• Huhu,

    sicherlich hat der ein oder andere von Euch schon vom s.g. "containern" gehört. Mich würde einmal interessieren, wie ihr dazu steht. Neugierig wäre ich auch, wer es vllt. selbst schon praktiziert hat/immernoch praktiziert, wie da die Erfahrungen sind, etc... da das aber strafbar ist, denke ich, wird es kaum jemand hier öffentlich preisgeben.

    Zu Beginn meine eigene Meinung: Ich finde es eine sehr sinnvolle Art der Gesellschaftskritik und knn absolut nicht verstehen, dass so gut verwertbare Lebensmittel den Obdachlosen nicht legal zur Verfügung gestellt wird, sondern sie noch dazu getrieben werden, sich strafbar zu machen, indem das Containern so verboten wird. Ich selbst würd ich sehr gerne mal probieren, aber ich bin dahingehend leider viel zu feige, als dass ich es riskieren würde, erwischt zu werden. :rw: Wobei man da auch mit seinem eigenen Gewissen klarkommen muss, ob man lieber diesen Schund unterstützt, oder sich eben evtl. Erwischen lässt und für etwas bestrafen lässt, was man selbst evtl. nicht als Verbrechen ansieht...

    Ich kann natürlich auch verstehen, dass die Unternehmen Angst haben, dass dann keiner mehr bei ihnen einkauft. Aber eben Obdachlose bspw. kaufen eh nicht bei ihnen ein. Ich finde es einfach eine Schande, dass so gute Sachen weggeworfen werden und anderweitig die Menschen hungern. Selbst im eigenen Land, wo man es nicht erwartet. Man denkt ja meist dann an Afrika und co - aber auch hier ist die Armut leider viel zu real. :ohje:

    Also, bin gespannt auf Eure Meinung zu diesem Thema.

    Liebe Grüße

    Kathrin

    Lass mich am Morgen hören Deine Gnade, denn ich hoffe, HERR, auf Dich. Tu mir kund den Weg, den ich gehn soll, denn mich verlangt nach Dir. (Ps 143,8 )

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  • Laut Wikipedia ist es an sich kein Strafbestand. Hm... entweder meine Info ist alt/falsch, oder Wikipedia erzählt Blödsinn :D http://de.wikipedia.org/wiki/Containern

    Es gibt auch irgendwie 3 goldene Regeln... aber die habe ich leider vergessen und konnte sie auch nicht mehr ergooglen.
    Die erste war "Nimm nur so viel, wie Du selbst brauchen kannst" - aber die anderen beiden? Keine Ahnung mehr.

    Lass mich am Morgen hören Deine Gnade, denn ich hoffe, HERR, auf Dich. Tu mir kund den Weg, den ich gehn soll, denn mich verlangt nach Dir. (Ps 143,8 )

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  • Hallo sanfterengel.

    Manche Supermärkte, die Lebensmittel an eine der Tafel-Organisationen abgeben, lohnen sich weniger als Ziel. (Ich arbeite seit einigen Jahren ehrenamtlich für eine Ausgabestelle einer Tafel.)

    Man braucht meines Erachtens nicht erwarten, in Massen nur noch ganz gute Lebensmittel zu finden. In unserer Ausgabestelle sortieren mehrere Frauen einen halben Tag lang aus, was man nicht mehr gut weitergeben kann. Ich persönlich esse kaum noch Erdbeeren, weil ich jahrelang unter anderem kistenweise die an- oder durchgeschimmelten Erdbeeren für die Ausgabestelle von Supermärkten abgeholt und geschleppt habe. (Die werden dort selbstverständlich entsorgt, was ich auch oft getan habe: zig Erdbeerschalen von der Plastikhülle befreien und in die Biotonne leeren, acht oder zehn Kisten.) Jedenfalls muss ich inzwischen bei Erdbeeren an massiven Schimmelbefall denken und wäre sehr dafür, dass die Leute fast nur noch saisonale Früchte kaufen, möglichst auch aus ihrer Gegend.

    Ich habe keine Erfahrung mit dem Containern, aber ich rate zu vorsichtiger Auswahl und sorgfältiger Zubereitung von Lebensmitteln aus Containern. Fleisch oder Fisch, die aus der Kühlung sind, werden besonders schnell schlecht.

    Gestern habe auch ich einen TV-Spielfilm gesehen, der in einer Szene Containern darstellte. Das geht zwar einerseits klar und es ist nicht völlig falsch, es so zu zeigen, andererseits fand ich die Sozialromatik etwas unangebracht. Die Leute finden mit Sicherheit nicht nur tolle Sachen; und oft werden kaputte Behälter, etwa ein zerbrochenes Marmeladenglas oder eine kaputte Weichspülerflasche in den selben Container geschmissen wie andere entsorgte Lebensmittel. (Einen Salat, über den Weichspüler gelaufen ist, kannst Du vermutlich gar nicht so oft waschen, dass er nicht mehr nach Weichspüler riecht oder mindestens schmeckt.) Vielleicht suppende, Saft verlierende Früchte werden mit allerhand anderem Zeug in eine Mülltonne geworfen. Vor allem ist Containern kein Weg, durch den die Leute, die so etwas machen, oft zu einem fantastischen geselligen Essen auf dem heimischen Balkon kommen, wie der TV-Film es darstellte.

    Was die Tafel angeht, ist die Freigebigkeit mancher Supermärkte nicht unbedingt sozial motiviert, sondern, an die Tafel abzugeben, mindert kaufmännisch betrachtet vor allem die Abfallentsorgungskosten der Supermarktkette.

    Die Überproduktion an manchen Lebensmitteln halte ich für maßlos. Zum Beispiel scheinen massiv zu viele Gurken produziert zu werden, die dann bei der Tafel landen. (Freilich kann von Gurken absolut niemand satt werden.)

    Grüße
    Daniels

    "Prüft alles und, was gut ist,
    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

    "Wähle das Leben, damit du lebst."
    5. Mose 30, 19

    Einmal editiert, zuletzt von Daniels (24. Januar 2013 um 15:38)

  • Einer der von mir genutzten Rewe Märkte (im Elbe Einkauszentrum in Hamburg) geht damit so um, dass ab 20 Uhr die Kisten an einer Stelle im Parkhaus abgestellt werden. Dort fallen dann regelrecht in Hauptsache Migranten darüber her. Als ich das zum ersten Mal gesehen habe, war ich wirklich entsetzt.
    Ich kann mich besser mit dem Überfluss an Lebensmitteln abfinden, als mit Armut.
    Ich fand es auch beschämend für die kleinen Kinder der betreffenden Familien.

  • Ich kann mich besser mit dem Überfluss an Lebensmitteln abfinden, als mit Armut.

    Einverstanden; aber irgendwie hängen Überproduktion und Armut doch vermutlich auch zusammen. Mindestens ist das doch ein Zeichen fehlgeleiteter Energien.

    In Teilen Asiens, in Indien, glaube ich mich zu erinnern, ist Containern an der Tagesordnung. Die Politiker hierzulande -- allen voran SPD, CDU und FDP -- arbeiten schon seit Jahren mit gewissem Erfolg daran, es auch hier so weit zu bringen.

    Ich fand es auch beschämend für die kleinen Kinder der betreffenden Familien.

    Das verstehe ich. Allerdings bin ich eher gegen solche Äußerungen, dass die Kinder einem besonders leid tun, weil die Kehrseite solchen Denkens, befürchte ich, ist, dass es bei einem erwachsenen oder älteren Menschen ja keine so große Rolle spielt. Es gibt eine Menschenwürde für alle und an einer spezielle Kinderwürde sollte man vielleicht nicht einmal denken. Ein Kind ist kein höherer Mensch, auch wenn Erwachsene oft Ideale und ihre Hoffnungen in Kinder projizieren. Das heißt natürlich nicht, dass mir Kinder nicht leid tun, und ich erkenne auch, dass sie unter Umständen besonders schutzbedürftig sind.

    Grüße
    Daniels

    "Prüft alles und, was gut ist,
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    darauf lasst euch nicht ein..."

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    5. Mose 30, 19

    6 Mal editiert, zuletzt von Daniels (24. Januar 2013 um 16:09)

  • Einer der von mir genutzten Rewe Märkte (im Elbe Einkauszentrum in Hamburg) geht damit so um, dass ab 20 Uhr die Kisten an einer Stelle im Parkhaus abgestellt werden. Dort fallen dann regelrecht in Hauptsache Migranten darüber her. Als ich das zum ersten Mal gesehen habe, war ich wirklich entsetzt.
    Ich kann mich besser mit dem Überfluss an Lebensmitteln abfinden, als mit Armut.
    Ich fand es auch beschämend für die kleinen Kinder der betreffenden Familien.


    Das finde ich absolut vorbildlich von entsprechendem Supermarkt! :good:

    Lass mich am Morgen hören Deine Gnade, denn ich hoffe, HERR, auf Dich. Tu mir kund den Weg, den ich gehn soll, denn mich verlangt nach Dir. (Ps 143,8 )

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  • Das finde ich absolut vorbildlich von entsprechendem Supermarkt! :good:


    Die machen sich damit zumindest ein wenig zusätzliche Arbeit, was eher selten ist.

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    das behaltet. Aber was böse ist,
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  • Daniels
    Ich sehe das im Prinzip genau wie du.
    Ich denke jedoch, das Erwachsene Menschen eine Biografie zumeist aufweisen, die eine
    Verarbeitung, am Rande des Wohlstandes zu sein, anders zulässt.
    Für Kinder ist das anders. Sie sind ja in einer Lebensphase, in der Zugehörigkeit und "verwöhnt werden"
    wichtig und prägend ist. Deswegen sehe ich die Würde der Kinder etwas unterschiedlich zu dir.


  • [...] [Kinder] sind ja in einer Lebensphase, in der Zugehörigkeit und "verwöhnt werden" wichtig und prägend ist. [...]

    Gebe ich zu. (Ur- oder Grundvertrauen)

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  • Einer der von mir genutzten Rewe Märkte (im Elbe Einkauszentrum in Hamburg) geht damit so um, dass ab 20 Uhr die Kisten an einer Stelle im Parkhaus abgestellt werden. Dort fallen dann regelrecht in Hauptsache Migranten darüber her. Als ich das zum ersten Mal gesehen habe, war ich wirklich entsetzt.
    Ich kann mich besser mit dem Überfluss an Lebensmitteln abfinden, als mit Armut.
    Ich fand es auch beschämend für die kleinen Kinder der betreffenden Familien.


    Und das geht gut? Keine großen Prügelein oder so? Wenn ich da an die Stutenbeißerei denke, jeden Dienstag an der Tafel... Wie missgünstig da beäugt wird, wer was mit raus bekommt....
    Diese Woche gab es Schaumwaffeln (heißen die heute politisch korrekt so?), nur für Familien mit Kindern gibt es sowas manchmal. Ich hab ein Kind, ich bekam eine Packung. Das mein Kind die dann nicht mochte, ist natürlich dumm gelaufen. Aber ich hab gelernt, die dänischen mag er nicht, nur die deutschen von Dickmann und so. Ich mg die aus Dänemark lieber.
    Naja, jedenfalls wartete ich hinterher auf meine Freundin, da laufen andere an mir vorbei, von denen ich weiß, dass die keine Kinder haben - mit N***küssen unterm Arm. Find ich auch nicht gut. Kann ich aber nicht ändern. Natürlich wär es schöner, wenn diese Menschen nicht lügen würden (oder aber auf der Karte muss vermerkt werden "1 Kind, 1 Erwachsener" oder so, nicht nur "2 Personen").

    Ich bekomm es leider sehr oft mir, dass draußen über die gelästert werden, die rauskommen, sobald die außer Hörweite sind: "Guck mal, wie voll das ist, da bleibt nichts über für uns." Letztens hab ich mich auch selber mal dabei erwischt. Diese Frau bekommt jedes mal was "Besonderes" mit, also Duschgel, Shampoo, Katzenstreu etc. Ich hab mich dann auch geärgert, ich hätt auch gern mal Katzenstreu oder so. Aber ich denke mittlerweile, dass liegt nicht an der Empfängerin, sondern an der Austeilung. Und bin dankbar für das, was ich bekomme. Nachdem ich das so für mich festgestellt hatte, bekam ich dann auch mal Katzenfutter und Duschgel.
    Mittlerweile hat es sich auch rumgesprochen, dass ich nichts möchte, was mit Schwein ist und es kommt nur noch selten vor. Eher so bei den Sachen, wo man das nicht vermutet, wie Rotkohl im Glas oder eben Geflügelwurst. Ich nehm ungern etwas mit, dass ich nicht brauche.

    Obst/Gemüse nehme ich persönlich nur noch selten mit, weil es wie schon geschrieben wurde, nicht mehr soo lecker ist. Das muss oft noch am selber Tag verwendet werden, und dienstags bleibt bei uns die Küche kalt. (Zwischen Tafel und Arbeit hab ich oft nicht viel Zeit, André hat am Dienstag bis 15.30 Uhr Schule und wenn dann noch THW/Hospizschulung ist, geht da gar nichts. Da bin ich sehr dankbar, dass er an dem Tag immer zu meiner Freundin gehen kann und sie ihn versorgt.)
    Bei der Tafel geht es allerdings mit der Qualität, bei dem Anbieter vorher wurde da nicht so drauf geachtet. Die haben kurzerhand sogar aus Paprika schimmelige Stellen rausgeschnitten und die Paprika dann so rausgegeben. Erdbeeren nehme ich aber aus Prinzip nicht mit. Durch meine Zeit im Einzelhandel weiß ich, wie schnell die schlecht werden können. Wir haben nie Erdbeeren vom Vortag verkauft, die kamen abends immer weg.

    Übrigens durften wir damals nichts an die Tafel geben. Es gab eine Anweisung von ganz oben, dass Lebensmittel zu entsorgen seien, auch wenn diese noch monatelang haltbar waren.

    Jetzt gibt es für uns grade Unmengen von Lebkuchen und sowas. Letztes Jahr hatten wir eine Stollenflut. Bis in den Sommer hinein haben wir Stollen gegessen.

    Vor zwei Jahren ging es einem befreundeten Paar so schlecht, dass die nachts in die Schrebergärten gelaufen sind und sich Äpfel und Birnen etc geklaut haben, aber die haben dabei nichts kaputt gemacht. Containern geht nämlich hier leider nicht, da die Abfuhrbehälter in den Läden "hinter Gittern" sind. Hohe Zäune oder in einem Vorlager etc.

    Der HERR ist mir erschienen von ferne: Ich habe dich je und je geliebt; darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte. (Jeremia 31,3)

  • Ich wäre dafür, dass es mehr öffentliche Apfelgärten gibt. Das löst nicht die Probleme, wäre aber hilfreich und eine Form konkreten Gemeinsinns. Natürlich müsste man dann irgendwie erreichen, dass nicht irgendwelche Geldgeier oder Egoisten alles abrupfen und auf dem Wochenmarkt verkaufen. Aber das wäre doch mal ein Anlass ein paar Leuten eine dauerhafte Arbeit zu geben: Gärtner und Apfelbaumwart oder Städtischer Almendewart auf Lebenszeit.

    "Prüft alles und, was gut ist,
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    1. Thessalonicher 5, 21.22

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    5. Mose 30, 19

    Einmal editiert, zuletzt von Daniels (25. Januar 2013 um 16:03)

  • Und das geht gut? Keine großen Prügelein oder so? Wenn ich da an die Stutenbeißerei denke, jeden Dienstag an der Tafel... Wie missgünstig da beäugt wird, wer was mit raus bekommt....
    Diese Woche gab es Schaumwaffeln (heißen die heute politisch korrekt so?), nur für Familien mit Kindern gibt es sowas manchmal.


    Dunkler pigmentierte Schaumschokoberge. ;)

    [...] jedenfalls wartete ich hinterher auf meine Freundin, da laufen andere an mir vorbei, von denen ich weiß, dass die keine Kinder haben - mit N***küssen unterm Arm. Find ich auch nicht gut. Kann ich aber nicht ändern. Natürlich wär es schöner, wenn diese Menschen nicht lügen würden (oder aber auf der Karte muss vermerkt werden "1 Kind, 1 Erwachsener" oder so, nicht nur "2 Personen").

    Ich bekomm es leider sehr oft mir, dass draußen über die gelästert werden, die rauskommen, sobald die außer Hörweite sind: "Guck mal, wie voll das ist, da bleibt nichts über für uns."


    Das wird in der Regel nicht so sein, die Mitarbeiterin in der Ausgabestelle, bei der in aktiv bin, bemühen sich immer im Blick zu haben, dass für jeden etwas bleibt und gerecht zu verteilen. Ich glaube, dass das auch in den meisten anderen Ausgabestellen so ist. Die Leute arbeiten ja nicht bei der Tafel, weil sie irgendwen bevorzugen oder endlich mal ein paar Leute gemein benachteiligen wollen, sondern um vielen zu helfen und etwas Sinnvolles zu tun.

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    1. Thessalonicher 5, 21.22

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    5. Mose 30, 19

  • Letztens hab ich mich auch selber mal dabei erwischt. Diese Frau bekommt jedes mal was "Besonderes" mit, also Duschgel, Shampoo, Katzenstreu etc. Ich hab mich dann auch geärgert, ich hätt auch gern mal Katzenstreu oder so. Aber ich denke mittlerweile, dass liegt nicht an der Empfängerin, sondern an der Austeilung. Und bin dankbar für das, was ich bekomme. Nachdem ich das so für mich festgestellt hatte, bekam ich dann auch mal Katzenfutter und Duschgel.


    Ich bin zwar seit Jahren Mitarbeiter einer Ausgabestelle der Tafel in einer adventistischen Gemeinde, was ich hier schreibe ist aber keine offizielle Feststellung oder allgemeine Überzeugung, sondern ich lege meine persönlichen ganz eigenen Gedanken dar.

    Die soziale und wirtschaftliche Lage vieler Menschen in Deutschland ist beschissen und Geld gilt praktisch als der herrschende Wert. Unter diesen Umständen haben -- ich vermute viele -- Kunden der Tafeln begründete Ängste. Wenn der Kühlschrank leer oder gar schon seit Monaten kaputt ist, dann ist es nicht immer leicht sich davor zu bewahren, dass man befürchtet zu kurz zu kommen, zum Beispiel so zu kurz zu kommen, dass man nichts mehr oder sehr unzureichend zu essen hat. Politische Funktionäre, Wirtschafts-Lobbyisten und andere werden zwar nicht müde in Kameras zu sprechen, dass es so etwas in Deutschland nicht gäbe; gibt es aber doch. Gleichwohl ist es nicht gut, sich nur von einer verschwommen wahrgenommenen und undeutlich verstandenen Angst führen zu lassen wie ein Bär am Nasenring. Vielleicht kann man die Befürchtung, dass man zu wenig bekommt, wenn jemand anderes etwas besonderes erhalten zu haben scheint, durch die Hoffung ersetzen, dass alle gut versorgt würden, wenn jeder bereit würde, mit dem anderen zu teilen oder ihm gar kleine gelegentliche Vergünstigungen gönnte.

    Das ist nicht ungerecht, sondern menschenfreundlich und lebensbejahend. Die reformierten Christen wollen alle Gottes Gnade und jeder Mensch braucht Beachtung. André Heller hat einmal den schönen Satz geschrieben: "Denn das ist unsere Sehnsucht von Anbeginn: unter all den Wundern selbst ein Wunder zu sein." Ein Kind, sollte gelegentlich ein kleines Geschenk bekommen, nicht weil es Nummer 8732, noch unter 10 und nun an der Reihe ist, sondern nur weil dieses Kind es selbst ist, um seiner selbst willen, ohne weitere mögliche und nötige Begründung. Das ist wichtig, damit ein Mensch Vertrauen, Mut und Großzügigkeit, letztlich Liebe zeigen kann. Das gilt auch für Erwachsene. Die Alternative heißt pedantische gnadenlose Bürokratie. Dann würde jede Tafel-Ausgabestelle zu einer Art Grenzübergangskontrollstelle: "Ihr Ausweis! Jammern sie hier nicht rum, sie halten nur den Verkehr auf; ich sagte AUSWEIS!"

    Ich persönlich bin sogar dafür, dass die ausgebenden Mitarbeiter Spielraum haben. Die Ausgabestelle, bei der ich aktiv bin, gehört zu einer Aktion namens "Laib und Seele", dahinter steht der Anspruch von Kirchengemeinden verschiedener Denomination, die Leute nicht nur zu füttern, sondern ihnen menschliche Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn man aber versucht, auf Menschen individuell einzugehen, dann kann man sich nicht immer stur an äußerliche Regeln halten, etwa an die Frage, ob jemand eigene Kinder hat oder nicht. Was ist, wenn ein Kunde der Tafel zum Geburtstag des Kindes einer befreundeten Familie eingeladen ist, aber kein Geld für Geschenke hat. Was ist, wenn Du einen Menschen vor Dir hast, der völlig depressiv ist und beiläufig erwähnt, dass er in seiner Kindheit manchmal von seiner Mutter Negerküsse bekommen habe? Natürlich besteht dabei die Gefahr, dass man auf Lügen oder Manipulationen hereinfällt; aber das Risiko belogen zu werden, muss man eingehen, wenn man eine vertrauensvolle Beziehung schaffen oder in einer Seele Vertrauen wecken und sie heilen möchte.

    Ich versuche zu lernen, mich nicht von diffusen Ängsten zu bitteren und ungerechten Verdächtigungen verleiten zu lassen; sondern nüchtern zu betrachten, wie es mir im Augenblick wirklich geht, mich zu fragen, was ich vernünftigerweise tun kann und nicht zuletzt hoffe ich auf Gottes Hilfe.

    Mittlerweile hat es sich auch rumgesprochen, dass ich nichts möchte, was mit Schwein ist und es kommt nur noch selten vor. Eher so bei den Sachen, wo man das nicht vermutet, wie Rotkohl im Glas oder eben Geflügelwurst. Ich nehm ungern etwas mit, dass ich nicht brauche.


    Das wäre der gute und wahrhaft gerechte Weg: Auf den Einzelnen eingehen, mit ihm umgehen und nicht irgendeine fiktive Gattung behandeln.

    Grüße
    Daniels

    "Prüft alles und, was gut ist,
    das behaltet. Aber was böse ist,
    darauf lasst euch nicht ein..."

    1. Thessalonicher 5, 21.22

    "Wähle das Leben, damit du lebst."
    5. Mose 30, 19

    Einmal editiert, zuletzt von Daniels (25. Januar 2013 um 17:39)

  • Menschliche Aufmerksamkeit wäre bzw ist natülich ein anstrebenswertes Ideal. Dazu muss aber auch Zeit sein. Ich weiß nicht, wie das bei euch ist. Bei uns gibt es einen Ausweis, auf dem z.B. vermekt ist: "82/2", also das ist meine Nummer. Ich bin Inanspruchnehmer 82, wir sind 2 Personen. Die höchste mir bekannte Nummer ist 112. JDienstagmorgens geht es um 10 Uhr los. Ausgabe ist bis 11.30 Uhr. Ich hab dafür von der Arbeit frei, versuche, gegen zehn vor zehn da zu sein. Da stehen schon 5-6 Leute, danach kommen die anderen. Es geht jeden Dienstag mit einer anderen Nummer los. Nächsten Dienstag ist es 84, danach die 101, dann die 108 etc. Das heißt, dass ich nächsten Dienstag die Vorletzte bin, die dran kommt und das heißt auch, wenn ich Pech hab, krieg ich außer Brot eigentlich nichts. So war es zumindest das letzte Mal. Da bekam ich Brot und Tortenboden. Trotzdem hab ich die Hoffnung, dass es dieses Mal anders ist und werde hingehen.
    Also, wir stehen dann alle so rum und warten brav, bis wir aufgerufen werden: "Nummer 82, 83 und 84!" Einmal Mutter mit Kind, einmal alleinstehender Mann, einmal zusammenlebendes Pärchen. Es wird abgehakt, dass wir da sind. Im Raum selber stehen wir dann nochmal am Schalter an, um zu bezahlen und den Ausweis vorzuzeigen. Es wird nochmal abgehakt. Dann stehen wir an der Ausgabe an. "Wie viel Personen?"
    "2, ein Kind, ein Erwachsener." Dann gibt es 2-3 Brötchen, Schokolade, ein Brot. Die Pizza, die es manchmal gibt, lehne ich meist ab, weil es überwiegend Salami ist.
    Es geht weiter zur nächsten Station, gleiche Frage, gleiche Antwort. Zuteilung von Milchprodukten und Aufschnitt. Manchmal gibt es Nudeln, Reis, Mehl etc.. Zur Zeit haben sie massenweise Dosenfleisch, dass die Tafel unbedingt los werden will, weil es wirklich Unmengen sind, die davon im Lager stehen. Schwein in Dosen. Vor mir ist eine Muslima, die grad deutsch lernt und außerdem einen Schlaganfall hatte, so dass sie sehr schlecht spricht. Sie versuchte immer wieder den Leuten klar zu machen, dass sie das nicht will. Ich hab dann mal gesagt, dass da Schwein drin ist, seitdem wird ihr das nicht mehr aufgedrängt. Hier ist eine der berühmten Stellen: "Nur für Familien", also zB. Pudding, Kaffee, Fertigreichte (wobei das eigentlich immer Singleportionen sind). Wenn ich hier stehe, werden die nächsten drei aufgerufen.
    Dritte Station ist dann Obst und Gemüse, gleiche Prozedur. Das exotische Obst wie Pomelos und Drachenfrucht wird oft liegengelassen, ich nehm es gern, wenn ich sehe, das kann noch einen Tag oder so liegen, ansonsten lass ich die Finger vom Gemüse. Kartoffeln nur für Familien.
    Als letztes kommt der Kuchen. Abgepackt nur für Familien, Singles kriegen nur lose Teilchen. An der Theke werden dann auch Negerküsse etc rausgegeben. Übrigens kann man die mit Sicherheit nirgens hin mitnahmen. Sie sind abgelaufen und eingedellt. Ich ess sie trotzdem. Aber meinem Sohn würd ich die nicht zu einem Kumpel mitgeben.
    Nach etwa 10 oder 12 Minuten sollten wir möglichst alles erledigt haben. Da bleibt keine Zeit für Anteilnahme. Meine Exchefin gibt manchmal raus oder meine ehemalige Deutschlehrerin. Da wird schon kurz gefragt, wie das Befinden ist und ob es mit dem Schreiben voran geht. Aber das ist auch die einzige Kommunikation außerhalb der Lebensmittelanfrage und Ausgabe.
    Dann warte ich draußen auf meine Freundin (109). Man redet ja manchmal doch drüber. 83 hat auch 3 Brötchen und 1 Brot, als allein stehender Mann, das Pärchen (84) bekommt 5 Brötchen und 2 Brote. Meine
    Freundin, ebenfalls Mutter mit (großem) Kind, hat sogar 6 Brötchen und 2
    Brote. Anweisung vom Chef, weil der Junge eine weiterführende
    Schule besucht. Meiner geht ja noch zur Realschule und ist im Wachstum,
    der braucht nicht viel. Außerdem ist sie hübsch, ich nicht.
    Einmal gab es Pizza mit Tomaten
    und Käse. Ich bekam eine, der Mann bekam eine, das Paar bekam 2. Meine Freundin auch 2.

    Ich bin dankbar für meine Sachen, aber von gerechter Ausgabe kann man (noch) nicht sprechen.

    Da sind auch andere Dinge, die auffallen. Bei Antragstellung mussten wir unterschreiben, dass wir nie betrunken oder anderweitig bedröhnt zur Tafel kommen. Da gibt es ein Hippipärchen, dass jedesmal stoned kommt. Aber es kennt den Chef und kommt privat mit dem zusammen. Da passiert nichts. Dann gibt es da einen Mann, der heimlich (wie er denkt) im Gebüsch trinkt und eine Fahne hat bis Hamburg. Da passiert auch nichts, kommt auch privat mit dem Chef zusammen. Am Schlimmsten sind die, die zu viel mitnehmen und es dann wegschmeißen. Dann lieber tauschen.

    Aber ich weiß, dass ich mit dem auskomme, wa sich bekomme. Mein VATER sorgt für mich und meinen Sohn. Mein VATER liebt mich und wird mich nie wieder hungern lassen. Diese Zeiten sind vorbei. Danke, VATER.

    Der HERR ist mir erschienen von ferne: Ich habe dich je und je geliebt; darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte. (Jeremia 31,3)