Sinn, Zweck und Gefahren der Rhetorik im christlichen Rahmen

  • Es ist nicht nur, dass Rhetorik in der Gemeinde von manchen Predigern perfekt angewendet wird, es ist noch manipulativer:

    Ich bin der festen Überzeugung, dass manche Prediger auch NLP (Neurolinguistisches Programmieren) recht gut anwenden, um die Gemeindeglieder zu manipulieren.

    Man will in der Adventgemeinde keine selbstständig denkenden Menschen mehr, man will jene, die im wahrsten Sinne des Wortes zu allem, was Prediger und Führungsmitglieder von sich geben "Ja und Amen!" sagen. Wer hinterfragt, oder gar bessere Ideen hat, weil er mehr über etwas nachdenkt, sich intensiver mit Problemen auseinandersetzt als es jene, die gut vom Zehnten leben es tun, wird als "böse" verurteilt.

    Jede Organisation ist genau auf die Ergebnisse ausgerichtet, die sie bringt. Das ist eine alte Weisheit der Unternehmensführung. Die STA ist genau auf dieses Wachstum ausgerichtet, das sie bringt, siehe die Wachstumsstatistiken der letzten 30 Jahre, die ohne Zuzug aus Osteuropa noch katastrophaler ausgefallen wäre. Aber die Leute sind damit zufrieden und fühlen sich gesegnet. Hauptsache wir sind Weltmeister in Rhetorik und NLP. :)

    "Der Unterschied zwischen dem, was wir tun,
    und dem, wozu wir fähig sind,
    würde die meisten Probleme dieser Welt lösen."

    Ghandi

  • Man will in der Adventgemeinde keine selbstständig denkenden Menschen mehr, man will jene, die im wahrsten Sinne des Wortes zu allem, was Prediger und Führungsmitglieder von sich geben "Ja und Amen!" sagen.

    Ich sehe das etwas entspannter. Jede Gesellschaft bekommt das, was sie selbst produziert..

    Da Du die Problematik des Christentums in Europa ansprichst,bemüht man sich die paar bei der Stange zu halten und alles zu unterlassen was Disharmonie bringt.

    Durch die vielen Splittergruppen wird die Gemeinde genug herausgefordert,Kurs zu halten.

    Wie ist es sonst möglich das die vor über 20 Jahren eingewanderten Russlanddeutschen so schwierigkeiten haben sich hier einzubürgern.

    Wenn es den Christen so schwer fällt was machen dann die anderen ?

    Der Glaube an Jesus war auch nie ein echter Grund , um eine "Gemeinschaft" zu belasten.

    Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Joh. 3,16

  • Bogi111: "Da Du die Problematik des Christentums in Europa ansprichst,bemüht man sich die paar bei der Stange zu halten und alles zu unterlassen was Disharmonie bringt." Genau das ist das Problem. Aus dem Marketing ist bekannt, dass eine Marke stärker ist, je deutlicher sie polarisiert. Du kannst Apple oder Tesla Motors lieben oder hassen, aber es wird Emotionen geben. Bei den STA ist es egal, da gibt es kein Profil und keine Emotionen mehr, alles nur harmonisch. Um wieder aus dem Marketing zu sprechen: Eine Marke, die es allen Recht machen will, ist tot. Du brauchst klare Positionierung, und im Falle der Gemeinde hat Christus diese geboten. (z.B. dreifache Engelsbotschaft,...)

    Das Probielm ist, dass wir als Gemeinde sehr viel ohne Gott machen. Würden wir vollständig seinen Willen erfüllen, wären wir automatisch polarisierend, hätten aber auch Wachstum und ein klares Profil. Genau das ist aber seitens der Leitung unerwünscht. Wir beten zwar vor dem Ausschuss, dass Gottes Wille geschieht, aber dann wird menschlich herumgestritten und die einfachste - nicht die beste und möglicherweise gesegnetste - Lösung umgesetzt.

    Zu Deiner Frage: "Wenn es den Christen so schwer fällt was machen dann die anderen ?" Oft fällt es "Weltmenschen" leichter als Christen. Ich weiß nicht warum, aber ich habe den Eindruck, "Weltmenschen" machen leichter und besser Karriere, verdienen mehr, schaffen mehr. Ok, sie müssen selbst für ihr Leben Verantwortung übernehmen, da sie diese ja nicht auf Gott auslagern können, wie es Christen für gewöhnlich machen. (Mit dem Satz: "Wenn der liebe Gott es will, dann..." wird etwas, was einmal oder zweimal nicht geht, sofort aufgegeben. Erfolgreiche Menschen wie z.B. Cornel Sanders (Gründer von Kentucky Fried Chricken) hat über 1000 Versuche gestartet, seine Hühnchen zu verkaufen. Er hätte auch beim zweiten Mal sagen können: "Vielleicht will der liebe Gott das nicht!" Resillienz scheint Sünde zu sein.

    "Der Unterschied zwischen dem, was wir tun,
    und dem, wozu wir fähig sind,
    würde die meisten Probleme dieser Welt lösen."

    Ghandi

  • Aus dem
    Marketing
    ist bekannt, dass eine Marke stärker ist, je deutlicher sie polarisiert.

    Die Frage ist, haben wir eine "Ware" an den Mann zu bringen oder sind wir eine Gemeinschaft an der man erkennt, das sie Gottes Kinder sind die sich freuen gesegnet zu sein.

    Es werden immer weniger Derjenigen die das für sich leben,in allen Kirchen.

    Bisher haben wir eine gute Balanze hinbekommen, Jesus im Fokus zu verkündigen.
    Wenn jeder an seinen Platz diesen Geist lebt und verkündet mach ich mir keine Gedanken um den Auftrag Jesu.

    Wir sollten uns auch darauf einstellen das am Ende kaum noch Jemand mit jesus lebt.

    Für mich ist Noah ein trost!
    Er hat einen gigantischen Plan ,den Bau der Arche umgesetzt,hart gearbeitet und das Ende Verkündet.

    Ich denke wir sollten unseren Auftag nicht Erfolgorientiert von "oben" diligieren,sondern den einzelnen im Glauben zur Liebe motivieren und vorleben....

    Gott wird den Rest vollbringen!

    Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Joh. 3,16

  • Zitat

    Ich denke wir sollten unseren Auftag nicht Erfolgorientiert von "oben" diligieren,sondern den einzelnen im Glauben zur Liebe motivieren und vorleben....

    Gott wird den Rest vollbringen!

    Bogi111:

    das denke ich auch!

    Wir Menschen sind immer geneigt, quantitativ zu denken.

    Ich sehe im Christentum das Ablegen jeder Quantität!

    Was ist denn "Mission"? Was ist denn "Reich Gottes"?

    In dem Moment, wo ich einem Menschen ganz in Liebe diene, habe ich ganz auf die Schöpfung geantwortet, und somit auf den Schöpfer, denn Jesus sagt: "Was ihr getan habt, einem dieser meiner geringsten Brüder, das habt ihr mir getan!"

    Im Talmud gibt es den Spruch: "Wer einen Menschen rettet, der rettet die ganze Welt." (Itzhak Stern sagt das im Film "Schindlers Liste" zu Schindler, als dieser beschämt feststellt, er hätte noch viel mehr Juden retten können.)

    Jesus blendete die ganze Umwelt aus, wenn er bei einem Menschen war! In der Schrift steht: "Und er ging mit ihm weg von der Menge und stellte ihn hin besonders."

    "Retten" ist nicht immer das "ganze Paket" (wie manche gerne hätten), nach dem Motto: "Ja, ich nehm Jesus jetzt auch an!" - "Super! Ich hab einen bekehrt!"

    Wir müssen uns vom "groß-artigen" und quantitativen Denken verabschieden.

  • [quote='Highwayman','index.php?page=Thread&postID=68000#post68000']Es ist nicht nur, dass Rhetorik in der Gemeinde von manchen Predigern perfekt angewendet wird, es ist noch manipulativer:

    Ich bin der festen Überzeugung, dass manche Prediger auch NLP (Neurolinguistisches Programmieren) recht gut anwenden, um die Gemeindeglieder zu manipulieren.

    BITTE UM GENAUE ANGABEN ! DER VORWURF IST NÄMLICH UNGEHEUERLICH !

    Nihil hic determino dictans : Conicio, conor, confero, tento, rogo, quero - -

    Leider kann ich nicht mit der alleinerziehenden Mutter aufwarten - -

  • Zitat

    BITTE UM GENAUE ANGABEN ! DER VORWURF IST NÄMLICH UNGEHEUERLICH !

    philoalexandrinus:

    wenn du möchtest, kann ich dir sämtliche Predigten von Kenneth Copeland, Kenneth Hagins, Hartwig Henkel, Peter Wenz usw. reinstellen.

    Das ist definitiv NLP. Vielleicht nicht "klassisch" und abgegrenzt, aber definitiv in Vermischung mit anderen Elementen reine Programmierung.

    Neurolinguistisch zentral sind die Worte "Amen" und "Hallelujah"; die Menschen flippen vollkommen aus.

    Der Ablauf ist recht simpel. Ich habe nur eine Aufnahme von Hagins ganz geguckt (die anderen habe ich nicht durchgehalten):

    Prediger: "WOW! Ist das großartig hier, so viele Menschen, die gekommen sind, um den Herrn anzubeten!!!"

    Menge: "Yeeeahh, yeeaahhh, jaaa, hiaarrr..." und so weiter ...

    Prediger: "Unglaublich! Einfach toll! Hallelujah!!!"

    Menge: "Yeeeahhr, jhiahaaaa..." und so weiter... Es ist für ein denkendes Wesen eigentlich nicht zu ertragen.

    Im Hintergrund läuft Musik mit.

    Die Erfahrung findet 99% über den Körper statt: Bewegung, Gehör, Visualität, vll. auch Geruch..

    Fixworte werden von Anfang bis zum Ende (manchmal 2 Stunden) als "Schaltworte" verinnerlicht.

    Nach etwa 90 Minuten kommt das große Finale: Der Prediger weiß nun, dass die Masse funktioniert.

    Hagins hat regelrecht vorgeführt, wie urkomisch er das fand. Er ging zu den ersten Reihen und lachte die Leute aus (und sie lachten mit, zuckten, zappelten, rannten herum und schrien)...

    Man kann sich nicht vorstellen, wie Menschen unbeschadet aus so einem "Gottesdienst" herausgehen sollen... Man sieht das Verderben bei der Arbeit.

    Nun kann man sagen: "Das sind ja auch keine Christen, oder keine Adventisten!"

    Ok. Nehmen wir Walter Veith, der diese Aufnahmen in seinen Vorträgen dem Publikum abspielt (als scheinbare "Aufklärung")... Ebenfalls 2 Stunden lang Wahnsinnige (alles zur Aufklärung..) - Das ziehen sich die Leute dann gemeinsam rein, und man hat noch dazu endlich das gute alte Feindbild!

    "Das sind die Fehlgeleiteten! WIR sind nicht so! WIR sind echte Christen!" (Aber wir wollen niemanden persönlich verurteilen..)

    Methode: "Achtung! Macht da nicht mit! Gucken wir uns erstmal in einem 5 tägigen Seminar an, WAS ihr nicht mitmachen sollt!"

    Nun kann man sagen: "Walter Veith vertritt nicht die STA!"

    Ok. Wen soll ich nehmen? Werner Renz? Olaf Schroer?

    Meine Empfehlung: Lasst doch in Gottesdiensten und Vorträgen den Bildschirm AUS!

    Keine Filme! Keine Interview-Szenen!

    Im Gottesdienst soll man das WORT hören (nur hören!).

    Einen Vortrag kann man ebenfalls rein als Vortrag machen! Wenn ein Philosoph oder Theologe an der Fakultät eine Lesung macht, dann hat er höchstens den Text als Power-Point (vielleicht noch ein paar passende Bilder am Rand), aber mehr nicht.

    Der Mensch muss von der Darstellung möglichst unberührt bleiben! Er soll das Wort allein hören, die Information allein.

    Und die Tatsache, dass man Leute heutzutage kaum noch ohne bildliche Medien erreichen kann, ändert sich niemals, wenn wir das auch noch füttern!

    Wenn 20 von 30 Leuten es lahm fanden, weil kein Effekt dabei war, dann lass die 20 Leute gehen, wohin sie wollen. Das ist nicht die Aufgabe des christlichen Gottesdienstes!

    Ich liebe das in unserer Kirche, dass die Liednummern immernoch mit Holz an der Wand angeschlagen sind.

    Keine Leinwand, kein Projektor, keine Technik, sondern die guten alten Gegenstände, die man anpacken, auf- und abbauen muss.

    (Obwohl ich absolut kein handwerklicher Typ bin!)

  • Herzlichen Dank, es haben mich nur die konkreten Beispiele interessiert.

    Natürlich ist es gut und förderlich, etwa Anna Freuds "Das Ich und die Abwehrmechanismen" gelesen zu haben - man muss nicht geradewegs gegen die Abwehr anrennen und diese verstärken - -


    Ich hatte sehr giurte Erfahrungen, in einem Sommerseminmar in Biogehofen Bibliodrama einzubringen - wenn man sich (berechtigt) Erfahrungen in Krisenintervention zutraut und weiss, was unter Umstöänden passieren könnte, ist dies eine Methodik, längst verfllchte biblische Bedgebenheiten "hautnah" wiederzubeleben. wenn "Kindersabbatschultanten" zur Gebetswoche diese Technik der Visuaklisierung bei Kindern anwenden, hat - hatte - Reinhadr Rupp von mir blitzartig die Unterlagen, dies sofoirt begründet zu untersagen. (Böse war man ihm.)

    Die Freaks der Manipuliertechniken mögen sich bitte doch fragen welchen inhaltlichen(!!) Langzeiteffekt sie erzielen., wer ihre Inhalte konkret nach ein paar Jahen noch abrufen kann - -

    Rhetorik und Homiletik sind akademische Fächer; eine gewissenhafte Schulung darin wäre wünschenswert.

    MAn verlasse sich nicht auf die Phon - Stärke des Applauses unmittelbar zur" Rede".

    Nihil hic determino dictans : Conicio, conor, confero, tento, rogo, quero - -

    Leider kann ich nicht mit der alleinerziehenden Mutter aufwarten - -

  • Zitat

    MAn verlasse sich nicht auf die Phon - Stärke des Applauses unmittelbar zur" Rede".

    Man applaudiere einfach nicht zu einer "Rede".

    Wieso soll man applaudieren?

    Den ganzen Zirkus weglassen.

  • Den ganzen Zirkus weglassen.

    Eben !

    Ob, was Du zu sagen hattest - oder glaubtest, zu sagen zu haben - angekommen ist, merkst Du an Augen und Haltungen der Zuhörer.

    Nihil hic determino dictans : Conicio, conor, confero, tento, rogo, quero - -

    Leider kann ich nicht mit der alleinerziehenden Mutter aufwarten - -

  • Rhetorik und Homiletik sind akademische Fächer; eine gewissenhafte Schulung darin wäre wünschenswert.

    MAn verlasse sich nicht auf die Phon - Stärke des Applauses unmittelbar zur" Rede".


    Das höchste Lob, dass ein Redner in Sinne des Evangeliums erhalten kann ist dass sich die Zuhörer durch seine Rede, Apelle oder Aufrufe konsequent und stärker an Christus binden. Da das im Alltag und Leben geschieht spielt der Applaus, den man erhalten kann nur eine geringe Rolle ...

  • Der Mensch muss von der Darstellung möglichst unberührt bleiben! Er soll das Wort allein hören, die Information allein.


    Technische Medien sind dafür gedacht die Botschaft zu unterstreichen und zu unterstützen.
    Das war schon in der Bibel so: Propheten und andere Redner haben ihre Aussagen häufig mit zum Teil sehr drastischen Mitteln veranschaulicht.
    Sogar das Blutopfer in der Stiftshütte dient diesem Zweck: Veranschaulichung, Vertiefen und dauerhaftes Einprägen der wichtigen Aussagen Gottes.

    Manipulationen ala Benni Hinn, Tod Bentley oder den oben Genannten und "Consorten" sind aber durchaus etwas ganz Anderes als gut aufbereitete Reden.
    Dabei handelt es sich um die alten Techniken, die in eine Massenhysterie führen, die schon Adolf Hitler und andere Größenwahnsinnige eingesetzt haben.
    Dabei gehört es zum Plan:
    1. überfüllte (Stuhlreihenabstand bewusst verringert, löst Gemeinschaftsgefühl aus)
    2. überhitzte Säle (verringert die Konzentration und Selbstkontrolle)
    3. länger als 45 Minuten Reden (verringert die Konzentration und Selbstkontrolle)
    4. in den ersten 45 Min. wird meistens noch recht vernünftig geredet / verkündigt (häufig was "DER HERR" schon so alles durch den Redner getan hat! um die Erwartungen und Bereitschaft zu steigern)
    5. erst danach wird mit den Phrasen und "Manifestationen" begonnen (weil dann die Selbstkontrolle ausreichend beeinträchtigt ist um massiver vorzugehen)

    Durch solche Techniken wird eine Form von Rausch erzeugt, der die Menschen regelrecht abhängig macht.
    Darum hat Jesus schon davor gewarnt, dass man solchen "Versammlungsaufrufen" nicht folgen soll, denn man kann sich wenn man dort ist nicht sicher diesen Manipulationen entziehen, selbst dann nicht wenn man die Techniken kennt! Sie wirken meist schneller als unser Verstand schalten kann und subtiler als wir in der Situation kontrollieren / reflektieren können!

  • Darum hat Jesus schon davor gewarnt, dass man solchen "Versammlungsaufrufen" nicht folgen soll, denn man kann sich wenn man dort ist nicht sicher diesen Manipulationen entziehen, selbst dann nicht wenn man die Techniken kennt!


    Hat er? Fällt mir gerade nicht ein, welche Stellen Du meinen könntest.

    "Prüft alles und, was gut ist,
    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

    "Wähle das Leben, damit du lebst."
    5. Mose 30, 19

  • Rhetorik ist nicht perse schlecht. Es ist immer die Frage, wie der Einzelne damit umgeht, also wohl am ehesten eine Charakterfrage.


    Hatte ich vor einer Weile hier auch erklärt. Wie man Rhetorik anwendet, ist eine Frage des Charakters und der moralischen Einsicht. Charakter und Einsicht sind aber nichts, das man schicksalhaft hat oder nicht hat; sondern ähnlich wie Sokrates glaube ich, dass das Gute in gewissen Grenzen vernünftig zu verstehen und lehrbar ist. Deswegen hatte ich geschrieben, dass Rhetorikunterricht immer Unterweisungen in richtigem Denken enthalten und auch moralische und soziale Grundsätze lehren sollte.

    Einem Jäger drückt man auch nicht einfach ein Gewehr in die Hand und erklärt ihm nicht nur, wie er das Ziel treffen kann. Sondern er lernt, welche Vorkehrungen er treffen muß, um niemand anderen zu verletzen, und er lernt, wann und unter welchen Umständen er auf welche Tiere schießen darf. Der Vergleich hat natürlich seine Grenzen. Ein anderer Vergleich: Ein guter Kampfsportlehrer bringt seinen Schülern nicht nur bei, wie man jeden Gegner besiegt und im Extremfall töten kann. Die asiatischen Kampfkünste sind mit einer ausgearbeiteten Ethik und traditionellen, bewährten Verhaltensregeln verbunden.

    Ein chinesischer Lehrer des Tai Chi, sagte mir vor Jahren in etwa: "Den Umgang mit dem Schwert lehre ich Dich, wenn Du ein paar Jahre bei mir bist und die Grundformen beherrschst." Da fallen alle, die mal schnell lernen wollen, wie man andere plattmacht, schon mal raus. Sondern du mußt da früh am Morgen jeden Tages zu jeder Jahreszeit auflaufen und ausdauernd an dir arbeiten, bevor er überhaupt daran dachte, dich fortgeschrittene, gefährlichere Kampftechniken zu lehren. Einmal die Woche haben sich fast alle Schüler getroffen und zusammen beim Kampfsportlehrer gefrühstückt. Das ist etwas anderes als die übliche Konsumhaltung vieler Schüler, die meinen, sie gehen mal eben in einen Volkshochschulkurs über Rhetorik und hoffen, sie würden genug Fähigkeiten und Kenntnisse aus dem Kurs klauben können, um möglichst zu unüberwindlichen Manipulateuren zu werden. Die Leute wollen Rhetorik lernen, wie sie Dosensuppen kaufen.

    Meines Erachtens sollte jeder Rhetoriklehrer in seinem Unterricht auch vermitteln, wie man sich Verhalten sollte, und darauf hinwirken, dass seine Schüler ihr rhetorisches Verhalten möglichst immer ethisch bedenken.

    Rhetorik lehrt außerdem auch Skepsis gegenüber scheinbaren Beweisen und Zweifel an der menschlichen Erkenntnisfähigkeit, auch des Redners selber. Wenn man einsieht, dass die eigenen Gewißheiten vielfach bedingt sind und dass die persönliche Erkenntnisfähigkeit jedes Menschen begrenzt ist, kann man daraus ableiten, dass nicht jedes rednerische Manipulationsmittel angemessen ist, um andere Menschen für die eigenen unsicheren Ansichten und beschränkten Erkenntnisse gewaltsam zu gewinnen. Es ist als würde jemand, der immer wieder schimmeliges Brot hervorbringt, ständig auf der Straße andere zwingen und und drängen und manipulieren, sein Brot wahl- und unterschiedlos zu essen.

    "Prüft alles und, was gut ist,
    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

    "Wähle das Leben, damit du lebst."
    5. Mose 30, 19

    3 Mal editiert, zuletzt von Daniels (13. Juni 2014 um 12:17)

  • Zwar geht es hier im Thread eigentlich um Rhetorik im christlichen Rahmen, aber als "Parade-Beispiel" für geistige Ideologie-Bildung dient der Mann aus Braunau immer (es sind ja hpts. Erwachsene hier, die es richtig einordnen können):

    Man kann sehr gut betrachten, wie gearbeitet wurde:

    http://www.youtube.com/watch?v=EV9kyocogKo

    -Atmosphäre erzeugen (die Kulisse macht schon viel aus) Räume, Symbole, Kleidung, Musik usw. öffnen einen Menschen. Ein Mensch muss empfänglich gemacht werden.

    -Ankündigung durch den hingebungsvollen Rudolf Hess. "Jetzt kommt DER Mann, den man hören MUSS!" - Ich muss leider sagen, in manchen Gemeinden oder auf sogenannten "Jugendgottesdiensten" wird das fast identisch gemacht; "Jetzt kommt Bill Wilson aus New York!" (auf den haben wir die ganze Zeit gewartet; er "lässt sich herab, zu uns zu sprechen"...)
    Die Personen (wie auch damals Hitler) wirken "messianisch"; sie sind die großen "Erlöser" (wovon, weiß keiner). Das ist eine ideologische Messianität, von der das Alte Testament nichts weiß.
    Sie wird auch auf Jesus angewandt, wenn tausende der "christlichen Rechten" auf der Straße des 17.Juni bei einer Veranstaltung wie die Wahnsinnigen "JESUS!" brüllen.

    -Die eigentliche Rhetorik. Hitler benutzt einfache, einprägsame Sätze, die er gut ablesen kann vom Blatt. Dadurch muss er sich thematisch nicht konzentrieren, sondern kann stark mit der Gestik arbeiten (wie man es ja kennt von ihm).
    Die Gestik von Hitler und Billy Graham sind übrigens fast identisch bis auf den römischen Gruß (schaut euch alte Vorträge von Graham an); aber das war wahrscheinlich damals generell so bei Vorträgen.

    Hitler verwendete "Fixworte", die ganz klar komplexere Themen zusammenfassen und symbolisch wirken:

    "DER Jude" kann nie richtig sein (das wissen wir alle); aber so wurde gearbeitet. Klare Begriffe, die klare Vorstellungen aufrufen.

    Immer werden zwei klar getrennte Bereiche dargestellt:

    Der (unveränderlich) BÖSE / das unbedingt GUTE (Blut & Boden usw.).

    Hitler erzählt nicht, dass der Germane am "besten gearbeitet" oder am meisten gelernt habe, sondern er erzählt, dass der Germane "von Natur aus" die höchste Rasse ist. Dadurch wird ein Absolutum gesetzt, denn seine Rasse und sein Blut kann man nicht ändern.

    Wer "inhatlich" noch nicht unterwiesen war, erfuhr in den 10 Minuten Rede klar und einfach, worum es inhaltlich geht.

    So wird ein Geist eingegossen.

    Der Rest macht das Kollektiv von sich aus. Selbst wenn jemand inhaltlich Einwände hätte, würde er sie kaum bei so einer Veranstaltung äußern können (auch, wenn ihm nichts passieren würde; man macht es einfach nicht).

  • Ich habe schon viele Redner in diversen Gemeinden erlebt, die genug dieser Manipulationstechniken verwendet haben.
    Bisher hat es für mich immer genügt Wachsam zu bleiben und die Techniken zu durchschauen sowie durch den Heiligen Geist mit Gott in Verbindung zu bleiben.
    Aber ich würde heute noch viel mehr Redner meiden weil sie nichts außer sich selbst predigen und "das Volk" verführen anstatt "Christus zu treiben"!

    Unter anderem sind klassische Rattenfänger und Scharlatane: Benny Hinn, Tod Bentley, Stefan Driess ... die Liste könnte beliebig fortgesetzt werden, aber es ist klüger, die Manipulationstechniken zu kennen und zu erkennen weil man dann nicht eine unendlich lange Namensliste von Irrlehrern lernen muss sondern eine Handvoll Methoden, die (besonders mehrere zusammen) typisch für Bauernfängerei im "christlichen Umfeld" eingesetzt werden.

    Jeder gute Redner setzt rhetorische Mittel ein, aber sie dienen dem Aufnehmen (Memorieren, Lernen) der wahren Botschaft (des Evangeliums) und nicht dem Verdummen und Manipulieren des Publikums - schließlich will Christus, dass wir die Wirkung des Evangeliums ganz in unser Leben hinein tragen während manipulierte Veranstaltungen mit ihrem hohen emotionalen Pegen geradezu süchtig machen.

    Fast alle Redner mit großem Publikum und besonders die "Gefeierten" sind sehr kritisch zu betrachten. Selbst, die, die mal gut angefangen haben wie z.B. E.Knechtle oder W.Veith, werden oft durch die Bekanntheit (und Fangemeinde) korrumpiert, feiern sich selbst oder produzieren und publizieren "unausgegorene" Inhalte ...

    Ich habe schon als Teenager angefangen Predigten gezielt zu analysieren - anfangs nur mit Strichlisten :) - sowohl ursprünglich um bei manchem Redner nicht ein zu schlafen als auch später tatsächlich um inhaltlich zu behalten worum es geht (Kernaussagen notieren). Heute kann ich Rhetorik und Homiletik (Predigtlehre) auf Bedarf selbst unterrichten. Ich kann es nur empfehlen Predigten oder Reden generell durch Mitschreiben wichtiger Sätze oder einer Gliederung aufzuzeichnen und zu analysieren - dadurch fallen Schaumschläger sehr schnell auf!