Leben retten/erhalten über ein Gebot stellen?

  • Als ich mich mit einer Krankenschwester aus einer Psychiatriestation über Robert Enke unterhielt sagte diese mit fester Überzeugung zu mir: "Das war seine Entscheidung, da darf man nicht eingreifen !" Und ich war erstaunt, denn meine Überzeugung und Lebenserfahrung lehrte mich das genaue Gegenteil: In den weitaus meisten Fällen sind Suzidversuche "Hilfeschreie",weil der Betroffene mit seiner aktuell belastenden Situation nicht mehr allein zurechtkommt. Die weitaus meisten Menschen, die einen Suizid versucht haben und überlebten und professionelle Hilfe in Anspruch nahmen, würden es kein zweites Mal tun. Es gibt Hilfe und zwar sehr gute professionelle Hilfe, nicht nur Psychopharmaka und Psychotherapie. In solchen Fällen heilt die Zeit die Wunden tatsächlich. Drei, vier Jahre später sieht schon wieder alles ganz anders aus. Es gibt Lebenskrisen und manche Menschen trifft dies sehr hart. Aber dies bedeutet nicht, dass es keine Hoffnung und keinen Ausweg mehr gibt. Insofern würde ich nicht die Entscheidung eines Menschen zum Suizid akzeptieren, sondern sofort eingreifen.

    Fiktives Beispiel:
    Ich besuche einen bekannten in seiner Wohnung. Er macht einen niedergeschlagenen Eindruck. Ich habe erfahren dass seine langjährige Freundin am Tag zuvor bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist. In der Küche höre ich Geräusche, Stöhnen, Schluchzen. Als ich herbeieile, kann ich gerade noch mit Schnelligkeit und Gewalt verhindern, dass der junge Mann sich mit einem scharfen Brotmesser seine Halsschlagader links durchtrennt. Ich werfe das Messer außer Reichweite, überwältige den Mann und fessele ihn mit einem herumliegenden Elektrokabel an einen Stuhl, damit er sich kein weiteres Leid mehr antun kann und alarmiere Polizei und Notruf auch auf die Gefahr hin, dass mich die Polizei wegen Freiheitsberaubung und Gewaltanwendung verhaftet.

  • Ich habe selbst eine gute Freundin durch suizid verloren. Aber wenn mir jemand gesagt hätte, sie sei Suizidgefährdet hätte ich das nie gegeblaubt, ich hätte eher gedacht, sie ist eine der letzten die Selbstmord begehen würde. Kurz vor dem Ende konnte man aber leider nichts mehr machen, obwohl das sehr viele versucht haben. Wenn jemand das Gefühl hat, dass er selber das Problem ist, kann es eben sehr schwierig sein, dieser Person zu helfen. Es gibt Fälle, wo man helfen kann, aber ebenso viele wo man nicht mehr helfen kann. Helfen kann man am besten, wenn man eine solche Neigung frühzeitig erkennt, aber das ist oftmals leichter gesagt als getan.

    Liebe Grüsse
    DonDomi