Fehlbarkeit eines Propheten: Einfluss auf inspirierte Botschaften

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    Im Zusammenhang mit Ellen White und der Bedeutung ihrer Schriften für Adventisten und die Gemeinde wird oft erwidert, dass Ellen White nicht unfehlbar gewesen ist. Das stimmt natürlich, das würde auch derjenige nicht bestreiten, der das von Ellen White Niedergeschriebene sehr ernst nimmt. Viel wichtiger ist jedoch die Frage, was aus dieser Tatsache folgt und was aus dieser Tatsache nicht folgt. Ich möchte kurz einige Gedanken zusammenfassen, die als Einstieg in das Thema dienen sollen:

    #1 Nach adventistischer Theologie ist die Inspiration bei allen Propheten gleich: entweder man ist durch Heiligen Geist inspiriert, oder man ist es nicht. Eine "halbe" Inspiration gibt es nicht. Das würde bedeuten, auch die biblischen Schreiber waren nicht unfehlbar.

    #2 Weil die Inspiration von Gott kommt und nicht geteilt ist, kann sie auch nicht falsch sein: Gott offenbart dem inspirierten Schreiber keine Unwahrheiten.

    #3 Fraglich ist, ob der zu einem Zeitpunkt inspirierte Schreiber die inspirierten Gedanken trotzdem falsch "wiedergeben" kann. Wenn das der Fall ist, dann könnten auch die biblischen Schreiber falsche Gedanken aufgeschrieben haben. Hier könnte jedoch erwidert werden, dass durch die Wirkung des Heiligen Geistes nur solche Bibelbücher in Kanon aufgenommen wurden, die nur am wenigsten die Fehler solcher Art enthalten. Das würde bedeuten, dass nicht jede prophetisch inspirierte, aufgeschriebene Offenbarung "gleiches Gewicht" hat - aufgrund der durch Propheten (Autor) gemachten Fehler.

    In diesem Thema würde ich gerne besprechen, was es genau praktisch heißt, dass ein Prophet nicht unfehlbar ist. Wenn es um seine persönliche, theologische Meinung geht, so kann er sich natürlich irren. Wenn es aber um eine inspirierte, niedergeschriebene Botschaft von Gottes geht - wie weit reicht hier die Fehlbarkeit bzw. Unfehlbarkeit? Und wie soll man seine inspirierten Schriften richtig anwenden, wenn sie "fehlbar" sein sollten?

    Ich möchte auch anmerken, dass die Antwort "seine Schriften an der Bibel prüfen lassen" keine Antwort auf gestellte Frage ist. Denn die Bibelschreiber waren auf gleiche Weise inspiriert, und waren ebenso nicht unfehlbar. Die Frage könnte also genau so gut in Bezug auf die Schriften der Bibel formuliert werden. Übrigens, es geht hier nicht (explizit) um Ellen White, sondern ganz allgemein um prophetisch inspirierte Offenbarungen von Gott.

    Für besseres Verständnis, was ich hier unter inspirierter Offenbarung meine: es handelt sich um direkte Visionen von Gott, z.B. so wie Daniel auf den Boden fiel und in der Vision "entrückt" wurde - also direkte, unmissverständliche Botschaften von Gott (die der Prophet meistens direkt nach der Vision aufzuschreiben hatte).

    Dir wird wenig vergeben, wenn du wenig liebst. Dir wird viel vergeben, wenn du viel liebst. (Lukas 7,47-50)

    • Offizieller Beitrag

    In diesem Thema würde ich gerne besprechen, was es genau praktisch heißt, dass ein Prophet nicht unfehlbar ist. Wenn es um seine persönliche, theologische Meinung geht, so kann er sich natürlich irren. Wenn es aber um eine inspirierte, niedergeschriebene Botschaft von Gottes geht - wie weit reicht hier die Fehlbarkeit bzw. Unfehlbarkeit? Und wie soll man seine inspirierten Schriften richtig anwenden, wenn sie "fehlbar" sein sollten?


    Es bedeutet m.E., dass nicht alles was ein Prophet schreibt:

    • über die aktuelle Situation / den aktuellen Kontext hinaus gültig ist
    • "göttlich inspiriert" und daher selbst im aktuellen Kontext uneingeschränkt gültig war


    ad

    • auch bei der Bibel betreiben wir Exegese und überlegen was "zeitlos" ist und was "unbeschränkt" gültig ist (im Übrigen kommen da Ausleger - selbst innerhalb unserer Kirche - zu leicht unterschiedlichen Ergebnissen). Bei EGW ist das für Viele unter uns ein Sakrileg.
    • es gibt auch von den Aposteln Briefe die heute nicht mehr vorhanden sind, daher vom Geist Gottes als nicht bedeutend für die Kirche aller Zeiten erachtet wurden. Diese "Kanonbildung" steht für EGW (falls man sie mit biblischen Autoren gleich setzen will) weitgehend aus.

    Abgesehen davon ist es kaum biblisch argumentierbar dass NUR EGW den Geist der Weissagung hatte, die dringende Frage wäre daher: wer noch und was ist mit dessen / deren Schriftgut! Der Geist der Weissagung ist auch nach sehr fundamentalistischer adventistischer Auslegung keine Person, sondern ein Wirken Gottes. Auf EGW so zu fokussieren, wie man das bei uns überwiegend tut führt daher, von der Bibel her betrachtet, dazu das Wirken des Geistes Gottes an anderer Stelle zu negieren bzw. zu vernachlässigen....
    Geistlich höchst ungesund, meiner Meinung nach.

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    Hallo Heimo,

    Zitat

    Es bedeutet m.E., dass nicht alles was ein Prophet schreibt: 1. über die aktuelle Situation / den aktuellen Kontext hinaus gültig ist

    Was du schreibst, ist vielmehr die Frage des richtigen Verständnisses / der richtigen Interpretation der offenbarten Botschaft: was Gott sagen wollte und in welchem Kontext seine Aussage gültig ist bzw. sein Wort befolgt werden soll. Es hat mit (Un)fehlbarkeit des Propheten und (Un)fehlbarkeit der Offenbarung und ihrem Einfluss auf die offenbarte Botschaft nichts zu tun. Die Threadfrage nach richtiger Anwendung der Schriften ist allein in Bezug auf (Un)fehlbarkeit der inspirierten Offenbarungen gestellt. Bitte am Thema bleiben.

    Zitat

    Es bedeutet m.E., dass nicht alles was ein Prophet schreibt: 2. "göttlich inspiriert" und daher selbst im aktuellen Kontext uneingeschränkt gültig war

    Kannst du das bitte genauer erläutern? Mich interessiert speziell der Fall (und das ist die Threadfrage) der inspirierten Offenbarungen Gottes und wie man in diesem Fall das Wort (Un)fehlbarkeit verstehen soll und welche praktische Auswirkung / Einfluss es hat.

    Zitat

    es gibt auch von den Aposteln Briefe die heute nicht mehr vorhanden sind, daher vom Geist Gottes als nicht bedeutend für die Kirche aller Zeiten erachtet wurden. Diese "Kanonbildung" steht für EGW (falls man sie mit biblischen Autoren gleich setzen will) weitgehend aus.

    Mich interessiert der zeitliche Gültigkeitsraum nicht (da es die Frage der Interpretation einer Botschaft ist), sondern die Bedeutung des Wortes (Un)fehlbarkeit in Bezug auf inspirierte Offenbarungen Gottes: welchen Einfluss hat die Fehlbarkeit eines Propheten auf durch göttliche Inspiration niedergeschriebe Schriften.

    Bitte am Thema bleiben!

  • Jacob, Du bist aber ein sehr strenger Ausleger Deiner eigenen Fragen!

    Ich wage dennoch eine Antwort und versuche beim Thema zu bleiben:

    Wenn Gott etwas offenbart und es einem ECHTEN Propheten durch den HL. Geist mitteilt, dann ist das wohl unfehlbar, da direkt von Gott.

    Die Frage müßte doch eher heißen, woher können wir wissen dass der Prophet echt war und dass es der HL. Geist war der zu ihm sprach?

    Denn nur wenn da was nicht stimmt kann es fehlbar sein, oder?

    Die andere Möglichkeit wäre, wenn der Prophet zwar echt und die Botschaft tatsächlich von Gott kommt, aber der Prophet (da ja in erster Linie auch Mensch), das Gesehene oder Gehörte mißverständlich wiedergibt oder es gar mit seinen eigenen Gedanken vermengt oder seine eigene Fantasie einfließen lässt.

    Ich denke, dass nimmt jetzt zumindest direkt Bezug auf Deine Frage.

    Da diese Frage ja auch auf EGW angewendet werden kann und dies sicherlich auch mit im Hintergrund der Frage steht, müßte hier geklärt werden ob grundsätzlich alles Schrifttum von ihr als inspirierte Offenbarung Gottes gesehen werden kann / sollte oder ob sie auch viele Werke oder Teile ihres Schrifttums aus eigenem Geiste geschöpft hat. Wir wissen ja heute recht unstreitbar, dass sie auch andere Ideen übernommen, ja gar abgeschrieben hat - deshalb muß man auch darüber eigentlich nicht mehr spekulieren.

  • Problematisch wird es meiner Meinung nach dann, wenn ein "Prophet" sagt er hätte dieses oder jenes von Gott gesagt bekommen und es sich nachher heraus stellt, dass das gar nicht stimmt. Dann ist der- oder diejenige kein Prophet mehr, weil man nicht mehr unterscheiden kann, ob etwas wahr ist oder nicht.

    Liebe Grüsse
    DonDomi

  • Problematisch wird es meiner Meinung nach dann, wenn ein "Prophet" sagt er hätte dieses oder jenes von Gott gesagt bekommen und es sich nachher heraus stellt, dass das gar nicht stimmt. Dann ist der- oder diejenige kein Prophet mehr, weil man nicht mehr unterscheiden kann, ob etwas wahr ist oder nicht.

    Liebe Grüsse
    DonDomi


    Dann ist er sogar ein Lügner und vermutlich nie ein echter Prophet gewesen.

    Gibt es eigentlich Beispiele in der Bibel wo ein Prophet vom rechten Weg abgekommen ist und den Weg Gottes verlassen hat? Mir ist keiner bekannt.

    Das Problem ist, dies als Außenstehender zu erkennen, bevor es offenbar geworden ist. Noch schwieriger ist m.E. die Vermischung Gottes Botschaft mit der eigenen Meinung oder der eigenen Fantasie.

    PS.: mir fällt gerade Jona ein, er war zumindest einmal schwach, hat aber den rechten Pfad nicht wirklich dauerhaft verlassen. Aber wir sehen an diesem Beispiel, dass auch Propheten nur Menschen sind und natürlich Fehler machen - von daher kann auch ein echter Prophet fehlbar sein. Und ich erinnere mich an eine Geschichte von Elisa, der wohl einmal von Kinder wegen seines Kahlkopfs verspottet wurde. Daraufhin wurde die Kinderbande von 2 Bären zerissen - welch eine Geschichte. War es der Prophet, der die Bären gerufen hat, oder war es Gott? In jedem Fall bleiben hier Fragen...

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Heimo,.

    Mich interessiert der zeitliche Gültigkeitsraum nicht (da es die Frage der Interpretation einer Botschaft ist), sondern die Bedeutung des Wortes (Un)fehlbarkeit in Bezug auf inspirierte Offenbarungen Gottes: welchen Einfluss hat die Fehlbarkeit eines Propheten auf durch göttliche Inspiration niedergeschriebe Schriften.
    Bitte am Thema bleiben!


    Ich bin am Thema,
    Du unterstellst (mit anderen) offensichtlich, dass alles was EGW irgendwann von sich gegeben hätte "inspiriert" sei. Das müsste erst mal bewiesen werden, zumal sie bekanntermaßen soviel "geborgt" hat, dass es ihr heute wie einigen Deutschen Politikern mit deren Dissertationen ginge. Da stellt sich dann die Frage, ob sie damit quasi die Originalautoren als inspiriert beglaubigt, wie es das NT mit dem AT tut. In meinen Augen ist der Ansatz (nicht nur) deshalb unhaltbar.
    Und "unfehlbar" ist ohnedies nichts und niemand, auch in der Heiligen Schrift ergeben sich bei einem derartigen Ansatz unauflösbare Widersprüche.

    Mein praktischer Ansatz:
    D.h. EGW war (ebensowenig wie z.B. ein Mose oder Petrus) "unfehlbar" und man muss für sich selbst (durch Prüfen an der Bibel und durch den Heiligen Geist) herausfinden, was man für den eigenen Glauben als relevant erachtet.
    Und Dein Einwand gegen "prüfen an der Bibel" ist m.E. auch nicht haltbar, denn genau das tun wir ständig, wir relativieren einzelne Verse bzw. Aussagen, wenn sie nicht in den gesamten Kontext der Hl. Schrift passen (nach unserem jeweiligen Verständnis). Beispiel? Die Geschichte vom armen Lazarus im Totenreich... oder "heute wirst Du mit mir im Paradiese sein" usw.....
    .

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Leute,

    bitte lasst Ellen White in diesem Thread in Ruhe, die gestellte Thread-Frage ist grundsätzlicher Natur, und betrifft alle möglichen Propheten, auch die Schreiber der Bibel!

    Ebenso weise ich daraufhin, was nicht das Thema dieses Threads ist:

    - Kriterien für die Prüfung / Beurteilung, welcher Prophet wahr ist bzw. welche Botschaft von Gott kam.
    - Methoden, wie man die inspirierte, aufgeschriebene Botschaft richtig verstehen kann.
    - Die Frage, ob alles, was ein Prophet (z.B. Ellen White) niedergeschrieben hat, wirklich inspiriert ist.
    - Ob ein Prophet bewußt lügen oder vom rechten Weg abkommen kann.

    Dafür werde ich später andere Threads aufmachen. Hier bitte am Thema bleiben.


    @Rilo

    Zitat

    Jacob, Du bist aber ein sehr strenger Ausleger Deiner eigenen Fragen! Ich wage dennoch eine Antwort und versuche beim Thema zu bleiben:

    Eigentlich ist das nicht schwer, am Thema zu bleiben, wenn man die gestellte Frage genau verstanden hat und auch den Willen mitbringt, nicht alles durcheinander zu schreiben, was in den Sinn kommt. Das Thema Inspiration und Propheten ist sicherlich umfangreich, deshalb ist mir für den Gesamtüberblick sehr wichtig, dass wir diese einzelne Fragen systematisch in entsprechenden Threads besprechen.

    Zitat

    Wenn Gott etwas offenbart und es einem ECHTEN Propheten durch den HL. Geist mitteilt, dann ist das wohl unfehlbar, da direkt von Gott.

    Das ist klar. Die entscheidende Frage (und das ist die Frage dieses Threads!) ist aber, ob der Prophet immer imstande ist, diese inspirierte, unfehlbare Botschaft auch so aufzuschreiben, dass wir seine Worte auch richtig verstehen können (nicht unbedingt müssen!). Oder ist das aufgrund seiner Fehlbarkeit nicht (immer) möglich?

    Zitat

    ...der Prophet (da ja in erster Linie auch Mensch), das Gesehene oder Gehörte mißverständlich wiedergibt oder es gar mit seinen eigenen Gedanken vermengt oder seine eigene Fantasie einfließen lässt.

    Könnte es dann sein, dass auch ein biblischer Prophet die inspirierten Gedanken (an manchen Stellen in der Bibel)

    1) ...missverständlich wiedergegeben hat, sodass wir nicht imstande sind, die ursprüngliche Botschaft zu verstehen?

    2) ...mit seinen eigenen Gedanken und Phantasien vermengt hat, die nicht mehr Teil der inspirierten Offenbarung sind?

    Bezieht sich dann die Inspiration nur auf das Gesehene / Offenbarte, oder inspiriert der Heilige Geist den Propheten auch dabei, dass er (wenn auch mit eigenen Worten) auch die Worte so wiedergibt, dass man sie unmissverständlich verstehen kann (nicht muss!)? Inspiriert der Heilige Geist den Schreiber vielleicht auch dabei, dass der Schreiber nur das Gesehene wiedergibt und der Heilige Geist nicht zuläßt, dass der Schreiber weitere Gedanken (nicht Worte!) in den Text bringt, die nicht Teil der Offenbarung gewesen sind?

    • Offizieller Beitrag

    @Heimo

    Zitat

    Du unterstellst (mit anderen) offensichtlich, dass alles was EGW irgendwann von sich gegeben hätte "inspiriert" sei.

    Das habe ich so weder geschrieben noch gemeint! Es ist mir klar, dass nicht alles, was Ellen White geschrieben hat, auch inspirierte Botschaft darstellt. Und Ellen White als Person habe ich auch nicht erwähnt. Die Frage betrifft alle Gottes Propheten allgemein, auch die Bibelschreiber. Und die Frage betrifft NUR die inspirierten Botschaften, nicht alle Schriften eines Propheten.

    Zitat

    Mein praktischer Ansatz:
    D.h. EGW war (ebensowenig wie z.B. ein Mose oder Petrus) "unfehlbar" und man muss für sich selbst (durch Prüfen an der Bibel und durch den Heiligen Geist) herausfinden, was man für den eigenen Glauben als relevant erachtet.

    Wenn ein Bibelschreiber einen Fehler beim Aufschreiben gemacht hat, sodass sich ein Widerspruch ergibt, wie prüfst du dann, wo die Wahrheit ist und wo die Unwahrheit? Du könntest richtige Stellen an falschen prüfen. Oder du könntest falsche Stellen an richtigen prüfen. Oder entscheidet die Mehrheit der Aussagen, was richtig ist, und dementsprechend die Minderheit der widersprechenden Aussagen, was falsch ist?

    Zitat

    Beispiel? Die Geschichte vom armen Lazarus im Totenreich... oder "heute wirst Du mit mir im Paradiese sein" usw.....

    Das ist kein passendes Beispiel zum Thema. Was du meinst, ist die Frage des richtigen Verständnisses einer Stelle. Der Autor hat schon richtig das Wort "heute" aufgeschrieben (auch wenn vielleicht nicht so gemeint, wie man auf ersten Blick denken könnte)! Mir geht es aber um die Frage, ob der Schreiber grundsätzlich falsche Sachen aufschreibt. Dein Beispiel trifft hier nicht zu.

  • Und Ellen White als Person habe ich auch nicht erwähnt. Die Frage betrifft alle Gottes Propheten allgemein, auch die Bibelschreiber. Und die Frage betrifft NUR die inspirierten Botschaften, nicht alle Schriften eines Propheten.


    Jacob, schon in Deinen Eingangsthread ganz oben erwähnst Du an erster Stelle Schw. White!

    Dann darfst Du Dich nicht wundern, wenn hier auch auf EGW eingegangen wird, da sie ja auch bei den STA durchaus umstritten ist.


    Zu Deinen Fragen, ob ein Prophet die inspirierte Botschaft falsch oder missverständlich niederschreiben kann:
    Ich denke da wird die Antwort spekulativ. Die biblischen Beispiele oben zeigen ja, dass auch echte Propheten deutlich von Gottes Wegen abkommen können, das sie natürlich einen eigenen Geist, Willen und Vorstellungskraft haben
    und auch dass sie das Offenbarte nur mit ihren eigenen Worten aus der damaligen Zeit wiedergeben konnten.
    Deshalb ist es für mich klar, das es nicht sichergestellt ist, das Propheten nur die reine inspirierte Botschaft unverfälscht wiedergeben können.

    Ob und wo dies genau der Fall ist (mehr oder weniger) bleibt die spannendste Frage am Thema.

    Ich glaube über diesen Punkte können wir Einvernehmen erzielen, oder?

    • Offizieller Beitrag

    @Rilo

    Zitat

    Jacob, schon in Deinen Eingangsthread ganz oben erwähnst Du an erster Stelle Schw. White!

    In dem Eingangs-Thread habe ich Ellen White lediglich als Motivation für die Erstellung dieses Threads erwähnt, die Threadfrage ist aber generell, und bezieht sich nicht (ausschließlich) auf Ellen White. Außerdem, wo ich sagte, dass ich Ellen White nicht erwähnt habe, meinte ich den Abschnitt, den Heimo von mir zitierte und darauf einging.

    Zitat

    Zu Deinen Fragen, ob ein Prophet die inspirierte Botschaft falsch oder missverständlich niederschreiben kann:
    Ich denke da wird die Antwort spekulativ. Die biblischen Beispiele oben zeigen ja, dass auch echte Propheten deutlich von Gottes Wegen abkommen können, das sie natürlich einen eigenen Geist, Willen und Vorstellungskraft haben und auch dass sie das Offenbarte nur mit ihren eigenen Worten aus der damaligen Zeit wiedergeben konnten.

    1) Ich habe noch kein das Thema treffendes Beispiel hier im Thread gelesen. Das Beispiel von Heimo trifft nicht zu, wie ich im vorigen Beitrag erklärt habe. Ich stimme dir jedoch zu, wenn es z.B. um Zahlen-Unterschiede im Buch "Chronik" geht, da gibt es Abweichungen in den Zahlen, es kann als Fehler aufgefasst werden. Frage wäre allerdings, ob es sich bei diesen Bibelstellen um inspirierte Botschaften in Form von Visionen handelte, wo der Schreiber beim Aufschreiben dieser den Fehler gemacht hat.

    2) Diese "spekulative" (?) Frage/Antwort ist aber entscheidend für hermeneutische Prinzipien beim Bibellesen, denn wie soll ich dem glauben, was die Bibel sagt, wenn sie die Unwahrheiten enthält, die ich nicht identifizieren kann? Ich könnte auch die Aussagen außerbiblischer Propheten nicht an der Bibel prüfen, wenn der Maßstab (die Bibel) selbst Fehler enthält, die ich nicht kenne.

    3) Wenn wir aber von der Prämisse ausgehen, dass der Prophet treu zu Gott bleibt und die ihm übermittelte Botschaft möglichst genau aufschreiben will, würde er wirklich eigene Gedanken und Phantasien aufschreiben, die er so in der Vision nicht gesehen hat? Oder würde er versuchen, nur das aufzuschreiben, was er auch gesehen hat? Im zweiten Fall: würde im das - durch die Leitung des Heiligen Geistes - immer gelingen?

    Zitat

    ...wo dies genau der Fall ist (mehr oder weniger) bleibt die spannendste Frage am Thema.

    Das wäre allerdings ein anderes Thema.

  • Mal einige Aspekte:

    - Von der Frage der "Unfehlbarkeit" der Propheten mal abgesehen, gibt es auch eine Frage der "Unfehlbarkeit" des Lesers/des Auslegers/des Übersetzers/des Abschreibenden, die hier mindestens genauso wichtig ist.

    - Wie will man das Reich und die Herrlichkeit Gottes mit menschlichen Worten beschreiben? Ein jeder Versuch trägt das Scheitern in sich. Eine Frage nach Unfehlbarkeit stellt sich in meinen Augen da gar nicht.

    - Selbst Augenzeugen gaben zuweilen unterschiedliche Versionen der selben Geschichte zu Protokoll - Beispiel: die vier Evangelisten.

    - Die Bibel ist kein einfaches Lesebuch. Sie kostet Arbeit, und das ist in meinen Augen auch so gewollt. Daher ist es auch eine gute Übung, beim Lesen eines prophetisch offenbarten Textes die Spreu vom Weizen zu trennen. Das geht am besten, wenn man Überblickswissen hat, und noch viel besser, wenn man ein wenig darüber weiß, in welcher Zeit und welchen Gegebenheiten ein Prophet schrieb. Das reduziert dann die Fehlbarkeit des Auslegenden.

  • Für besseres Verständnis, was ich hier unter inspirierter Offenbarung meine: es handelt sich um direkte Visionen von Gott,

    Zur Inspiration der Bibeltexte : Das scheint mir zu eng gegriffen.Paulus scheint von Visionen zu sprechen - sehr verhalten; dass die gesamten Brieftexte ihm so mitgeteilt worden seien - welche wir (ich) doch als inspiriert ansehen , nimmt kaum wer an. Eine Verbalinspiration mit dem entsprechenden Literalismus seinerseits vertrat zuletzt (?) Samuel Koranteng Pippim . ("Receiving the Word")

    E. G. White hatte einiges "gesehen" (" - I saw - I was shown - "), wie sie in "An Appeal to Mothers - the Great CAuse of the Physical, Mental, and Moral Ruin of Many of the Children of Our Time" 1864 schrieb; Wesentliches (!!) wurde in "Appeal to Mothers" 1870 herauseditiert. Heute wagt man das gar nicht mehr anzusprechen.

    Man wird da doch sehr vorsichtig an das Thema "Kriterien einer Inspiration" herangehen müssen.

    Nihil hic determino dictans : Conicio, conor, confero, tento, rogo, quero - -

    Leider kann ich nicht mit der alleinerziehenden Mutter aufwarten - -

    • Offizieller Beitrag

    @Heimo
    Oder entscheidet die Mehrheit der Aussagen, was richtig ist, und dementsprechend die Minderheit der widersprechenden Aussagen, was falsch ist?


    Ja, in etwa so. Wenn ein Thema recht klar ist im Gesamten und dann ist ein einzelner Text, der nicht dazu passt, dann ist der offensichtlich missverstanden oder nicht mehr verständlich, vielleicht sogar falsch überliefert, oder eine Einzelfallentscheidung.

    • Offizieller Beitrag

    Im Zusammenhang mit Ellen White und der Bedeutung ihrer Schriften für Adventisten und die Gemeinde wird oft erwidert, dass Ellen White nicht unfehlbar gewesen ist. Das stimmt natürlich, das würde auch derjenige nicht bestreiten, der das von Ellen White Niedergeschriebene sehr ernst nimmt. Viel wichtiger ist jedoch die Frage, was aus dieser Tatsache folgt und was aus dieser Tatsache nicht folgt. Ich möchte kurz einige Gedanken zusammenfassen, die als Einstieg in das Thema dienen sollen:

    #1 Nach adventistischer Theologie ist die Inspiration bei allen Propheten gleich: entweder man ist durch Heiligen Geist inspiriert, oder man ist es nicht. Eine "halbe" Inspiration gibt es nicht. Das würde bedeuten, auch die biblischen Schreiber waren nicht unfehlbar.

    #2 Weil die Inspiration von Gott kommt und nicht geteilt ist, kann sie auch nicht falsch sein: Gott offenbart dem inspirierten Schreiber keine Unwahrheiten.

    Ich möchte das nochmals kurz aufgreifen.


    Wenn ich Deine Punkte so lese, dann frage ich mich, was ich von Zitaten, wie dem folgenden halten soll - bzw. wie das mit dem von Dir definierten Verständnis eines "inspirierten Schreibers" in Einklang zu bringen ist - wenn ich davon ausgehe dass ich EGW für eine von Gott beauftragte Prophetin halte: “At the time of the flood, immense forests were torn up or broken down and buried in the earth. These have since petrified and become coal, which accounts for the large coal beds that are now found. This coal has produced oil. Large quantities of coal and oil frequently ignite and burn. Rocks are intensely heated, limestone is burned, and iron ore melted. Water and fire under the surface of the earth meet. The action of water upon the limestone adds fury to the intense heat, and causes earthquakes, volcanoes, and fiery issues.” (EGW, Signs of Times March 13, 1879)

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  • At the time of the flood, immense forests were torn up or broken down and buried in the earth. These have since petrified and become coal, which accounts for the large coal beds that are now found. This coal has produced oil. Large quantities of coal and oil frequently ignite and burn. Rocks are intensely heated, limestone is burned, and iron ore melted. Water and fire under the surface of the earth meet. The action of water upon the limestone adds fury to the intense heat, and causes earthquakes, volcanoes, and fiery issues.” (EGW, Signs of Times March 13, 1879)

    :?: :?: :?:

    @Heimo:

    kannst du das bitte übersetzen? Auf Deutsch?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Nachtperle,

    freie Übersetzung von mir:

    Zitat

    Zur Zeit der Sintflut wurden ungeheure Mengen an Wald losgerissen oder Teile von Bäumen abgebrochen und in der Erde begraben. Zuerst kam es zur Versteinerung, danach wurde Kohle(Schichten) gebildet, die man heute auffindet. Diese Kohle hat (Erd)Öl produziert. Große Mengen von Kohle und Öl können dazu führen, dass sie sich entzünden und zu brennen beginnen. Felsen wärmen sich intensiv auf, Kalkstein verbrennt und Eisenerze tauen auf. Wasser und Feuer unter der Erdoberfläche treffen sich zusammen. Das Aufeinandertreffen von Wasser und sehr heißem Kalkstein führt zu immenser Hitzesteigerung und verursacht dadurch Erdbeben, Vulkanen und sonstige (ähnliche) Naturereignisse.


    Hallo Heimo,

    Zitat

    Wenn ich Deine Punkte so lese, dann frage ich mich, was ich von Zitaten, wie dem folgenden halten soll

    Ich habe keine Punkte gepostet und auch nichts behauptet. Ich habe lediglich die Frage gestellt, welche praktische Auswirkung die Fehlbarkeit eines Propheten auf seine inspirierten Schriften hat und wo die Grenzen liegen. Diese Frage wurde bisher nur sehr üppig beantwortet.

    Wie soll dein Beispiel zu diesem Thema beitragen? Ich schließe nicht aus, dass Ellen White etwas geschrieben haben könnte, was (nach heutiger aktueller wissenschaftlicher Erkenntnis) falsch ist. Ich glaube auch nicht, dass alles, was Ellen White schrieb, ohne Fehler ist. Ich glaube ebenso, dass nicht alles, was Ellen schrieb, wirklich inspiriert ist. Mir ging es in diesem Thread speziell um ihre inspirierten Schriften, insbesondere Visionen (da sie zweifellos inspiriert sind).

    Ich glaube aber auch, dass sich in inspirierte Schriften ein Fehler einschleichen kann (Bibel ist ein Beispiel dafür: inspiriert und enthält zugleich Fehler). Konkrete Beispieltexte aus Ellen White's Schriften herausreißen und ihre Bedeutungen besprechen ist nicht wirklich das gewollte Ziel dieses Threads, sondern mir geht es um allgemeine, grundsätzliche Definitionen, unabhängig von Ellen White und auch unabhängig von konkreten Textstellen.

    Zitat

    Du hast es bestenfalls behauptet, aber wo ist die "Erklärung"?

    HIER ganz unten im Beitrag habe ich erklärt, warum dein Beispiel nicht passt.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe keine Punkte gepostet und auch nichts behauptet.


    Wer, wenn nicht Du hast das folgende gepostet?

    Im Zusammenhang mit Ellen White und der Bedeutung ihrer Schriften für Adventisten und die Gemeinde wird oft erwidert, dass Ellen White nicht unfehlbar gewesen ist. Das stimmt natürlich, das würde auch derjenige nicht bestreiten, der das von Ellen White Niedergeschriebene sehr ernst nimmt. Viel wichtiger ist jedoch die Frage, was aus dieser Tatsache folgt und was aus dieser Tatsache nicht folgt. Ich möchte kurz einige Gedanken zusammenfassen, die als Einstieg in das Thema dienen sollen:
    #1 Nach adventistischer Theologie ist die Inspiration bei allen Propheten gleich: entweder man ist durch Heiligen Geist inspiriert, oder man ist es nicht. Eine "halbe" Inspiration gibt es nicht. Das würde bedeuten, auch die biblischen Schreiber waren nicht unfehlbar.
    #2 Weil die Inspiration von Gott kommt und nicht geteilt ist, kann sie auch nicht falsch sein: Gott offenbart dem inspirierten Schreiber keine Unwahrheiten.
    ...


    Ich denke, der wesentliche Unterschied zwischen biblischer Prophetie und z.B. dem prophetischen Schrifttum von EGW ist, dass unter Führung des Heiligen Geistes für die Bibel das ausgewählt wurde, das über die (damalige) Gegenwart hinaus als "Wort Gottes" relevant ist. Aus dem "übergehen" wir dann in der Praxis noch mindestens 1/3 weil wir es als für heute nicht mehr relevant erklären oder nicht verstehen.
    Demgegenüber werden mit dem Argument "einmal inspiriert, immer inspiriert" Dinge die unter dem Namen von EGW publiziert wurden quasi als für die Ewigkeit oder jedenfalls bis zur Wiederkunft Jesu verbindlich erklärt.
    Das halte ich für eine gefährliche Schieflage.

    Um daher auf Deine Frage abzustellen "Fehlbarkeit eines Propheten": Es geht darum zu erkennen was allgemein gültig sein könnte und das von dem zu trennen, was "gegenwärtige Wahrheit" war oder überhaupt streng situationsbezogen. Das ist vermutlich über 90% von dem was unter dem Namen EGW publiziert wurde. Was darunter fällt und was nicht, das herauszufinden sollte uns der Geist Gottes leiten - leider ist aber dafür keinen Bereitschaft vorhanden, die einen machen aus dem Schrifttum von EGW eine Art "extended bible" und die andere lehnen sie kategorisch ab. So polarisiert sie - korrekt gesagt - der Umgang mit ihr die Gemeinde statt ein Segen zu sein. Und alles, worin sie geirrt hat ermöglicht dann den einen sie als Prophetin abzulehnen ("falsche Prophetin") oder bringt andere dazu an der Inspiration überhaupt unsicher zu werden.
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