Johan Filip Lövgren: "... und ihre Lampen verlöschen" Christliche Literatur-Verbreitung. ISBN 978-3-89397-742-0 |
Von Johan Filip Lövgren -- einer Nebenbemerkung im Web habe ich entnommen, er sei ein "bekannter Evangelist" -- sind auf Deutsch drei Bücher erschienen. Alle drei wurden anscheinend "in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts geschrieben". Das hierzulande bekannteste oder mindestens am häufigsten aufgelegte davon hat den deutschen Titel "... und ihre Lampen erloschen". Der norwegische Originaltitel lautet "Våre lamper slokner" und ist in einige weitere Sprachen übersetzt worden. Die Erzählung von 157 Seiten ist mir am letzten Samstag ins Auge gefallen, so dass ich das Taschenbuch nach Hause mitgenommen und gelesen habe. Dem Inhalt nach kann man es zur Erbauungsliteratur zählen oder allgemeiner als einen kurzen christlichen Ideenromanbezeichnen. Ich möchte es noch in einfachere Worte fassen: eine Predigt in Form einer Erzählung. Das Thema der christlichen Erzählung ist das selbe, wie in Jesu Gleichnis von den zehn Jungfrauen.
Das Buch verleugnet seinen Predigtcharakter nicht, sondern beschreibt sogar gleich zu Anfang, wie ein Angehöriger einer norwegischen Gemeinde in der Kirche unerwartet das Wort ergreift und zu predigen beginnt, seine Predigt wird zuerst zugelassen, dann vom Pastor verstört geduldet und schließlich, weil sie durchweg mahnend und vorwurfvoll ist, durch ein Lied gewaltsam beendet. Mit diesem spontanen Prediger tritt schon mit den ersten Absätzen die Hauptfigur der Erzählung auf, ein Mann namens Alexander Lyngeid:
ZitatDer Festgottesdienst in der geräumigen Kirche der »Gottesgemeinde« war zu Ende und die Stunde der Glaubenszeugen hatte bereits begonnen, als sich ein Mann mit ruhigen Schritten durch den einen Seitengang nach vorn bewegte. Wie ein leises Wehen ging das Raunen flüsternder Stimmen durch die große Gemeinde.
»Der Bootsbauer!«
Ein paar Männer mittleren Alters bewegten sich unruhig auf ihren Plätzen, als wollten sie hinausgehen, doch irgendetwas hielt sie fest. Andere beugten sich nach vorn und verfolgten jeden Schritt des Mannes mit gespanntem Blick. Die Ältesten auf ihren erhöhten Plätzen sahen sich ratlos an; aber da nickte der Pastor, als wolle er sagen: »Laßt ihn nur reden!«
Das Alter des Mannes, der dem Rednerpult zustrebte, war schwer zu schätzen. Vielleicht machten das die äußerst lebendigen Augen, die etwas von dem Feuer verrieten, das in dem Mann brannte. Er war von mittlerer Größe und fast feingliedrig gebaut. Seine Gestalt ließ Geschicklichkeit und Kraft des gesunden Werkmannes erkennen.
Die Anspielungen sind zu erkennen: das leise Wehen und der Beruf des Bootsbauers. Der "wackere" Lyngeid ist einer von Gottes Gerechten, ein Noah gewissermaßen und ein standhafter Gelegenheitsprophet. Dieser Anfang deutet die ganze Natur der Erzählung an, denn so wie dieser Lyngeid ist kaum ein Mensch aus Fleisch und Blut: wacker, gesund und aufrecht, ein perfekter Vater und liebevoller Ehemann, ein geduldiger allezeit bereiter und dabei noch demütiger Ratgeber, ein tüchtiger, fleißiger Handwerksmeister, ein erfolgreicher Unternehmer, ein verständnisvoller Chef und großer Menschenkenner. Kurz Lyngeid verkörpert eine Idee oder ein Ideenbündel, er ist eine Idealfigur, die fiktive Verkörperung von einer Reihe Idealen.
Auch andere Figuren der Erzählung erscheinen weniger als Individuen mit eigenartigen Zügen als vielmehr als Menschentypen oder als Exempel für bestimmte Charakterzüge oder Denk- und Verhaltensweisen. Da ist Mobekk, der geizige Unternehmer. Björnas, der gefällige und etwas eitle Pastor. Da ist Röst, der niedergedrückte Büroangestellte Mobekks mit seiner schlampigen und untüchtigen jungen Ehefrau. Alle diese Figuren dienen dem Autor dazu, falsches, in die Irre gehendes Denken und dessen Folgen zu demonstrieren.
Jesus sprach im Gleichnis von den törichten Jungfrauen. Das sind jene, die zwar Fackeln oder Lampen dabei haben, aber nicht genug Öl, um sie in Brand zu halten. Wenn ich mich recht erinnere, hörte ich in einer Predigt oder las in einem Buch, das Öl sei in der Regel in der Bibel ein Symbol für den Heiligen Geist. Den törichten Jungfrauen, die nicht ausreichend gerüstet waren, mangelte es also - würde ich sagen - an der richtigen Einstellung, an der notwendigen inneren Haltung. Das ist die Frage, die Lövgren mit seiner Geschichte aufwirft: Hast du, habt ihr die rechte christliche Einstellung?
Fortsetzung folgt wahrscheinlich ...