Weltwirtschaftslage heute - Wucher wird gedadelt

  • Auf der Grundlage von Nehemia 5.
    Die Stadtmauer Jerusalems war noch nicht vollendet, als Nehemias Aufmerksamkeit auf die unglückliche Lage der ärmeren Schichten des Volkes gelenkt wurde. Bei der unsicheren Lage des Landes war die Bodenbestellung ziemlich vernachlässigt worden. Außerdem ruhte Gottes Segen nicht auf dem Land, weil einige Rückkehrer nach Judäa sich selbstsüchtig verhalten hatten, und so herrschte Mangel an Getreide. {PK 454.1}
    Um Nahrung für ihre Familien zu erhalten, mußten die Armen auf Kredit und zu überhöhten Preisen einkaufen. Sie waren auch gezwungen, Geld gegen Zinsen aufzunehmen, um die hohen Steuern bezahlen zu können, die ihnen von den Königen Persiens auferlegt worden waren. Das Elend der Armen vergrößerte sich noch dadurch, daß die wohlhabenderen Juden deren Not ausgenutzt und sich auf diese Weise selbst bereichert hatten. {PK 454.2}
    Der Herr hatte Israel durch Mose befohlen, jedes dritte Jahr einen Zehnten zugunsten der Armen aufzubringen. Eine weitere Fürsorge war dadurch getroffen worden, daß die Ackerbestellung alle sieben Jahre ruhte. Dann lag das Land brach, und seine wildwachsenden Erträge wurden den Bedürftigen überlassen. Würde man in der Verwendung dieser Gaben für die Armenhilfe und für andere wohltätige Zwecke treu gewesen sein, wäre dem Volk die Wahrheit vom umfassenden Eigentumsrecht Gottes im Bewußtsein geblieben, und es hätte seine Möglichkeit, Vermittler des Segens zu sein, deutlich erkannt. Gottes Absicht war es, daß die Israeliten sich in solchen Gewohnheiten üben sollten, die die Selbstsucht ausrotten und Großzügigkeit und Vornehmheit des Charakters entwickeln würden. {PK 454.3}
    Gott hatte durch Mose auch die Anweisung gegeben: „Wenn du Geld verleihst an einen aus meinem Volk, an einen Armen neben dir, so sollst du an ihm nicht wie ein Wucherer handeln.“ 2.Mose 22,24. — „Du sollst von deinem Bruder nicht Zinsen nehmen, weder für Geld noch für Speise noch für alles, wofür man Zinsen nehmen kann.“ 5.Mose 23,20. {PK 454.4}
    Ferner hatte Gott gefordert: „Wenn einer deiner Brüder arm ist in irgendeiner Stadt in deinem Lande, das der Herr, dein Gott, dir geben wird, so sollst du dein Herz nicht verhärten und deine Hand nicht zuhalten gegenüber deinem armen Bruder, sondern sollst sie ihm auftun und ihm leihen, soviel er Mangel hat ... Dafür wird dich der Herr, dein Gott, segnen ... Es werden allezeit Arme sein im Lande; darum gebiete ich dir und sage, daß du deine Hand auftust deinem Bruder, der bedrängt und arm ist in deinem Lande.“ 5.Mose 15,7.8.10.11. {PK 455.1}
    In den Zeiten, die auf die Rückkehr der Verbannten aus Babylon folgten, hatten die wohlhabenden Juden genau gegen diese Gebote verstoßen. Mußten die Armen Geld borgen, um dem König die Steuer bezahlen zu können, liehen ihnen die Reichen zwar Geld, forderten aber einen hohen Schuldzins. Indem sie deren Landbesitz pfändeten, hatten sie die unglücklichen Schuldner allmählich in tiefste Armut gestürzt. Viele hatten sogar ihre Söhne und Töchter als Sklaven verkaufen müssen. Es schien keine Hoffnung auf eine Verbesserung ihrer Lage zu geben und keinen Weg, ihre Kinder und ihre Ländereien zurückzukaufen; damit bot sich ihnen keine weitere Aussicht als ständig zunehmendes Elend, fortwährende Entbehrung und Knechtschaft. Dennoch gehörten sie derselben Nation an und waren wie ihre bevorzugteren Brüder Erben desselben Bundes. {PK 455.2}
    Schließlich trugen die Leute Nehemia ihre Lage vor. „Siehe, wir müssen unsere Söhne und Töchter als Sklaven dienen lassen“, sagten sie, „und schon sind einige unserer Töchter erniedrigt worden, und wir können nichts dagegen tun, und unsere Äcker und Weinberge gehören andern.“ Nehemia 5,5. {PK 455.3}
    Als Nehemia von dieser grausamen Unterdrückung hörte, wurde er sehr unwillig. „Da geriet ich in heftigen Zorn, als ich ihre lauten Klagen und diese Reden vernahm“ (Nehemia 5,6, Menge), sagte er. Er erkannte, daß er, falls es ihm gelang, die bedrückenden erpresserischen Gewohnheiten zu durchbrechen, entschieden für die Gerechtigkeit eintreten müßte. Mit der ihm eigenen Energie und Entschlossenheit ging er ans Werk, um seinen Brüdern Erleichterung zu verschaffen. {PK 455.4}
    Die Unterdrücker waren wohlhabende Männer, deren Unterstützung beim Wiederaufbauwerk der Stadt sehr benötigt wurde. Doch diese Tatsache beeinflußte Nehemia nicht einen Augenblick. Scharf tadelte er die Vornehmen und die Ratsherren, und nachdem er eine große Volksversammlung einberufen hatte, hielt er ihnen angesichts eines solchen Verhaltens die Forderungen Gottes vor. {PK 456.1}
    So lenkte er ihre Aufmerksamkeit auf Ereignisse, die unter der Regierung des Königs Ahas geschehen waren, und wiederholte die Botschaft, die Gott zu jener Zeit Israel übermittelt hatte, um dessen Grausamkeit und Unterdrückung zu tadeln. Die Kinder Juda waren wegen ihres Götzendienstes ihren noch abgöttischeren Brüdern, den Männern von Israel, ausgeliefert worden. Diese hatten ihrem Haß freien Lauf gelassen und Tausende der Männer Judas in der Schlacht erschlagen sowie sich aller Frauen und Kinder bemächtigt, um sie selbst als Sklaven zu halten oder an die Heiden zu verkaufen. {PK 456.2}
    Wegen der Sünden Judas hatte der Herr zwar nicht eingegriffen und die Schlacht verhindert, doch durch den Propheten Oded rügte er die grausame Absicht der siegreichen Armee: „Nun gedenkt ihr, die Leute von Juda und Jerusalem zu unterwerfen, daß sie eure Sklaven und Sklavinnen seien. Ist denn das nicht Schuld bei euch gegenüber dem Herrn, eurem Gott?“ 2.Chronik 28,10. Oded warnte die Leute von Israel, daß der Herr auf sie sehr zornig sei und daß ihr ungerechtes und erpresserisches Verhalten Gottes Gerichte auf sie herabrufen werden. Als die Kriegsleute damals diese Worte hörten, ließen sie die Gefangenen und die Beute frei vor den Obersten und vor der ganzen Gemeinde. Einige führende Männer aus dem Stamm Ephraim nahmen dann die Gefangenen „und bekleideten alle, die bloß unter ihnen waren, mit Kleidern aus der Beute und zogen ihnen Schuhe an und gaben ihnen zu essen und zu trinken und salbten sie, und alle, die schwach waren, führten sie auf Eseln und brachten sie nach Jericho ... zu ihren Brüdern“. 2.Chronik 28,15. {PK 456.3}
    Nehemia und andere hatten einige der Juden, die bereits an die Heiden verkauft worden waren, wieder freigekauft. Nun verglich er dieses Handeln mit dem Verhalten jener, die um irdischen Gewinns willen ihre Brüder versklavten. „Es ist nicht gut, was ihr tut“, sagte er. „Solltet ihr nicht in der Furcht Gottes wandeln um des Hohnes der Heiden willen, die ja unsere Feinde sind?“ Nehemia 5,12. {PK 456.4}
    Nehemia zeigte ihnen, daß er selbst große Abgaben für seinen persönlichen Nutzen hätte fordern können, da er vom persischen König mit entsprechenden Vollmachten ausgestattet worden war. Doch habe er nicht einmal das genommen, was ihm rechtmäßig gehörte, sondern habe reichlich gegeben, um den Armen in ihrer Not zu helfen. Er drängte jene jüdischen Ratsherren, die sich des Wuchers schuldig gemacht hatten, ihr frevelhaftes Tun zu lassen, das Land der Armen zurückzugeben und ebenso den Mehrbetrag des Geldes, den sie von ihnen gefordert hatten; dazu sollten sie ihnen ohne Schuldverschreibung und Zinswucher leihen. {PK 457.1}
    Diese Worte wurden in Gegenwart der ganzen Gemeinde gesprochen. Hätten die Ratsherren sich rechtfertigen wollen, wäre ihnen dazu Gelegenheit gegeben gewesen. Doch sie suchten sich nicht zu entschuldigen. „Wir wollen es zurückgeben“, erklärten sie, „und wollen nichts von ihnen fordern und wollen tun, wie du gesagt hast.“ Nehemia 5,12. Da nahm Nehemia in Abwesenheit der Priester „einen Eid von ihnen, daß sie so tun sollten ... Und die ganze Gemeinde sprach: Amen! und lobte den Herrn. Und das Volk tat so.“ Nehemia 5,12.13. {PK 457.2}
    Dieser Bericht enthält eine wichtige Lehre: „Habsucht ist eine Wurzel alles Übels.“ 1.Timotheus 6,10. In unserer Zeit ist das Streben nach Gewinn die verzehrende Leidenschaft. Reichtum wird oft durch Betrug erworben. Große Massen kämpfen mit der Armut. Sie sind gezwungen, für niedrige Löhne hart zu arbeiten und können sich nicht einmal das Lebensnotwendigste leisten. Mühe und Entbehrung, und das ohne Hoffnung auf Besserung der Lage, erschweren ihre Bürde. Abgehärmt und bedrückt, wissen sie nicht, wo sie sich um Hilfe hinwenden sollen. Und all dies, damit die Reichen ihre Verschwendung finanzieren beziehungsweise ihrer Habgier frönen können! {PK 457.3}
    Die Liebe zum Geld und zu einer aufwendigen Lebensweise haben diese Welt zu einer Mördergrube und Räuberhöhle gemacht. Die Heilige Schrift schildert die Habgier und Unterdrückung, die unmittelbar vor dem zweiten Kommen Christi herrschen werden, mit folgenden Worten: „Wohlan nun, ihr Reichen, weinet und heulet über das Elend, das über euch kommen wird! ... Euer Gold und Silber ist verrostet, und ihr Rost wird wider euch Zeugnis geben und wird euer Fleisch fressen wie Feuer. Ihr habt euch Schätze gesammelt am Ende der Tage! Siehe, der Arbeiter Lohn, die euer Land abgeerntet haben, der von euch vorenthalten ist, der schreit, und das Rufen der Schnitter ist gekommen vor die Ohren des Herrn Zebaoth. Ihr habt wohlgelebt auf Erden und eure Lust gehabt und eure Herzen geweidet am Schlachttag! Ihr habt verurteilt den Gerechten und getötet, und er hat euch nicht widerstanden.“ Jakobus 5,1.3-6. {PK 457.4}

  • Selbst unter denen, die bekennen, in der Ehrfurcht vor Gott zu leben, gibt es einige, die immer wieder so handeln wie die Vornehmen Israels. Weil es in ihrer Macht liegt, fordern sie mehr, als angemessen ist, und werden so zu Unterdrückern. Und weil Habgier und Niedertracht im Leben derer zu beobachten sind, die den Namen Christi tragen, weil ferner die Gemeinde die Namen derer in ihren Büchern stehen läßt, die ihren Besitz durch Ungerechtigkeit erworben haben, werden die Grundsätze Christi verachtet. Verschwendungssucht, Übervorteilung und Wucher zerstören den Glauben vieler und richten ihr geistliches Leben zugrunde. Die Gemeinde ist in hohem Maße für die Sünden ihrer Glieder verantwortlich. Sie unterstützt das Böse, wenn sie es versäumt, ihre Stimme dagegen zu erheben. {PK 458.1}
    Die Gewohnheiten der Welt sind kein Maßstab für den Christen. Er soll ihre skrupellosen Praktiken, ihre Versuche, andere zu übervorteilen oder zu erpressen, nicht nachahmen. Jede unrechte Handlung gegen einen Mitmenschen verletzt die goldene Regel. Vgl. Matthäus 7,12. Jedes Unrecht, das den Kindern Gottes angetan wird, fügt man in der Person seiner Heiligen Christus selbst zu. Jeder Versuch, aus der Unwissenheit, der Schwachheit oder dem Mißgeschick eines anderen Nutzen zu ziehen, wird im Hauptbuch des Himmels als Betrug verzeichnet. Wer wirklich Ehrfurcht vor Gott hat, würde sich eher Tag und Nacht abrackern und das Brot der Armen essen, als einer Gewinnsucht zu frönen, die Witwen und Waisen unterdrückt oder den Ausländer um sein Recht bringt. {PK 458.2}
    Das geringste Abweichen von der Redlichkeit reißt die Schranken nieder und bereitet uns gedanklich darauf vor, noch größeres Unrecht zu begehen. Denn im gleichen Maße, in dem sich jemand Vorteile auf Kosten eines anderen verschafft, wird sein Gemüt unempfänglich für die Einwirkung des Geistes Gottes. Ein Gewinn, erlangt um einen solchen Preis, ist ein furchtbarer Verlust. {PK 458.3}
    Vor der göttlichen Gerechtigkeit waren wir alle Schuldner, doch wir besaßen nichts, womit wir die Schuld begleichen konnten. Dann bezahlte der Sohn Gottes aus Mitleid mit uns den Preis für unsere Versöhnung. Er wurde arm, damit wir durch seine Armut reich würden. Durch Großzügigkeit gegenüber den Armen können wir beweisen, wie aufrichtig unser Dank für die uns erwiesene Gnade ist. Der Apostel Paulus legt uns nahe: „Lasset uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen.“ Galater 6,10. Und seine Worte stimmen mit denen des Erlösers überein: „Ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun.“ Markus 14,7
    „Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch! Das ist das Gesetz und die Propheten.“ Matthäus 7,12. {PK 459.1}

    kann man das mit der heutige Gegenwart vergleichen ? Wucherpreise, Wucherzinsen, die Schere von arm und reich klafft immer mehr auseinander.