Schon als Kind in unserer adv. Familie hörte ich immer wieder von meinen Eltern, dass Kaiser Konstantin den biblischen Feiertag von Sabbat auf Sonntag verändert hat. Später als ich direkt mit (STA) Theologen darüber sprach wurde die Sache zwar etwas präzisiert, auf jeden Fall unter Adventisten ist allgemein die Meinung vertreten, dass für den falschen Kalendertag den die Christen heilighalten Kaiser Konstantin verantworlich ist. Wenn ich hier im Forum oben rechts das Suchwort "Konstantin" eingebe, bekomme ich von dort auch viele Behauptungen: er hat den Sabbat auf Sonntag verlegt.
Lese ich aber aus dem Buch "Der Grosse Kampf" von EGW. (Kapitel "Der Abfall") den einschlägigen, wohl bekannten Absatz, stellt sich mir die Frage:
- Was war eigentlich die Absicht von Konstantin?
Schauen wier etwas näher das oben genannte Zitat von EGW an (die Nummerierungen in Klammern sind von mir):
"Anfang des vierten Jahrhunderts erließ Kaiser Konstantin eine für das ganze Römische Reich gültige Verordnung (1), derzufolge der Sonntag als öffentlicher Festtag eingesetzt wurde. Der Tag der Sonne wurde von den heidnischen Untertanen verehrt und von den Christen geachtet, und der Kaiser verfolgte die Absicht, die widerstreitenden Ansichten des christentums und des Heidentums zu vereinen (2). Er wurde dazu von den Bischöfen der Kirche gedrängt, die, von Ehrgeiz und Machtgier beseelt, einsahen, daß den Heiden die äußerliche Annahme des Christentums erleichtert und somit die Macht und Herrlichkeit der Kirche gefördert würde, wenn sowohl Christen als auch Heiden den selben Tag heilighielten (3). Aber während viele fromme Christen allmählich dahin kamen, dem heidnischen Sonntag einen gewissen Grad von Heiligkeit beizumessen (4), hielten sie doch den wahren Sabbat dem Herrn heilig und beachteten ihn im Gehorsam gegen das vierte Gebot (5)."
Die nummerierten Stellen kann ich mit eigenen Worten so formulieren:
(1) Im römischen Reich gab es - vor Konstantin - keinen gesetzlichen Ruhetag.
(2) Er - als Politiker - hat einen Tag gewählt, der am besten für Heiden und Christen gepasst hat.
(3) Er hat sich von christlichen Kirchenführer beraten lassen (seine Aufgabe war sicher nicht zu prüfen, ob der Vorschlag seiner christlichen Ratgeber biblisch korrekt ist).
(4) Kein Christ wurde in seiner Zeit zum Sonntagsfeier gezwungen.
(5) Sabbatheiligung war in seiner Zeit erlaubt.
So lautet sein berühmtes/berüchtigtes Dekret :
"Alle Richter und Einwohner der Städte, auch die Arbeiter aller Künste, sollen am ehrwürdigen Tage der Sonne ruhen. Doch können sich die Landleute mit aller Freiheit auf den Ackerbau verlegen. Denn es trägt sich oft zu, dass an keinem andern Tage Acker und Weinberge so bequem bestellt werden können wie an diesem. Es soll also dieser Vorteil, den die himmlische Vorsehung selbst darbietet, nicht bei Gelegenheit einer so kurzen Zeit verlorengehen."
Wie dieses Dekret zeigt, die politische Absicht Konstantins war einen gesetzlichen Ruhetag - das Recht zum Ruhen - für die römische Bürger (zumindest für die Stadtbewohner) zu gewährleisten. Einen religiösen Charakter spiegelt sein Gesetz kaum zurück. Natürlich eine religiöse Handlung auf diesem Tag zu praktizieren lag in der Hand.
Aus der Geschichte (und im Einklang damit im Zitat von EGW) wissen wir, dass die Christen in dieser Zeit volle Religionsfreiheit genossen. Ihre theologische Auslegung bezüglich dem Sonntag wurde nicht von Konstantin bestimmt/beeinflusst, sondern umgekehrt; sie haben ihn dazu "gedrengt" > siehe EGW oben.
In Österreich gilt seit langer Zeit ein strenges Ruhetaggesetz. Bohrt jemand in einem Blockhaus ein Loch in die Wand am Sonntag oder an einem gesetzlichen Feiertag, in paar minuten steht mit grosser Wahrscheinlichkeit die Polizei vor der Tür (aus Erfahrung...). Es ist ja klar, man ist verpflichtet dem Gesetz zu Folge Rücksicht auf die
anderen zu nehmen.
- War das Gesetz von Konstantin seinerzeit strenger?
Andererseits gibt es Länder (z.B. Ungarn) wo jeder kann den anderen stören jeden Tag wie will, kein Schwein kümmert sich darum (auch aus Erfahrung...).
- Sind die kaotische Zustände in der Länder ohne geregelten Ruhetag "biblischer" als in der Länder mit einer Ruhetagregelung?
EGW beschuldigt für den "Abfall" in den ersten Jahrhunderten eigentlich nicht Konstantin, sondern die Christen selbst.
- Ist das korrekt das Ruhetaggesetz von Konstantin mit der STA-Auslegung von Off.13:11-12. und Dan.7 in Zusammenhang zu bringen?
Meine Aufgabe ist natürlich nicht Konstantin zu verteidigen... Er war wohl nicht viel besser als seine Kaiser-Kollegen. Eher um glaubwürdig zu bleiben stellt sich mir noch die Frage:
- Gibt es eine hystorische oder theologische Dokumentation, dass er über den Sabbat von Christen überhaupt gehört hat? Womit hat eigentlich Konstantin seinen
fragwürdigen Status unter Adventisten - ein Erzfeind des Sabbats zu sein - "verdient"?
Liebe Grüsse
Peter