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Hebräer 9,21 sagt, dass im himmlischen Heiligtum etwas verunreinigt ist und Kolossser 1,20 sagt, dass es auch etwas im Himmel zu versöhnen gibt. Scheinbar ist dort nicht alles in Ordnung? Wie verstehst du denn diese Verse? Warum gibt es dort diese Verunreinigung und warum muss dort etwas versöhnt werden? Sorry, wenn ich jetzt mal mit Gegenfragen antworte...
Ich sehe im Kontext nicht, dass Hebr 9,21 vom himmlischen Heiligtum spräche. Von V 19 an spricht der Hebräerbrief hier vom irdischen Heiligtum. Man könnte nur V 23 so verstehen, dass er impliziert im himmlischen Heiligtum wäre etwas verunreinigt - aber auch das ist keine Aussage des Textes, sondern eine Interpretation. "So also mussten die Abbilder der himmlischen Dinge gereinigt werden; die himmlischen Dinge selbst aber müssen bessere Opfer haben als jene."[LÜ2016] - sehr ähnlich auch in anderen Übersetzungen.
Ich verstehe den Text (Abschnitt) so, dass der irdische Versöhnungsdienst "nur" ein Bild auf das war was "in der Realität" geschieht: Sünde wird durch Blut (das Blut Jesu = Gottes) versöhnt. Siehe auch 10,1 "Denn das Gesetz hat den Schatten von den zukünftigen Gütern, nicht die Gestalt der Dinge selbst." Es steht auch in 9,23 nichts von "reinigen" sondern von einem "besseren Opfer" - also ist die Implikation einer Verunreinigung im himmlischen Heiligtum von der gesamten Auslegung her eingebracht worden, nicht aber vom reinen Text im Zusammenhang.
Kol 1,20 "...und durch ihn alles zu versöhnen zu ihm hin, es sei auf Erden oder im Himmel, indem er Frieden machte durch sein Blut am Kreuz." sagt meines Erachtens etwas ähnliches, nämlich, dass Sündenvergebung nicht auf Erden sondern in der transzendenten Realität Gottes (im Himmel) geschieht. Aber nicht dass im Himmel eine physische Repräsentation unserer Sünden (Verunreinigung) wäre, die gereinigt werden müsste. Überhaupt ist dieser Text schwierig auszulegen, denn "...durch ihn alles zu versöhnen ..." könnte auf eine "Allversöhnung" ausgelegt werden. So wie ich diesen Aspekt nicht zur Begründung einer Allversöhnung gelten lasse, da diese dem Gesamtbild das die Heilige Schrift entwirft widerspricht, ebenso würde ich aus dem Aspekt "es sei auf Erden oder im Himmel" nicht eine Verunreinigung des himmlischen Heiligtums ableiten, da ich die sonst nicht breit bezeugt sehe.
Im Grunde genommen ist mir das ganze aber nicht wichtig, denn das entscheidende ist, dass mir (und Anderen) durch den Tod Jesu am Kreuz Vergebung und Versöhnung angeboten wird. Eine Überleitung vom irdischen Heiligtumsdienst auf die reale Vergebung durch Jesu Opfer war sicherlich für die Hebräer existentiell wichtig - für sie änderte sich ja die Vergebung fundamental (Entfall des Heiligtumsdienstes) für uns "Heidenchristen" gibt es diesen Entfall aber nicht. Für uns scheint mir wichtig die Einmaligkeit, Einzigartigkeit und Gültigkeit des Opfers Christi und Sein Eintreten für uns im Gericht das Wesentlichste zu sein, was in diesem Abschnitt der Bibel zu finden ist.
PS: Ich habe nichts gegen sachliche Gegenfragen.