Ist der Glaube Fakten-resistent?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen,

    ich habe einen Satz von mir selbst gelesen und frage mich, ob der stimmt:

    Der Glaube ist in positiver wie in negativer Weise ein Eigenschaft des Menschen, die faktenresistent (weil !auch! gefühlsbasiert) ist.


    Hbr. 11/1 Der Glaube aber ist eine Verwirklichung dessen, was man hofft, ein Überführtsein von Dingen, die man nicht sieht.

    Der Glaube lt. Hbr. 11,1 ist eine Verwirklichung dessen, was man hofft und eine feste Überzeugung von Dingen, die man nicht sieht, die man also quasi nicht als Fakten objektiv darstellen kann.


    Wenn jetzt etwas Sichtbares dieser Überzeugung zuwiderläuft, wirft man dann den Glauben über Bord, oder haltet man fest an den Dingen, die man nicht sieht?


    viele Grüße

    Tricky

  • Die biblische Definition von Glauben ist ja eine andere als die, wie sie in der heutigen Gesellschaft üblicherweise herrscht. Wenn heute von Glauben gesprochen wird ist meist eine eher mystisch angehauchte Weltanschauung gemeint, die sich nicht aus dem Unbestimmten und Ungefähren herauswagt.

    Der biblische Glauben ist im krassen Gegensatz dazu fest gegründet auf eine "Wolke von Zeugen" (Hebr 12,1) und sehr konkrete Überzeugungen. In der Schlachter-Übersetzung heißt es:

    [bibel]Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, eine Überzeugung von Tatsachen, die man nicht sieht. (Hebr 11,1)[/bibel]

  • Wenn jetzt etwas Sichtbares dieser Überzeugung zuwiderläuft, wirft man dann den Glauben über Bord, oder haltet man fest an den Dingen, die man nicht sieht?

    Das ist doch der Kampf von dem auch die Bibel spricht.
    Nehmen wir das bekannteste Beispiel vom Glauben - Abraham.
    Die aktuellen Umstände in denen er sich befand gaben keinen Anlaß zu glauben.

    Zitat

    Satan war bereit, ihm einzuflüstern, daß er sich getäuscht haben müsse, denn das Gesetz Gottes lautete: „Du sollst nicht töten.“ 2.Mose 20,13. Gott könne doch nicht fordern, was er einst verboten hatte. Abraham trat aus seinem Zelt und schaute auf zu der stillen Pracht des wolkenlosen Himmels. Er rief sich die Zusage in die Erinnerung zurück, die er vor beinahe fünfzig Jahren erhalten hatte, daß seine Nachkommen zahllos sein würden wie die Sterne. Wie könnte Isaak getötet werden, wenn diese Verheißung doch durch ihn in Erfüllung gehen sollte?
    {PP 127.4}

    An Entscheidungsmomenten unseres Lebens wächst dann der Glaube bzw. stirbt der Glaube.
    Wir haben quasi mit jedem neuen Jahr zunehmend mehr Konflikte zwischen der Bibel und der Erwartungshaltung der Gesellschaft / Normen der Gesellschaft / Gesetzen der jeweiligen Gesellschaft

    Ich weiß von nur sehr wenigen Menschen, die sich konsequent an der biblischen Autorität klammern, und am Ende mit gestärktem Glauben aus ihren Entscheidungsmomenten herausgekommen sind.

    Um nur kurz auf die Frage der Überschrift einzugehen:
    Fester Glaube ist tatsächlich im positiven wie negativen Faktenresistent.
    Da wären als Grundlage solcher Überlegungen die biblischen Beispiele die primäre Wahl ;)
    Konkrete Beispiele dürften jedem selbst in Unmengen einfallen ;)

    • Offizieller Beitrag

    Danke greatest, du hast genau den Kern erfasst worum es mir geht.

    Abraham und Isaak (wir hatten letzte Woche eine gute Predigt darüber in unserer Gemeinde) ist ein klassisches Beispiel. Glaube siegt über Vernunft, in diesem Fall sogar über das extreme Beispiel das göttliche Gebot zu halten - oder zu gehorchen. Von einem derartigen Bestehen des Glaubens kann man eigentlich nur träumen.


    Ich frage mich aber weiter, ob der banalere Glaube an die Wirkung von Medikamenten, an die Ankunft des öffentlichen Verkehrsmittels oder auch einfach daran, dass in der Steckdose in die ich den Toaster einstecke auch Strom drin ist, wie faktenresistent ist dieser Glaube? Dort entscheidet sich nämlich täglich, ob der menschliche Glaube an für ihn nicht nachvollziehbare (zumeist einfach unsichtbare) Dinge "nur" ein Gefühl oder eine vernünftige Entscheidung ist.

    Praktisches Beispiel: Man geht zum Arzt und hat mit dem Arzt ein gutes, ausführliches Gespräch über eine Krankheit, die einen plagt. Der Arzt macht einige Untersuchungen und im Laufe der Diagnose stellt man für sich fest: Dieser Arzt ist gut - ich vertraue ihm. Der Arzt schreibt also aufgrund seiner Diagnose ein Rezept und man geht mit dem Rezept in die Apotheke, holt sich das Medikament und nimmt es in gutem Glauben ein. Obwohl man KEINE Ahnung hat, was da chemisch vor sich geht, wenn man das Medikament einnimmt, vertraut man auf die Wirkung. Man glaubt an die Wirkung. Und wird gesund.
    Nach einiger Zeit sieht man in der Zeitung eine Studie über dieses Medikament, das man eingenommen hat und dort wird klar und eindeutig (mit Doppelblindstudien usw.) beschrieben, dass der Wirkstoff ungeeignet ist und nicht wirkt.
    Nach einiger Zeit bekommt man die gleiche Krankheit wieder und geht zum gleichen Arzt, der einem das gleiche Medikament verschreibt.

    würdet ihr es einnehmen, in dem Glauben, dass es wirkt (es hat ja schon einmal gewirkt), oder würdet ihr es ablehnen und die Fakten der Studie für wahr halten?


    Im biblischen Sinn ist Glaube ja eine vernünftige Entscheidung für Gott. Ein Vertrauen auf eine göttliche Kraft, die einem geschenkt wird durch den hl. Geist. Inwieweit darf aus diesem Blickwinkel der Glaube an Gott auch ein Gefühl sein? Oder muss sogar?

  • Bei jeder Versuchung (auch Leidsituationen) sind wir an dem Punkt angelangt, wo 2 Reaktionen möglich sind. Diese gilt es jedes Mal neu zu entscheiden.
    Wähle ich die Seite Satans und denke: Ach ich Armer. Immer passiert mit das. Was hat sich Gott wohl dabei gedacht? Will er mich denn schon wieder in die Mangel nehmen?

    ODER:

    Nein Satan, mit mir nicht. Auf diesen Trick falle ich nicht mehr herein. Gott ist mein Herr. Ich will durch das dunkle Tal mit ihm gemeinsan hindurch. Er gibt mir die Kraft das alles durchzustehen, auch wenn ich nicht begreife, warum er diese schlimme Situation zulässt. Ich baue mein Vertrauen auf ihn. Er gibt mir Durchhaltevermögen.

    Emilo Knechtle hat mal gesagt, daß Leid die Hochschule des Christen ist. Gott will dich nicht niederdrücken, sondern du sollst immer gestärkt nach solchen Situationen sein.
    Gott ist absolut gut. Wer lernt, diesen Satz in allen Lebenslagen zu verinnerlichen, hat einen unbezahlbaren Schatz. Satan sagt sich dann: Lasse ich ihn in Ruhe, wird er von Gott gesegnet. Bringe ich Notsituationen, wird er noch mehr gesegnet - gestärkt als vorher. Egal was ich tue, ich bringe ihn nicht von Gott weg. Halleluja.

    Unsere Kirche ist offen für alle, aber nicht für alles! Christian Führer, ev. Pfarrer 1943-2014

  • tricky
    Praktisches Gegenbeispiel:
    Du gehst zum Arzt, bekommst ein Medikament verschrieben, daß zu 99% hilft, weil die Erkrankung nichts besonderes ist, und sich in 99% der Fälle sehr gut behandeln läßt. Nur hilft es in DEINEM Fall nicht, und du erkrankst an einer Herzmuskelentzündung, irgendwas Schlimmes am Gehirn ... oder sonst etwas lebensbedrohliches!

    Auch wie dein Beispiel, sind diese praktischen Erfahrungen nur so lange wertvoll, wie sie helfen und sich wiederholen lassen. Selbst Christen unterscheiden sich hier von Ungläubigen kaum, weil Gewohnheit oder gar eine gewisse Gleichgültigkeit eine so große Rolle spielt, daß irgendwann diese mit Vertrauen und Glauben völlig gleich gesetzt werden.

    Für uns Menschen wird dieser Begriff (möglicherweise) IMMER etwas Abstraktes behalten. Doch an dieser Stelle möchte ich an das Thema von letzter Woche (SaSchu) erinnern: Gold welches mit Feuer gereinigt ist.

    Reiner, unverfälschter Glaube
    ist etwas, was wir leider nicht von einer Sekunde auf die Andere haben werden. Unsere menschlichen Einflüsse (Gefühle, Gewohnheiten ... Gleichgültigkeit, Sorge ... ) verfälschen bzw. lassen den reinen unverfälschten Glauben nur schwer erkennen. Und eben all die Lebenserfahrungen sind der Weg, wo dieser Glaube durch Feuer geht um rein und fest zu werden - der Weg wo all diese menschliche "Beigaben" entfernt werden können.

    Mit anderen Worten:
    wir beten doch oft, Gott möge uns einen starken Glauben schenken. All das was wir dann erleben, sind Erfahrungen, die Gott gern gebrauchen will um unseren Glauben zu stärken und zu reinigen.

    Alternativ: man könnte wieder bei der ersten Prüfung zu jammern und zu klagen anfangen, und Gott andauernd zu fragen, warum Er all das zuläßt. Sprich: Gott zuerst um den Glauben bitten, und dann zu klagen, wenn er mich auf den Weg führt, wo dieser Glaube wachsen soll.

    • Offizieller Beitrag

    Ich denke Glaube ist in gewissem Sinn auch deshalb "faktenresistent" weil es beim Glauben in erster Linie um eine Beziehung, die Beziehung zu Gott, geht. Wenn man dann selbst erlebt, was das bedeutet, ist das was andere als (wissenschaftliche) Fakten präsentieren durch die eigenen Erfahrung längst konterkariert bzw. auch widerlegt.
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