Ich möchte dabei betonen, dass ich auch von meiner Seite klar differenziere zwischen Moralrichtlinien, die Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift gelehrt hat und Vorstellungen, die wiederum eine Organisation formuliert hat und die entsprechend keine Grundlage in der Schrift finden!
Das hast Du richtig erkannt! Aber wie willst Du das unterscheiden?
Beispiel:
Zitat"Warum gehen Jehovas Zeugen von Haus zu Haus?"
Jesus gab seinen Nachfolgern den Auftrag: „Macht Jünger aus Menschen aller Nationen“ (Matthäus 28:19, 20). Als Jesus seine Jünger aussandte, wies er sie an, die Menschen bei sich zu Hause aufzusuchen (Matthäus 10:7, 11-13). Nach Jesu Tod gaben die Urchristen ihre Botschaft „in aller Öffentlichkeit und von Haus zu Haus“ weiter (Apostelgeschichte 5:42; 20:20, Sigge; vgl. Neue Genfer Übersetzung, Fn.). Wir folgen diesem urchristlichen Modell, denn nach unserer Erfahrung hat es sich hervorragend bewährt, um Menschen zu erreichen.
Ist doch alles wunderschön biblisch begründet?
Und sie begründen alle ihre Anordnungen mit der Bibel. Irgendeine Bibelstelle findet sich immer, die man heranziehen kann.
Lässt Du Dich drauf ein, dann kommen die Zusammenkünfte hinzu, arbeiten musst Du auch noch, dann ist da noch die Familie ...
Daraus folgt: Du wirst kaum noch Zeit für Freunde außerhalb der Organisation haben. Aber solche Freundschaften sollst Du ja sowieso nicht pflegen.
Angenommen, Du bist clever und der regelmäßige Dienst von Haus zu Haus ist eh nicht so Dein Ding, also prüfst Du die Stellen in der Bibel sehr genau:
Die Bibelstellen scheinen auf Anhieb die Lehre zu stützen.
Doch dann entdeckst Du Matthäus 10,11:
"Wenn ihr in eine Stadt oder in ein Dorf kommt, erkundigt euch, wer es wert ist, euch aufzunehmen; bei ihm bleibt, bis ihr den Ort wieder verlasst."
Ah denkst Du, ja klar, die sind in einem Haus geblieben! Das war sinnvoll, denn sie haben ja "Hausgemeinden" gegründet. - Fazit: Die Forderung ständig von Haus zu Haus zu ziehen ist nicht biblisch.
So, und nun gehst Du mit Deiner Bibelstelle zu den Ältesten und willst diskutieren.
Ich vermute mal, sie werden Dir zunächst freundlich erklären, dass Du einer falschen Übersetzung aufgesessen bist, in ihrer Übersetzung steht das nämlich so:
"Wenn ihr in eine Stadt oder ein Dorf geht, findet heraus, wer eurer Botschaft würdig ist. Haltet euch dort auf, bis ihr weiterzieht."
Sie werden Dir vermitteln, dass alles richtig und biblisch ist und Dir nahelegen Jehova zu dienen, indem Du von Haus zu Haus treu Deinen Dienst vollziehst.
Wenn Du Dich nicht fügst oder wenigstens den Mund hältst, sondern mit anderen über diese Bibelstelle und Deine Bedenken redest, dann stehst Du wahrscheinlich sehr schnell als Unruhestifter da. Es folgen Disziplinarmaßnahmen.
Man will Dich so bekehren.
Unbelehrbare werden ausgeschlossen. Und dann kennt Dich keiner mehr. Und je tiefer Du in dem Sozialsystem eingebunden warst, desto einsamer bist Du nun. Manch einer hat so seine eigene Familie verloren.
Ist die Freiheit in Christus Jesus nicht eben deshalb eine Solche, weil sie zugleich konkrete Barrieren in der Lebensführung einfordert, die uns unabhängig machen sollen von den "Verführungen der Welt" und der Sündhaftigkeit des "natürlichen Menschen"?
Ich denke mal, dass Jesus Christus barmherziger ist als die Zeugen Jehovas.
Als Jesus gekreuzigt wurde, da betete er für seine Peiniger:
Lukas 23,34 "Jesus aber betete: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!"
Es ist sicher bequem, wenn andere einem sagen, wo es langgeht. Jede christliche Gemeinschaft hält solche Ratschläge bereit. Doch Unterschiede bestehen darin, inwieweit man dies durch Druck durchzusetzen versucht.
Auch das Judentum hält viele solcher Ratschläge/Vorschriften bereit. Paulus ist auf das Problem im Galaterbrief, Kapitel 4 eingegangen, durch einen Vergleich.
a) der Unmündige, der Sklave, der befolgt Anweisungen:
ZitatSolange der Erbe unmündig ist, unterscheidet er sich in keiner Hinsicht von einem Sklaven, obwohl er Herr ist über alles; 2 er steht unter Vormundschaft und sein Erbe wird verwaltet bis zu der Zeit, die sein Vater festgesetzt hat. 3 So waren auch wir, solange wir unmündig waren, Sklaven der Elementarmächte dieser Welt.
b) der Mündige, der Sohn, der übernimmt Verantwortung:
Zitat4 Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt, 5 damit er die freikaufe, die unter dem Gesetz stehen, und damit wir die Sohnschaft erlangen. 6 Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unsere Herzen, den Geist, der ruft: Abba, Vater.[1] 7 Daher bist du nicht mehr Sklave, sondern Sohn; bist du aber Sohn, dann auch Erbe, Erbe durch Gott.
Es lohnt sich den Galaterbrief und den Römerbrief daraufhin zu lesen. Nicht nur einzelne Stellen, sondern jeweils den gesamten Text.
Aber gewinnt man nicht auch in der Beobachtung der Protagonisten des "Neuen Testamentes" diesen Eindruck, sobald sie sich zu Christenversammlungen zusammenfanden?
Kein Christentum ohne Ethik und Moral. Aber, wenn Du aufmerksam das Neue Testament liest, dann waren die Gemeinden nicht alle gleich. Und es gab darin unterschiedliche Charismen.
Und nicht vergessen, es geht um das Evangelium=frohe Botschaft.
Zitat14 Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. [...]
16 Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, Gnade über Gnade.
17 Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben,
die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus.
18 Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht. (Johannes 1,14-18)