Sinn, Zweck und Gefahren der Rhetorik im christlichen Rahmen

  • Begonnen im OT-Thread, hier nun als neues Thema.

    Was "transportieren" wir durch rhetorische Mittel?

    Anbei einfach mal die Definition von "Rhetorik" nach Wikipedia (als "Rahmen" sozusagen):

    Zitat

    Rhetorik (altgriechisch ῥητορική (τέχνη) rhētorikḗ (téchnē) „die Redekunst“) ist die Kunst der Beredsamkeit. Sie war schon in der griechischen Antike als Disziplin bekannt und spielte insbesondere in den meinungsbildenden Prozessen Athens und anderer Poleis eine herausragende Rolle.

    Die Aufgabe der Rede ist es, den Zuhörer von einer Aussage zu überzeugen oder zu einer bestimmten Handlung zu bewegen. Als Kunst der Rede stellt die Rhetorik hierzu die Mittel bereit, als Theorie der Überzeugung analysiert sie diese. Insofern enthält Rhetorik immer eine Doppelaufgabe und soll sowohl Kunst als auch Wissenschaft sein. Zum einen geht es um die Kunst, Menschen von einer Ansicht zu überzeugen oder zu einer Handlung zu bewegen, zum anderen um die Wissenschaft vom wirksamen Reden.

    Herzliche Einladung zum mit-diskutieren!

  • In der klassischen Zeit galt es als höchste Kunst eines Rhetorikers seine Zuhörer zuerst von einer Aussage zu überzeugen um anschließend das Gegenteil ebenso erfolgreich zu vertreten.
    Diese "Kunst der Rhetorik" kann ein Christ nicht vertreten, da sich das niemals mit der Wahrheit vereinbaren lassen kann! Denn das ist nichts anderes als systematische Manipulation wie sie in totalitären Systemen und leider auch der Politik systematisch Anwendung finden.

    Für mich als Christ, Lehrer, Wissenschaftler oder Theologe haben rhetorische Mittel eine wesentliche Funktion:
    Sie dienen der Mnemotechnik, dem Vorgang des Hörens, Merkens und Behaltens auf Seiten des Zuhörers (und erleichtern auch dem Redner einen freien Vortrag)
    Sie tragen also im Wesentlichen nur den Inhalt der Botschaft, sie sind nicht Selbstzweck oder Kunst (wie in der Klassik) sondern zwingend erforderliches Handwerkszeug eines jeden soliden Redners oder Schreibers.

    Die Katastrophe Heute ist besteht in einer zweifachen Hinsicht:

    1. Es gibt einerseits zu viele Teilnehmer in Kommunikations-Prozessen, die NULL Ahnung und somit wenig Struktur in ihren Äußerungen beweisen. Dadurch wird es zum Teil erheblich erschwert ihre Aussagen nachträglich sinnvoll zu strukturieren um verstehen zu können worum es da ernsthaft oder sachlich geht. Solche Diskussions-Teilnehmer "wundern" sich dann auch noch warum sie nicht verstanden werden oder es ihnen praktisch unmöglich erscheint das was sie glauben sagen zu müssen in irgend einer Weise verständlich machen zu können.
    Ohne eine Struktur (das ist auch eine rhetorische Regel) ist das aber besonders in komplexeren Zusammenhängen vollkommen unmöglich. Ich erinnere mich hier deutlich an einige einschlägige Themen mit in dieser Hinsicht herausragenden Personen.

    2. Es gibt andererseits einige durchaus gebildete Rhetoriker, die diese Technik systematisch zur Manipulation missbrauchen, ihre Zuhörer dabei regelmäßig belügen, nur um selbst Macht oder Kontrolle zu erhalten. Leider gilt das auch im christlichen Bereich. Auch solche Leute haben wir leider hier im Forum und die Mehrheit bemerkt es kaum. Gerade darum sind diese Leute besonders gefährlich.

    Der erste Grundsatz der Rhetorik lautet übrigens: "Sage nur etwas wenn Du auch wirklich etwas inhaltlich Wichtiges zu sagen hast!" Dieser Grundsatz wird am Häufigsten verletzt und sehr häufig in Rhetorik-Seminaren nicht einmal als Basis gelehrt.

    Einleitung in die Rhetorik in Luther-Deutsch:

    Tritt fest auf, (Klare Botschaft / Aussage)
    mach's Maul auf, (deutliche Aussprache)
    hör bald auf. (In der Kürze liegt die Würze) ... "Eines guten Redners Amt oder Zeichen ist, daß er aufhöre, wenn man ihn am liebsten höret."

    ---

    * Für Heuchelei gibt’s Geld genug, Wahrheit geht betteln. [Martin Luther (1483 - 1546), deutscher Theologe und Reformator]

    ---

  • Liegt nicht ein "Problem" in der religiösen Vermittlung darin, dass das, was man mitteilen will, existenziell ernst ist?

    Wie schafft man es, den Hörer existenziell anzusprechen, aber ohne in Moralismus abzugleiten? Auf diesen Punkt möchte ich vielleicht im Verlauf noch kommen.

    Kierkegaard schrieb über seine damalige dänische Staatskirche: "Oh weh über die hunderttausend Berufspfarrer, die nichts anderes tun, als die Leute mit Unsinn vollzuquatschen!"

    Man weiß heute, dass die Pfarrer sich damals mit ihn auf keinen inhaltlichen Diskurs eingelassen haben, denn er war ihnen maßlos überlegen. Man schnitt ihn einfach und verwies ihn des Amtes.

    Wie kann Predigt den Menschen "ganz" treffen, aber ohne das man in das alte moralistische Muster "Du darfst das nicht, sonst bist du..." verfällt.

  • Ich sehe Rhetorik nicht so negativ, ohne die von Euch genannten negativen Aspekte wegzuleugnen.


    Aber : Ein Predigtext - ganz konkret - ist keine beigepackte Gebrauchsanweisung. Hier wird das gesprochne Wort gehört, im Zuhörer entstehen Bilder und Vorstellungen und Eriunnerungen und Assoziationen, Stimmungen - - Dem Ernst des Existentilellen kann dies durchaus gerecht werden.

    Im christlich - gemeindlich - kirchlichen Raum gibt es auch die Andacht, die Einführung, die Danksagung, die Laudatio, die Gratulation - die Grabrede : "Nach seiner Geburt im Jahre 1930 verbrachte er die ersten Lebensjahre in Tirol - - "

    Bescheidene Alternative : ""Eine Kindheit im Heil`gen Land Tirol der Zwischenkriegszeit - "

    Nihil hic determino dictans : Conicio, conor, confero, tento, rogo, quero - -

    Leider kann ich nicht mit der alleinerziehenden Mutter aufwarten - -

  • Die Aufgabe der Rede ist es, den Zuhörer von einer Aussage zu überzeugen oder zu einer bestimmten Handlung zu bewegen.

    Grundsätzlich denke ich ist die Gabe der Rede ein Geschenk das nicht jeder hat.

    Der diese Gabe besitzt kann damit gutes und schlechtes bewirken.

    Für mich habe ich leider erst sehr spät die Gabe des Fragens wiederentdekt.

    Das was wir schon im Kindesalter praktiziert haben...

    Auch Gott arbeitet mit dieser Rhetorik..nach dem Sündenfall :

    9 Und Gott der HERR rief Adam und sprach zu ihm: Wo bist du?

    Auch Jesu hatte viel gefragt und nur wenig geantwotet.

    Auch am Kreuz ,nach erlitenen Schmerz hat er geschwiegen aber beim Schächer geantwortet:Heute wirst Du mit mir.... oder an seine Mutter gedacht.

    Ich denke um Jesus zu bezeugen, braucht es keiner großen Rednergaben... wir brauchen nur die Bibel und unser Herz sprechen zu lassen. ;)

    Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Joh. 3,16

  • @seele
    Ich denke, dass das Prinzip von Ursache und Wirkung erfahrungsgemäß bekannt ist und wenn man das klar (nicht pauschalisiert oder verkürzt!) aufzeigen kann sollten die meisten Menschen darüber nachdenken.

    Allerdings ist es nicht die Aufgabe der Christen alle Leute zu Überzeugen sondern sie zu konfrontieren und sie zur Entscheidung heraus zu fordern. Der Rest ist ihre Verantwortung!
    Wer nicht nachdenken will, der tut das ohnehin nicht!
    Wer nicht konsequent sein will, der wird das auch nicht ändern!
    Wer billigen Parolen folgen will, der tut das einfach ...
    Wer sein Hirn an der Kirchentüre abgeben will, der ist daran gewöhnt und findet das bequem ...

    Erst wenn Jemand wie zu Pfingsten fragt: "Was sollen wir tun?" macht es Sinn überhaupt weitere Antworten zu geben.

    Ich rede hier von Ungläubigen und Ihrer möglichen Bekehrung, dem Job des Evangelisten.

    Wenn es sich aber um angeblich bekehrte Christen handelt sieht die Situation m.M.n. anders aus:
    Die Anfänger werden von "Hirten & Lehrern" (ein Begriff) gelehrt,
    die Trägen von Propheten gemahnt und
    die Fortgeschrittenen von Aposteln geführt
    bis sie alle zusammen zur Reife in Christus herangewachsen sind!

    So sieht jedenfalls eine reife und gesunde Gemeinde aus - ich kennen aber keine mehr :(

    philoalexandrinus
    Es geht bei der Rhetorik ja grundsätzlich jede beliebige Aussage damit zu transportieren, unabhängig davon ob diese Aussage wahr oder gelogen ist.
    Darum setze ich meine Kriterien schon bei der Aussage an Sich an und dem Weg (der Methode) sie aus der Schrift zu erarbeiten. Wer hier die erforderliche Sorgfalt an den Tag legt, der wird kaum zu Manipulationen durch die Rhetorik greifen.
    Wo aber schon die Botschaft auf fragwürdige Weise "erfunden" wird da wird sie dann oft über die Maßen rhetorisch bis manipulativ verbreitet.

    Andererseits könnten manche Teilnehmer hier im Forum wenigstens die Grundregeln zu Aufbau und Form berücksichtigen, dann manches was man hier so vorgelegt bekommt ist gelegentlich unstrukturiertes, schwer lesbares Zeug. Von Verständlichkeit mal ganz abgesehen.
    Natürlich kann ich in einem Forum, wo siech Vieles erst im Laufe des Gespräches ergibt, nicht unbedingt die hohe Kunst der Rhetorik erwarten, aber wer so existentielle Dinge zu sagen hat (z.B. Thema Heiligung & Sündlosigkeit) der sollte dabei schon so viel Sorgfalt in die Vorbereitung investieren, dass es möglich wird seine Beiträge zu strukturieren um verständlich zu werden.

    @All
    Rhetorik ist für mich (lediglich) ein Mittel das es erleichtert mit Sprache eine (wichtige) Botschaft zu transportieren und sie - besonders in der direkt gesprochenen Form - leichter beim Hörer zu verankern.
    Meiner Meinung nach ist es das Kennzeichen jeder guten Rede, dass die Hörer anschließend den Inhalt / die konkrete Botschaft in ihren Kern-Formulierungen (bei mir die Gliederung) in ihren Gedanken mit nach Hause tragen können (und nicht nur ein gutes Gefühl).
    Dazu bedarf es meiner Erfahrung nach keiner besonderen Begabung sondern nur einer soliden Vorbereitung, die ganz typische Rhetorik-Techniken (klare Struktur, Wiederholung, Prägnanz) mit der Lerntechnik in Verbindung bringt. Wenn ich predige, dann arbeite ich i.d.R. schlicht mit einem gefalteten DIN A4 Blatt auf dem die Gliederung auch der Innenseite steht (Einleitung vorne, Schluss hinten). Auch das habe ich im Homiletik- / Rhetorik-Unterricht gelernt

  • Ich denke um Jesus zu bezeugen, braucht es keiner großen Rednergaben... wir brauchen nur die Bibel und unser Herz sprechen zu lassen.


    Nicht ganz ;)
    Die Bibel ist voll von rhetorischen Wendungen, Stilfiguren und Mustern. Ohne diese im Rahmen der Sprache zu verstehen geht sehr viel von der Botschaft des Evangeliums verloren. Also ist schon das Verstehen der Bibel wenigstens mit der Grundkenntnis der Sprache und Rhetorik verbunden.
    Zum weiter geben der Botschaft genügen sicher einfache Worte - wobei aber auch einfache Worte zur Sprache gehören und manche rhetorischen Mittel geradezu durch ihre Schlichtheit bestechend wirken. :)

    Das ist so ähnlich wie "unser Paulus" alles verleugnet und sich ganz auf Christus "wirft" wobei er aber gleichzeitig alles weltliche oder vergangene nach wie vor nachweislich weiter nutzt!

  • Ich habe schon wirklich gute christliche Vorträge gehört, die mit dem Heiligen Geist, aber auch ohne den Heiligen Geist gewürzt waren. Bei einer christlichen Freizeit habe ich mehrere Vorträge über zwischenmenschliche Kommunikation gehört.
    All diese Vorträge waren rhetorisch gut durchdacht und vorgetragen.
    In meinem Beruf hätte ich solche Vorträge bei Fortbildungsveranstaltungen auch hören können.


    An diesem Wochenende fehlte mir allerdings das geistliche Auferbauen meines Glaubens. Nun, kann man sagen, dass war halt nicht das Thema....Nein, für mich wäre es wirklich wichtig gewesen, dass ein bekehrter Mensch, eine christliche Kommunikation in den Mittelpunkt stellt. Dies war aber nicht möglich....Ich vermisste den Heiligen Geist.
    Kurze Zeit später hatte ich Kontakt mit einem minderbegabten Christen, der in einer kindlichen Sprache, seine Liebe zu Jesus bezeugte. Er hatte den Heiligen Geist, und bezeugte seinen Glauben, in einer einfachen Sprache.....
    Die Liebe zu Jesus, die Gewissheit der Errettung, das Vertrauen von Gott beschützt und getragen zu werden....All dies kann man mit einfachen Worten beschreiben und erfolgreich Zeugnis geben.
    Natürlich erwartet man von einem Prediger mehr Wortgewandtheit, als von einem Minderbegabten. Deswegen sollten Prediger in der Kunst der Rhetorik eingeweiht sein. Aber für das Zeugnis geben ist es nicht notwendig.
    Der Heilige Geist ist aber absolut notwendig,für einen Christen, der anderen das Evangelium vermitteln möchte.

    Gruß

    Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist es unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich
    (Matthäus 19, 26)

  • Andererseits könnten manche Teilnehmer hier im Forum wenigstens die Grundregeln zu Aufbau und Form berücksichtigen, dann manches was man hier so vorgelegt bekommt ist gelegentlich unstrukturiertes, schwer lesbares Zeug. Von Verständlichkeit mal ganz abgesehen.
    Natürlich kann ich in einem Forum, wo siech Vieles erst im Laufe des Gespräches ergibt, nicht unbedingt die hohe Kunst der Rhetorik erwarten, aber wer so existentielle Dinge zu sagen hat (z.B. Thema Heiligung & Sündlosigkeit) der sollte dabei schon so viel Sorgfalt in die Vorbereitung investieren, dass es möglich wird seine Beiträge zu strukturieren um verständlich zu werden.

    Ich denke auch, dass man in einem Forum nicht zu viel erwarten sollte. Man sollte die unterschiedlichen Bildungsvoraussetzungen auch tolerieren. Hier muss nicht jeder User Schulabschlüsse nachholen.Aber ich denke auch, wenn es um wichtige Aussagen der Bibel geht, sollte eine gewisse Sorgfalt und Vorbereitung investiert werden.

    Dies ist meistens dann der Fall, wenn der Betreffende, nicht selbst in der Bibel liest und forscht, um dann zu eigenen Ergebnissen zu kommen. Man merkt bald, das vorgegebene Lehre zitiert und nachgeplappert wird. Der Gesamtkontext wird dann regelmäßig nicht beachtet. Manchmal habe ich das Gefühl, das der Gesamtkontext sogar bewusst übergangen werden muss, damit eine falsche Sicherheit, in der angenommenen Lehre, mit allen Mitteln verteidigt werden kann.
    Gruß

    Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist es unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich
    (Matthäus 19, 26)

  • Zitat

    Ich vermisste den Heiligen Geist.


    Elli59
    Kannst Du dazu mal erläutern woran Du das erkennst oder fest machst ob der Heilige Geist dabei ist (oder nicht)? Was sind da für Dich entscheidende Kriterien?

  • Elli59
    Kannst Du dazu mal erläutern woran Du das erkennst oder fest machst ob der Heilige Geist dabei ist (oder nicht)? Was sind da für Dich entscheidende Kriterien?

    Den Heiligen Geist kann ich ebenso wie meinen Glauben nicht wissenschaftlich erklären.
    Ich kann auch nicht jeden Vortrag in eine gewisse Kategorie (mit oder ohne Heiligen Geist)eingliedern.
    Ich erwarte aber von einem Prediger, das er selbst bekehrt ist und den Wunsch hat die frohe Botschaft unserer Erlösung anderen Menschen mitzuteilen.
    Dies sollte das oberste Gebot eines Predigers sein. Wenn der Gesamtzusammenhang so gestaltet ist, das er auch von einem weltlichen Wissenschaftler gehalten werden könnte, dann fehlt mir etwas Wichtiges.
    Das ist natürlich nur mein persönliches Empfinden. Ich würde mir niemals erlauben, einem Prediger seinen persönlichen Glauben abzusprechen, aufgrund seinen Vorträgen, die mir nicht gefallen.
    In diesem Sinne möchte ich Walter Veith erwähnen. Ein Wissenschaftler, der durchaus gute wissenschaftliche Vorträge halten kann, den ich aber als Evangeliumsverkünder nicht mag. Ich mag ihn nicht nur wegen seinen Verschwörungstheorien nicht, nein, weil er zu den Rednern gehört, die nicht in der Lage sind, die frohe Botschaft der Befreiung aus der Knechtschaft der Sünde/Schuld durch Jesus Blut, zu vermitteln.(ich spreche ihm nicht seinen Glauben ab)
    Wenn Christen die frohe Botschaft in ihrem Herzen haben, bedarf es nicht immer der großen Worte, um es auszudrücken.
    Die Freude des Heils, der Errettung, Heilsgewissheit, das Vertrauen in Jesus beschützt zu sein, ein bescheidendes Verhalten das Gott und nicht sich selbst, oder bestimmte Lehren, in den Mittelpunkt stellt, ist das Wirken des Heiligen Geistes.
    Verwirrung, Verunsicherung, Angst, Unruhe, Spaltungen, Selbsterhöhungen sollten nicht in einer Predigt vermittelt werden.
    Gruß

    Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: Bei den Menschen ist es unmöglich; aber bei Gott sind alle Dinge möglich
    (Matthäus 19, 26)

  • Ich habe eine Homepage gefunden, die sich gut und vernünftig mit Rhetorik auseinandersetzt: http://www.rhetorik-homepage.de

    Am Ende der Startseite werden die drei Zielsetzungen der klassischen Rhetorik genannt:
    1. belehren / Unrerricht
    2. erfreuen / Bestätigen
    3. bewegen / Führen

    In der Klassik war das alles ohne jede Bewertung der Inhalte und wurde für jeden beliebigen Zweck als legitim betrachtet.
    Einem Christen steht dieses Instrumentarium der Rhetorik aber nicht zweckfrei zur Verfügung sondern soll (s)einem Ziel dienen: Christus zu verkündigen und die Menschen in die geistliche Reife zu weisen (nicht führen oder nur bedingt, denn mindestens den letzten Abschnitt des Weges in die Berufung muss jeder mit seinem HERRn alleine gehen!).

    Das bedeutet für mich:
    * Schon die Botschaft und Kernaussage einer Rede / Predigt muss inhaltlich von Anfang an auf einem soliden Fundament der Wahrheit stehen (Saubere Bibelauslegung! Denn alles andere produziert niemals zuverlässige Wahrheit!)
    * Auch der Redner selbst muss von der Wahrheit in Christus und SEINER Liebe geprägt und darf keine versteckten oder falschen Ziele verfolgen (Sonst handelt es sich um Missbrauch!).
    * Die Wirkung der Botschaft ist ebenso ein wichtiges Kriterium: Wohin führt die Botschaft? Was löst sie aus? Die Wahrheit ist zwar umkämpft und löst Anfangs durchaus innere Konflikte aus aber sie führt zum Frieden in Christus und mit sich selbst. Das Evangelium befreit von Zwängen und schafft Persönlichkeiten (Heilige!).

    Und genau da Elli59 findest Du klar Deine Kriterien :) Denn auch wenn Du schreibst, dass Du das nicht "wissenschaftlich" benennen kannst hast Du es durch die genannten Beispiele dennoch sehr deutlich gemacht! Und übrigens ist das Beispiel auch ein rhetorisches Mittel zur Veranschaulichung dessen was man zu sagen hat. Und manchmal ist das viel leichter verständlich als eine "wissenschaftliche" Formulierung und darum durchaus oft eine sehr gute Wahl!

  • Univ. Prof. Dr. Oswald Panagl, Germanist in Salzburg, wies in einem Programmheft der Wiener Staatsoper zur Oper "Salome" darauf hin :

    Markus 6, 25 : "ich will - - dass du mir gebest - - jetzt zur Stunde - - (na, was denn ??) - auf einer Schüssel - -- (was ???) - - das Haupt Johannes des
    Täufers !"

    Das ist beste und böseste Rhetorik zugleich.

    Nihil hic determino dictans : Conicio, conor, confero, tento, rogo, quero - -

    Leider kann ich nicht mit der alleinerziehenden Mutter aufwarten - -

  • Univ. Prof. Dr. Oswald Panagl, Germanist in Salzburg, wies in einem Programmheft der Wiener Staatsoper zur Oper "Salome" darauf hin :

    Markus 6, 25 : "ich will - - dass du mir gebest - - jetzt zur Stunde - - (na, was denn ??) - auf einer Schüssel - -- (was ???) - - das Haupt Johannes des
    Täufers !"

    Das ist beste und böseste Rhetorik zugleich.


    In dem Zusammenhang handelt es sich sogar um weit mehr als hochwertige Rhetorik. Das war die Spitze einer Intrige und wirksamste Manipulation!

  • Zitat

    Allerdings ist es nicht die Aufgabe der Christen alle Leute zu Überzeugen sondern sie zu konfrontieren und sie zur Entscheidung heraus zu fordern. Der Rest ist ihre Verantwortung!

    Stephan Zöllner:

    da stimme ich dir absolut zu! Ich bin der Letzte, der in der Illusion lebt, dass "alle" überzeugt werden (können).

    Ich sehe allgemein 3 Extremen heutzutage (das ist meine persönliche Ansicht; sie muss nicht stimmen):

    1. Es wird gar nichts mehr gesagt... [trifft oft auf meine Kirche zu]: absolut alles wird dem Individuum in seine Hände gelegt (was man letztlich eh tun muss), aber auch thematisch macht "die Kirche" kaum noch Aussagen. Sie hängt sich überall dran wie Leim, damit sie wenigstens noch irgendwie mit "dabei" ist.
    Die Folge sind leere Phrasen und ein "Kuschel-Gott": "Hauptsache, Er liebt dich! Alles andere is doch egal.."

    Ich brauche in meinem Leben nicht nur hören, dass ich geliebt werde und angenommen bin, sondern ich brauche auch (zumindest ab einem gewissen Alter) einen Widerstand gegen meine Person! Ich brauche Resonanz. Das ist ungemein wichtig, um ein gesunder Mensch zu werden. Wie man so schön sagt: "Ein echter Freund ist jemand, der dich infrage stellt!" Man lernt nur Unterscheidung, wenn man Resonanz bekommt, nicht, indem der natureigene Narzissmus bedient wird.

    2. Man versucht, wissenschaftlich zu beweisen...: Es gibt einige Gruppen, die der Ansicht sind, die biblischen Themen oder Gott seien naturell eigentlich vollkommen klar, und es sei ja nur noch die "böse Absicht" mancher Menschen, dass sie das nicht erkannt hätten.

    Man hält ganze Vorträge darüber, wo der Garten Eden geografisch gelegen habe, oder wann es mal "sprechende Schlangen" gegeben habe, wann genau Adam geboren wurde oder wie groß die Arche wirklich war und ob man noch Überreste von ihr finde usw.
    Alles sehr "biblizistisch", aber vollkommen am Thema vorbei. Mal abgesehen davon, dass dafür enorme Gelder fließen, um diese Pseudo-Wissenschaften zu fördern. Und wenn wir mal ein Stück Holz der Arche fänden? Was machen wir dann? - Also ich werde gar nichts machen.

    3. Man fokussiert sich auf Personen...: Es geht nicht mehr darum, WOVON geredet wird, sondern es geht darum, WER redet! (Das ist das größte Übel überhaupt). Man hat DENJENIGEN, der "weiß es", der "hat Recht", und man gibt (wie Du schon sagtest) "sein Gehirn an der Gaderobe" ab.

    Es gibt auch hier keine Resonanz! Man nimmt nicht das Gesagte mit (zum Nach-denken), sondern man hängt an den Lippen des Predigers und säuft alles, was er eingießt.

    Wenn ich aus dem Gottesdienst rausgehe, dann will ich etwas "mitnehmen", etwas, worüber ich nach-denken muss, dass mich fordert, mich anstrengt. Vielleicht auch etwas, dass ich verwerfe! Der Prediger muss nicht mit allem Recht haben, das ist gar nicht seine Aufgabe!

    Das Einzige in der Predigt, was "wahr" in sich selbst ist, ist das gelesene Gotteswort; der Rest ist (hoffentlich) "bestes Wissen & Gewissen" des Predigers. Wenn aber der Prediger zum "Oberhirten", zum "zweiten Messias" oder zum "Propheten" gemacht wird, dann ist diese Betrachtung natürlich nicht möglich.

    Ich habe mir schon Seminare angehört, wo direkt zu Beginn gemahnt wurde: "Stellt hinterher nicht zu viele Fragen!", nach dem Motto: "Wir reden aus dem Heiligen Geist und Fragen-Stellen ist vom Satan, der euch zweifeln lässt!"

    Nach dem 5-tägigen Seminar (a 2 Std.) kam ich persönlich zu dem Schluss: "Sie redeten aus dem Satan und Fragen-Stellen war vom Heiligen Geist, der daran zweifeln lassen wollte!"

    Wachsamkeit ist ein hohes Gut!

  • [...] thematisch macht "die Kirche" kaum noch Aussagen. Sie hängt sich überall dran wie Leim, damit sie wenigstens noch irgendwie mit "dabei" ist.
    Die Folge sind leere Phrasen und ein "Kuschel-Gott": "Hauptsache, Er liebt dich! Alles andere is doch egal.."


    Eine solch phrasenhafte Stellungnahme war bis vor Kurzem in dem Wikipedia-Artikel über die Bibel in vorgeblich gerechter Sprache zu lesen. Zitiert wurde Margot Käßmann, sie nannte diese Bibel ein "ungeheuer interessantes Projekt". Ich habe mich dagegen gewandt, dass solch eine Plattheit im Lexikon steht. Freilich verstehe ich, dass Käßmann als Funktionärin der Kirche verschiedenste Gruppen integrieren und sich deshalb öfters diplomatisch ausdrücken mußte. Aber deswegen braucht man solch ein undifferenziertes, vages Gerede nicht lexikalisch konservieren. Dummes oder hohles Zeug bleibt dumm oder hohl, auch wenn es Käse von einem Prominenten oder Amtsträger ist.

    Wikipedia bis vor Kurzem / Wikipedia jetzt

    "Prüft alles und, was gut ist,
    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

    "Wähle das Leben, damit du lebst."
    5. Mose 30, 19

    Einmal editiert, zuletzt von Daniels (2. Juni 2014 um 07:58)

  • solch eine Plattheit


    Du trittst meiner Meinung nach zu Recht gegen eine nichtssagende Phraase auf.

    Nur gibt es Rhetorisches, das bösartig desinformiert :

    "Und, fragt mich nicht, was das Verbandsbüro genatwortet hat !!!" - Na was denn ?, Der Zuhörer phantasiert in der Richtung des Redners. Tatsächlich hat das Verbandsbüro - gar nichts geantwortet.

    Nihil hic determino dictans : Conicio, conor, confero, tento, rogo, quero - -

    Leider kann ich nicht mit der alleinerziehenden Mutter aufwarten - -

  • Wenn man es richtig macht haben auch Deine drei Kritikpunkte ihren Platz :)
    1. Der gesunde Glaube hat immer etwas Grundsätzliches zu sagen! Manchmal ist es aber klug den richtigen Zeitpunkt abzuwarten und manchmal darf man einfach nicht schweigen!
    2. Der gesunde Glaube lässt sich durchaus vor der Vernunft verantworten und mit einer redlichen Wissenschaft vertreten! Es ist nur eine Frage in wie weit das für eine Zielgruppe oder Einzelperson sinnvoll angewendet werden kann (Bedarf, Voraussetzungen, Interesse).
    3. Der gesunde Glaube zielt immer auf eine Person: Christus! Alles andere ist Abgötterei!

  • Die Ausgangsdefinition im ersten Beitrag von Rhetorik ist wohl am ehesten eine Beschreibung für Manipulation. Rhetorik ist nicht perse schlecht. Es ist immer die Frage, wie der Einzelne damit umgeht, also wohl am ehesten eine Charakterfrage. Eine gute Rhetorik versteht es natürlich den Menschen anzusprechen und für ein Thema Interesse zu wecken. Niemals darf Rhetorik aber dazu gebraucht werden den Zuhörern eine Meinung aufzudrängen oder sie gar zu bestimmten Handlungen zu verführen. Im gottesdienstlichen Gebrauch geht es immer zuerst um die Wahrheit des Wortes Gottes. Es ist nichts dagegen zu sagen, diese spannend vorzutragen, solange der Inhalt schriftgemäß ist. Leider kann man alles was gut gedacht und gemeint war auch missbrauchen.

    Herzliche Grüße

    Rolf

  • @Rolf.w:

    richtig, was du schreibst.

    Ich drücke es mal so aus: Man muss seine Gesinnung prüfen bzw. (mit Kant gesagt): Die Maxime überprüfen.

    "Was ist eigentlich mein Anliegen?"

    Vor allem wir Christen (aller Colour!!) reden ständig davon, dass wir "zu Gott", "zu Jesus", "zur Wahrheit" hinführen oder hinweisen wollen. Geschieht das?

    Wir müssen uns erstmal ein paar Dinge klar machen, die nichts mit Exegese oder Rhetorik, sondern schlicht mit Logik zu tun haben:

    - Wenn Gott Gott ist, dann ist er aller Dinge "Gott", ganz prinzipiell; ob das geglaubt wird oder nicht, ändert an der Gottheit nichts! (Viele verhalten sich nämlich so, als müssten sie Ihn "produzieren".)

    - Es gibt keinen "Kirchen-Gott"; es gibt nur Kirchen und Gemeinschaften, die (hoffentlich nach bestem Wissen & Gewissen) von Ihm reden, sich zu Ihm bekennen.

    - Es gibt keine "Urchristen-Gemeinde" oder "biblische Gemeinde" im inneren Sinne, sondern nur im historischen Sinne;

    soll heißen: zu biblischen Zeiten gründeten sich Gemeinden (die übrigens von Anbeginn alle irgendwie zerstritten waren). Diese Gemeinden waren rein historisch "die ersten", sie haben aber deshalb keine "Kopie-Würdigkeit"!

    Ich sage das deshalb, weil man öfters mal den Begriff "biblische Gemeinde" liest, oder: "Wir müssen zurück zur biblischen Gemeinde", oder: "Wir sind die Urchristen!"; alles bitte, nur das nicht!

    "Gemeinde Christi" ist generell etwas unsichtbares! Es kann keine sichtbare Kirche sein, rein inhaltlich. Die Kirchen WOLLEN das repräsentieren (das dürfen sie auch wollen), aber jede Kirche muss wissen, dass sie es "organisch" nicht sein kann.

    Das heißt: eine Kirche muss immer kritikfähig und potenziell angreifbar sein; das gehört dazu! Was fest als "Wahrheit" stehen bleibt, ist nur das Gotteswort selbst, also etwas vollkommen geistliches und nicht-institutionelles!

    Wenn also "die Christen" und "die Kirchen" zur Wahrheit führen wollen, was müssen sie tun? Das Wort predigen und nach bestem Gewissen auslegen (mit dem Wissen um Mangel und Fehlermöglichkeit!) - Das meint "Re-form". Reform meint nicht: Ich gründe wieder eine neue (echte christliche) Gemeinde..!

    Wenn das das Motiv ist, dann kann es ja eigentlich nicht um "Mitgliedschaft" oder "Austreten" gehen, oder? - Das ist einer der Punkte, die ich an meiner Kirche sehr schätze!

    Selbstverständlich hat jede Gemeinde auch ganz reale, strukturelle Motive und möchte, dass Menschen Mitglieder werden; das ist vollkommen legitim! Man braucht auch Geld, das ist vollkommen akzeptabel!

    Aber es sollte absolut an zweiter Stelle kommen!

    Wenn ich wirklich glaube, dass mein Glaube Wahrheit ist, die der Mensch hören soll, dann interessiert mich erstmal keine Mitgliedschaft, sondern dann rede ich erstmal, was ich für so wichtig halte (mit dem Wissen um Mangel & Fehlermöglichkeit!).

    Und worum es erst Recht nicht gehen kann ist, dass ich versuche, andere "abzuwerben"! Wir haben nämlich eine Kultur, in der Christen Christen missionieren..

    Wenn ich mit meiner bisherigen Erkenntnis einem Mitchristen etwas geben kann, dann ist es gut; er kann mir auch was geben. Es ist nicht meine Aufgabe, für eine Organisation Goldesel einzutreiben oder aus "falschen Christen" "echte Christen" zu machen!

    Bei jeder Kirche, bei jeder religiösen Erziehung MUSS die Möglichkeit gelassen werden, sich DAGEGEN zu entscheiden! Der Mensch muss gegen mich, gegen meine Ansichten, gegen meine Kirche, gegen Gott und gegen Jesus sein dürfen! (Ohne, dass ich darüber zornig werde!)

    Ich bezweifle bei einigen Christen und Gemeinden, dass diese Möglichkeit gelassen wird!!

    Von Freiheit zu reden, wenn diese grundsätzlich unterbunden wird (mental oder gar physisch), ist schon äußerst pervers.

    Das alles sind Fragen der Gesinnung! "Was tue ich eigentlich und warum eigentlich?!"

    Und das sollte man sich stets versuchen, vor Augen zu halten, denke ich.