Wer hat den Samstag auf Sonntag verlegt?

  • Ja, die kath. Kirche hat den Ruhetag willkürlich auf den Sonntag verlegt,

    Das mag eine Sicht sein, die es unter Adventisten immer wieder mal gibt. Aber auch in dem Punkt halte ich es für ganz wichtig, fair zu sein. Zu welchem Zeitpunkt, mit welchem Dokument und für welches Gebiet hat die katholische Kirche den Ruhetag auf den Sonntag gelegt?

    Das Sonntagsdekret von Kaiser Konstantin im Jahr 321 war eine weltliche Entscheidung, die auch von kirchlicher Seite kritisiert wurde. Konstantin hat damit nichts Neues geschaffen, sondern nur das gesetzlich verankert, was ohnehin schon Praxis war. Und die Landbevölkerung war ohnehin ausgenommen.
    Historisch gesehen gab es keinen Zeitpunkt, an dem kraft kirchlicher Autorität der Ruhetag verlegt wurde. Das hätte auch in der Praxis gar nicht funktioniert. Stell dir mal vor, eine adventistische Dienststelle würde vorschreiben, alle müssten jetzt eine bestimmte Bibelstudienanleitung ("Lektion") benutzen. Der Aufschrei wäre immens, egal auf welcher Seite. Und nicht anders wäre es gewesen, wenn eine kirchliche Autorität "willkürlich" den Ruhetag geändert hätte.
    Vieles deutet darauf hin, dass die ersten Christen bald die Gepflogenheit entwickelten, am Sonntag zusammen zu kommen, um Christus zu loben und den Auferstandenen zu preisen (Didache 14,1; Plinuisbrief 10,96; Barnabas 15,9; Justin-Apologie I,67,3ff - allesamt 2. Jh.: zur Lektüre empfehle ich Haag, Vom Sabbat zum Sonntag).

    Mir geht es nicht darum, über Sabbat/Sonntag zu streiten. Sondern mir geht es auch hier darum, fair zu sein. Und zu behaupten, die katholische Kirche hätte so mal eben den Ruhetag verändert, ist es nicht. Es gibt genügend, was man als Protestant an der katholischen Kirche kritisieren kann. Aber man muss dabei aufpassen, sich auf Fakten zu stützen, die belastbar sind.

    Einmal editiert, zuletzt von BWgter (14. Mai 2012 um 18:23)

  • Wir feiern Sonntag statt Samstag,weil die katholische Kirche auf dem Konzil zu Laodizäa im Jahre 336 die Heiligkeit vom Samstag auf den Sonntag verlegte. (the Converts Catechism of Catholic Doctrine von P.geiermann, ein Werk, das vom Papst PiusX. am 25.1.1910 den Apostolischen Segen erhielt.)

    Es gefiel aber der Kirche Gottes, die Feier und Festlichkeit des Sabbats auf den Sonntag zu verlegen (der nach dem Beschluss des Konzils von Trient auf Befehl des Papstes Pius V.herausgegebene römische Katechismus, Seite 247)


    der Sabbat, der berühmteste Tag im Gesetz, ging in den Herrentag über.Dieser und Ähnlisches haben nicht etwa auf die Predigt Christi hin aufgehört( denn er sagte, er sei nicht gekommen, das Gesetz aufzulösen, sondern zu erfüllen),sondern auf die Autorität der Kirche hin sind sie verändert worden. (Erzbischhof von Rheggito,Predigt am 18.1.1562-Mansi XXIII;Seite 526)

    folgendes sagte Dr.Eck vor dem Reichstag zu Worms zu Luther. Hat doch die Kirch die Feier vom Sabbat umgelegt auf den Sonntag aus ihrer Gewalt,ohne Schrift.... Tu es nicht und fall von der Kirch an die bloße Schrift, so mußt du den Sabbat halten mit den Juden, der von Anbeginn der Welt ist gehalten worden (Dr.Eck in Handbüchlein, Seite 79)

    Der Sonntag ist eine katholische Einrichtung, und seine Ansprüche auf Heilighaltung können nur auf katholischem Grunde verteidigt werden.... In der H.Schrift ist vom Anfang bis zum Ende keine einzige Stelle zu finden,welche die verlegung der wöchentlichen öffentlichen Anbetung vom letzten auf den ersten Tag der Woche gutheißt. (Catholic Press,Sidney,vom 25.8.1900)

    Ihr könnt die Bibel vom ersten Buch Mose bis zur Offenbarung durchlesen,so werdet ihr doch keine einzige Stelle finden, welche die Heiligung des Sonntags gebietet.Die H.Schrift gebietet die religiöse Beachtung des Samstags, eienes Tages, den wir nie heiligen. (Kardinal Gibbons in The Faith of our Fathers, Ausgabe 1892,Seite 111)

    Es gibt nur eine einzige Kirche auf der ganzen Welt,-die kathlische Kirche, welche die Macht hat, Gesetze zu machen,die das Gewissen beherschen vor Gott und die es unter Höllenstrafe im Nichtbefolgungsfall, zum Gehorsam zwingt.Nehmen wir zum Beispiel den Tag, den wir feiern, den Sonntag. Welches Recht haben die protestantischen Kirchen, diesen Tag zu halten? Nicht das geringste! Ihr sagt wohl, es sei im Gehorsam gegen das Gebot:Gedenke des Sabbattages, das du ihn heiligst aber der Sonntag ist nicht der Sabbat, weder nach der Bibel noch nach dem Zeitbericht. Jedermann weiß, daß der Sonntag der erste Wochentag ist,wohingegen der siebente Tag,der Sabbattag, der von Gott eingesetzte Ruhetag ist. Es war die heilige katholische Kirche, die den Ruhetag vom Samstag auf den Sonntag, den ersten Tag der Woche verlegte. Welcher Kirche Kirche erweist die ganze zivilisierte Welt Gehorsam? Die Protestanten....bekennen große Ehrfurcht vor der Bibel zu haben, und dennoch anerkennen sie durch feierliche Beobachtung des Sonntags die Macht der katholischen Kirche.Die Bibel sagt:Gedenke des Sabbattages, das du ihn heiligst!, aber die Kirche sagt:Nein, halte den ersten Wochentag heilig!--und die ganze Welt zollt ihr gehorsam! ( Pater Enright in einem zu Harlan, Jova,am 15.12.1889 gehaltenen Vortrag.)

    welcher lebende katholische Priester weiß nicht,daß der Protestantismus entgegen seinem Grundsatz seinen einzigen Lehrer, die Bibel, betreffs der Sabbatfrage beiseitegesetzt hat und mit Sack und Pack zur Lehre und Praxis der katholischen Kirche übergegangen ist? Im stellen dieser Frage muß ich eine rühmliche Ausnahme machen.Ich meine die Siebenten -Tags-Adventisten. Sie sind die einzigen überzeugugstreuen Protestanten auf Erden.Sie befolgen den Lehren ihrer Bibel, indem sie den von Gott gebotenen Sabbat halten, wofür sie dann von ihren Mitchristen selbst hier im Staate bestraft und wegen iherer Überzeugungstreue eingekerkert werden. (Pater O.Keefe im Catholic Mirror vom 7.12.1895)

    adventistische Allgemeinbildung würde nicht schaden!

  • Das mag ein Prinzip in der Theorie sein(aber das möchte ich doch durch den Kathechismus bewiesen haben BWgter dass die Bibel über der Tradition steht) aber praktisch gibt es dass einfach nicht.

    Danke für den Hinweis, Baptist. Ich sehe es genauso, dass Bibel und Tradition (Heilige Schrift und Heilige Überlieferung) im katholischen Glauben auf einer Stufe stehen. Die Bibel ist zwar älter und geht der Tradition voraus, aber dennoch enthalten beide (nach katholischer Auffassung) gleichermaßen inspirierte Wahrheit: "Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift sind also eng miteinander verbunden und haben aneinander Anteil. Denn beide, die ja aus demselben göttlichen Quell hervorsprudeln, verschmelzen gewissermaßen in eins und streben demselben Ziel zu." (Dei verbum 9,1, das ist vom Zweiten Vatikanischen Konzil)

    [Eine Bemerkung am Rand: Es gibt Adventisten, die meinen, dass Bibel und Ellen White ja beide inspiriert sind. Und Inspiration gebe es nur ganz, nicht halb. Inspiration ist nicht abgestuft. Also sind Bibel und Ellen White gleichermaßen verbindlich. Wo Adventisten das meinen, haben sie ein katholisches Denken übernommen und leben es adventistisch aus. Dies nur als Bemerkung, weil es in diesem Thread ja um Gemeinsamkeiten von Katholizismus und Adventismus geht.]

    Was mir wichtig war, ist die Unterscheidung von Lehramt (als Ausleger) und Heiliger Schrift. Und hier ist das Lehramt an die Schrift gebunden: "Dieses Lehramt steht also nicht über dem Wort Gottes, sonder dient ihm, indem es nur lehrt, was überliefert ist..." (Dei verbum 10,2) - Wenn eine Lehrentscheidung also der Bibel widersprechen würde, wäre sie unkatholisch. Kein Papst darf das Wort Gottes als Bibel für ungültig erklären. Das wollte ich deutlich machen.

  • adventistische Allgemeinbildung würde nicht schaden!

    Sequeira, vermutlich willst du damit sagen, dass es mir an Bildung mangelt. Ich lass das mal unkommentiert und würde gern auf die Sachebene zurückkehren.

    Ich kenne die Zitate, die du schnell von einschlägigen Seiten per Copy&Paste übernommen hast, zur Genüge. Natürlich gibt es einzelne Leute, die das behaupten. Aber damit ist es noch nicht historisch zutreffend. Es ist - wie gesagt - festzustellen, dass es früh eine Gepflogenheit gab, sich sonntags zu versammeln (Belegstellen brachte ich).
    Auch der Konzilsbeschluss von 336, den du als erstes erwähnst, wäre ja immerhin 15 Jahre (!) nach dem weltlichen Gesetz von Konstantin. Das würde ja heißen, dass die katholische Kirche fast eine Generation nach dem Kaiserdekret die Sonntagsheiligung in ihre Dogmatik übernommen hat. Inwiefern kann man dann noch von einer willkürlichen Änderung reden?

    Und zur Sicherheit nochmal: Mir geht es nicht um Sabbat oder Sonntag. Mir geht es darum, was man der katholischen Kirche vorhalten sollte und was nicht. Kritikpunkte gibt es genügend, aber nicht jeder Vorwurf ist belastbar.

    • Offizieller Beitrag

    Zu welchem Zeitpunkt, mit welchem Dokument und für welches Gebiet hat die katholische Kirche den Ruhetag auf den Sonntag gelegt?


    Ist ok, BWgter. Ich weiß es jetzt nicht genau wann und wie und warum das geschehen ist.

    Fakt ist, DASS es geschehen ist. Und die kath. Kirche feiert den Sonntag. Ob sie diese Entscheidung von Konstantin kritisierten oder nicht. Sie haben die Entscheidung in ihre Lehre mitaufgenommen, oder etwa nicht?


    Und zu behaupten, die katholische Kirche hätte so mal eben den Ruhetag verändert, ist es nicht.


    fair zu sein bedeutet auch, dass man richtig zitiert und liest. Ich habe von "willkürlich" gesprochen, was ich mit einer bewußten willentlichen Entscheidung gleichsetze. Ob das politisch, wirtschaftlich, esoterisch oder sonstwie begründet war, ist egal. Das entscheidende war und ist, dass der Sonntag gefeiert wird.


    Zitat

    Das Sonntagsdekret von Kaiser Konstantin im Jahr 321 war eine weltliche Entscheidung, die auch von kirchlicher Seite kritisiert wurde. Konstantin hat damit nichts Neues geschaffen, sondern nur das gesetzlich verankert, was ohnehin schon Praxis war.

    Bitte genaue Belege darüber, "was ohnehin schon Praxis war". Bei wem, seit wann, in welchem Umfang? Bei den Heiden? Bei den Römern? bei den Juden? Bei den Christen?


    Ich trenne diese Diskussion hier ab und verschiebe die Beiträge, die nicht mehr direkt mit den Gemeinsamkeiten zu tun haben, in ein passenderes Thema.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo BWgter,

    Ich denke, dass unsere Diskussion hier besser aufgehoben ist, als bei den "Gemeinsamkeiten".

    Könntest du aus den dir vorliegenden Quellen zitieren, was belegt, dass es schon ohnehin "Praxis" war, dass der Sonntag gefeiert wurde. Vielen hier steht die Literatur, aus der du zitierst, nicht zur Verfügung.

    Danke im Voraus,

    Tricky

  • Bitte genaue Belege darüber, "was ohnehin schon Praxis war". Bei wem, seit wann, in welchem Umfang? Bei den Heiden? Bei den Römern? bei den Juden? Bei den Christen?

    Der Aufwand wäre extrem groß, hier den komplexen Wandel vom Sabbat zum Sonntag darzustellen. Falls sich jemand intensiver damit beschäftigen möchte, verweise ich auf das wirklich gute Buch von Ernst Haag, Vom Sabbat zum Sonntag.

    Ich kann aber gern die Zitate bringen, die ich nur als Belegstellen kurz genannt hatte:

    1.) Die Gemeindeordnung Didache gibt um das Jahr 110 folgende Anweisung (14,1): "Wenn ihr aber am Herrentag zusammenkommt, dann brecht das Brot und sagt Dank, nachdem ihr zuvor eure Übertretungen bekannt habt, damit euer Opfer rein sei."
    Dass mit "Herrentag" nicht der Sabbat gemeint ist, geht aus einem Zitat von Ignatius von Antiochien hervor, verfaßt um das Jahr 110/115 (IgnMagn 9,1): "Wenn nun die in den alten Verhältnissen Wandelnden zu der neuen Hoffnung gekommen sind, nicht mehr den Sabbat feiernd, sondern unter Beobachtung des Herrentages leben..."

    2.) Der weithin bekannte Pliniusbrief aus dem Jahr 112/113 gibt als nichtchristliche Quelle wieder, was Plinius d.J. über die Gottesdienstpraxis herausbekam, als er zwei Diakonissen folterte. Es deutet nicht auf einen Sabbatgottesdienst hin. Die Christen versammelten sich vor Tagesanbruch (Auferstehungsfeier?) und gingen danach wieder auseinander (um zur Arbeit zu gehen?). Erst am Abend feierten sie Abendmahl. Wörtlich heißt es (ep. X,96): "Sie [die Diakonissen] beteuerten aber, darin habe ihre ganze Schuld oder ihr ganzer Irrtum bestanden, daß sie gewöhnlich an einem festgesetzten Tag vor Tagesanbruch zusammengekommen waren, um sich wechselseitig ein Loblied Christus als einem Gott zu Ehren zu sagen... Sobald sie damit fertig gewesen seien, sei es bei ihnen Brauch gewesen, auseinander zu gehen und erst später wieder zusammenzufinden, um ein Mahl einzunehmen, aber ein harmloses und unschuldiges."
    Das spricht nicht für den Sabbat, denn am Sabbat kam man tagsüber zum Gottesdienst zusammen. Früh vor Tagesanbruch und dann erst abends wieder, lässt auf einen anderen deuten, an dem man gearbeitet hat. Dennoch war es "festgesetzter" Tag, also nicht einfach nur jeder Wochentag. Das würde zum Sonntag passen, auch wenn es nicht so im Text steht. Für das Verhör war der genaue Wochentag aber auch nicht wichtig.

    3.) Ähnlich lautet es in dem um 130 entstandenen Barnabasbrief (15,9): "Deshalb begehen wir auch den ersten Tag uns zur Freude, an dem auch Jesus von den Toten auferstanden ist, und, nachdem er erschienen war, in den Himmel aufgestiegen ist."

    4.) Etwas später (um 150) schrieb Justin der Märtyrer (Apol. I,67,3ff.): "Und am sogenannten Sonntag findet eine Zusammenkunft aller, die in den Städten oder auf dem Land wohnen, an einem Ort statt. Und die Denkwürdigkeiten der Apostel oder die Schriften der Propheten werden vorgelesen... Hernach stehen wir alle gemeinsam auf und verrichten Gebete, und ... wird Brot, Wein und Wasser gebracht... Dann findet die Austeilung statt... Wir halten aber alle die Gemeindeversammlungen am Sonntag ab, weil er der erste Wochentag ist, an welchem Gott durch Umwandlung der Finsternis und des Urstoffes die Welt schuf, und weil Jesus Christus, unser Erlöser, an diesem Tage von den Toten auferstanden ist."

    Ich will damit überhaupt nicht die adventistische Sabbatpraxis kritisieren. In keiner Weise! Die Sabbatheiligung kann ein Schatz sein, der es Wert ist zu leben (wenn es nicht nur gesetzlich getan wird oder mit dem Gefühl, damit besser zu sein als andere). Mein Anliegen ist zu zeigen, dass es nicht ein kirchliches Machtwort gab, zur Sonntagspraxis überzugehen, sondern dass es eine Tendenz und Entwicklung war, die früh einsetzte und damit zusammenhängt, dass man Christus loben wollte, der am ersten Tag der Woche auferstanden ist.

    Einmal editiert, zuletzt von BWgter (14. Mai 2012 um 19:25)

    • Offizieller Beitrag

    Zuerst mal Danke für die Zitate.

    Je mehr du davon liefern kannst, desto vollständiger wird unser Bild hier werden.


    Mein Anliegen ist zu zeigen, dass es nicht ein kirchliches Machtwort gab, zur Sonntagspraxis überzugehen, sondern dass es eine Tendenz und Entwicklung war, die früh einsetzte und damit zusammenhängt, dass man Christus loben wollte, der am ersten Tag der Woche auferstanden ist.

    Gibt es inhaltlich einen Unterschied, ob es ein kirchliches Machtwort gab, oder ob es ein langsamer Übergang war. Das Ergebnis bleibt das gleiche, oder verstehe ich da was falsch? Wenn wir uns also davon lösen, dass es ein kirchliches Verdikt war, dann stimmen wir dabei überein, dass das Endergebnis ein Wandel vom Sabbat zum Sonntag war, sehe ich das richtig?


    Meine nächste Frage wäre, warum man nicht den Sonntag als Gemeinschaftstag und Tag zum gemeinsamen Beisammensein nutzen kann, ohne ihn zum Ruhetag zu machen? Haben die Apostel und ihre Nachfolger wirklich den Sonntag zum Sabbat gemacht? Geht sich das biblisch irgendwie aus?

  • Gibt es inhaltlich einen Unterschied, ob es ein kirchliches Machtwort gab, oder ob es ein langsamer Übergang war. Das Ergebnis bleibt das gleiche, oder verstehe ich da was falsch? Wenn wir uns also davon lösen, dass es ein kirchliches Verdikt war, dann stimmen wir dabei überein, dass das Endergebnis ein Wandel vom Sabbat zum Sonntag war, sehe ich das richtig?


    Ja, genau. Die Sache hat eine historische und eine theologische Ebene, zwischen denen man unterscheiden muss.

    Historisch: Ob es eine kirchliche Entscheidung war oder ein langsamer Wandel, sagt nichts über richtig oder falsch aus. Allerdings muss man dann vorsichtig sein, was man der katholischen Amtskirche vorwirft. Für eine Entwicklung, die im frühen zweiten Jahrhundert bereits dokumentiert ist, kann der Vatikan nicht verantwortlich gemacht werden.

    Theologisch: Das ist natürlich eine spannende Frage. Wie gehen wir damit um, dass offenbar bereits die sehr frühe Christenheit, die noch dicht an den Aposteln dran war, zum Sonntag übergegangen ist? Oder zumindest neben dem Sabbat auch den Sonntag als Auferstehungstag feierte? Und das wohl nicht aufgrund eines Machtworts, sondern aus einem "inneren" Antrieb, um die Auferstehung Christi zu feiern?
    Meine persönliche Sicht: Ich bin weder "prokatholisch", wie vorhin schon vermutet wurde, noch pro Sonntag. Ich bin dafür, den Sabbat fröhlich zu feiern. Auf der anderen Seite wünsche ich mir aber auch etwas mehr Gelassenheit und etwas mehr Respekt gegenüber denen, die sonntags Gott loben, sein Wort hören und aufrichtig die Wahrheit suchen. Offenbar haben das auch schon unsere frühen Schwestern und Brüder , die noch die Apostel kannten, am ersten Wochentag gemacht. Etwas mehr Demut stünde uns manchmal gut.

    Einmal editiert, zuletzt von BWgter (14. Mai 2012 um 20:17)

    • Offizieller Beitrag

    [Meine Bemerkung am Rande zu deiner Bemerkung am Rande ;)

    [Eine Bemerkung am Rand: Es gibt Adventisten, die meinen, dass Bibel und Ellen White ja beide inspiriert sind. Und Inspiration gebe es nur ganz, nicht halb. Inspiration ist nicht abgestuft. Also sind Bibel und Ellen White gleichermaßen verbindlich. Wo Adventisten das meinen, haben sie ein katholisches Denken übernommen und leben es adventistisch aus. Dies nur als Bemerkung, weil es in diesem Thread ja um Gemeinsamkeiten von Katholizismus und Adventismus geht.]


    Dann hat die GK in Utrecht 1995 ihr katholisches Denken hier sogar zu Papier gebracht: http://adventist.org/beliefs/statements/main-stat24.html

    Zitat

    We consider the biblical canon closed. However, we also believe, as did Ellen G White's contemporaries, that her writings carry divine authority, both for godly living and for doctrine. Therefore, we recommend:
    1) That as a church we seek the power of the Holy Spirit to apply to our lives more fully the inspired counsel contained in the writings of Ellen G White, and

    Das Ellen White eine ausserkanonische und inspirierte "Prophetin" ist, glauben möglicherweise die Mehrheit der Adventisten weltweit, sonst hätte es wohl diese Erklärung nicht gegeben.]

  • Ja, Ellen White wird auch in dem Dokument als inspiriert bezeichnet. Aber in dem Dokument wird mit einem EGW-Zitats auch unterschieden zwischen dem kleineren und dem größeren Licht: Die Bibel steht über EGW. So fordert es auch der Glaubenspunkt 1.
    Dass jede Inspiration gleichwertig ist (wie es einige Adventisten hier und da behaupten) sagt das Dokument nicht. Denn auch jede Predigt sollte inspiriert sein. Sobald man aber sagt, dass alles, was inspiriert ist, gleichwertig ist und die gleiche Autorität hat, dann argumentiert man so wie die katholische Lehre.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo BWgter und andere,

    dass der Sonntag parallen zu dem Sabbat von vielen Christen schon im 1. Jahrhundert gefeiert wurde, und dass Mitte/Ende des 2. Jahrhunderts viele Christen den Sabbat nicht mehr gehalten haben, sondern nur den Sonntag, ist historisch belegt.

    Auf der anderen Seite sagt die Katholische Kirche, dass sie durch Ihre Autorität den Sabbat auf den Sonntag geändert haben.

    Wie läßt sich das miteinander vereinen?

    Ich sehe die Lösung im folgenden. Es gab viele Christengemeinden mit etwas unterschiedlichen Lehren innerhalb der ersten Jahrhunderte. Jedoch war eine Christengruppe in der Mehrheit und konnte sich im weiteren "etablieren". Aus dieser ist dann die Katholische Kirche geworden. Nachdem sich die Katholische Kirche mit dem Staat verband und auf diese Weise die staatliche Gewalt in ihre Hände erhielt, wurden ein Gesetz nach dem anderen erlassen, der alle von der katholischen Kirche abweichenden Lehren für ketzerisch erklärte und diese anschließend verfolgt und vernichtet wurden. Also wurden alle kleineren "Parteien" aufgelöst.

    Die Katholische Kirche sieht ihre Wurzeln nicht erst im 3. Jahrhundert, sondern beginnend mit Apostel Petrus. Damit sieht sie alle Christen, die zu der Strömung gehörten, aus der dann die katholische Kirche hervorging, als katholisch.

    Damit sehen wir, dass diese vermeintliche "katholische" Christen des 1., 2. und 3. Jahrhunderts zuerst den Sonntag parallel mit dem Sabbat, und später den Sonntag allein gefeiert haben. Als Beispiele kann man Ignatius von Antiochien (? - 117) und Tertullian (ca 160 - ca 225) nennen. Katholische Kirche hat:

    1) die Lehren über den Sonntag dieser Christen übernommen, anstatt eine Korrektur - zurück zu dem Sabbat - vorzunehmen, und

    2) dazu noch den Zusatz gemacht, dass die Änderung des Sabbats auf den Sonntag aus ihrer Authorität heraus geschah. Dies deshalb, weil es keinen biblischen Beleg für eine solche Änderung gibt. Liest man nämlich die Schriften von Ignatius, Tertullian und anderen, stellt man fest, dass ihre Argumentation für den Sonntag und gegen den Sabbat nicht biblischer Natur ist. Dies war für die katholische Kirche bewußt. Um diese Änderung irgendwie zu rechtfertigen, hat die Kirche für sich die Macht beansprucht, die Gesetze ändern zu dürfen:

    Zitat

    Gott gab seiner (katholischen) Kirche die Macht, irgendeinen Tag zu nehmen und ihn als einen heiligen Tag anzuerkennen, wenn sie es für richtig hält. Die Kirche wählte den Sonntag, den ersten Tag der Woche, und im Laufe der Zeit hat sie noch andere Tage als Feiertage hinzugefügt.
    (Vincent J. Kelly, in "Forbidden Sunday a. Feast-Day Occupations",S.2)

    Zitat

    Die Kirche wechselte vom Halten des Sabbats auf den Sonntag aufgrund der göttlichen, unfehlbaren Autorität, die ihr von ihrem Gründer Jesus Christus uns gegeben wurde.
    ("The Catholic Universe Bulletin", 14. August 1942, S. 4)


    Dabei meint die katholische Kirche nicht (unbedingt), dass diese Änderung erst im 4. Jahrhundert geschah, sondern dass schon die Väter der ersten drei Jahrhunderte diese Authorität besaßen (Petrus als erster Papst) und aus diesem Grund den Samstag auf Sonntag übertragen hatten.

    • Offizieller Beitrag

    Dass jede Inspiration gleichwertig ist (wie es einige Adventisten hier und da behaupten) sagt das Dokument nicht. Denn auch jede Predigt sollte inspiriert sein. Sobald man aber sagt, dass alles, was inspiriert ist, gleichwertig ist und die gleiche Autorität hat, dann argumentiert man so wie die katholische Lehre.

    Also das Dokument sagt mir als einfachen Leser:
    Der biblische Kanon ist geschlossen, dennoch (however) glauben wir, wie es auch EGW's Zeitgenossen taten, dass ihre Schriften göttliche Authorität haben (bzw. "tragen" - carry), sowohl für ein göttesfürchtiges Leben als auch für die Lehre (doctrines). Daher befürworten wir: Dass wir als Kirche die Kraft des Heiligen Geistes suchen um in unser Leben die inspirierten Ratschläge EGWs völlig ein zu bringen.

    Wenn ich hier "inspired" im Zusammenhang lese mit "biblical canon" und einen "dennoch" (however), dann bleibt für mich - als einfachen Leser - nur der Schluss übrig: Die GK ist der Meinung, Ellen White ist - wie der biblische Kanon (!) - inspiriert. Ihre Schriften haben sogar "göttliche Autorität". Also die Bibel besitzt göttliche Autorität und die Schriften von Ellen White auch - doch sind sie nicht gleichwertig? Wie ist das nun ganz praktisch: Wenn ich ihre Schriften als "fortwirkende,
    bevollmächtigte Stimme der Wahrheit"
    nicht annehme, dann missachte ich doch die gleiche Authorität, wie die der Bibel, oder?

    Sorry, vielleicht könnte man dieses Randthema dahin verschieben, wo es hingehört...

    • Offizieller Beitrag

    Dabei meint die katholische Kirche nicht (unbedingt), dass diese Änderung erst im 4. Jahrhundert geschah, sondern dass schon die Väter der ersten drei Jahrhunderte diese Authorität besaßen (Petrus als erster Papst) und aus diesem Grund den Samstag auf Sonntag übertragen hatten.

    Und der aktuelle Papst will von so einer "Übertragung" gar nichts wissen. Er begründet den Sonntag anders: "An Ostern und von der österlichen Erfahrung der Christen her müssen wir aber nun noch einen weiteren Schritt tun. Der Sabbat ist der siebte Tag der Woche. Nach sechs Tagen, an denen der Mensch gleichsam an der Schöpfungsarbeit Gottes teilnimmt, ist der Sabbat der Tag der Ruhe. Aber in der werdenden Kirche ist etwas Unerhörtes geschehen: An die Stelle des Sabbats, des siebten Tags, tritt der erste Tag. Als Tag der gottesdienstlichen Versammlung ist er der Tag der Begegnung mit Gott durch Jesus Christus, der am ersten Tag, am Sonntag, den Seinen als Auferstandener begegnete, nachdem sie das Grab leer gefunden hatten. Die Wochenstruktur ist nun umgekehrt. Sie läuft nicht mehr auf den siebten Tag zu, um dort an Gottes Ruhe teilzunehmen. Sie beginnt mit dem ersten Tag als Tag der Begegnung mit dem Auferstandenen. Diese Begegnung vollzieht sich immer neu in der Feier der Eucharistie, in der der Herr wieder in die Mitte der Seinen tritt und sich ihnen schenkt, sich von ihnen gleichsam berühren läßt, sich mit ihnen zu Tisch setzt. Diese Änderung ist ein unerhörter Vorgang, wenn man bedenkt, daß der Sabbat, der siebte Tag als Tag der Begegnung mit Gott zutiefst im Alten Testament verankert ist. Wenn wir beachten, wie sehr der Weg von der Arbeit zum Tag der Ruhe auch einer natürlichen Logik entspricht, wird das Dramatische dieses Umschwungs noch deutlicher. Dieser revolutionäre Vorgang, der sich gleich zu Beginn des Werdens der Kirche zugetragen hat, ist nur zu erklären aus der Tatsache, daß an diesem Tag Unerhörtes geschehen war. Der erste Wochentag war der dritte Tag nach Jesu Tod. Es war der Tag, an dem er sich den Seinen als der Auferstandene zeigte. Diese Begegnung hatte in der Tat etwas Umstürzendes an sich. Die Welt hatte sich geändert. Der Tote lebte mit einem Leben, das von keinem Tod mehr bedroht war. Eine neue Weise des Lebens, eine neue Dimension der Schöpfung hatte sich eröffnet. Der erste Tag ist nach dem Genesis-Bericht der Tag, an dem die Schöpfung beginnt. Nun war er auf eine neue Weise zum Schöpfungstag, zum Tag der neuen Schöpfung geworden. Wir feiern den ersten Tag. Wir feiern damit Gott, den Schöpfer und seine Schöpfung." Die ganze Rede unter: http://www.vatican.va/holy_father/be…asquale_ge.html bzw. Auszüge: Worauf beruft sich die Kath. Kirche?

    Es wird also eigentlich etwas anderes, an einem anderen Tag gefeiert. Der Sabbat wird quasi "fallengelassen".

    .

    • Offizieller Beitrag

    [Eine Bemerkung am Rand: Es gibt Adventisten, die meinen, dass Bibel und Ellen White ja beide inspiriert sind. Und Inspiration gebe es nur ganz, nicht halb. Inspiration ist nicht abgestuft. Also sind Bibel und Ellen White gleichermaßen verbindlich. Wo Adventisten das meinen, haben sie ein katholisches Denken übernommen und leben es adventistisch aus. Dies nur als Bemerkung, weil es in diesem Thread ja um Gemeinsamkeiten von Katholizismus und Adventismus geht.]

    Ja, leider, deshalb auch meine sorgenvolle Anmerkung unter: Gemeinsamkeiten zwischen Katholischer Kirche und den Adventisten

    .

    • Offizieller Beitrag

    anliegend 1 Anhang der meiner Ansicht nach sehr gut beschreibt wie und warum der Sabbat auf den Sonntag "verlegt" wurde.

    Gruß Wartende

    Das ist illustrierte Apologetik, aber keine sachliche Darstellung. Eine solche findest Du eher bei Bacchiocchi "From Sabbath to Sunday" allerdings nicht auf 4 DIN A4 Seiten.

    .

  • anliegend 1 Anhang der meiner Ansicht nach sehr gut beschreibt wie und warum der Sabbat auf den Sonntag "verlegt" wurde.


    Die Darstellung ist historisch falsch und theologisch verquer. Das hat die Diskussion hier eigentlich schon gezeigt. Wieder ist dort das Konzil von 336 als Beleg genannt, wonach die katholische Kirche den Ruhetag verlegt hat. Wie erklärst du aber die Sonntagspraxis, die schon mind. 200 Jahre früher einsetzte (siehe oben)?
    Sorry, aber wer solche Blätter benutzt und verteilt (wie es auf Kirchentagen etc. häufig passiert), muss sich nicht wundern, dass er auf Unverständnis trifft.

  • Offtopic:

    Stell dir mal vor, eine adventistische Dienststelle würde vorschreiben, alle müssten jetzt eine bestimmte Bibelstudienanleitung ("Lektion") benutzen. Der Aufschrei wäre immens, egal auf welcher Seite.

    Also so immens war der Aufschrei ja nun nicht gerade. "Ebenfalls abgelehnt (127:120 Stimmen) wurde ein Antrag der Baden-Württembergischen Vereinigung, die Standardausgabe des Bibelschulheftes im Bereich des SDV vorranging zu empfehlen." Gerade mal 7 Stimmen Mehrheit, so einen Vorschlag abzulehnen.
    Quelle: http://www.advent-verlag.de/cms/cms/front_…=124&idart=3287