Die Redaktion sieht man schon daran, dass die meisten (oder fast alle) Zitate aus dem Alten Testament nicht korrekt wiedergegeben werden, sondern verändert.
Zudem hat man zahlreiche kleinere Aspekte aus den Texten des Alten Testaments hergenommen und sie auf Jesus von Nazareth bezogen, die ursprünglich in einem ganz anderen Kontext niedergeschrieben wurden. Exegetisch würde sowas heute keine Theologie dulden, es wäre vollkommen unzulässig.
Wäre der Grund dafür ein methodischer, dann wäre das bedauerlich. Ich denke, der Grund ist, dass sie ihn geliebt haben: "Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb" (Petrus)
Es ist eine gewachsene Geschichte. Man kann der Theologie Pauli beim Entstehen zuschauen, wenn man die Briefe liest. Das kam nicht vom Himmel in den Kopf geschossen.
Eigentlich war der Gedanke, dass nun ohnehin keiner mehr gelehrt werden müsse ("und keiner wird mehr sagen: Erkenne Gott!, denn alle werden ihn erkennen"); Paulus erwähnt das gelegentlich, wenn er klagt "Was muss ich euch noch schreiben von diesen Dingen, und ihr braucht immernoch Milch, weil ihr feste Speise nicht vertragt?!"
Gott ist Geist, sagte Jesus. Dieser Geist ist ausgegossen und man kann (nicht muss!) mit ihm im Geist verbunden sein.
Er zeigte das durch seine Person (das sollen wir auch tun, denn er nennt uns seine Brüder). Bei Verfehlung, Boshaftigkeit und Sünde können wir umkehren und uns bessern (siehe: "der verlorene Sohn"; kein Opfer, kein Blutkult, sondern Gesinnungswandel), und er vergibt uns. Ihm ist daran gelegen, dass wir lernen.
Er liebt uns, wie ein Vater seine Kinder. - Ich will doch von meinem Sohn keine Bußhandlung oder vertretende Bezahlung, sondern ich möchte, dass er einsichtig wird und den guten Weg erkennt.
Wenn man diesen Geist hat, dann braucht man Religion und Ritus schlichtweg überhaupt nicht. Deswegen schafft man aber keine Religionen ab (wie denn auch?).
Man kann in eine Kirche und einen Gottesdienst gehen, sich mehr oder minder daran erfreuen (je nachdem), Lieder singen, aufmerksam der Predigt zuhören und vielleicht nochmal einen anderen Blick bekommen und was lernen, Gemeinschaft mit anderen Menschen haben, Feste feiern.
Dass Ostern ursprünglich mal ein Fruchtbarkeitsfest war oder der 25. Dezember ursprünglich dem Sohn des Sonnengottes galt, sind interessante geschichtliche Entwicklungen, aber ansonsten vollkommen unwichtig.
Jesus ist nicht nur die Erfüllung des Alten Testaments. Denn der Gottessohn oder Göttersohn, der die Menschen befreit, ist im heidnischen Mythos vorgezeichnet, und darauf hebt das Neue Testament eindeutig ab. Wer sich ein bisschen beliest, der kann das nicht leugnen. Bis hin zu ägyptischen Elementen, wenn an Jesu Grab ein Engel am Kopfende und ein Engel am Fußende stehen; das ist ein ägyptisches Bild.
Man könnte noch mit vielen anderen Punkten weitermachen, die nicht originär "biblisch-neutestamentlich" sind, sondern zusammengewoben aus den Mythen.
Diese Mythen sind älter, wesentlich älter. Und immer nur zu sagen "das war der Satan!", ist mir ehrlich gesagt zu langweilig und dumm.