"Was Jesus wirklich sagte"

  • Ich habe gerade ein Büchlein angefangen zu lesen, in dem vor allem Jesusworte zusammengefaßt sind. Vermutlich kennen manche von Euch die Theorie einer Spruchquelle Q, welche die Evangelisten Matthäus und Lukas gekannt hätten, die aber heute nicht mehr erhalten sei. Das Taschenbuch, das ich lese ist das Ergebnis eines Versuchs US-amerikanischer Autoren dieses "Evangelium Q" zu rekonstruieren.

    Jetzt könnt Ihr loslegen, dass die kanonischen Evangelien das authentische und irrtumsfreie Wort Gottes sind (Verbalinspiration usw. usf.) :playball: Oder dass allein solch ein Versuch Teufelswerk sei. :ohn2:

    Ich finde das Buch bisher sehr anregend und durchaus seriös.

    "Prüft alles und, was gut ist,
    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

    "Wähle das Leben, damit du lebst."
    5. Mose 30, 19

    Einmal editiert, zuletzt von Daniels (13. Februar 2014 um 23:31)

  • Das Buch hat drei einleitende Kapitel:

    • Einführung von Thomas Moore (zweieinhalb Seiten)
    • Vorwort von Macus Borg (zehn Seiten)
    • Die Geschichte des verlorenen Evangeliums (zehn Seiten)

    Schon in der kurzen Einführung werden die Grenzen und die Bedingtheit des Ansatzes, aber auch seine Chancen angesprochen:

    Zitat

    Zu Recht besteht das Bedürfnis, den historischen Jesus und seine wahren Worte mit wissenschaftlichen Methoden zu entdecken. Was als historsich zu gelten hat, wandelt sich jedoch immer wieder, je nachdem, welche Theorie und welcher methodischer Zugang bei den Historikern gerade Mode ist. Die Vorstellung, nahe an den Quellen zu sein, das Gefühl, einen authenthischen und ursprünglichen Text vor sich zu haben, bewirkt etwas Wichtiges. Es fokussiert die Vorstellungskraft in besonderer Weise und ermöglicht dem Leser einen unverstellten, neuen Zugang zu Gedanken und Bildern, die schon allzu vertraut geworden sind.

    [quelle]Der amerikanische Religionswissenschftler Thomas Moore in der Einleitung von "Das verborgene Evangelium. Was Jesus wirklich sagte", herausgegeben von Mark Powelson und Ray Riegert. Dort S. 7f.[/quelle]

    "Prüft alles und, was gut ist,
    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

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    5. Mose 30, 19

  • Daniels:

    also für mich persönlich ist es kein Problem, sich zumindest mal mit anderen Quellen oder Schriftfunden zu befassen; man muss das nicht verteufeln..

    ABER:

    Allein der Titel "Was Jesus wirklich sagte" impliziert, dass das, was über Jesu Worte bisher (durch die Bibel) bekannt ist, mehr oder weniger unwahr oder falsch ist.

    Das ist der Grund, warum ich mit solchen Büchern ein Problem habe.

    Oft steht nämlich das, was solche Bücher dann Jesus in den Mund legen, dem Evangelium entgegen.

    Es ist mir z.B. total egal, wenn Leute in Büchern behaupten, Jesus sei einige Jahre in Indien in buddhistischer Lehre gewesen. Selbst, wenn er dort gewesen wäre, ändert das am Text der Bibel nichts; es ist unwichtig.

    Wenn aber das ganze weitergestrickt wird (und das wird ja immer getan), dann ist Jesus plötzlich eine Reinkarnation des Buddha oder ein aufgestiegener Meister der Esoterik was auch immer. Und dann kommen neue Sätze und Worte, die er gesagt haben soll, die extrem esoterisch oder tibetanisch sind usw.

    DAS ist das Problem! Nicht, dass man sich für Schriften und Funde interessiert!

  • Allein der Titel "Was Jesus wirklich sagte" impliziert, dass das, was über Jesu Worte bisher (durch die Bibel) bekannt ist, mehr oder weniger unwahr oder falsch ist.

    Das ist der Grund, warum ich mit solchen Büchern ein Problem habe.


    Freilich verstehe ich Deinen Einwand, das der Titel etwas anmaßend wirkt.

    "Was Jesus wirklich sagte" ist allerdings nur der Untertitel des Buches. Ich vermute, er ist vor allem den Verkaufsbemühungen der Verlage geschuldet. Der englische Originaltitel lautet: "The Lost Gospel : the original sayings of Jesus" (ISBN ISBN 1-56975-100-5).

    Ich finde die Aussage von Thomas Moore in der Einleitung, weist ehrlich auf die Grenzen und einen gewissen Grad an unvermeindlicher Subjektivität hin: "Was als historsich zu gelten hat, wandelt sich jedoch immer wieder, je nachdem, welche Theorie und welcher methodischer Zugang bei den Historikern gerade Mode ist." Schon dadurch wird das Buch für mich seriös, denn es wird dadurch ausdrücklich als ein Versuch unter vielen möglichen bezeichnet, Jesu Worten möglichst nahe zu kommen, nicht aber als unbezweifelbares absolut wahres Forschungsergebnis.

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    1. Thessalonicher 5, 21.22

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    Einmal editiert, zuletzt von Daniels (14. Februar 2014 um 00:03)

  • Oft steht nämlich das, was solche Bücher dann Jesus in den Mund legen, dem Evangelium entgegen.

    Es ist mir z.B. total egal, wenn Leute in Büchern behaupten, Jesus sei einige Jahre in Indien [...] gewesen. [...]

    Wenn aber das ganze weitergestrickt wird [...], dann ist Jesus plötzlich eine Reinkarnation des Buddha oder [...] was auch immer. Und dann kommen neue Sätze und Worte, die er gesagt haben soll, die extrem esoterisch oder tibetanisch sind usw.


    Bisher, ich habe von eigentlichen Evangeliumstext in diesem Buch nur wenige Seiten gelesen. Daraus habe ich nicht den Eindruck gewonnen, dass dieses Buch versuche, sonderliche evangeliumsfremde Lehren "weiterzustricken" und den Evangelien gewissermaßen ihnen eigentlich Fremdes aufzupropfen; eher ähnelt es nach meinem bisherigen Eindruck, einer vorsichtigen Neuübersetzung einer kleinen Auswahl von Evangelienstellen. Ich habe eine Leseprobe vorbereitet und poste sie gleich.

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  • Ich habe gerade ein Büchlein angefangen zu lesen, in dem vor allem Jesusworte zusammengefaßt sind. Vermutlich kennen manche von Euch die Theorie einer Spruchquelle Q, welche die Evangelisten Matthäus und Lukas gekannt hätten, die aber heute nicht mehr erhalten sei. Das Taschenbuch, das ich lese ist das Ergebnis eines Versuchs US-amerikanischer Autoren dieses "Evangelium Q" zu rekonstruieren.

    Jetzt könnt Ihr loslegen, dass die kanonischen Evangelien das authentische und irrtumsfreie Wort Gottes sind (Verbalinspiration usw. usf.) :playball: Oder dass allein solch ein Versuch Teufelswerk sei. :ohn2:

    Ich finde das Buch bisher sehr anregend und durchaus seriös.

    Erinnert mich irgendwie an dieses Buch hier von Günther Schwarz:
    http://www.amazon.de/Das-Jesus-Evan…z/dp/3927950041

  • Nach den drei einleitenden Kapiteln folgt der zentrale Text, dessen Anfang ich hier als Kostprobe zitiere:

    Zitat

    Q
    Dies sind die Worte Jesu

    Zitat

    1Q


    In diesen Tagen erging das Wort Gottes an Johannes den Täufer, den Sohn des Zacharias, in der Wüste Juda. Und er zog in die Gegend am Jordan und rief auf zur Taufe und zu einem Wandel des Herzens, der zur Vergebung der Sünden führt. Wie es im Buch des Propheten Jesaja heißt:

    »Eine Stimme ruft in der Wüste:
    ›Bereitet dem Herrn eine Straße, bahnt ihm einen geraden Weg.‹«

    Jeder, der einmal den Satz »Tut Buße, denn das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen« gehört hat, ist dem griechischen Wort metanoia begegnet. Die hier gegebene Übersetzung möchte einen grundlegenden »Wandel des Herzens« oder »Wandel der Einstellungen« zum Ausdruck bringen, eine Transformation der Ziele und der Richtung des Lebens. Jahrhundertelang hat dieser Ausdruck jedoch die christlichen Vorstellungen von Gut und Böse mit beinhaltet und wurde daher als »Buße tun« und »Umkehr übersetzt«.

    [quelle]Das verlorene Evangelium. Herausgegeben von Mark Powelson und Ray Riegert, übersetzt von Tilmann Haberer. ISBN 3-423-30654-8, S. 33-35. Bibliographischer Datensatz beim OCLC WorldCat[/quelle]

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  • Jahrhundertelang hat dieser Ausdruck jedoch die christlichen Vorstellungen von Gut und Böse mit beinhaltet und wurde daher als »Buße tun« und »Umkehr übersetzt«.

    Richtig übersetzt müßte es auch eigentlich umsinnen bedeuten!!! Von daher finde ich persönlich, das Wandel des Herzens ganz gut passt! Da dies ja praktisch ein umsinnen ist!

  • Genau Das hatte ich erwartet ;)


    Aaron: Ja. Ich habe auch aus verschiedenen Gesprächen mit bibelkundigen Menschen oder aus Vorträgen mitgenommen, dass mit dem hebräischen Wort für Herz der ganze Mensch oder das innerste, den ganzen Menschen bestimmende Wesen gemeint sei.

    Wikipedia erklärt die Herkunft des Begriffes Buße so:

    Zitat

    Die Wörter, die in verschiedenen Sprachen für diesen Begriff gebraucht werden, haben in der jeweiligen Alltagssprache sehr unterschiedliche Bedeutungen, was leicht zu Missverständnissen führen kann.

    • Das griechische Wort, das im Neuen Testament mit Buße übersetzt wird, ist μετάνοια metanoia, von νοεῖν noein, „denken“ und μετά meta, „um“ oder „nach“, wörtlich also etwa: „Umdenken, Sinnesänderung, Umkehr des Denkens“.
    • Der hebräische Begriff שוב schub, der in der Septuaginta mit metanoia übersetzt wird, umfasst eine Umkehr zu Gott nicht nur im Denken, sondern in der ganzen Existenz, was die Veränderung des Verhaltens, vor allem aber auch Gehorsam gegenüber Gott, neues Vertrauen zu ihm ebenso einschließt wie die Abkehr von allen bösen und widergöttlichen menschlichen Neigungen und Schwächen.
    • Ins Lateinische wurde metanoia mit paenitentia, „Reue, Buße“, übersetzt, häufig abgeschliffen zu poenitentia und unzutreffend abgeleitet von poena, „Strafe“.
    • Im Deutschen wurde das Wort Buße verwendet, das sprachlich mit baß, besser, verwandt ist und ursprünglich „Nutzen, Vorteil“ bedeutet. Es bezeichnete also die Genugtuung des Sünders gegenüber Gott, woraus sich die jetzige (untheologische) Bedeutung „von außen auferlegte Strafe oder Wiedergutmachung, die unabhängig von der inneren Einstellung ist“ entwickelt. Luther betonte wieder mehr den „Schrecken und gläubige Reue“.

    [quelle]Wikipedia: Buße (Religion) - Herkunft des Begriffs[/quelle]

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    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

    "Wähle das Leben, damit du lebst."
    5. Mose 30, 19

  • Hallo Daniel,


    Die Vermutung oder Erschliessung einer alten Sammlung von Aussprüchen Jesu, aus der Matthäus und Lukas geschöpft haben, gibt es seit circa 1840. Die meisten Bibel- und Sprachforscher gehen davon aus, dass die Worte Jesu zuerst mündlich weitergegeben wurden, dass sie dann zunächst in einer oder mehreren Sammlungen von Aussprüchen Jesu zusammengefasst wurden und dass schliesslich die Evangelisten ihr Evangelium geschrieben haben, wobei sie auf ihre Erinnerungen, auf Augenzeugen und solche Ausspruchsammlungen zurückgegriffen haben.

    Viele Bibel- und Textausleger gehen von einer textlich erschliessbaren alten Spruchsammlung namens Q aus.
    Die Erschliessung dieser Sammlung von Aussprüchen Jesu beruht auf der sogenannten Zwei-Quellen-Theorie und geht folgenden Fakten und Überlegungen :

    A
    Die Evangelien Matthäus, Markus und Lukas weisen grosse Ähnlichkeiten und Parallelen auf, wenn man sie "nebeneinander legt und in einer Zusammenschau vergleicht". Zusammenschau heisst auf Altgriechisch Synopsis. Deshalb nennt man die drei Evangelien Markus, Lukas und Matthäus auch synoptische Evangelien.

    B
    Zwischen den synoptischen Evangelien einerseits und dem Evangelium des Johannes gibt es sehr wenige Parallelen bei den Aussprüchen Jesu.

    C
    Es gibt nun Aussprüche Jesu, die in allen drei synoptischen Evangelien, also bei Markus, Matthäus und Lukas, auftauchen.

    D
    Es gibt wiederum Aussprüche Jesu, die nur in den Evangelien Matthäus und Lukas auftauchen.

    E
    Und es gibt Aussprüche Jesu, die nur bei Markus, nur bei Matthäus oder nur bei Lukas zu finden sind.
    Diese Teile der jeweiligen Evangelien nennt man ihr Sondergut.

    F
    Nur wenig bei Markus (rund 5-10% des Mk-Textes) findet sich nur bei Markus. Das heisst Markus hat nur 5-10% Sondergut und 90%-95% des Markus-Textes findet sich entweder auch bei Matthäus oder auch bei Lukas oder bei beiden.

    G
    Deshalb geht man davon aus, dass Matthäus und Lukas das Markus-Evangelium bereits kannten und von dort Teile übernommen haben.

    H
    Matthäus und Lukas haben neben den Parallelen, die es auch in Markus gibt, noch weitere Übereinstimmungen. Diese Übereinstimmungen sind vor allem Redestücke, also Aussprüche Jesu. Man nimmt an, dass diese gemeinsamen Redestücke aus EINER Quelle stammen, der sogenannten Logienquelle Q.

    Ausspruch heisst auf Altgriechisch Logion, daher der Name Logienquelle.
    Aus dieser erschlossenen Logienquelle stammt unter anderem die Bergpredigt. Bei Lukas in der Feldrede zusammengefasst.

    Von der Logienquelle gibt es keine schirftlichen Überlieferungen (Kopien). Sie ist, wie gesagt, nur erschlossen.
    Alle erschlossenen Texte/Aussprüche der Logienquelle finden sich per definitionem auch in den Evangelien Matthäus und Lukas, sind also doppelt in der Bibel belegt. Die Logienquelle Q enthält also nichs Anti- oder Unbiblisches, sondern ist sehr nah an der wörtlichen Rede Jesu.

    Wenn es sich bei deinem Buch um ein seriöses Werk handelt, wird es auf diesem Weg nichts in den Text der Bibel hineinschmuggeln.

    Allerdings klingt der Titel etwas reisserisch.
    Wenn du sichergehen willst, kannst du auch einmal den Kommentar zur Logienquelle von Dieter Zeller / NEUES TESTAMENT Band 21 aus der Reihe STUTTGARTER KLEINER KOMMENTAR anschauen,

    Gute Nacht noch

  • Die Erschliessung dieser Sammlung von Aussprüchen Jesu beruht auf der sogenannten Zwei-Quellen-Theorie und geht folgenden Fakten und Überlegungen [aus]: [...]


    Danke für die konzise und gut nachvollziehbare Zusammenfassung! Jetzt verstehe ich es noch sehr viel besser. :)

    "Prüft alles und, was gut ist,
    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

    "Wähle das Leben, damit du lebst."
    5. Mose 30, 19

  • Hallo Daniel,


    Die Vermutung oder Erschliessung einer alten Sammlung von Aussprüchen Jesu, aus der Matthäus und Lukas geschöpft haben, gibt es seit circa 1840. Die meisten Bibel- und Sprachforscher gehen davon aus, dass die Worte Jesu zuerst mündlich weitergegeben wurden, dass sie dann zunächst in einer oder mehreren Sammlungen von Aussprüchen Jesu zusammengefasst wurden und dass schliesslich die Evangelisten ihr Evangelium geschrieben haben, wobei sie auf ihre Erinnerungen, auf Augenzeugen und solche Ausspruchsammlungen zurückgegriffen haben.

    Viele Bibel- und Textausleger gehen von einer textlich erschliessbaren alten Spruchsammlung namens Q aus.


    Lieber Menschino,

    danke für diese sehr einfache und verständliche Darstellung diese Problems um die Quellenforschung. 
    Nachdem Du Dich darin so gut auskennst, hätte ich einige Fragen zur Quellen- und Überlieferungsproblematik der AT Schriften.

    Wer ist Deinen bisherigen Informationen und Einsichten nach der wirkliche Autor der Genesis?

    Für konservative Christen ist es zu 100% Moses gewesen, und es wäre eine Heräsie das nur etwas zu hinterfragen! Wie siehst Du da Problem, das Du sicher studiert hast, wie ich merke? 

    Wie ist das dann auch mit den andern 4 Büchern Mose. Kann man sicher sagen, dass Mose so kurz vor seinem Tod noch das 5. Buch Mose geschrieben hat, wie es ebenfalls stark konservative Christen und auch Adventisten vertreten? 

    Dieselbe Frage auch über das Buch Hiob: Was denkst Du, wann Hiob gelebt hat und wer könnte der wirkliche Autor seines Buches sein? Da gibt es ja auch die Meinung, dass es Mose in seiner Zeit der Wüste Sinai gewesen sei! Wie siehst Du das? 

    Das heißt: Hat Mose wirklich jedes Wort und jeden Satz und jede Geschichte in diese Büchern damals zur Zeit in der Wüste und dann in den 40 Jahren der Wüstenwanderung bis zu seinem Tod hin geschrieben, und waren ab dem Zeitpunkt die 5 Bücher Mose und das Buch Hiob in dem Wortlaut, wie wir es heute haben, im Besitz des Volkes Israel bei ihrer Wüstenwanderung ?

    Danke für Deine Einschätzung der Sache!

    Armin

    Einmal editiert, zuletzt von Armin Krakolinig (14. Februar 2014 um 09:26)

  • Hallo Armin,

    mit meinen Ansichten zur Entstehung und Verfasserschaft biblischer Texte habe ich mir immer Ärger von allen Seiten eingehandelt.
    Bei Vulgäratheisten, bei Evangelikalen, bei liberalen Theologen und bei Fundamentalisten.
    Man kann sich da nur in die Nesseln setzen. Nun denn.


    Eines vorweg:
    Ich bin äusserst skeptisch, was die "Ergebnisse" der historisch-kritischen Forschung angeht. Vieles hat sich nachweislich als falsch erwiesen, vieles ist unter den historisch-kritischen Forschern selbst umstritten. Ich verteufle aber nicht alles, was aus den Labors der historisch-kritischen Forscher stammt.

    Bevor jetzt die ersten Scheiterhaufen anfangen zu knistern:
    Ich halte in der Tat Moses für den Autor der fünf Bücher Mose.
    Autorschaft umfasst aber in der Antike mehr als das, was wir heute damit meinen.
    Dazu später mehr.

    Moderne Exegeten sehen in den 5 Büchern Mose zwischen drei und fünf Verfasser(gruppen) am Werk.
    Unterschieden wird für gewöhnlich zwischen
    Jahwist, Elohist und der Priesterschrift,
    je nachdem welcher Gottesname verwendet wird (zB Elohim oder Jahwe).

    Inzwischen bestreiten neuere Theorien historisch-kritischer Forscher, dass hinter den Textstellen mit "Jahwe" als Gottesnamen ein eigener Verfasser oder eine eigene Verfassergruppe steckt. Mit den Diskussionen, Begründungen und sprachwissenschaftlichen Details um die Erforschung der Bibeltexte liessen sich ganze Bibliotheken füllen. Das bringt nichts.

    Schauen wir lieber die 5 Bücher Mose kurz im einzelnen an. Was sagt die Bibel selbst über den Verfasser?

    Das 1. Buch Mose nennt, soweit ich weiss, keinen Autor. Es wurde von den frühen Theologen erschlossen, dass er der Verfasser ist.
    Die Genesis/1. Buch Mose enthält viele einzelne Geschichten - um die Schöpfung, um die Sintflut, um die Patriarchen.
    Meiner Ansicht nach wurden diese Texte lange, lange Zeit vor allem mündlich überliefert. Moses hat dafür gesorgt, dass sie eine schriftliche Form bekamen.

    Im 2. Buch Mose wird Moses als Autor erwähnt. Moses befolgte Gottes Anweisungen und "schrieb alle Worte des Herrn nieder" heisst es in 2.Mose/Exodus 24,4.
    Diese Stelle bezieht sich eindeutig auf die
    Zehn Gebote (34,4.27-29)
    und das Buch des Bundes (20,22-23,33).
    Es darf aber berechtigterweise darauf geschlossen werden, dass das ganze 2. Buch Mose von Moses stammt.


    Das 3. Buch Mose/Leviticus nennt, soweit ich weiss, wiederum keinen Autor.
    Hier bin ich persönlich am wenigsten sicher, ob das Buch auf Moses als Verfasser zurückgeht.
    Das 3. Buch Mose stellt eine Zusammenfassung des 2. und des 4. Buch Mose dar, deshalb ist Moses als Autor oder Veranlasser wahrscheinlich.

    Im 4. Buch Mose/Numeri, in 33,2, wird Moses als derjenige bezeichnet, der den Auszug der Israeliten und ihre Tagesreisen beschrieb.

    Im 5. Buch Mose/Deuteronomium, 31,9, heisst es Moses war der, der "dieses Gesetz schrieb".

    Die Autorschaft des Moses für Stellen aus den 5 Büchern Mose wird ausserdem in Jos 1,7.8 und 8,31.32, in 1 Könige 2,3, Nehemia 13,1, Daniel 9,11-13 und einigen anderen Texten des Alten Testaments erwähnt.

    Autorschaft kann soviel heissen wie Sammler und Zusammenfasser mündlich überlieferter Texte. Diese Art Verfasserschaft Mose sehe ich vor allem im Buch Genesis,
    also im 1. Buch Mose.

    Autorschaft kann bedeuten, "selbst wortwörtlich so hingeschrieben". In diesem Sinne war Moses meiner Meinung nach Autor des 2. Buches Mose, vor allem und ganz gewiss der wichtigsten Passagen, wie das die Bibel mitteilt.

    Autorschaft kann bedeuuten: Es wurde so diktiert oder "mitstenografiert" oder gemerkt und von anderen aufgeschrieben.
    Diese Art Autorschaft des Mose sehe ich in den Büchern 3.-5. Buch Mose.


    Kurze Anmerkung

    Allgemein bekannt dürfte im Forum hier sein, dass
    die Bezeichnung 1.-5.Buch Mose für die ersten 5 Bücher der Bibel vor allem im protestantischen deutschen Sprachraum verbreitet ist.
    Im englischen Sprachraum finden sich die Bezeichnungen Genesis Exodus Leviticus Numbers Deuteronomy (zB King James Bible).
    Die ersten 5 Bücher der hebräischen Bibel (Torah/Pentateuch) heissen nach den ersten Worten, die im Text des jeweiligen Buches auftauchen:
    Das 1. Buch Mose/Genesis_______heisst im Hebräischen:‏בְּרֵאשִׁית‎ Bereschit = Im Anfang
    Das 2. Buch Mose/Exodus________heisst im Hebräischen:‏שִׁמוֹת‎ Schemot = Die Namen
    Das 3. Buch Mose/Leviticus_____heisst im Hebräischen:‏וַיִּקְרׇא‎ Wajikra = Und es rief
    Das 4. Buch Mose/Numeri________heisst im Hebräischen:‏בְמִדְבַּר‎ Bemidbar = In der Wildnis
    Das 5. Buch Mose/Deuteronomium_heisst im Hebräischen:‏דְבָרִים‎ Devarim = Die Worte


    Autorschaft (nicht nur in der Antike) des Moses

    Autor kann auch soviel heissen wie Sammler und Zusammenfasser mündlich überlieferter Texte.
    Diese Art Verfasserschaft sehe ich im Buch Genesis, also im 1. Buch Mose. Einiges kann allerdings auch direkt von Moses stammen.
    Übrigens: Auch im Sammeln und Zusamenfassen wirkt der Heilige Geist.

    Autorschaft kann bedeuten, selbst wortwörtlich so hingeschrieben.
    In diesem Sinne war Moses meiner Meinung nach Autor des 2. Buches Mose, vor allem und ganz gewiss der wichtigsten Passagen, wie das die Bibel mitteilt.

    Autorschaft kann bedeuten:
    Es wurde so diktiert oder "mitstenografiert" oder gemerkt und von anderen aufgeschrieben.
    Diese Art Autorschaft des Mose sehe ich in den Büchern 3.-5. Buch Mose.

  • Keineswegs als ergänzende Polemik, aber weil schon das eine und das andere "textkritisch" hereingebracht worden ist :

    Ich möchte Interessierte auf Pinchads Lapide verweisen : Ist die Bibel richtig übersetzt ? - GTB - -und andere vom gleichen Autor.

    Natürlich wissen es wir ChHristen seit 2000 Jahren viiieeeel besser als der Jude Lapide . Aber man kann doch wenigstens von seiner Realienkunde profitieren.

    Nihil hic determino dictans : Conicio, conor, confero, tento, rogo, quero - -

    Leider kann ich nicht mit der alleinerziehenden Mutter aufwarten - -

    • Offizieller Beitrag

    ...
    Das 1. Buch Mose nennt, soweit ich weiss, keinen Autor. Es wurde von den frühen Theologen erschlossen, dass er der Verfasser ist.
    Die Genesis/1. Buch Mose enthält viele einzelne Geschichten - um die Schöpfung, um die Sintflut, um die Patriarchen.
    Meiner Ansicht nach wurden diese Texte lange, lange Zeit vor allem mündlich überliefert. Moses hat dafür gesorgt, dass sie eine schriftliche Form bekamen.
    ....


    Es gibt dazu eine interessante Hypothese von P.J Wiseman:
    Mose hätte auf schriftliche Überlieferungen auf Tontafeln zurückgegriffen. Begründet wird das mit der sogenannten Toledoth-Struktur.

    Ich fand das recht plausibel bis überzeugend.

    Publiziert in (soweit ich weiß vergriffen): "Die Entstehung der Genesis", Das erste Buch der Bibel im Licht der archäologischen Forschung ISBN 3-417-24586-9 (besitze ich seit 1990)

    aktuell: http://www.amazon.de/entstehung-gen…%20J.%20Wiseman
    auch nur gebraucht


    Im web auf Englisch kommentiert:

    http://www.biblemysteries.com/library/genesis.htm
    http://en.wikipedia.org/wiki/Wiseman_hypothesis
    http://www.trueorigin.org/tablet.asp

    .

    Liebe Grüße, Heimo