meiner Kirche zwei Schwachpunkte auf: es gibt keine Theologie des Petrus- und Apostelamtes und es gibt keine schlüssige Antwort auf die Frage, wie man mit den biblischen Berichten über Maria umgehen soll, die ja anders als z.B. seine Jünger bei allen wichtigen Situationen seines Lebens und Sterbens dabei war.

    Ich habe es mal bei uns im evangelischen Gesprächskreis angesprochen, seitdem gelte ich katholisches U-Boot...
    ;)

    Wie John Q. Public richtig bemerkt hat wird das nur gesagt, was nicht gemeint ist:

    ps: Vielleicht hat man sich in meiner, deiner, meiner & anderen protestantischen Gemeinschaften zu stark darauf konzentriert, was der Bibelext nicht sagt in Apologie/Glaubensverteidigung/-kritik gegen die römisch-katholische Kirche... anstelle der Sache ganz+proaktiv+biblisch[praktisch] auf den eigentlichen Grund zu gehen... *kopfkratz*


    Du sprchst mir aus der Seele. Zugegebenermaßen kann ich jetzt auch keine Standardantwort aus dem Hut zaubern.

    Das "binden & lösen" im Himmel bezieht sich auf den Gemeindeaufbau, den die Apostel vollziehen.


    Ja, aber nach dem Verständnis unserer katholischen und orthodoxen Geschwister ist das ApostelAMT nicht etwas, was mit dem Ableben der Zeitzeugen abgeschlossen ist, sondern sich als Funktion durch die Zeit und Geschichte weiter vererbt. Jeder Priester und Bischof bekommt bei seiner Weihe einen „Stammbaum“, aus dem hervorgeht, wer den ihn weihenden Bischof und dessen Weiher selbst geweiht hat und der sich bis zu den Aposteln zurück verfolgen lässt.

    Es wird heute von Menschen und Gemeinden nichts mehr "gebunden" oder "gelöst".


    Genau das sehen die Kirchen, von denen wir abstammen, allerdings völlig anders.

    Ich weiss jetzt nicht, welche verbindliche Position das Gemeindehandbuch hat. Aber etwas verwundert bin ich, dass auch Adventisten offenbar ihre Adventgemeinde als Institution mit der Aufgabe des Binden und Lösens betraut sehen. Zumindestens klang das so an. Das wäre dann wirklich ein "katholisches Kichenverständnis" (siehe oben)

    Einmal editiert, zuletzt von Babylonier (25. August 2014 um 22:17)

  • Zitat

    Ja, aber nach dem Verständnis unserer katholischen und orthodoxen Geschwister ist das ApostelAMT nicht etwas, was mit dem Ableben der Zeitzeugen abgeschlossen ist, sondern sich als Funktion durch die Zeit und Geschichte weiter vererbt. Jeder Priester und Bischof bekommt bei seiner Weihe einen „Stammbaum“, aus dem hervorgeht, wer den ihn weihenden Bischof und dessen Weiher selbst geweiht hat und der sich bis zu den Aposteln zurück verfolgen lässt.

    Zitat

    Genau das sehen die Kirchen, von denen wir abstammen, allerdings völlig anders.

    Babylonier:

    da du mich zitiert hast, muss ich mal nachfragen, wovon genau du jetzt redest bzw. worauf du hinaus willst...

    Ich habe nirgendwo von katholischer Kirche gesprochen bzw. die kath. Kirche mit meinen Beiträgen nicht kommentiert...

    Deswegen versteh ich die Ableitung grade nicht.

    Lg

    • Offizieller Beitrag

    Also: zu Petrus sagt er: "Du..." und "dir...", und zu den Aposteln sagt er: "Ihr..." und "euch...".

    Steht im Text, oder?

    Die Gemeinde, die auf "den Fels" gebaut ist, ist eine unsichtbare; es kann keine sichtbare Gemeinde sein.

    D.h.: der Text an Petrus kann schon mal gar nicht an dich und mich gerichtet sein, denn Jesus baut nicht auf uns die Gemeinde, sondern auf den Glauben Petri; es bezieht sich inhaltlich auf Petri Bekenntnis.


    Danke für die Erklärung. Ich weiß jetzt wie du deine Ansicht begründest. Das habe ich aus deinem ersten Post nicht herauslesen können...manchmal braucht's ein bisschen länger bei mir :rolleyes:

    Nachfrage: Wenn Jesus also jemanden mit Namen anspricht, dann ist NUR DER gemeint und kein anderer, verstehe ich das richtig? Oder ist es auch so, wenn Jesus jemanden in den Evangelien anspricht, aber nicht seinen Namen nennt? Mich würde das genaue Kriterium interessieren, das du hier in deiner Sicht der Dinge anlegst.

    Der Bibeltext in Mt. 18,18, den ich bei der Themenerstellung zitiert habe, erklärt im Zusammenhang, dass es um Sündenvergebung geht, die ja jedem Christen, wie im Vaterunser beschrieben "wie auch wir vergeben unserern Schuldigern" übergeben wurde:

    18/15 Wenn aber dein Bruder sündigt, so geh hin, überführe ihn zwischen dir und ihm allein. Wenn er auf dich hört, so hast du deinen Bruder gewonnen. 18/16 Wenn er aber nicht hört, so nimm noch einen oder zwei mit dir, damit aus zweier oder dreier Zeugen Mund jede Sache bestätigt werde. 18/17 Wenn er aber nicht auf sie hören wird, so sage es der Gemeinde; wenn er aber auch auf die Gemeinde nicht hören wird, so sei er dir wie der Heide und der Zöllner. 18/18 Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr etwas auf der Erde binden werdet, wird es im Himmel gebunden sein, und wenn ihr etwas auf der Erde lösen werdet, wird es im Himmel gelöst sein.

    Frage Seele1986 - Wen spricht Jesus mit "IHR" an? Hat er das NUR den Jüngern damals gesagt und für uns (2014) hat das keine Bedeutung mehr?


    Unter „Katholischen Kirchenverständnis“ versteht man die theologische Ansicht, dass Jesus auf Erden eine Kirche gegründet hat, die als Institution bis zu seiner Wiederkunft über die Auslegung des Evangeliums zu wachen und sie im Streitfall verbindlich auszulegen hat.

    Diese Theologie wird von der römisch-katholischen, den orthodoxen und den altorientalischen Kirchen vertreten.

    Für die Reformatoren war diese Kirche hingegen keine sichtbare Institution, sondern eine „unsichtbare“ Kirche, die überall da besteht, wo das „rein Evangelium“ (also die Erlösung allein aus Gnade) gepredigt wird.

    Aus meiner derzeitigen Sicht der Bibel müsste sich jede christliche Kirche, die sich als solche versteht, den Schuh der "Institution" anziehen und diesen Bibeltext auch leben. Die Frage, die ich mir bei der Diskussion stellte war ja sowieso auch inwieweit dieses Kirchenamt von verschiedenen Konfessionen wahrgenommen wird und die damit einhergehende Frage: Wie verhält sich der Himmel, bei diesem Auswuchs an Gemeinden und Kirchen? Beim Taufen zum Beispiel?


    Zitat von Babylonier

    Ja, aber nach dem Verständnis unserer katholischen und orthodoxen Geschwister ist das ApostelAMT nicht etwas, was mit dem Ableben der Zeitzeugen abgeschlossen ist, sondern sich als Funktion durch die Zeit und Geschichte weiter vererbt. Jeder Priester und Bischof bekommt bis seiner Weihe einen „Stammbaum“, aus dem hervorgeht, wer den ihn weihenden Bischof und dessen Weiher selbst geweiht hat und der sich bis zu den Aposteln zurück verfolgen lässt.

    Zitat von Babylonier

    Ich weiss jetzt nicht, welche verbindliche Position das Gemeindehandbuch hat. Aber etwas verwundert bin ich, dass auch Adventisten offenbar ihre Adventgemeinde als Institution mit der Aufgabe des Binden und Lösens betraut sehen. Zumindestens klang das so an.


    Das ApostelAMT wurde ja auch nicht mit dem Sterben der 12 Apostel abgeschafft:

    ELB Eph 4/11 Und er hat die einen als Apostel gegeben und andere als Propheten und andere als Evangelisten und andere als Hirten und Lehrer,

    Hier jetzt einen wertigen Unterschied zu machen zwischen Petrus und anderen ihm zeitlich nachfolgenden Aposteln halte ich für problematisch. Extra ausgewiesene Apostel haben wir allerdings nicht bei den STA, es ist das mehr ein Amt, das in den Gemeinden verteilt auf mehrere Personen oder Ausschüsse wahrgenommen wird. Interessant eigentlich...ausgewiesene Evangelisten haben wir, Hirten auch, Lehrer sowieso und sogar Propheten (wenn auch nicht personell definiert, aber wir sind überzeugt es gibt sie auch heute und diese Gabe wird auch praktisch in bestimmten Regionen sichtbar), aber ausgewiesene Apostel ... ich kenne keinen der sich diesen Schuh anziehen würde. Aber vielleicht muss man das auch gar nicht, sondern das Amt wird eben, wie von mir beschrieben von mehreren Personen bzw. Ausschüssen wahrgenommen.

  • Danke für die Ausführung. Sehr interessante Gedankengänge. Das Apostelamt wäre also demnach keine personengebundene Funktion, sondern eher ein Prinzip, das sich in verschiedenen Formen zeigen kann. In diese Richtung denke ich gerne mit.

  • Babylonier:

    da du mich zitiert hast, muss ich mal nachfragen, wovon genau du jetzt redest bzw. worauf du hinaus willst...

    Ich habe nirgendwo von katholischer Kirche gesprochen bzw. die kath. Kirche mit meinen Beiträgen nicht kommentiert...

    Deswegen versteh ich die Ableitung grade nicht.

    Lg

    Hallo Seele,

    in der Tat hast Du nicht vom katholischen Apostelverständnis gesprochen, aber den Petrusdienst so interpretiert, dass er auf den direkten Jünger beschränkt gewesen war. Das ist eine typisch protestantische Auslegung dieses Bibeltextes.

    Da ich ja die These vertrete, dass die evangelische Kirche der reformierte Teil der Gesamtkirche ist, habe ich bei meinen Auslegungen auch immer unsere eigentlichen Ursprungskirchen im Blick.


    Ich gehe zwar nicht davon aus, dass sich der heutige Petrusdienst unbedingt mit der Struktur einer sichtbaren Kirche deckt, aber dass er völlig erloschen sein soll, glaube ich auch nicht.

    Um ein Beispiel zu nennen. Unser Gottesdienst wird ja mit dem Gruß eröffnet:

    "Der Herr sei mit euch!" (Liturg)

    "Und mit deinem Geist!" (Gemeinde)

    Neben der Tatsache, dass dies ein netter Gruß ist, beinhaltet es ja auch gleichzeitig den Auftrag der Gemeinde an die Pastorin /den Pastor, ihr das Evangelium im Sinne der Apostel zu verkünden. In gewisser Weise ist dies also auch ein temporärer Auftrag für einen Petrusdienst.

    In diese Richtung gehen meine Gedanken, wobei diese sicherlich noch nicht abgeschlossen sind.

  • tricky:

    Zitat

    Nachfrage: Wenn Jesus also jemanden mit Namen anspricht, dann ist NUR DER gemeint und kein anderer, verstehe ich das richtig?

    Zunächst einmal ist der gemeint, der angesprochen wird, ja. Ist normalerweise in menschlicher Kommunikation so, oder nicht?

    Und zudem können die Texte nützlich und lehrreich auch für uns sein.

    Es ist nicht das Problem, dass man die Lehre für sich aus Texten zieht, sondern dass man Gewalten 1 zu 1 auf sich heute überträgt; und das wird ständig gemacht, darum ging es mir.

    Es gab am Anfang nur eine Gemeinde. Du kannst aber bereits in den Paulusbriefen lesen, wie sich das alles aufsplittet.

    Heute haben wir eine Unzahl von "Christentümern". Von DER Gemeinde kann nicht die Rede sein.

    Es wird vertauscht, was "ewig" und was "wandelbar" ist: ewig ist die Glaubenswahrheit in Christus. Gemeinde und Geschichte ist wandelbar.

    Ich möchte heute keiner Gemeinde zubilligen, dass sie "bindet & löst". Wäre ich sehr unzufrieden mit. Zumal die 20 000 Gemeinschaften, die es gibt, diese Vollmacht alle für sich behaupten, als seien sie die Urgemeinde.

    Darum ging es mir, wenn du verstehst. Ich möchte, dass der Geschichtsverlauf ob aller biblischer Wahrheit mit-beachtet wird.

    • Offizieller Beitrag

    Es gab am Anfang nur eine Gemeinde. Du kannst aber bereits in den Paulusbriefen lesen, wie sich das alles aufsplittet.

    Heute haben wir eine Unzahl von "Christentümern". Von DER Gemeinde kann nicht die Rede sein.


    Es gab am Anfang nur "eine" Gemeinde, die in Jerusalem. Dann wurden "viele" Gemeinden gegründet und schon aus den apostolischen Briefen, aber auch aus den sieben Sendschreiben in der Offenbarung ist klar zu erkennen, dass es eine "Auseinanderentwicklung" in Lehre und Praxis gab.

    Die Apostel bemühten sich einen gewissen (wahrscheinlich nur schwer rekonstruierbaren) Lehrkonsens herzustellen. Die "Lehrauseinandersetzung" führen die christlichen Kirchen bis heute in großer Heftigkeit und Sichtbarkeit.

    Die Apostel bemühen sich aber auch mindestens ebenso um eine "christliche" Lebensführung durch die Gemeindeglieder und da ist der Wettbewerb zwischen den christliche Kirchen praktisch unsichtbar. Und ich möchte betonen, einen "gesunden Lebensstil" halte ich in dem Kontext eher für eine Irrlehre, als für ein gottgewolltes christliches Zeugnis. Es geht vielmehr um den Umgang mit Geld und gut, um die Barmherzigkeit, etc. und dann (und nur in dem Gesamtzusammenhang) auch um Mäßigkeit etc.

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