Mystik - im früheren Christentum?

  • Es gibt was, was alle Religionen eins macht, die Mystik, das Mystische. Mystik kommt vom griechischen Wort Mystikom, das bedeutet: das Geheimnis, etws geheimnisvolles. Mystiker umarmen alle Religionen, den durch ihre Praktiken öffnen sie sich für die geistliche Welt, für die Mächte der Finsternis.

    Waren die Apostel und Propheten Mystiker :?:

    Gab es im wahren Christentum Mystiker :?:

  • [...]
    Waren die Apostel und Propheten Mystiker :?:
    [...]


    Wenn man nach deiner Definition geht, müsste das stimmen.

    In meinem Verständnis ist bereits diese enge Verbindung der Apostel und Propheten zu Gott, eine Form des Übersinnlichen. Auch dass sie die göttliche Macht bereits auf Erden erfahren durften, ebenso bei der Kreuzigung und Auferstehung, dürfte einen tiefen Eindruck in ihrem Leben hinterlassen haben, der sie fortan nicht mehr an der Dimension Gottes zweifeln ließ.

  • Mystiker, die überall etwas Geheimnisvolles wittern, gibt es tatsächlich in allen Religionen. Das Johannes-Evangelium der Bibel enthält eine Reihe von Begriffen, die damals in der außerbiblischen Welt der Gnostiker verwendet wurden. In den Briefen bezeichnet sie Johannes als Antichristen.
    Auch unter den Kirchenvätern gab es Mystiker. Später fand diese Art der christlichen Erkenntnis und Lebensführung in Klöstern viele Anhänger. Heute findet man Mystiker im Bereich der Esoterik und der Charismatiker. Dabei fällt mir auf, dass alle Brüder und Schwestern, die zu dieser Richtung neigten (und die ich kenne), als Erstes die Sabbatheiligung über Bord warfen. Oft versuchten sie auch, über verdeckte, unterschwellige Arbeit und bei Wahlen an einflussreiche Stellungen in der Gemeinde zu gelangen. Dies war auch die Vorgehensweise der Charismatiker in anderen Konfessionen.

    Es gibt aber auch liebe Geschwister, die zwar sehr gefühlsbetont veranlagt sind, im Übrigen aber treu zur Gemeinde stehen.

    LG von benSalomo

  • Man verbindet gerne Mystik mit Spiritismus oder ähnlichen Wir sollten Mystiker nicht gleich negativ sehen.
    Denken wir an Hildegard von Bingen oder Meister Eckart um nur erst mal zwei Namen erst mal zu nennen.
    Viele gottesfürchtige Gläubige waren oder sind Mystiker des Glaubens
    Würde mich freuen, wenn wir hier einen Thread über christliche Mystik iöffnen würden, um christl. Mystik mal näher zu betrachten

    LG
    Nobbi

    • Offizieller Beitrag

    Würde mich freuen, wenn wir hier einen Thread über christliche Mystik iöffnen würden, um christl. Mystik mal näher zu betrachten

    Gute Idee, denn ich beschäftige mich gerade mit dem griechischen Begriff "Myterion" im neuen Testament. Eine sehr interessante, biblische Wortstudie!

    Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße leitet?

    Der HERR hat's gegeben, der HERR hat's genommen; der Name des HERRN sei gelobt!

    • Offizieller Beitrag

    Hier mein derzeitiger Stand zum „Mysterion“ im NT! Es fehlen noch meine Kommentare zum 1./2. Korintherbrief, welche ich dann im Zuge meiner Untersuchung der bibl. Zungerede lieferen will.

    Fragestellung an alle Texte: Ist „Mysterion“ in dem besagten Abschnitt eine „verborgene Wahrheit“ oder ein „offenbartes Geheimnis“ für den oder die „Mysterion“-Besitzer?

    Definition „verborgene Wahrheit“:
    Eine Information, die man besitzt, aber selber nicht kennt. Sie kann folglich nicht verstandesgemäß weitergegeben werden.

    Definition „offenbartes Geheimnis“:
    Eine Information, die man im Gegensatz zu Anderen besitzt und die man selber kennt. Sie kann folglich verstandesgemäß weiter gegeben werden

    Matthäus 13,11
    Kontext:
    - Gleichnis vom Sämann
    - Die Jünger fragen, weshalb Jesus in Gleichnissen zu der Volksmenge (V.1) spricht
    - Jesus spricht hier von zwei Gruppen:

    • Die Jünger, die die Geheimnisse wissen. Sie können „sehen“ und „hören“
    • Der Volksmenge, der die Geheimnisse nicht gegeben wurden und deswegen in Gleichnissen belehrt werden müssen. Sie können „sehen“ und „hören“, begreifen die Geheimnisse aber nicht, weil ihr Herz „verstockt“ ist (Luther)

    - „Mysterion“ ist hier keine „verborgene Wahrheit“, denn die Jünger „wissen“ sie.

    Markus 4,11
    - Bildet die (leicht gekürzte) Parallelstelle zu Matthäus 13,11, daher gleiche Schlussfolgerung, auch wenn Markus das „wissen“ (gnonai) nicht extra betont

    Lukas 8,10
    - Bildet die dritte (leicht gekürzte) Parallelstelle zu Mt 13,11, hier wieder mit „wissen“

    Römer 11,25
    - Paulus „verrät“ den Römern ein Geheimnis und kommt damit seinen Amt als „Verwalter der Geheimnisse Gottes“ (1. Kor 4,1) nach
    - Folglich besitzt Paulus Informationen, die er (schriftlich und verständlich) weitergegeben kann und bei denen es sich um ihm „offenbarte Wahrheiten“ handelt

    Römer 16,25
    - Der Abschluss des Römerbriefs
    - Das „Mysterion“ war einst „verschwiegen“, aber nun ist es durch „prophetischen Schriften“ offenbart und bekannt gemacht wurden
    - Das „Mysterion“ ist nun etwas „bekanntes“, formulier- und artikulierbares
    - Paulus verkündet dieses „Mysterion“: Es ist das Evangelium vom Kreuz, welches die Verstockten nicht verstehen (vgl. Mt 13,11ff), den Juden ein Ärgernis ist und den Griechen eine Torheit (vgl. 1. Kor 1,23)
    - Folglich ist das „Mysterion“ für den Gläubigen eine „offenbarte Wahrheit“

    Epheser 1,9
    - „Mysterion“ steht wieder in Verbindung zum „wissen“
    - Mit „uns“ meint Paulus Gläubige (mindestens sich selbst und die Empfänger des Briefes)
    - Das „Mysterion“ ist Gottes „Ratschluss seines Willens“, durch den alles in Jesus Christus „zusammengefasst“ wurde

    Epheser 3,3-4
    - Auch hier tritt Paulus wieder als „Verwalter der Geheimnisse Gottes“ auf
    - Der Gläubige gelangt durch das Lesen des Briefes zur „Einsicht in das Geheimnis Jesu Christi“
    - Für Paulus ist das „Geheimnis Jesu“ etwas, was er teilen kann, in dem er schriftliche Informationen weitergibt

    Epheser 3,9
    - Auch hier wieder ist Gottes Ratschluss ein „Mysterion“, siehe dazu Eph 1,9

    Epheser 5,32
    - Das „Mysterion“ an dieser Stelle die biblische Beziehung zwischen Mann und Frau (1.Mo 2,24), welche Paulus gleichnishaft auf die Beziehung zwischen Jesus Christus und der Gemeinde überträgt
    - Das „Mysterion“ ist also verstandesgemäß deutbar
    - Das „große Geheimnis“ kann somit Synom zu einer „tiefen Wahrheit“ verstanden werden

    Epheser 6,19
    - Das „Mysterion“ ist etwas, was Paulus „frei und offen“ (HfA) verkündigt
    - Es bezieht sich auf das Evangelium, welches er verbreitet
    - Paulus, der „Verwalter der Geheimnisse Gottes“

    Kolosser 1,26-27
    - Pauls als „Verwalter der Geheimnisse Gottes“
    - Das „Mysterion“ ist offenbart worden den Heiligen (Gläubigen)
    - Die Gottes-Offenbarung dieses Geheimnis führt zur Erkenntnis: „Christus [ist] in euch [den Gläubigen, die das Geheimnis erkannt haben], die Hoffnung der Herrlichkeit“

    Kolosser 2,2
    - Das „Mysterion“, das zu „entschlüsseln“ gilt, ist Christus, denn in ihm liegen „Weisheit und Erkenntnis“
    - Das „Mysterion“ steht in Verbindung zur „Gewissheit des Verständnisses zur Erkenntnis“ – dies gilt anzustreben hinblick auf Christus und dem, was er für den Gläubigen bereit hält

    Kolosser 4,3
    - Die Kolosser sollen darum beten, das Paulus das „Mysterion“ des Christus außerhalb des Gefängnisses verkündigen kann
    - Der „Verwalter“ bitte darum, seinen Job wieder nach gehen zu können: Mission

    • Offizieller Beitrag

    2. Thessalonicher 2,7
    - Dieses „Mysterion“ bildet den Gegenpol zum „Mysterion“ des Christus/Evangeliums
    - Es wird zurückgehalten und später offenbart
    - Der „Gesetzlose“ trägt dieses Geheimnis der Gesetzlosigkeit in sich, für den Gläubigen ist es (noch) nicht offenbar
    - Der Gesetzlose bildet somit den Gegenpol zum „Gläubigen“, der das Geheimnis des Christus in sich trägt, welches dem Ungläubigen ebenso nicht offenbart ist bzw. er es nicht versteht (vgl. Mt 13,11ff)

    1.Timotheus 3,9
    - Das „Mysterion“ des Glaubens gilt es im reinen Gewissen zu bewahren für die Diakone
    - Das Geheimnis des Glaubens deutet auch hier wieder auf ein evangeliumgemäßes Leben hin

    1.Timotheus 3,16
    - Das „Mysterion“ ist offenbart durch Jesus Christus
    - Das „Mysterion“ ist hier etwas, was „gesehen“, „gepredigt“ und „geglaubt“ werden kann

    Offenbarung 1,20
    - Das „Mysterion“ bezieht sich auf sieben Sterne, die Johannes gesehen hat und nicht versteht, weshalb sie anschließend erklärt werden
    - Dieses „Mysterion“ ist wieder eins, welches offenbart und erklärt wird

    Offenbarung 10,7
    - Das „Mysterion“ Gottes wird vollendet, so wie es als frohe Botschaft verkündet wurde
    - Folglich muss das Geheimnis Gottes seinen Knechte bekannt gewesen sein
    - Das Geheimnis Gottes ist die gute Botschaft (Evangelium), welche die Gläubigen kennen (sollten)
    -
    Offenbarung 17,5.7
    - auch hier wieder: Zunächst wird Johannes das „Mysterion“ gezeigt (es ist der an die Stirn geschriebene Name „Babylon“, V.5), welches wenig später von einen Engel erklärt wird (V.7)
    - Johannes gelangt dadurch in den Besitz dieses Geheimnisses, ebenso wie die Gläubigen

  • Der deutsche Begriff <Mystik> und das griechische <mysterion> haben eigentlich nicht soviel gemeinsam.
    Ein Mysterion war z.B. das Evangelium. Dass ein Gott für die Schuld aller Menschen, egal, ob sie ihn verehren oder nicht, stirbt. war zwar Tatsache in den Augen der Christen, aber ein Mysterion (etwas unbegreifliches, unvorstellbares, Unwirkliches) in den Augen der Heiden. Denn es gab nichts Vergleichbares.


    So ist auch unser Glaube in den Augen vieler <Mitmenschen etwas Unsinniges, ihnen nicht Begreifbares.


    Ein Mysterion ist nur etwas für "Eingeweihte", nicht aber für Außenstehende. So begreifen gewisse Evangelikale einfach nicht, wie man Gott aus Liebe gehorsam sein kann. Es widerspricht total ihren Erfahrungen. Und deshalb unterstellen sie den STA fortlaufend Werkgerechtigkeit. Scheinbar schließen sie von sich auf Andere.
    benSalomo

    • Offizieller Beitrag

    Waren die Apostel und Propheten Mystiker :?:

    Paulus schreibt in 1. Korintherbrief 4,1-2:

    1 Dafür halte man uns: für Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes.
    2 Übrigens sucht man hier an den Verwaltern, dass einer treu befunden werde.

    Wie ich schon in Beitrag #7 und #8 versucht habe zu zeigen, besteht sein (und unser?) "Job" als "Verwalter der Geheimnisse Gottes" darin, diese den Gläubigen zu offenbaren. Für den Gläubigen sind die Geheimnisse etwas greif- und erklärbares, für den Ungläubigen ist der Glaube nicht nachvollziehbar (insbesondere der Kreuzestod 1. Kor 1,23ff).

    Es stellt sich für heute die Frage, ob wir unter "Mystiker" das gleiche verstehen wie "Verwalter der Geheimnisse (griechisch: Mysterion) Gottes"? Schon ein kurzer Blick in die Wiki-Artikel zum Thema Mystik verrät, dass sich der Begriff "Mystik" 1. über die Jahre verändert hat, 2. es keine einheitliche Definition gibt. Da es mir ferne liegt, biblische Begriffe an Hand heutiger Wortbedeutungen zu füllen, lasse ich ausschließlich die biblische Wortbedeutung für mich zu, die sich aus meinen Wortstudium ergibt - wie und in welchen Zusammenhang benutzen die biblischen Autoren den Begriff "Mysterion". Folglich komme ich zu dem Schluss, dass das biblische "Mysterion" nichts mit der modernen, umgangssprachlichen Mystik zu tun hat. Das biblische "Mysterion Gottes" ist für Gläubige nichts "verborgenes", "unheimliches" oder "geheimnisvolles" mehr, sondern das Evangelium und der Erlösungsplan. Für Ungläubige ist dieses beides - solange sie "verstockt" (Mt 13,15 Lu84) bleiben - unverständlich.

    Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße leitet?

    Der HERR hat's gegeben, der HERR hat's genommen; der Name des HERRN sei gelobt!