Opferung Jesu durch Gott Vater für die Menschheit: menschliche Analogien?

  • Hallo,

    meine Schwester hat mir eben einen Clip gezeigt.
    Wie findet ihr den? Die Aussage?
    http://www.youtube.com/watch?v=9SCV1LWTjuY

    Ein "Fehler" ist mir sofort aufgefallen; Jesus wusste, was auf ihn zukommt und hat es bewusst gemacht. Es war kein dummer Unfall, in dem dann der Vater über seinen Kopf hin weg entschied, was passierte.

    Liebe Grüße

    Kathrin

    Lass mich am Morgen hören Deine Gnade, denn ich hoffe, HERR, auf Dich. Tu mir kund den Weg, den ich gehn soll, denn mich verlangt nach Dir. (Ps 143,8 )

    AviThomas.jpg

  • diese Geschichte kenne ich aus einer Predigt! Mir bleibt jedes mal die Sprache weg, wenn ich sie höre, lese oder sehe. Ich bin auch Familienvater!
    Aber ob es ein Fehler im Video war? Das weiß ich nicht. Der Junge "wollte" helfen und kam dabei um (Jesus "hat" geholfen und kam dabei um)! Die Originalgeschichte, da war der Junge am Spielen im Getriebe der Brücke und der Vater musste alleine entscheiden, die Brücke wieder herab zu lassen...
    Beim Video hätte der Vater auch seinen Sohn vor dem Tod retten können und die Menschen im Zug sterben lassen können. Bei mir würde beides zusammen passen - Vater und Sohn. welche Entscheidung ICH getroffen hätte (als Vater) - da kann ich nur das "Vater unser" beten...
    Gruß
    Mikel

  • Eine bewegende Geschichte von der ich auch schon in einer Predigt gehört hatte. Allerdings spielte der Junge damals am Räderwerk einer Schranke.

    Tja, die Entscheidung war wohl richtig obwohl ich es jetzt nicht 1:1 mit Jesus und Gott vergleichen würde.

    Der Junge wird wieder auferstehen (auch wenn es länger als 3 Tage dauert) - Gott lebt in anderen Zeitdimensionen und der irdische Körper ist nicht viel wert...

    Hoffen wir, dass wir niemals in eine vergleichbare Lage kommen werden

  • Liebe Kathrin,

    habe erst jetzt Deinen Beitrag mit dem Hinweis auf diese Geschichte am Video entdeckt, mit der zwar auf sehr emotionale Weise dargestellt werden sollte, was Gott und Jesus in ihrer Liebe bereit waren zur Erlösung verlorener Menschen zu tun! Allerdings gibt es in dieser wie auch in so manch anderen solcher ähnlichen Geschichten, die immer wieder gerne zur Illustration des Todes Jesu in Predigten erzählt werden, eine ganze Reihe von Elementen, bei denen ich mich frage, ob damit wirklich das recht dargestellt wird, wie wir den Tod Jesu zur Erlösung der Menschen verstehen sollten.
      
    Das wichtigste scheint den Autoren solcher gleichnishaften Geschichten zu sein, vor allem sowohl die Bereitschaft des Vaters seinen Sohn anstelle totgeweihter Menschen zu opfern, aber auch die Bereitschaft des Sohnes, sich völlig freiwillig anstelle verlorener Menschen töten zu lassen. Ob das jedoch durch solche Geschichten wirklich gut gelingt, stelle ich immer wieder sehr in Frage und so auch bei dieser Geschichte.
      
    Dazu einige Fragen, Gedanken und Überlegungen zu dieser Geschichte auf diesem Video:
      
    Zunächst sollte bedacht werden, dass laut traditioneller christlicher Lehre, der Tod Jesu als freiwillige und stellvertretende Übernahme der Strafe für die Sünde der Menschen interpretiert wird. Nach diesem Erlösungskonzept muss jedoch Vater und Sohn vorher übereinkommen, dass kein Mensch, der sündigt und somit dann auch für immer verloren wäre, gerettet werden kann, außer der Vater ist bereit, seinen Sohn in diese Welt zu senden und ihn auf irgend eine Weise einem qualvollen Tod an der Stelle der Menschen auszuliefern. Andererseits verlangt dieses Konzept auch von seinem Sohn, dass er unbedingt bereit sein müsse, die Todesstrafe an der Stelle verlorener Menschen freiwillig auf sich zu nehmen und sich wie auch immer an ihrer Stelle töten zu lassen, denn das verlangt diesem Konzept nach die Gerechtigkeit Gottes und ist eine unveränderbare Forderung des göttlichen Gesetzes.
      
    Demnach hat einerseits der Vater keine andere Wahl, als seinen Sohn zum Sterben anstelle der Menschen in diese Welt zu senden, vorausgesetzt er will die Menschen überhaupt retten! Andererseits hat auch der Sohn keine andere Wahl, als sich freiwillig töten zu lassen, wenn auch nur ein Mensch gerettet werden soll.
      
    Wird dieses Konzept der Erlösung jedoch durch diese Geschichte auf dem Video recht dargestellt?


    Fortsetzende Gedanken dazu folgen:  

  • Fortsetzung:

    Hier nur mal einige unpassende Elemente, auf die ich in dieser Geschichte im Vergleich mit der tatsächlichen Geschichte um den Tod Jesu aufmerksam machen möchte:

    In dieser Geschichte auf dem Video gibt z. B. im Vergleich zum Tod Jesu der Sohn nicht freiwillig sein Leben für die totgeweihten Menschen in dem Zug dahin, sondern der Vater wird durch das, dass sich sein Sohn durch eine persönliche Unachtsamkeit auf dieser Ziehbrücke zu einem kritischen Zeitpunkt selbst in eine Todesgefahr brachte, in gewisser Weise gezwungen, seinen Sohn durch das Niederfahren der Brücke, persönlich zu töten, um so alle ahnungslosen Insassen des Zuges vor dem Tode zu bewahren.

    Bei Jesus hat jedoch nicht der Vater entschieden, seinen Sohn zu kreuzigen und somit auch buchstäblich zu Tode zu bringen und zu töten, sondern in Realität war es ein korruptes, menschliches Gericht, das seinen Tod durch Kreuzigung verlangte. Dazu kam noch die Unterstützung von einer versammelten Volksmenge, die von den religiösen Führern, die unter Satans Einfluss standen, dazu überredet wurde, den Kreuzestod Jesu zu verlangen.

    In dem Fall starb der Sohn Gottes nicht wirklich freiwillig, sondern in Realität wurde er von verblendeten, unbußfertigen und verführten Menschen mit der Überzeugung getötet, dass er ein Betrüger und Verführer des Volkes sei und somit den Tod verdiene, weil sonst das ganze Volk bedroht wäre umzukommen.

    In dem Fall wurde der Sohn Gottes im Vergleich zur Geschichte auf dem Video nicht einfach vom Vater aus einer Notsituation heraus zu Tode gebracht, sondern von einem Mobb von religiös verführten und gottlosen Menschen, die ihn allerdings vorher als guten, wohltätigen und wundertätigen Menschen und bekannten Lehrer des Volkes kannten, verwarfen, verspotteten, kreuzigten und töteten. 

    In der Geschichte kommt auch in keiner Weise der Gedanke zum Ausdruck, dass der Sohn freiwillig eine Strafe für das Fehlverhalten der Zuginsassen auf sich nimmt, und deshalb von seinem Vater geopfert bzw. getötet werden musste, weil das Gesetz es so vorschreibt. Im Gegenteil ist es da so, dass der Sohn sich selbst in eine Situation brachte, durch die er die gesamte Belegschaft des Zuges ungewollt in Todesgefahr brachte, und seinen Vater dadurch in diese furchtbare Situation brachte, über seinen eigenen Sohn die Brücke niederzulassen und ihn so zu töten!

    Das würde auf die gesamte Sünden- und Erlösungsthematik übertragen bedeuten, dass letztlich der Sohn Gottes selbst schuld ist, dass Menschen in die Verlorenheit kamen, und dass er sich damit selbst in eine Lage brachte, von seinem Vater anstelle der Verlorenen geopfert bzw. getötet zu werden.

    Eine weitere Fortsetzung folgt:

  • Fortsetzung:

    Außerdem hat hier auch nicht der Vater aus Liebe zu totgeweihten Menschen im Zug, seinen Sohn auf die Brücke gesandt, damit er dort freiwillig an der Stelle der Menschen von ihm geopfert bzw. getötet werden kann, um so den Menschen seine Liebe für sie zu offenbaren! 

    Wie also müsste diese Geschichte auf der Brücke erzählt werden, um damit wirklich das zu veranschaulichen, was sowohl Gott Vater und Sohn wirklich bereit waren für die Erlösung der verlorenen Menschheit zu tun? Es genügt doch nicht irgend eine emotionale Geschichte zu erfinden oder zu nehmen, in der einfach jemand an der Stelle unschuldiger Menschen stirbt oder bewusst getötet wird, und nach dazu von seinem eigenen Vater, um damit die Größe der Liebe Gottes und der Liebe Jesu im Erlösungswerk zu veranschaulichen!

    Es wäre also gut, wenn alle jene, die dieses Video bisher schon angesehen haben, mal versuchen würden, nicht nur das zu beachten, was in dieser Geschichte (wenn überhaupt) im Vergleich mit dem Tod Jesu eventuell stimmen könnte, sondern auch das, was keinesfalls vergleichbar ist, sondern was im Gegenteil dazu die Gefahr in sich birgt, ein völlig falsches Gottesbild und auch ein falsches Verständnis von dem zu vermitteln, was Gott und Jesus tatsächlich zur Erlösung der Menschen bereit waren zu tun. Es kann ja sein, dass es Satan auch durch solche Geschichten und menschlich ausgedachten Gleichnisse gelungen ist, von der wahren Geschichte und der wahren Bedeutung des Todes Jesu abzulenken, und ihn dadurch eher zu entstellen als ihn recht darzustellen!

    Ich finde in der Bibel jedenfalls kein Gleichnis, in dem der Tod Jesu und das Werk der Erlösung auch nur annähernd so dargestellt wird, wie in dieser Geschichte, auch wenn sie einen gewissen Aspekt dessen beinhaltet, was die Dramatik der Erlösung ausmachte.

    Es täte also noch recht gut, wenn auch andere Leser dieses Themas hier, ihre kritischen Beobachtungen zu dieser Geschichte im Vergleich mit der tatsächlichen Geschichte der Erlösung machen und beschreiben könnten! Das könnte sicher dazu beitragen, noch eventuell bestehende Fehldeutungen über die Bedeutung des Todes Jesu zur Erlösung der Menschen auszuräumen.

    Entschuldigt bitte diese Länge des Beitrages, doch eigentlich hätte ich dazu noch so Manches zu bemerken, was in dieser und auch anderer solcher Geschichten absolut ungeeignet ist, um damit den Tod Jesu im Sinne einer stellvertretenden Bestrafung für die Sünde darzustellen. 

    Weitere Überlegungen auch von Eurer Seite her wären also angesagt! 

    Wieder mal mit freundlichen Grüßen,

    Armin 

  • Es wäre also gut, wenn alle jene, die dieses Video bisher schon angesehen haben, mal versuchen würden, nicht nur das zu beachten, was in dieser Geschichte (wenn überhaupt) im Vergleich mit dem Tod Jesu eventuell stimmen könnte, sondern auch das, was keinesfalls vergleichbar ist, sondern was im Gegenteil dazu die Gefahr in sich birgt, ein völlig falsches Gottesbild und auch ein falsches Verständnis von dem zu vermitteln, was Gott und Jesus tatsächlich zur Erlösung der Menschen bereit waren zu tun. Es kann ja sein, dass es Satan auch durch solche Geschichten und menschlich ausgedachten Gleichnisse gelungen ist, von der wahren Geschichte und der wahren Bedeutung des Todes Jesu abzulenken, und ihn dadurch eher zu entstellen als ihn recht darzustellen!

    Ich habe das Video auch gesehen, es natürlich auch schon gekannt - es scheint ein beliebtes Thema zu sein, spricht es doch enorm das Gefühl an - aber ich fange damit nichts an. Denn ich kann es nicht annähernd mit Gott und Jesus vergleichen. Ich mag solche Geschichten nicht.

    -) In dem Video hat der Vater seine Aufsichtspflicht nicht zur Gänze wahrgenommen. (Ob der Sohn nicht sogar verbotener Weise auf Vaters Arbeitsplatz war?)

    -) Der Vater musste spontan - aus der Situation heraus - entscheiden. Hat Gott spontan entschieden, weil eine unerwartete Situation auf ihn zukam?

    -) Der Sohn hat sich nicht freiwillig geopfert. Er war sich wahrscheinlich gar nicht klar, dass er sterben "muss".

    -) Der Vater hat auch nicht freiwillig den Tod des Sohnes entschieden. Es war eine situationsbedingte unter Druck entschiedene Handlung auf Grund seiner Verantwortungsvollen Stellung.

    -) Für Jesus war/ist klar, für wen er starb. Dem Sohn war gar nichts klar.

    -) Jesus rettet Menschen, die ihn als Messias anerkennen. Der Sohn rettete gar niemanden. Sein Vater entschied für die ihm unbekannten Menschen im Zug.

    Tja, so könnte man die Liste fast endlos fortführen. Ich habe nicht alles so negativ gesehen, wie ich es hier aufzeige. Diese Liste deshalb, weil die Bitte Armins war ja: " was keinesfalls vergleichbar ist,"

    ***

  • Liebe Nachtperle,

    danke für Deine interessanten und sehr zutreffenden Überlegungen zu dieser Geschichte mit der "Opferung" bzw. Tötung oder Dahingabe des Sohnes an der Stelle der Zuginsassen durch seinen eigenen Vater auf der Brücke, im Vergleich mit der realen Geschichte des Todes Jesu.
    Ich denke, dass es wert ist, solche kritischen Vergleiche bei solchen Geschichten anzustellen, um zu erkennen, wie oberflächlich man üblicher Weise solche Geschichten zur Illustration und Bestätigung einer bestimmten theologischen Interpretation des Todes Jesu auswählt, die sich auch biblisch nicht wirklich so einfach nachweisen lässt.


    Interessant wäre bei dieser Geschichte von der "Opferung" des Sohnes durch seinen Vater auf dieser Brücke, was an Elementen in dieser Geschichte überhaupt als Vergleich mit Jesu Opfer übrigbleibt, wenn man alles recht überlegt!


    Mir ist jedenfalls bisher aufgefallen, dass alle mir bisher bekannten und oft in Predigten verwendeten Illustrationsgeschichten, durch die bewiesen werden soll, dass Gott seinen Sohn tatsächlich an der Stelle der Menschheit opferte, um sie von Sünde erlösen und ihnen Sünde vergeben zu können, überhaupt nicht dazu geeignet sind, das zu tun. Ich habe zur Zeit schon eine ganze Sammlung solcher Geschichten, die alle sehr emotional einen stellvertretenden Tod zur Rettung von anderen Menschen aus lebensbedrohlichen Situationen beschreiben, doch keine davon ist wirklich geeignet zu veranschaulichen, dass Jesu Kreuzestod als stellvertretender Tod und ein vom Vater dargebrachtes Opfer an der Stelle sündiger Menschen zu verstehen wäre! Warum das wohl so ist?

    Oder kennst Du oder sonstwer unter den Lesern in diesem Forum eine Geschichte, die besser dazu geeignet ist, den Tod Jesu im Sinne einer stellvertretenden Bestrafung eines Unschuldigen an der Stelle eines Schuldigen und zugleich im Sinne eines stellvertretenden Opfers für die Sünde von Menschen darzustellen, als es diese Geschichte mit der Brücke tut?

    Schon sehr früh in der Kirchengeschichte haben ja z. B. Kirchenväter angefangen, sogar in gewissen biblischen Geschichten Analogien oder Typologien für den stellvertretenden Charakter des Todes Jesu zu finden, was allerdings bei genauerer Betrachtungsweise genau so problematisch ist.

    So staune ich immer wieder, wenn man z. B. auch die Geschichte von der Opferung Isaaks zur Illustration des stellvertretenden Charakters des Todes Jesu und somit eines unschuldigen Menschen an der Stelle eines schuldigen interpretiert, wodurch dann der Schuldige von Gott aufgrund eines solchen Opfers bzw. einer stellvertretenden Bestrafung, Vergebung und Erlösung seiner Sünden empfängt! Wo aber kann man so etwas in der Geschichte der Opferung Isaaks durch seinen Vater Abraham wirklich finden? Wenn man das etwas genauer überlegt, kommt vielleicht das selbe heraus, wie in dieser Geschichte von der Brücke!
       
    Übrigens hier ist noch die ausführlichere Version dieser Geschichte von der Brücke auf Video erklärt von einem wahrscheinlich schwarzen Evangelisten in hochemotionaler Weise als Illustration in einer Predigt in englischer Sprache für das stellvertretende Opfer des Sohnes Gottes, dass der Vater in seiner Liebe bereit war, in seinem Sohn für die Sünden und zugleich für die Rettung der Welt zu bringen. http://www.youtube.com/watch?v=BjSio8jur2Y
      
    Nach dieser Version wird es sogar so dargestellt, dass der Vater den Fehler machte, die Brücke vor dem Ankommen des Zuges hochzuziehen, um einen Frachter unter der Brücke durchzulassen, und dabei nicht daran denkt, dass ein Zug auf die Brücke zukommt. Sein kleiner Sohn aber merkt das, und läuft auf die Brücke, will dort einen Hebel zur Niederlassung der Brücke betätigen, doch stürzt er dabei unglücklicher Weise selbst ab und kam anscheinend dort zu liegen, wo die Brücke dann von seinem Vater niedergelassen wird und seinen Sohn erdrückt. (Die genaue Szene, wie der Sohn dort wirklich umkommt, wird aber nicht gezeigt!)
      
    Das ist für mich bisher die unglaublichste Geschichte, mit der ein christlicher Prediger die Liebe Gottes in der Sendung seines Sohnes und seinen Tod im Sinne der Stellvertretung zur Rettung von Menschen darzustellen versucht. So etwas kann man wirklich nur Leuten so präsentieren, die sich wohl selbst noch nie wirklich Gedanken darüber machten, warum Jesus wirklich sterben musste, und ob sein Tod tatsächlich eine stellvertretende Bestrafung oder ein stellvertretendes Opfer für die Sünden der Menschen zu verstehen sei!


    Wer es fasse, der fasse es!


    Lg. Armin