Wie sehen Christen andere Religionen ?

  • Daniels:

    ich weiß, was du meinst, aber das ist in meinen Augen keine Argumentation.

    Argumentieren wäre, wenn ich jemandem erkläre, warum mein christlicher Glaube "besser" ist als der islamische, jüdische, hinduistische usw.... Warum "wir" Recht haben und die anderen nicht...

    Ich weiß, dass das viele machen. Das hört man in jeder zweiten Predigt.

    Paulus argumentiert aber nicht. Er sagt, was ist.

    -Ausgangspunkt: Christus ist auferstanden!

    Einige sagen: "Es gibt keine Auferstehung!"

    -Kann nich sein, wenn Christus auferstanden ist.

    -Wäre er nicht auferstanden, dann wäre alles vergeblich usw.

    -Da er aber auferstanden ist, ist es nicht vergeblich.

    Das ist keine Argumentation :D Das ist im Prinzip "Kreis-Rhetorik", genauer gesagt: es ist ein Chiasma.

    Paulus schreibt nicht argumentativ davon, als gäbe es noch andere Möglichkeiten, sondern er schreibt einfach: So ist es. Wenn es nicht so wäre, wäre ja alles hin; da aber nicht alles hin sein kann, ist es so, wie wir glauben.

    Fertig. Bei dieser Logik würden heute Leute Amok laufen.

    Ich drück es mal ganz vereinfacht aus: Ich sage zu dir: "Ich glaube an Christus!" - Du würdest nun sagen: "Vielleicht ist dein Glaube falsch!" - Dann sage ich: "Dann wäre Christus ja falsch!" - Du würdest sagen: "Ja, zum Beispiel.." - Ich würde sagen: "Ne, kann ja nicht sein. Ich glaube ja dran!"

    Das ist die paulinische "Argumentation".

    Warum? Weil es nix zu argumentieren gibt. Man glaubt. Man redet von seinem Glauben. Mit Glaube kann man nicht Unrecht haben. Fertig.

    Ein anderer glaubt nicht. Er leugnet den Glauben. Mit seinem Unglauben braucht er nicht Recht haben, er hat ja nix. Fertig.

    Das ist Paulus´ Art zu denken.

  • Wie man sagt, was ist.

    Paulus argumentiert aber nicht. Er sagt, was ist.


    Das soll der Unterschied sein? Ist es nicht so, daß auch jeder, der Argumente vorbringt, sagt, was seiner Ansicht nach ist; jedenfalls sofern er nicht lügt?! Wenn Paulus argumentiert haben sollte, hat er damit nichts anderes getan als zu sagen, was seiner Ansicht nach ist.


    Chiasmus

    Das ist keine Argumentation :D Das ist im Prinzip "Kreis-Rhetorik", genauer gesagt: es ist ein Chiasma.


    Als ich ungefähr 16 war, habe ich versucht, mir selber aus Sach- und Fachbüchern, die ich mir gekauft habe, Denkprinzipien und rhetorische Figuren beizubringen. Da ich aber, wiewohl es mich interessiert, nie Altgriechisch gelernt habe, mußte ich eben nachgucken: Chiasma, schreibt man das so? Ergebnis: im Englischen wie im Deutschen wird "Chiasma" offenbar nur als biologischer oder medizinischer Terminus benutzt. Im Englischen wie im Deutschen heißt die Stilfigur "Chiasmus".


    Was ein Argument ist

    Argumentieren wäre, wenn ich jemandem erkläre, warum mein christlicher Glaube "besser" ist als der islamische, jüdische, hinduistische usw.... Warum "wir" Recht haben und die anderen nicht...


    Ich habe vorhin aus einer meiner "Bücherregal" genannten Installationen eine Anwendung namens "Buch" in meine Hand geladen und kopiere etwas daraus. Paste:

    [infobox]"Ein Argument ist die Begründung, die uns motivieren soll, den Geltungsanspruch einer Behauptung oder eines Gebots bzw. einer Bewertung anzuerkennen."[/infobox][quelle]Jürgen Habermas[/quelle]
    Betrachten wir den Zusammenhang, in dem die Bibelstelle (1. Kor 15, 12-19) steht, auf die ich oben verwiesen hatte. 1. Brief an die Korinther Kapitel 15, Verse 1-11:

    [bibel]Ich erinnere euch aber, liebe Brüder, an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht,
    durch das ihr auch selig werdet, wenn ihr's festhaltet in der Gestalt, in der ich es euch verkündigt habe; es sei denn, dass ihr umsonst gläubig geworden wärt.
    Denn als Erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift;
    und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten Tage nach der Schrift;
    und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen.
    Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen.
    Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln.
    Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden.
    Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, dass ich ein Apostel heiße, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe.
    Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist.
    Es sei nun ich oder jene: so predigen wir und so habt ihr geglaubt. [/bibel]
    Paulus versucht zu belegen, dass wahr ist, was er erzählt hat. Deswegen führt er Gewährsmänner an:

    [bibel][Der auferstandene Jesus ist] gesehen worden [...] von Kephas, danach von den Zwölfen. Danach [...] von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, [...]. Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln. Zuletzt [...] ist er auch von mir [...] gesehen worden.[/bibel]
    Das ist natürlich ein Argument, denn er versucht zu begründen, dass sein Glaube richtig ist und es wahr ist, dass Jesus auferstanden sei. Ganz deutlich wird, dass es sich nicht nur um ein bloßes Zeugnis handelt, sondern auch um eine Argumentation, wenn man dies liest:

    [bibel]Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen.[/bibel]
    Inwiefern sollte Paulus bezeugen wollen, dass einige Leute noch leben, andere aber schon tot sind? Das wäre nachgerade schwachsinnig. Diese Formulierung dient stattdessen dazu, auf noch lebende Zeugen hinzuweisen. Diese Zeugen dienen Paulus hier aber genau als eine Art Beweismittel, er argumentiert sinngemäß: "Er ist auferstanden, Ihr könnt die fragen, die Ihn gesehen haben." Damit tat er genau das, was laut Habermas die begriffsbestimmende, wesentliche Eigenschaft eines Arguments ist: Paulus liefert Belege, Hinweise, ingesamt eine Begründung dafür, dass seine Behauptung zutreffe und versucht damit, etwaige Zweifel an seinen Ausführungen auszuräumen.

    Grüße
    Daniels

    "Prüft alles und, was gut ist,
    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

    "Wähle das Leben, damit du lebst."
    5. Mose 30, 19

  • Daniels:

    ok. Verstehe, was du meinst.

    Ich hatte eher negative Vorstellungen bei dem Wort "argumentieren"; vielleicht daher meine Umschreibungen (Argumentationen :D).

    Ich denk dann immer an jene, die auf biegen und brechen versuchen, ihren Glauben gut zu "verkaufen", damit mit er Leuten plausibler und besser annehmbar ist.

    Wir haben heute übrigens nur noch Glaubensbekenntnisse.

    Petrus konnte noch sagen: "Ich habe den Auferstandenen gesehen!" (als ob man ihm deshalb geglaubt hätte)

    Paulus hatte es schon schwerer...

    Wir haben gar nix gesehen, wir glauben einfach so. Weil das Wort es sagt. Höchst unvernünftig.

    Das meine ich mit "nicht argumentieren". Ich glaube, weil ich glaube; nicht, weil die Argumente oder die Logik passten.

    Aber ist bei anderen vielleicht anders. Manche haben "es" vielleicht gesehen oder gespürt, oder so.

    Spüren soll ja voll im Rennen sein heutzutage.