Retortenbaby - Zeugung im Labor

  • Neulich sprach mich eine junge Frau etwa 25 Jahre an, mit Kinderwunsch und wir unterhielten uns ein wenig darüber. Erstaunt war ich über ihre selbstbewusst altklug gewonnenen Ansichten über männliche Sexualität, "Männer können unabhängig von ihrem Alter immer und auch mit über 80 Jahren noch Kinder zeugen". Eine naive Vorstellung. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Die körperlichen Funktionen wie Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und auch die Sexualität werden mit zunehmendem Alter schwächer. Im Hinblick auf die männliche Sexualität hat dies etwas mit der Leistungsfähgkeit des Herzkreislaufsystems und der Leistungsfähigkeit des Gefäßsystems zu tun und ob zum Beispiel eine Diabeteserkrankung vorliegt. Weiterhin können sexuell potente, sexuell leistungsfähige Männer zeugungsunfähig sein. Bei einem meiner Bekannten ist die so. Das Ehepaar ist kinderlos, weil der Mann keine Spermien mehr im Hodensack produziert. Umgekehrt können impotente Männer zeugungsfähig sein, wenn ausreichend Spermienqualität gewonnen werden kann. Man kann sogar von einem verstorbenden Mann noch Spermien gewinnen. In den Sterilitätssprechstunden (ich bin kein Fachmann) kommen nicht selten Paare, die kinderlos bleiben, weil der Mann eine zu schlechte Spermienqualität produziert. In diesem Fall kann eine Invitro-Fertilisation vorgenommen werden, wenn eine Insemination nicht ausreichend ist. In diesem Fall wird das Kind im Labor gezeugt. Mein Sohn ist beispielsweise so entstanden. Es wurden auf diese Weise acht Embryonen im Labor gezeugt, drei wurden künstlich in die Gebärmutter eingespült (manche kinderlose Paare bekommen nun Drillinge!), ein Embryo ist angegangen und heraus kam nach neun Monaten mein heute 16jähriger Sohn, ein Retortenkind, künstlich im Labor erzeugt. Ein intelligenter gesunder Junge.

    Ist dies ethisch vertretbar. Ich meine ja und würde zudem noch eine Präimplantationsdiagnostik (PID) befürworten, also das Scannen der Embryonen auf Erbkrankheiten. Und zwar aus folgender eigener Lebenserfahrung. Mein liebster Onkel Dieter bekam eines Tages im Alter von 35 Jahren die Diagnose: Chorea Huntington ("Veitstanz"), Defekt auf Chromosom 4. Die Diagnose bedeutet ein langes qualvolles grauenhaftes Siechtum. Er machte 1972 Selbstmord, warf sich aus Verzweiflung vor den Zug. Noch heute ist die Huntingtonsche Erkrankung unheilbar. Ich möchte keinen Menschen mit dieser grauenhaften Erbkrankheit zur Welt kommen lassen, denn sie ist dominant durchschlagend und betrifft Frauen wie Männer.

    Einmal editiert, zuletzt von 10Veith2010 (17. Juni 2013 um 13:49)

  • Heißes Eisen. Die künstliche Befruchtung nicht, das ist was anderes. Aber die PID ist sicher problematisch. Wir kennen Zeiten von früher, wo "unwertes Leben" aussortiert wurde. Dein Motiv ist es natürlich nicht, Leben nach "rassehygienischen" oder ökonomischen Gesichtspunkten zu bewerten, du willst Leid verhindern. Das ist an sich ehrenwert. Aber heiligt der Zweck das Mittel - das eigenmächtige Entscheiden über Leben und Tod?

    Mir geht die Frage durch den Kopf, was dein Onkel Dieter dazu sagen würde. Ob er sein Leben am liebsten nie gelebt hätte. Dass er es sich später selbst nahm, ist keine Antwort auf diese Frage.