Guten Abend!
Nein es steht nirgends etwas von einer unsterblichen Seele.
Aber es steht :
"Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, und die Seele nicht können töten; fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann"Also muß die Seele (oder wie es auch übersetzt werden will) etwas separates sein!?
Etwas was Menschen nicht töten können!
Den Leib können sie töten, das wissen wir
Das was sie nicht töten können, muß also etwas anderes sein!
An den meisten Stellen im NT bedeutet das griechische Wort "psyche" einfach nur "Leben". So auch im Kontext von Matthäus 10, 28:
Matthäus 10, 39 (Zürcher Bibel 1931): Wer sein Leben findet, der wird es verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden.
Lukas 21, 19 (Zürcher Bibel 1931): Durch eure Standhaftigkeit gewinnet euer (künftiges) Leben!
Genau wie in Matthäus 10, 28 steht in diesen Versen das Wort "Psyche", das man mit "Seele", aber auch mit "Lebewesen", oder wie hier mit "Leben" übersetzen kann. Auf https://www.sta-forum.de/www.theologie-examen.de gibt es eine Zusammenfassung von Oscar Cullmanns "Unsterblichkeit der Seele und Auferstehung der Toten", die ich hier an anderer Stelle bereits auszugsweise zitiert habe:
Zum Verständnis von Mt 10,28: Jesus fährt nicht fort: „fürchtet euch vor dem, der die psychä tötet“, sondern „vor dem, der psychä und soma in der Gehenna töten kann.“ psychä bezeichnet hier nicht den griech. Begriff der Seele, sondern ist entsprechend dem aramäischen naphscha besser mit „Leben“ zu übersetzen. Kümmel: Mt 10,28 „will nicht den Wert der unsterblichen Seele bezeichnen, sondern betonen, daß allein Gott außer dem irdischen auch das himmlische Leben vernichten kann.“
(Zitatende)
Oscar Cullmann war ein evangelischer Theologe, der Alte Kirchengeschichte und Neues Testament an der Universität Basel lehrte. Noch besser: er war auch Altphilologe und wusste sehr gut, wie die Juden das hebräische Wort "nephesch" und das griechische Wort "psyche" gebraucht haben. Der katholische Gelehrte Xaver Leon-Dufour (ein Jesuit!) hat Matthäus 10, 28 in seinem "Wörterbuch zum Neuen Testament" (Seite 364-365) übrigens genauso erklärt.
Dieses Verständnis ist sprachlich gesehen sicherlich nicht zwingend, aber es ist möglich, sowie im Einklang mit anderen Aussagen der Bibel. Man muss Matthäus 10, 28 nicht als Widerspruch zum Rest der Schrift betrachten (es sei denn, man will das unbedingt)...
Gruß, GMacS