Wahrheit des Evangeliums - Paulus und Petrus sind sich Uneins ?

    • Offizieller Beitrag

    Wenn ich dich richtig verstehe:

    • du hältst den Bericht über die Beschneidung des Timotheus für unglaubwürdig, weil Paulus in seinen Briefen eine - deiner Meinung nach - andere Theologie vertrat
    • du hältst den Bericht über das Apostelkonzil in der Apostelgeschichte ebenso für unglaubwürdig, weil Paulus in Gal 2,6 etwas anderes behauptet.

    Du argumentierst, dass die Briefe des Paulus (und damit "sein" Evangelium) vor der Niederschrift der Apostelgeschichte geschehen ist:

    [...]
    Udo Schnelle "Einleitung in das Neue Testament", 2007. - S. 113 datiert den Brief des Apostels Paulus an die Galater auf den Spätherbst 55 n. Chr.
    [...]
    Die Apostelgeschichte datiert Schnelle auf zwischen 90-100 n. Chr.
    [...]
    Dem widerspricht sein Brief an die Römer verfasst im Frühjahr 56 n. Chr. (Schnelle), sein Vermächtnis.

    Als Schreiber der Apostelgeschichte erkennst du Lukas an, der anscheinend nicht isoliert von Paulus wirkte (2. Tim 4,11 / Pihilemon 24 / Kol 4,14). Ich gehe daher davon aus, dass Lukas das Evangelium von Paulus gut kannte - schriftlich, wie auch mündlich - und zwar als er die Apostelgeschichte aufschrieb! Wenn dem so war - und das halte ich für sehr wahrscheinlich - wieso hat sich Lukas dann solche Irrtümer beim Apostelkonzil und der Beschneidung des Timotheus erlauben können? Er hätte wissen MÜSSEN, dass das, was er aufgeschrieben hat, dem Galaterbrief widerspricht (nach deiner Auffassung).

    Du bist der festen Überzeugung, dass Paulus das Gesetz im Galaterbrief (und auch im Römerbrief) für abgeschaft erklärt. Das ist deine persönliche Schlussfolgerung, die für dich eindeutig ist. Auf Grundlage dieser Schlussfolgerung betrachtest du nun die Apostelgeschichte, insbesondere Apg 16,3 - und kommst du zu dem Schluss, dass hier etwas nicht stimmen kann, da sich dieses Ereignis nicht mit deiner Schlussfolgerungen aus den Galater- und Römerbrief verträgt. Es gibt nun zwei Möglichkeiten:

    • Du korrigierst deine Schlussfolgerungen, die du aus dem Römer- und Galaterbrief gezogen hast
    • Du "korrigierst" die Apostelgeschichte, indem du die besagte Stelle für unglaubwürdig erachtest

    Wie du sicher mitbekommen hast, tendiere ich eher zu Punkt 1, weil es für mich im Galater- und Römerbrief (in der Gesamtschau!) nicht um die Abschaffung des Gesetzes geht, sondern um die Klarstellung, welchen Zweck das Gesetz hat. Das wurde hier nicht nur von mir so gesagt und ist auch allgemeine adventistische Überzeugung, wie du sicher schon weißt. Du wählst die zweite Möglichkeit. Diesen Weg der Bibelauslegung halte ich für gefährlich, weil du damit deine eigenen persönlichen Schlussfolgerung über andere Stellen der Bibel stellst. Wer sagt denn eigentlich das Paulus recht hatte? Vielleicht hatte ja Lukas recht und Paulus irrte sich. Diese These wurde hier übrigens auch schon vor kurzen von Hans Dieter vertreten (War Paulus ein Irrlehrer?). Er wendete quasi die gleiche Auslegungsmethode an wie, nur halt in das andere extrem, vielleicht hast du es ja mit bekommen.

  • Wo wird in der Thora Tischgemeinschaft mit den Heiden verboten?


    "Direkt" wahrscheinlich nirgendwo. Es wurde aber deutlich unterschieden, ob Heiden sich am jüdischen Glauben interessierten, oder sie die Juden vom Glauben verführer vollten. Um diese letztere Möglichkeit zu verhindern, haben fromme Juden "Vorsichtsmassnahmen" entwickelt und gepflegt. Vielleicht können wir heute dies mit der antiökumenische Einstellung innerhalb der STA Gemeinschaft vergleichen...

    Beispiele:

    Da stieg Petrus hinab zu den Männern und sprach: Siehe, ich bin's, den ihr sucht; warum seid ihr hier? Sie aber sprachen: Der Hauptmann Kornelius, ein frommer und gottesfürchtiger Mann mit gutem Ruf bei dem ganzen Volk der Juden, hat Befehl empfangen von einem heiligen Engel, daß er dich sollte holen lassen in sein Haus und hören, was du zu sagen hast. ...
    Und er (Petrus) sprach zu ihnen: Ihr wißt, daß es einem jüdischen Mann nicht erlaubt ist, mit einem Fremden umzugehen oder zu ihm zu kommen; aber Gott hat mir gezeigt, daß ich keinen Menschen meiden oder unrein nennen soll.
    Apg. 10:21-28.

    Wo steht in der Thora, dass " einem jüdischen Mann nicht erlaubt ist, mit einem Fremden umzugehen oder zu ihm zu kommen"? Ich glaube nirgendwo, trotzdem hatte Petrus diese Einstellung - Gott hat bei ihm korrigieren müssen.

    Nicht so vorsichtig war - leider - damals Salomo:

    Aber der König Salomo liebte viele ausländische Frauen: die Tochter des Pharao und moabitische, ammonitische, edomitische, sidonische und hetitische - aus solchen Völkern, von denen der HERR den Israeliten gesagt hatte: Geht nicht zu ihnen und laßt sie nicht zu euch kommen; sie werden gewiß eure Herzen ihren Göttern zuneigen. An diesen hing Salomo mit Liebe.
    1.Kön.11:1-2.

    Also es stehen doch irgendwie Warnungen in der Thora zur "Tischgemeinschaft" mit den Heiden... oder...

    Ich glaube weiterhin, dass der "antiochische Zwischenfall" (Worte von Yokurt) nicht durch die Interpretation des Gesetzes, sondern durch ein menschliches Fehlverhalten Petrus entstanden ist.

    Meiner Meinung nach erzählt Paulus allerdings nicht zufällig diese Episode vor der eigentlichen theologischen Lehre über das Gesetz.

    Liebe Grüsse
    Peter

    Jesus:
    "Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch! Das ist das Gesetz und die Propheten."
    Mat.7:12.

  • Es gab ja nicht nur die Thora sondern auch den Talmud und Midrasch - also jüdische Tradition außrhalb des AT-Kanons.
    Diese Regeln und Praxis hatte Jesus schon bei den Pharisäern massiv in Frage gestellt bzw. als nicht nach dem Willen Gottes angegriffen (vergl.: Matthäus 15,1ff; ).

  • Es gab ja nicht nur die Thora sondern auch den Talmud und Midrasch - also jüdische Tradition außrhalb des AT-Kanons

    Ja! Juden sprechen daher von schriftlicher und mündlicher Tora.
    Jesus setzte in seiner Bergpredigt der schriftlichen Tora vom Berg Sinai sein "Ich aber sage Euch" entgegen.


    Ich glaube weiterhin, dass der "antiochische Zwischenfall" (Worte von Yokurt) nicht durch die Interpretation des Gesetzes, sondern durch ein menschliches Fehlverhalten Petrus entstanden ist.

    Ja! Aber mehr noch, Paulus wirft Petrus vor vom Evangelium abgewichen zu sein. Das ist schwerwiegender als unterschiedliche Interpretation des Gesetzes oder menschliches Fehlverhalten.


    Als Schreiber der Apostelgeschichte erkennst du Lukas an, der anscheinend nicht isoliert von Paulus wirkte (2. Tim 4,11 / Pihilemon 24 / Kol 4,14). Ich gehe daher davon aus, dass Lukas das Evangelium von Paulus gut kannte - schriftlich, wie auch mündlich - und zwar als er die Apostelgeschichte aufschrieb! Wenn dem so war - und das halte ich für sehr wahrscheinlich - wieso hat sich Lukas dann solche Irrtümer beim Apostelkonzil und der Beschneidung des Timotheus erlauben können? Er hätte wissen MÜSSEN, dass das, was er aufgeschrieben hat, dem Galaterbrief widerspricht (nach deiner Auffassung).


    Dazu aus Stuttgarter kleiner Kommentar zum NT:

    Zitat


    Über den Verfasser der Apostelgeschichte wissen wir nicht viel. Die Tradition nennt ihn Lukas und hält ihn für den Paulusbegleiter, der in Phlm 24 und 2 Tim 4,11 genannt und in Kol 4,14 als Arzt bezeichnet wird. Dahinter steht das Bemühen der späteren Jahrhunderte, den Verfasser des lukanischen Doppelwerkes, Lukasevangelium und Apostelgeschichte, an die Autorität der urkirchlichen Apostel zu binden. Beide Schriften nennen keinen Namen als Verfasser, wir nennen ihn weiterhin Lukas. Er gehörte nicht zu der ersten Christengeneration, war weder ein Augenzeuge des Lebens Jesu noch ein unmittelbarer Zeitgenosse jener Zeit der Urkirche, die in der Apostelgeschichte zur Darstellung kommt. Seine Sprache, sein Stil, sein Umgang mit der Überlieferung lassen einen gebildeten Griechen erkennen, der auf der Höhe des literarischen Schaffens seiner Zeit steht. Er ist ein Christ, der aus dem Heidentum kommt, mit großer Begeisterung den Ursprüngen des Glaubens nachgeht und so zu einem großen Theologen wurde.
    2. Abfassungsort und -zeit
    Lukas schreibt in der dritten Christengeneration. Sein Evangelium sieht auf die Zerstörung des Jerusalemer Tempels (70 n. Chr.) als Ereignis der Vergangenheit zurück und wird zwischen 70 und 80 n. Chr. entstanden sein. Für die Apostelgeschichte werden als Entstehungszeit die Jahre 80 bis 90 n. Chr. angenommen.

    Ich folge dieser Auffassung!
    Lukas schreibt selbst:

    Zitat

    Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat.
    Dabei hielten sie sich an die Überlieferung derer, die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes waren.
    Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen, um es für dich, hochverehrter Theophilus, der Reihe nach aufzuschreiben. Lk 1f.


    Es ist folglich nicht anzunehmen, dass Lukas alle Paulusbriefe oder gar Paulus persönlich kannte. Er konnte nicht ahnen, dass es eines Tages eine Heilige Schrift namens "Neues Testament" geben würde, in der sein Werk neben den Briefen des Apostels Paulus steht.
    Ich denke, Lukas schrieb nach bestem Wissen und Gewissen, aber nicht korrekt.


    Wer sagt denn eigentlich das Paulus recht hatte? Vielleicht hatte ja Lukas recht und Paulus irrte sich.

    Die Zeit!
    "Das Apostelkonzil (auch Apostelkonvent genannt) in Jerusalem (zwischen 44 und 49).http://de.wikipedia.org/wiki/Apostelkonzil
    Zu dieser Zeit war Paulus bereits mehr als 17 Jahre als christlicher Jahr unterwegs (vgl. seine Angaben in Gal) Paulus muss als kurz nach Jesu Kreuzigung seine Bekehrung durch Christus erfahren haben und Christ geworden sein. Seine Briefe sind die ältesten christlichen Zeugnisse, die uns heute zur Verfügung stehen.
    +

    Paulus war selbst beim Apostelkonzil dabei. Er schreibt aus eigener Erfahrung. - Lukas hingegen schreibt, was andere, ihm erzählt haben. Also aus "zweiter/dritter Hand".


    Zitat

    und ist auch allgemeine adventistische Überzeugung,


    Ich finde es toll, dass Ihr mich in diesem Forum toleriert. Danke!
    Aber Du wirst verstehen, für mich als Katholikin ist dies kein zwingendes Argument.

    Ich vertraue meinem Verstand! Ich bin in der Lage Texte richtig zu interpretieren.
    Außerdem stehe ich mit meiner Meinung nicht allein:

    Zitat


    Argumente für eine Datierung zwischen 80 und 90:

    · Markante theologische und historische Unterschiede zwischen der Apostelgeschichte und den Paulusbriefen
    · Markante Unterschiede zwischen Apostelgeschichte und Flavius Josephus

    http://de.wikipedia.org/wiki/Apostelge…Lukas#Datierung

    • Offizieller Beitrag

    Christel

    Zitat

    Jesus setzte in seiner Bergpredigt der schriftlichen Tora vom Berg Sinai sein "Ich aber sage Euch" entgegen.

    Jesus entgegnet sowohl der schriftlichen, als auch der mündlichen Thora mit "ich aber sage euch". Aber ich verstehe Jesus nicht so, dass Er die Gebote ungültig macht und stattdessen Seine neue Worte zum Maßstab deklariert. "Ich aber sage euch" ist nicht der Gegensatz oder Ersatz für die Gebote, sondern die verschärfte Interpretation der bestehenden und weiterhin gültigen Gebote. Bei jedem "Ich aber sage euch" meint Jesus niemals so etwas wie "haltet das Gesetz nicht mehr, sondern nur das was Ich sage", sondern Er meint "zu dem, was ihr schon macht, muss noch mehr getan werden". Noch mehr tun - das schafft das Ursprüngliche nicht ab. Jesus hat die Gebote niemals irgendwie für ungültig erklärt. Er hat sie vielmehr betont, sowohl direkt (Mt 5.17, Mt 19.17, Lk 18.20) als auch indirekt, indem Er auf Kritik des rechten Einhalten des Sabbats (Mt 12.12) und der rechten Reinheit (Mk 7) niemals sagte, diese Gebote wären nicht mehr zu halten (obwohl dazu die Gelegenheit bot), sondern auf die korrekte Deutung und Anwendung dieser Gebote verwies.

    Zitat

    Damit würde ich ein neues Gesetz aufrichten, welches heißt "Man darf nichts tun, was auch im Gesetz steht". Gerade das ist zutieft gesetzlich! Damit würde ich vom Evangelium abweichen.

    Zitat

    Das tun hier wahrscheinlich die meisten Schreiber. Damit bestätigen sie meine/ Paulus seine Thesen, denn wenn das Gesetz gilt, kann man sich nichts aussuchen, dann gilt es ganz! - Ihr seid also gar nicht so weit von mir entfernt.
    Ich werde so nicht auswählen, denn
    - dann stelle ich möglicherweise den Buchstaben über den Willen Gottes.
    - dann verwerfe ich möglicherweise etwas, was wichtig ist. - Hygieneregeln gibt es bereits im AT. Die Christen wählten sie nicht aus. Nach fast 2000 Jahren wurde dann die Hygiene von der Wissenschaft entdeckt als lebensrettend.

    Zitat

    Paulus wirft Petrus vor vom Evangelium abgewichen zu sein. Das ist
    schwerwiegender als unterschiedliche Interpretation des Gesetzes oder
    menschliches Fehlverhalten.

    Der Vorwurf in Galater bestand sicherlich nicht darin, dass Petrus die 10 Gebote (wie er sie aus dem Gesetz kannte) gehalten hat. Du bestätigst meine Meinung, dass man von einem Extrem (alle Gebote des AT wären noch gültig) nicht in das andere Extrem (kein Gebot des AT ist gültig) übergehen darf, sondern einen mittleren Weg suchen soll. Von diesem mittleren Weg spreche ich eigentlich die ganze Zeit. Die Frage, die ich in meinem ersten Beitrag in diesem Thread stellte: was ist der für uns heute gültiger Wille Gottes? Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch einige/viele Gebote des AT noch gültig sind. Adventisten verstehen das Gesetz NICHT im Sinne von "entweder ganz oder ...", sondern suchen gerade den mittleren Weg, wo sie auf der einen Seite gewisse Änderungen im Gesetz erkennen, auf der anderen Seite aber auf viele Gebote nicht verzichten.

    Der praktische Unterschied zwischen Adventisten und dem Großteil anderer Christen besteht (fast) so gut wie in diesen Geboten: dem Sabbat, der Unterscheidung zwischen reinen/unreinen Tieren, Verzicht auf Blut. Und die Begründung dieser Gebote ist nicht auf die Gültigkeit des Gesetzes als ganzes zurückzuführen, sondern auf die Gültigkeit dieser Gebote auch außerhalb des "Gesetz"-Maßstabs, denn sie sind noch VOR dem Gesetz Mose gegeben worden und finden dort auch ihre Begründung.

    • Offizieller Beitrag

    Es ist folglich nicht anzunehmen, dass Lukas alle Paulusbriefe oder gar Paulus persönlich kannte. Er konnte nicht ahnen, dass es eines Tages eine Heilige Schrift namens "Neues Testament" geben würde, in der sein Werk neben den Briefen des Apostels Paulus steht.


    Wenn dem so ist, wie du schreibst, dann versteh ich nicht, wieso Lukas als Mitarbeiter des Paulus "sein" Evangelium nicht kannte. Ob nun mündlich oder schriftlich, ist jetzt auch egal. Paulus hat mit Sicherheit "sein" Evangelium gepredigt - und Lukas wird dabei gewesen sein. Es ist für mich höchst unwahrscheinlich, dass Lukas - wenn er denn Paulus' Mitarbeiter war - nichts von "seinen" Evangelium wusste. Jetzt könnte man wiederum in Frage stellen, ob Lukas überhaupt ein Mitarbeiter des Paulus war - dazu habe ich 3 Bibeltexte von Paulus selbst genannt, die in diese Richtung gehen. Sollte sich jetzt hier auch noch Paulus geirrt haben? Wie viele biblische Irrtümer wollen wir noch bemühen, damit das Gesetz endlich abgeschafft ist? :(

    Die Zeit!
    "Das Apostelkonzil (auch Apostelkonvent genannt) in Jerusalem (zwischen 44 und 49).http://de.wikipedia.org/wiki/Apostelkonzil
    Zu dieser Zeit war Paulus bereits mehr als 17 Jahre als christlicher Jahr unterwegs (vgl. seine Angaben in Gal) Paulus muss als kurz nach Jesu Kreuzigung seine Bekehrung durch Christus erfahren haben und Christ geworden sein. Seine Briefe sind die ältesten christlichen Zeugnisse, die uns heute zur Verfügung stehen.

    Ehrlich gesagt, ist das für mich auch kein Argument. Was hat die Zeit mit der inhaltlichen Richtigkeit seiner Theologie zu tun? Versteh ich nicht...

    Paulus war selbst beim Apostelkonzil dabei. Er schreibt aus eigener Erfahrung. - Lukas hingegen schreibt, was andere, ihm erzählt haben. Also aus "zweiter/dritter Hand".

    Lukas war Mitarbeiter von Paulus - wenn man Paulus selbst glaubt - er musste daher das Evangelium von Paulus kennen, wie oben schon erklärt - das ist jedenfalls meine Einschätzung.

    Ich finde es toll, dass Ihr mich in diesem Forum toleriert. Danke!
    Aber Du wirst verstehen, für mich als Katholikin ist dies kein zwingendes Argument.

    Das war auch nicht als Argument gemeint.

    Ich vertraue meinem Verstand! Ich bin in der Lage Texte richtig zu interpretieren.
    Außerdem stehe ich mit meiner Meinung nicht allein:


    Tue ich übrigens auch ;) Ob ich einen Text richtig interpretiere, würde ich von mir nicht mit 100%er Sicherheit behaupten. Ich meine schon, dass ich mich auch irren kann, deswegen bin ich ja auch hier und versuche zu diskutieren ^^
    Dass du mit deiner Meinung nicht allein stehst, nehme ich zur Kenntnis - ist für mich aber ebenso kein zwingendes Argument ;)

  • Ja! Juden sprechen daher von schriftlicher und mündlicher Tora.
    Jesus setzte in seiner Bergpredigt der schriftlichen Tora vom Berg Sinai sein "Ich aber sage Euch" entgegen.


    Nur daß Jesus die Juden deutlich wegen solcher "Überlieferungen" kritisiert hat und klar stellte, daß sie gegen Gottes Willen standen ( vergl.: Matthäus 15,1-9; Markus 7,1-13; )!
    Und ebenso hat Jesus den "Zehn Geboten" nicht seine Bergpredigt entgegen gestellt sondern damit den ursprünglichen Sinn erklärt, den man auch schon im AT erkennen kann weil es Gott immer um die Herzenshaltung und Einstellung ging.

    Jesus hat also - genau wie alle Propheten vor Ihm - nichts Anderes getan als an das längst Bekannte zu erinnern!

    • Offizieller Beitrag

    Ich will doch mal die Argumentation von Christel zusammenfassen - wenn ich sie falsch verstanden habe, bitte korrigiert mich.

    Ausgangspunkt:

    • Paulus vertritt ein gesetzesfreies Evangelium im Römer- und Galaterbrief.


    Schlussfolgerungen:

    • Besagte Briefe widersprechen daher der Apostelgeschichte "historisch und theologisch".

    Beispiele:

    • Paulus schreibt, dass den Heiden nichts auferlegt wurde durch das Apostelkonzil. Die Apostelgeschichte berichtet von "Götzenopfer, Blut, Aas und Unzucht".
    • Paulus wehrt sich vehement gegen die Beschneidung im Galaterbrief. Die Apostelgeschichte berichtet, dass Paulus Timotheus "um der Juden willen" beschnitt.

    Ursache der Widersprüche:

    • Der Schreiber der Apostelgeschichte konnte nur auf Quellen aus zweiter und dritter Hand zurückgreifen, wie er selbst zu gibt.
    • Als Schreiber wird Lukas identifziert, der seinen Bericht ohne Kenntnis des Galater-/Römerbriefs oder der "mündlichen" Predigten des Paulus abfasste, da er eher "isoliert" von Paulus wirkte und lebte.

    Der Ausgangspunkt dieser ganzen Diskussion ist das Verständnis des Römer- und Galaterbriefs. Ob in ihnen wirklich ein gesetzesfreies Evangelium vertreten wird, hat maßgeblichen Einfluss auf alle weiteren oben genannten Schlussfolgerungen und Erklärungsversuche.

  • Hallo Stephan Zöllner
    diese Argumentation hörte ich öfter. Hier wird ein bestimmtes christliches Bibelverständnis dem Juden Jesus unterstellt.
    Wie gesagt, Juden sprechen von der schriftlichen und mündlichen Tora. In der schriftlichen Tora, also dem AT gibt es Anweisungen Menschen zu steinigen nur weil die am Sabbat Holz sammeln. – Juden tun das heute nicht. Das verhindert die mündliche Tora, die Auslegung, die Tradition.

    Den ursprünglichen Sinn der Texte erläutern die Schriftgelehrten. Das ist jüdische Tradition!

    Über die Wirkung der Bergpredigt berichtet Mt 7,28-29:
    "Als Jesus diese Rede beendet hatte, war die Menge sehr betroffen von seiner Lehre; denn er lehrte sie wie einer, der (göttliche) Vollmacht hat, und nicht wie ihre Schriftgelehrten."

    Folglich ging Jesus über das hinaus, was ein Schriftgelehrter, der an das Gesetz gebunden ist, darf!


    Wenn Jesus das AT zitiert „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein.“
    Das steht im AT, in den 10 Geboten: Ex 20,13; Dtn 5,17

    und dann sagt „Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt,…“ Mt 5,21 f.)

    dann ist das mehr als eine Erläuterung!


    Weitere Beispiele:

    Mat 5,27 ff:
    Jesus sagt: „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen.“

    Das steht im AT, in den 10 Geboten Ex 20,14; Dtn 5,18

    Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht,…“


    Mt 5,31 f.
    „Ferner ist gesagt worden: Wer seine Frau aus der Ehe entlässt, muss ihr eine Scheidungsurkunde geben.“

    Die genauen Anweisung dazu finden sich ebenfalls im AT, Dtn 24,1-4:
    "Wenn ein Mann eine Frau geheiratet hat und ihr Ehemann geworden ist, sie ihm dann aber nicht gefällt, weil er an ihr etwas Anstößiges entdeckt, wenn er ihr dann eine Scheidungsurkunde ausstellt, sie ihr übergibt und sie aus seinem Haus fortschickt, Anstößiges: Was genau gemeint ist, wird nicht deutlich. Vielleicht liegt gar keine Einschränkung des Falles auf einen ganz bestimmten Scheidungsgrund vor. Die Ehescheidung wird jedenfalls als selbstverständlich vorausgesetzt. wenn sie sein Haus dann verlässt, hingeht und die Frau eines anderen Mannes wird, wenn auch der andere Mann sie nicht mehr liebt, ihr eine Scheidungsurkunde ausstellt, sie ihr übergibt und sie aus seinem Haus fortschickt, oder wenn der andere Mann, der sie geheiratet hat, stirbt, dann darf sie ihr erster Mann, der sie fortgeschickt hat, nicht wieder heiraten, sodass sie wieder seine Frau würde, nachdem sie für ihn unberührbar geworden ist."

    Jesus: „Ich aber sage euch: Wer seine Frau entlässt, obwohl kein Fall von Unzucht vorliegt, liefert sie dem Ehebruch aus; und wer eine Frau heiratet, die aus der Ehe entlassen worden ist, begeht Ehebruch.“

    Jesus bezieht sich auf das AT, Lev 19,12 „Ihr sollt nicht falsch bei meinem Nam en schwören; du würdest sonst den Namen deines Gottes entweihen.“, wenn er sagt:
    "Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst keinen Meineid schwören, und: Du sollst halten, was du dem Herrn geschworen hast."
    Dem setzt er entgegen: "Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht, weder beim Himmel, denn er ist Gottes Thron, ..." Mt 5,33-37

  • Hallo Bemo, ich korrigiere und ergänze direkt in Deinem Text:

    FG Christel

    • Offizieller Beitrag

    Ausgangspunkt:

    Paulus vertritt ein gesetzesfreies Evangelium im Römer- und Galaterbrief. Kompromisslos!


    Sehe ich anders. Das Hauptanliegen des Galaterbriefs ist die Gerechtigkeit aus dem Glauben und nicht die kompromislose Abschaffung des Gesetzes. Wenn du Interesse hast, können wir hier im Forum den Galaterbrief Vers für Vers durchsprechen?

    Schlussfolgerungen:


    Besagte Briefe widersprechen daher der Apostelgeschichte "historisch und theologisch". Auch hier wird am gesetzesfreien Evangelium festgehalten, aber mit Kompromissen.


    Zu einen gesetzesfreien Evangelium in der Apostelgeschichte kommst du bisher nur, weil du die, deiner Meinung nach, unglaubwürdigen Stellen streichst. Deshalb mein "daher". Ist die Apostelgeschichte nun frei vom Gesetz oder macht sie Kompromisse? Das eine schließt doch das andere aus? Versteh ich grad nicht. Wirklich frei vom Gesetz wird sie erst, wenn du die Kompromisse streichst, siehe Apg 16,3?

    Beispiele:


    Paulus schreibt in Gal, dass den Heiden nichts auferlegt wurde durch das Apostelkonzil. Die Apostelgeschichte berichtet von "Götzenopfer, Blut, Aas und Unzucht".


    Diesen vermeindlichen Widerspruch kann man übrigens auch ohne das unglaubwürdig erklären der besagten Apostelgeschichtsverse erklären. Entsprechende Erklärungsversuche sind dir schon bekannt, oder? Ansonsten könnte man dies auch noch seperat diskutieren, wenn du möchtest.

    Paulus wehrt sich vehement gegen die Beschneidung im Galaterbrief. Die Apostelgeschichte berichtet, dass Paulus Timotheus "um der Juden willen" beschnitt.


    Dieses Beispiel lässt sich - meiner Meinung nach - schon sehr einfach mit dem Galaterbrief erklären:
    [bibel]Gal5, 6 Denn in Christus Jesus hat weder Beschneidung noch Unbeschnittensein irgendeine Kraft, sondern der durch Liebe wirksame Glaube.[/bibel]
    Weil sie eben keine Kraft (zur Erlösung) hat - wie von den Verfechtern der Beschneidung wohl behauptet wurde - darf man sie im richtigen Verständnis (Nein zur Werksgerechtigkeit, Ja zur Gerechtigkeit aus dem Glauben = Schwerpunkt des Galaterbriefs) anwenden, um damit die Juden zu erreichen (Apg 16,3 "um der Juden willen" - und nicht um der eigenen Gerechtigkeit willen!). Durch dieses "Opfer" des Timotheus wurde sein Glaube wirksam. Er wurde den "Juden ein Jude" auf sehr praktischen Weg (1. Kor 9,20). Wie man hier Paulus und Timotheus einen Rückfall ins Gesetz unterstellen kann, erschließt sich mir daher nicht.

    Der Ausgangspunkt dieser ganzen Diskussion ist das Verständnis des Römer- und Galaterbriefs. Ob in ihnen wirklich ein gesetzesfreies Evangelium vertreten wird, hat maßgeblichen Einfluss auf alle weiteren oben genannten Schlussfolgerungen und Erklärungsversuche. Ausgangspunkt war ursprünglich, die von Yokurt angesprochene Uneinigkeit zwischen Petrus und Paulus. - Eigentlich sind sich Petrus und Paulus einig, so berichtet Paulus im Galaterbrief. Es gibt noch andere Juden, die meinen, auch Christen müssen das jüdische Gesetz halten, sich beschneiden lassen... Petrus nimmt Rücksicht auf diese gesetzlich denkenden Judenchristen. Dafür wird er von Paulus scharf kritisiert.


    Du hast recht, der Ausgangspunkt der (gesamten) Diskussion ist der Konflikt zwischen Paulus und Petrus. Meine Wiederholung deiner Argumentation betraf lediglich das Nachvollziehen deiner Methode zur Streichung unpassender bzw. widersprüchlicher Bibelverse in der Apostelgeschichte. Und hier sehe ich die Ursache in deinem Verständnis vom gesetzesfreien Evangelium im Galater- und Römerbrief.

  • meiner Meinung nach müssen für solch eine - in meinen Augen seltsame bis fragwürdige - Haltung erst einmal sachliche Argumente gefunden werden, denn sie passen keineswegs mit uns bereits bekannten Tatsachen zusammen.

    1. Lukas war gebildeter Arzt
    2. Lukas war vertraut mit den klassischen Methoden des Wissenschaftlichen Arbeitens
    3. Lukas verfaßte aufgrund von Recherchen und Zeugenbefragungen das Lukas Evangelium
    4. Lukas schrieb die Apostelgeschichte als Fortsetzung des Evangeliums
    5. Lukas war zeitweise Begleiter und vermutlich Schreiber des Paulus (wir-Passagten)
    6. Lukas liefert äußerst präziese Berichte der Geschehnisse - selbst wenn er nicht persönlich dabei war weil er sorgfältig gearbeitet hat!

    Es ist daher fragwürdig Lukas zu unterstellen, daß er weder das Evangelium noch Paulus kannte.
    Es ist auch recht unwahrscheinlich, daß Paulus "sein Evangelium" nachträglich veränderte und sich dabei deutlich von den anderen Aposteln entfernte.
    Viel wahrscheinlicher ist ein Mißverständnis oder Interpretationsfehler!

    Abgesehen davon ist der Unterschied zwischen Apg. 15 und Gal 2 völlig konstruiert - die Berichte weichen NICHT voneinander ab!

    Wichtig ist dabei auch zu verstehen, daß hier vom Mosaischen Gesetz - und nicht von den "Zehn Geboten"! - die Rede ist.
    Beim Apostelkonziel geht es ausschließlich um das Zeremonial-Gesetz (Beschneidung, Priester- & Opferdienst, ... ), das dazu bestimmt war prophetisch auf Jesus hinzuweisen und dessen Bedeutung logischerweise mit seiner Erfüllung in Christus hinfällig wurde. Es wird mit keinem Satz die Gültigkeit der "Zehn Gebote" in Frage gestellt!

    Paulus selbst unterstreicht ja daß das Sitten-Gesetz! weiter gültig bleibt (vergl.: Römer 2,17-29; Römer 3,30-31; ) während er gleichzeitig - ähnlich wie Jesus vor ihm! - den ursprünglichen Sinn hinter der Symbolik des Zeremonialgesetzes (im Bild der Beschneidung) wieder herstellt.

    Der Widerspruch ist also herbeigeredet und kann überhaupt nur dann postuliert werden wenn man nicht in der Lage ist zwischen SittenGesetz (10 Gebote) und ZeremonialGeseetz (Mosaisches Gesetz, Beschneidung, Opferdienst ... ) zu differenzieren.

  • Dieses Beispiel lässt sich - meiner Meinung nach - schon sehr einfach mit dem Galaterbrief erklären:
    Bibelstelle
    Gal5, 6 Denn in Christus Jesus hat weder Beschneidung noch Unbeschnittensein irgendeine Kraft, sondern der durch Liebe wirksame Glaube.

    Weil sie eben keine Kraft (zur Erlösung) hat - wie von den Verfechtern der Beschneidung wohl behauptet wurde - darf man sie im richtigen Verständnis (Nein zur Werksgerechtigkeit, Ja zur Gerechtigkeit aus dem Glauben = Schwerpunkt des Galaterbriefs) anwenden, um damit die Juden zu erreichen (Apg 16,3 "um der Juden willen" - und nicht um der eigenen Gerechtigkeit willen!). Durch dieses "Opfer" des Timotheus wurde sein Glaube wirksam. Er wurde den "Juden ein Jude" auf sehr praktischen Weg (1. Kor 9,20). Wie man hier Paulus und Timotheus einen Rückfall ins Gesetz unterstellen kann, erschließt sich mir daher nicht.

    Die Beschneidung bei einem Erwachsenen ist keine Kleinigkeit! Niemand macht das nur mal so. Niemand wird es tun, wenn es keinen Nutzen bringt.
    Deine These wird von der Apostelgeschichte nahegelegt.

    Paulus schrieb seinen Brief an die Galater gerade, um sie vor der Beschneidung zu bewahren!
    Ich empfehle Dir den ganzen Brief an die Galater vollständig in Ruhe zu lesen!

    Paulus war Jude. Paulus war beschnitten. Doch das hatte für ihn keine Bedeutung mehr. Dies wird auch den Galatern nichts bringen.
    Hier Gal 5,6 im Zusammenhang:

    Ihr, die ihr euch dem Gesetz unterstellen wollt, habt ihr denn nicht gehört, was im Gesetz steht?

    In der Schrift wird gesagt, dass Abraham zwei Söhne hatte, einen von der Sklavin, den andern von der Freien. Der Sohn der Sklavin wurde auf natürliche Weise
    gezeugt, der Sohn der Freien aufgrund der Verheißung. Darin liegt ein tieferer Sinn:

    Diese Frauen bedeuten die beiden Testamente. Das eine Testament stammt vom Berg Sinai und bringt Sklaven zur Welt; das ist Hagar – denn Hagar ist Bezeichnung für den Berg Sinai in Arabien - und ihr entspricht das gegenwärtige Jerusalem, das mit seinen Kindern in der Knechtschaft lebt.

    Das himmlische Jerusalem aber ist frei, und dieses Jerusalem ist unsere Mutter. Denn es steht in der Schrift: Freu dich, du Unfruchtbare, die nie geboren hat,
    /brich in Jubel aus und jauchze, die du nie in Wehen lagst! / Denn viele Kinder hat die Einsame, /mehr als die Vermählte. Ihr aber, Brüder, seid Kinder der
    Verheißung
    wie Isaak.

    Doch wie damals der Sohn, der nach dem Fleisch gezeugt war, den verfolgte, der nach dem Geist gezeugt war, so geschieht es auch jetzt.

    In der Schrift aber heißt es: Verstoß die Sklavin und ihren Sohn! Denn nicht der Sohn der Sklavin soll Erbe sein, sondern der Sohn der Freien. Daraus folgt
    also, meine Brüder, dass wir nicht Kinder der Sklavin sind, sondern Kinder der Freien.

    Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Bleibt daher fest und lasst euch nicht von neuem das Joch der Knechtschaft auflegen!
    Hört, was ich, Paulus, euch sage: Wenn ihr euch beschneiden lasst, wird Christus euch nichts nützen.

    Ich versichere noch einmal jedem, der sich beschneiden lässt: Er ist verpflichtet, das ganze Gesetz zu halten.


    Wenn ihr also durch das Gesetz gerecht werden wollt, dann habt ihr mit Christus nichts mehr zu tun; ihr seid aus der Gnade
    herausgefallen.


    Wir aber erwarten die erhoffte Gerechtigkeit kraft des Geistes und aufgrund des Glaubens. Denn in Christus Jesus kommt es nicht darauf an, beschnitten oder
    unbeschnitten zu sein, sondern darauf, den Glauben zu haben, der in der Liebe wirksam ist. Ihr wart auf dem richtigen Weg. Wer hat euch gehindert, weiter der
    Wahrheit zu folgen?

    Was man auch gesagt hat, um euch zu überreden: es kommt nicht von dem, der euch berufen hat.

    Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig.

    Doch im Glauben an den Herrn bin ich fest davon überzeugt, dass ihr keine andere Lehre annehmen werdet. Wer euch verwirrt, der wird das Urteil Gottes zu tragen
    haben, wer es auch sei.

    Man behauptet sogar, dass ich selbst noch die Beschneidung verkündige. Warum, meine Brüder, werde ich dann verfolgt? Damit wäre ja das Ärgernis des Kreuzes
    beseitigt.
    Gal 4,21-5,11

    Klarer geht es nicht!


    FG Christel

    • Offizieller Beitrag

    Für die Betrachtung der Diskussion kann die Arbeit von Douglas J. Moo 'Law', 'Works Of The Law', And Legalism In Paul sehr nützlich sein. Hier geht der Author der Frage nach, welche Bedeutung das griechische Wort 'nomos' (allgemein übersetzt als "Gesetz") trägt, welches von Paulus überall in seinen Briefen verwendet wird. Der Author stellt fest, dass ein einheitliches Verständnis von 'nomos' im Sinne von "alle Gebote des Gesetzes Mose" nicht möglich ist. Je nach Kontext variiert die Bedeutung des Wortes signifikant.

    In diesem Sinne ist das "Gesetz", welches in Galater betrachtet und kritisiert wird, nicht (unbedingt) das Gesetz im Sinne von "die 10 und andere Gebote". Es ist, wie schon mehrmals hier gesagt, völlig unsinnig zu behaupten, dass Paulus dem Petrus ein "gesetzliches Verhalten" unterstellen würde, weil Petrus die 10 Gebote Gottes hält. Deshalb meint Paulus hier einen völlig anderen Sachverhalt, wenn er das Gesetz im Zusammenhang mit der Beschneidung in Verbindung bringt und kritisert. Was genau dieser Sachverhalt ist, ist die theologische Streitfrage schon seit Jahrhunderten. Und zu dem Verständnis des Gesetzes im Galaterbrief gibt es mehrere Interpretationen. Ich möchte dazu hier zum Beispiel folgende Werke nennen:

    Troy Martin - Apostasy To Paganism. The Rhetorical Stasis Of The Galatian Controversy
    Troy Martin - Pagan And Judeo-Christian Time-Keeping Schemes In Gal 4.10 And Col 2.16
    Ross Cole H. - The Christian And Time-Keeping In Colossians 2.16 And Galatians 4.10
    Jim Wood - Sabbath and Galatians 4.9-10

    Die Apostelgeschichte ist ebenso eine theologische Streitfrage. Sicherlich wurden durch die Aufzählung der 4 Gebote (Apg 15.29) die 10 Gebote Gottes nicht in Frage gestellt. Gemeinsam diesen 4 aufgezählten Gebote ist, dass sie aus 3Mo Kapitel 17 und 18 stammen, und ebenso für die Fremde innerhalb des Volkes Israel relevant waren. Aber relevant für die Fremden innerhalb Israel waren ebenso viele andere Gebote (10 Gebote insgesamt, einschließlich das Gebot, keine unreinen Tiere zu essen). Der Streit ist aufgrund der Frage der Beschneidung entstanden, und da muss nach Lösung gesucht werden, warum ausgerechnet diese vier Gebote im Konzil genannt wurden.

    Die Erklärung, dass das Gesetz abgeschafft wurde, ist nicht ausreichend. Wenn dem so ist, warum wurden dann diese 4 Gebote für die Heiden als verbindlich erklärt? Einige behaupten, um der Juden willen, um ihre Gewissheit nicht zu verletzen, wurden diese Gebote weiterhin in Kraft behalten. Konsequent gedacht, müssten weger judischer Gewissensprobleme dann nicht nur diese vier Gebote genannt werden, sondern auch viele andere Gebote, inklusiv das Sabbatgebot und die Gebote über die reinen und unreinen Speisen. Denn diese Gebote waren ebenso die selbstverständlichste Selbverständlichkeit für die Juden. Die Antwort, das Gesetz wurde abgeschafft, löst kein einziges Problem, sondern proiziert die offenen Fragen einfach in andere, neue Fragen, die ebenso ungeklärt bleiben.

    • Offizieller Beitrag

    Ich empfehle Dir den ganzen Brief an die Galater vollständig in Ruhe zu lesen!


    Habe ich schon oft. Und oft auch als Hörbuch gehört. Und vorhins mal wieder als ganzes gelesen.

    Aus dem von dir zitierten Versen geht für mich ganz klar hervor, dass Paulus gegen die Werksgerechtigkeit schreibt - die ist es nämlich, die den Menschen versklavt! Und die Werksgerechtigkeit abschaffen ist nicht das gleiche, wie das Gesetz abschaffen - das ist meiner Meinung nach ein riesen Unterschied.

    Das Gleichnis von den zwei Söhnen erklärt sich mir so:
    Nach dem Gesetz wäre Ismael der Erstgeborene und Erbe. Nach der Verheißung ist es Isaak. Was gilt nun mehr? Werde ich auf Grund des Gesetzes zum Erbe oder auf Grund Gottes Verheißung? Und das ist genau die zentrale Frage des Galaterbriefs: Werde ich durch das Gesetz gerecht (=Fallbeispiel Beschneidung) oder durch Gottes Verheißung - also durch seine Gnade? Paulus schließt das Gesetz als Heilsweg aus! Das ist seine zentrale Aussage hier und er stützt sich dabei auf das alte Testament!

    Es treten nun in den Gemeinden von Galatien Juden auf, die die Beschneidung fordern, um gerechtigfertigt zu werden. Das Joch, von dem Paulus schreibt, würde heute sicher als geistlicher Missbrauch bezeichnet werden. Man spricht dem Glaubensbruder das ewige Leben ab, weil er dieses oder jenes noch tut oder nicht lässt - man macht Angst und setzt ihn unter Druck. Das ist die Knechschaft, von der Paulus schreibt. Wer nun diesen Agitatoren auf dem Leim geht - d.h. die Werksgerechtigkeit als Heilsweg wählt - entscheidet sich damit automatisch gegen Gottes Gnade. Um nun nach seinen denken Gerecht zu werden, müsste er das gesamte Gesetz halten, was einen aber nicht rechtfertigen würde.

  • 5. Lukas war zeitweise Begleiter und vermutlich Schreiber des Paulus (wir-Passagten)

    Diese These taucht zuerst bei Irenäus auf um 180 n. Christus auf.
    Die Bibelwissenschaft folgt dem heute nicht mehr.

    Beschäftige Dich doch mal mit der Einleitungswissenschaft. Ich verwende das Standardwerk von Prof. Dr. Udo Schnelle „Einleitung in das Neue Testament“ in der 6., neubearb. Aufl. von 2007, inzwischen in der 8. Aufl. erhältlich.


    Zitat

    Wichtig ist dabei auch zu verstehen, daß hier vom Mosaischen Gesetz - und nicht von den "Zehn Geboten"! - die Rede ist.

    Nein!
    Mose erhielt die "Zehn Gebote" auf dem Berg Sinai von Gott! Auf Tafeln aus Stein!
    Die Zehn Gebote sind das Gesetz vom Sinai. Sie stehen in 2. und 5.Mose.
    Für Juden sind die Bücher Mose die Tora, das Gesetz.

    Zitat

    Beim Apostelkonziel geht es ausschließlich um das Zeremonial-Gesetz (Beschneidung, Priester- & Opferdienst, ... ), das dazu bestimmt war prophetisch auf Jesus hinzuweisen und dessen Bedeutung logischerweise mit seiner Erfüllung in Christus hinfällig wurde. Es wird mit keinem Satz die Gültigkeit der "Zehn Gebote" in Frage gestellt!

    Nein!
    Paulus erwähnt das Konzil im Galaterbrief, weil es genau darum geht: "Ich versichere noch einmal jedem, der sich beschneiden lässt: Er ist verpflichtet,
    das ganze Gesetz zu halten.
    " Gal 5,3
    Deine Unterscheidung ist nicht biblisch!

    Paulus selbst unterstreicht ja daß das Sitten-Gesetz! weiter gültig bleibt (vergl.: Römer 2,17-29; Römer 3,30-31; )


    Nein!
    - In Röm 2,17-29 geht es nicht um Christen, sondern um Juden und das Gesetz.

    - Röm 3,30-31 steht in diesem Zusammenhang:

    Röm 3,21-31
    Jetzt aber ist unabhängig vom Gesetz die Gerechtigkeit Gottes offenbart worden, bezeugt vom Gesetz und von den Propheten: die Gerechtigkeit Gottes aus dem Glauben an Jesus Christus, offenbart für alle, die glauben. Denn es gibt keinen Unterschied:
    Alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren. Ohne es verdient zu haben, werden sie gerecht, dank seiner Gnade, durch die Erlösung in Christus Jesus.

    Ihn hat Gott dazu bestimmt, Sühne zu leisten mit seinem Blut, Sühne, wirksam durch Glauben. So erweist Gott seine Gerechtigkeit durch die Vergebung der Sünden, die früher, in der Zeit seiner Geduld, begangen wurden; er erweist seine Gerechtigkeit in der gegenwärtigen Zeit, um zu zeigen, dass er gerecht ist und den gerecht macht, der an Jesus glaubt. Kann man sich da noch rühmen? Das ist ausgeschlossen. Durch welches Gesetz? Durch das der Werke? Nein, durch das Gesetz des Glaubens.

    Denn wir sind der Überzeugung, dass der Mensch gerecht wird durch Glauben, unabhängig von Werken des Gesetzes.

    Ist denn Gott nur der Gott der Juden, nicht auch der Heiden? Ja, auch der Heiden, da doch gilt: Gott ist «der Eine». Er wird aufgrund des Glaubens sowohl die Beschnittenen wie die Unbeschnittenen gerecht machen. Setzen wir nun durch den Glauben das Gesetz außer Kraft? Im Gegenteil, wir richten das Gesetz auf.

    Die Sünde soll nicht über euch herrschen; denn ihr steht nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade. Heißt das nun, dass wir sündigen dürfen, weil wir nicht unter dem Gesetz stehen, sondern unter der Gnade? Keineswegs! Röm 6, 14f.

    Ebenso seid auch ihr, meine Brüder, durch das Sterben Christi tot für das Gesetz, so dass ihr einem anderen gehört, dem, der von den Toten auferweckt wurde; ihm gehören wir, damit wir Gott Frucht bringen. Röm 7,4

    Mein Fazit:
    Jesus tritt an die Stelle des Gesetzes!


    Paulus schließt das Gesetz als Heilsweg aus! Das ist seine zentrale Aussage

    Das wollen wir festhalten! Das Gesetz ist nicht der Weg.

  • Die Bibelwissenschaft folgt dem heute nicht mehr.

    Die bisherigen kontroversiellen Glaubens"Positionen" zeigen u.a. wie schwierig---und äußerst umfangreich----in einem solchen Falle die Argumentationen und Begründungen zu den jeweiligen Aussagen zu erbringen und----transparent und nachvollziehbar zu machen wären.

    Nur ein aktuelles Beispiel dazu ist ja obige Aussage.
    Welches biblisches Gewicht und Aussagekraft hat eine solche Aussage, welche ja keinerlei Möglichkeiten der Nachprüfbarkeit auf saubere biblisch vertretbare Hermeneutik (und damit biblische Exegese) gibt ?(

    Wer ist "die heutige Bibelwissenschaft" und was gibt Sicherheit für deren qualitativen Aussagen---z.B. zu unserer Thematik hier. :?:
    Allein das wäre schon wieder ein Ansatz für einen neuen Thread.
    l.g.y.

  • Hallo Yokurt,

    schön, dass Du aktiv wieder mitmischt! :)  Es ist Dein Thema.

    Ich empfahl das Werk von Prof. Dr. Udo Schnelle: http://www.theologie.uni-halle.de/nt/schnelle/
    Die heutige Bibelwissenschaft arbeitet historisch-kritisch. So habe ich es innerhalb der kath. Kirche gelernt. – Mir ist klar, dass diese Methode bei Euch nicht verwendet wird. – Andere Methoden,
    andere Ergebnisse.

    Dennoch wurden Gemeinsamkeiten deutlich:

    Paulus schließt das Gesetz als Heilsweg aus! Das ist seine zentrale Aussage hier

    Auch HeimoW hat das bereits früher bestätigt.

    Allerdings scheint
    a) der Mut zur Konsequenz zu fehlen oder
    b) es besteht ein Missverständnis bezüglich der Ethik.

    a) Menschen wollen gern Regelungen, alle Institutionen wollen regeln. Ein gesetzesfreies Evangelium ist ihnen zu frei.
    b) Ein gesetzesfreies Evangelium bedeutet nicht „tu was Du willst“ sondern höchstens „Liebe und tu was Du willst“. An die Stelle des Gesetzes tritt Jesus. Wer Christ sein will wird ihm glauben und nachfolgen. Nachfolge Jesu heißt nach seinem Willen fragen. Sofern das funktioniert wird die in der Nachfolge praktizierte Gerechtigkeit größer sein als es jede Gesetzesgerechtigkeit sein kann.

    LG Christel

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    a) der Mut zur Konsequenz zu fehlen oder

    Mut zu der Konsequenz, die du auf Grundlage deiner Methode ziehst?

    b) es besteht ein Missverständnis bezüglich der Ethik.


    Missverständnis bezüglich der Ethik, die du auf Grundlage deiner Methode erkannt hast?

    Nachfolge Jesu heißt nach seinem Willen fragen.


    Scheinbar bekommen wir aber gänzlich unterschiedliche Antworten auf Grund unterschiedlicher Methoden, auch wenn es sicherlich die ein oder andere Schnittmenge gibt. Die Zehngebote zum Beispiel zählen wohl nicht dazu. Ich denke, ich habe alles wichtige zu diesen Thema meinerseits gesagt. Wenn es keine grundlegende Übereinstimmung in der Methode gibt, seh ich auch ehrlich gesagt keinen Grund mehr über die jeweiligen Ergebnisse zu diskutieren.

  • Missverständnis bezüglich der Ethik, die du auf Grundlage deiner Methode erkannt hast?

    Nein!
    Wie zusehen ist waren wir uns trotz unterschiedlicher Methoden einig!

    Ich bin lediglich sehr viel konsequenter als Du. Wir beide haben dasselbe erkannt. Ich ziehe die Konsequenzen und folge dem.