Schönes Weihnachtsfest zuvor.
Bis etwa Mitte der 60er Jahre war mir unbewusst, wieso z.B. die Darbysten, unsere unmittelbaren Nachbarn, die gleichen Bibeltexte benutzten wie wir, aber daraus ganz andere Ereignisse, wie z.B. die Vor-Entrückung her leiteten.
Damals erfuhr ich von den verschiedenen Schulen der Bibelauslegung und lernte so allmählich, wie jede Schule gewisse Vorgaben aufstellt und dann an Hand dieser Vorgaben die Bibel auslegt.
"Philosophisch-Wiisenschaftlich" ist eine Herangehensweise dann, wenn man bestimmte weltliche Kriterien, z.B. zur Quellenbestimmung, bedenkenlos an die Bibel anlegt, die man auch an andere antiken Quellen anlegt.
Die historische Schule geht davon aus, dass es z. B. in der Prophetie Gott durchaus möglich ist, in die Zukunft zu sehen. Dementsprechend legt sie Daniel und die Offenbarung im historischen Sinn aus, so wie man das bei Jesus und den Aposteln beobachten kann.
Die historisch-kritische Schule geht aber davon aus, dass die Fähigkeit, in die Zukunft zu sehen, noch bei keinem Menschen beobachtet wurde und sagt dem entsprechend von vorn herein: Eine Zukunftsschau ist unmöglich, also müssen z.B. die Danieltexte anders verstanden werden. Manche gehen sogar noch weiter und sagen: Wir können heute nicht beobachten, dass Gott mit Menschen spricht, also hat es das auch früher nicht gegeben. Propheten sind dem entsprechend Menschen, die aufgeschrieben haben, was sie über Gott dachten, aber nicht, was Gott ihnen sagte. So lehrte m.W. z. B. Heidegger.
G. E. Lessing war im Grunde ein ungläubiger Mensch. Doch in diesem Sinne (oder im Sinne eines Voltaire) zu publizieren, wäre seiner Laufbahn überhaupt nicht zuträglich gewesen. Er stellte aber eine Theorie über die Beziehungen der drei ersten Evangelien auf, die dann in der Folge von anderen Theologen gerne auf gegriffen wurde: Die Lehre von den Synoptikern. Auch hier geht es um die Quellen. Seit Lessing ist viel Gelehrten-Gehirn-Schmalz in diese Theorie gesteckt worden, aber Einigkeit wurde mitnichten erzielt. Lessing wollte mit seiner Theorie eigentlich die historische (paulinische) Ansicht ad absurdum führen, die Bibel sei "theopneustos", also "gottgeatmet", von Gott ein gegeben. Erst kürzlich wies eine Theologin nach, dass die Beweise für eine originäre Abfassung (also ohne gemeinsame Urquelle) viel umfangreicher sind als die Hinweise darauf, dass die Verfasser von einer gemeinsamen, aber verloren gegangenen Urquelle abgeschrieben haben und dass die drei ersten Evangelien alle um das Jahr 50 herum fertig in der heutigen Form vor lagen.
Der Dispensationalismus, der in Spuren hier und da auch mal in der Kirchengeschichte vor kam, aber immer bedeutungslos blieb, hat nun unter Darby und seinen Nachfolgern/Anhängern eine neue Auslegungs-Schule hervor gebracht. Die Bibel ist darnach keine einheitliche Abfolge von Handlungen Gottes mit seinem einzigen Volk im Ablauf der Geschichte bis heute. Vielmehr wird dort Gottes Handeln als ein Handeln in Epochen verstanden. Wobei die Vertreter sich nicht ganz einig sind über Anzahl und Dauer der Epochen. Jedenfalls hatte Gott die Ansicht, mit der Epoche seines Volkes Israel sein Handeln zum Abschluss zu bringen. Jesus sollte sich auf Davids Thron setzen und das israelische Weltreich beginnen. Deshalb war Gott völlig Überrascht, als die Juden Jesus ablehnten. Er war gezwungen, noch eine weitere Heilsepoche ein zu fügen: die chrisrliche oder Gemeinde-Epoche. Und für diese gelten dann auch nicht mehr die übrigen Bibelteile, sondern nur noch die letzten Kapitel von Joh., die Apg., die Briefe und die Kap, 1-3 der Offenbarung. Alle andren Bibelteile sind für Christen nicht verbindlich.
Weil aber der Dispensationalismus die Bibel "wörtlich" nimmt (hört sich zunächst gut an, läuft aber auf eine Buchstaben-Gläubigkeit hinaus) und weil (a priori) alle Weissagungen Gottes in Erfüllung gehen müssen, hat Darby die jesuitische Lehre von den 7 letzten Jahren der Weltgeschichte übernommen. Die seiner Lehre Gläubigen werden dann vor dem Beginn dieser 7 letzten Jahre der Weltgeschichte insgeheim Vor-Entrückt, in den 7 Jahren dann die Juden zu Christus "bekehrt" und missionieren ihrerseits die Ungläubigen Heiden, und am Ende der 7 Jahre kommt dann Christus wieder in Herrlichkeit und richtet das 1000-j. Reich der Juden auf, das er eigentlich schon vor 2000 Jahren errichten wollte, aber wegen deren unerwartetem Unglauben nicht konnte.
Zur Stützung dieses Komplexes an Glaubenslehren wird dann ein System von Bibelstellen zusammen getragen, das aber in seiner Verwendung nur im System des Dispensationalismus Sinn macht.
Dispensationalisten machen also eine Art von Gehirnwäsche durch, die es ihnen nicht mehr erlaubt, unabhängig von ihrem System eine Bibelstelle zu überdenken. Ich habe in meinem Leben einen einzigen, bestimmten Darbysten kennen gelernt. Seine Familie gehörte zu den Ur-Darbysten in unserer Stadt. Ihm gelang es nach ungeheuren Kämpfen, sich von dieser Gehirnwäsche zu lösen und die Bibelstellen auch mal nach dem historischen System zu betrachte. Er war später Jahrzehnte lang eine "Säule" in der Adventgemeinde und stand treu zu Gottes Wort. Aber an Blume erkennt man hier, wie schwer es einem Darbysten fällt, sich von seiner Indoktrination wenigstens mal zeitweise zu lösen.Denn sie lesen nur ihre eigene Literatur und beschäftigen sich nicht paulinisch mit anderen lehren.
Liebe Grüße von benSalomo.